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OLG Saarbrücken Beschluss vom 03.12.2015 - 4 U 157/14 - Berücksichtigung ersparter Werbungskosten beim Verdienstausfall

OLG Saarbrücken v. 03.12.2015: Berücksichtigung ersparter Werbungskosten beim Verdienstausfall


Das OLG Saarbrücken (Beschluss vom 03.12.2015 - 4 U 157/14) hat entschieden:
  1. Ersparte Aufwendungen des berufstätigen Verletzten können beim Verdienstausfallschaden im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessensspielraums insbesondere an Hand der konkret ermittelten Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und einer der Wirklichkeit möglichst nahe kommenden Kilometerpauschale berücksichtigt werden, solange die Parteien nicht konkret höhere (Schädiger) oder niedrigere (Geschädigter) Ersparnisse im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt haben.

  2. Dieser weite Rahmen wird nicht mehr eingehalten, wenn das Gericht die für Zeugen und Dritte geltende Kilometerpauschale (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG) nicht für Hin- und Rückfahrt ansetzt, sondern mit der einfachen Entfernung kombiniert.

Siehe auch Verdienstausfall und Vorteilsausgleichung - ersparte Aufwendungen


Gründe:

I.

Der am ... 1969 geborene Kläger befuhr am 17.04.2011 gegen 15.15 Uhr mit seinem Kraftrad in einer Gruppe von Kraftradfahrern, zu denen auch der Beklagte zu 1 gehörte, die Bundesstraße zwischen M. und N. In Höhe des Stausees L. hielt die Gruppe am rechten Fahrbahnrand. Der Beklagte zu 1 kam mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Kraftrad zu Fall und rutschte mit diesem in die Gruppe. Hierbei traf das Kraftrad den Kläger und dessen Kraftrad. Der Kläger erlitt einen Wadenbeinbruch links sowie Prellungen und Schürfungen am gesamten Körper. Er verblieb vom 17. bis zum 20.04.2011 stationär im Klinikum M., wo die knöcherne Verletzung konservativ ohne Operation durch Ruhigstellung mit einem VACOped-​Stiefel behandelt wurde. Am 04.05.2011 suchte der Kläger das M. Krankenhaus in S. auf, weil er Schmerzen in der linken Hüfte verspürte. Der VACOped-​Stiefel wurde entfernt, und stattdessen wurde eine Kunststoffgehgipsschiene angelegt, die er bis zum 30.05.2011 trug. Der Kläger wurde vom 06. bis zum 08.06.2011 stationär in das Krankenhaus S. aufgenommen, und bei ihm wurde eine Becken-​/Beinvenenthrombose diagnostiziert, deren Unfallbedingtheit zwischen den Parteien im Streit steht. Vom 17.04.2011 bis zum 04.09.2011 war der Kläger zu 100 v. H. arbeitsunfähig krankgeschrieben. Am 05.09.2011 nahm er seine Berufstätigkeit bei den F.W. in S. wieder auf. Der Kläger ist verheiratet und hat einen Sohn. Die Familie bewohnt ein eigenes Haus mit Garten. Die Ehefrau ist ebenfalls berufstätig. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagten für die durch den Unfall verursachten Schäden dem Grunde nach zu 100 v. H. haften. Der Sachschaden wurde reguliert. In Bezug auf den Personenschaden zahlte die Beklagte zu 2 dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € sowie auf Verdienstausfall 1.000 € und auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten 778,63 €.

Der Kläger hat behauptet, bei ihm habe sich unfallbedingt eine Thrombose im verletzten linken Bein eingestellt. Zwei Wochen nach der Erstbehandlung in der Klinik in M. habe er in der Klinik in S. vorgesprochen, weil er auf Grund des Gewichts des ihm in M. angelegten VACOped-​Stiefel starke Schmerzen im Bereich der Hüfte bekommen habe. Daraufhin sei der Stiefel entfernt und ihm ein Gipsverband angelegt worden. Nachdem er 12 Wochen Gips getragen habe, habe er sich nur mit Hilfe von Krücken fortbewegen und infolge der Thrombose habe akute Emboliegefahr bestanden, seit diesem Zeitpunkt müsse er blutverdünnende Mittel einnehmen und Stützstrümpfe tragen. Die ersten Monate nach dem Unfall habe er das Bein wegen starker Schmerzen kaum belasten können, und auch heute könne er das Bein nicht stark belasten. Es sei davon auszugehen, dass sich die Thrombose nicht mehr zurückentwickeln werde, sondern ein Dauerschaden verbleibe. Der Kläger hält ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 20.000 €, unter Berücksichtigung der Zahlung der Beklagten in Höhe von 10.000 € somit in Höhe von weiteren 10.000 € für angemessen.

Außerdem hat der Kläger behauptet, er sei auf Grund des Unfalls vom Unfallzeitpunkt bis Anfang September 2011 nicht in der Lage gewesen, die Tätigkeiten im Haushalt auszuführen, die er vor dem Unfall übernommen habe. Vor dem Unfall habe er 16,3 Stunden in der Woche für den Haushalt aufgewandt, er habe die Gartenpflege, das Einkaufen von Lebensmitteln und Getränken und das Spülen übernommen, ebenso das Fensterputzen, Staubsaugen usw.. Für eine Ersatzkraft hätte er 10 € je Stunde aufwenden müssen. Seine Ehefrau arbeite täglich sechs Stunden. Als Haushaltsführungsschaden hat der Kläger (20 Wochen (17.04.2011 bis 04.09.2011) mal 16,3 Stunden mal 10 €/Std. = ) 3.260 € geltend gemacht.

Ferner hat der Kläger behauptet, er habe vor dem Unfall ein durchschnittliches Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 3.219 € erzielt und unfallbedingt einen Verdienstausfall in Höhe von 4.687,69 € erlitten, so dass abzüglich der von der Beklagten zu 2 geleisteten Zahlung in Höhe von 1.000 € noch ein Betrag von 3.687,69 € ausstehe. Die einfache Fahrstrecke zur Arbeitsstelle des Klägers betrage 19 km.

Schließlich hat der Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,5 Gebühr aus einem Gesamtgegenstandswert von 34.345,25 €, also 1.245 € brutto, geltend gemacht. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu 2 geleisteten Zahlung in Höhe von 778,63 € stehe noch ein Betrag von 466,37 € offen.

Der Kläger hat beantragt,
  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 zu zahlen;

  2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 6.947,69 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 zu zahlen;

  3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, den dieser aus dem Unfallereignis vom 17.04.2011 erleiden wird, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, und

  4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 466,37 € zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 10.000 € für ausreichend und angemessen gehalten, weil das Verschulden des Beklagten zu 1 an dem Vorfall allenfalls gering sei. Außerdem haben sie bestritten, dass die Thrombose unfallbedingt sei und dass sie sich nicht mehr zurückentwickeln werde. Ferner haben sie bestritten, dass der Kläger überhaupt Gips getragen habe.

In Bezug auf den Haushaltsführungsschaden haben sie bestritten, dass der Kläger 16,3 Stunden in der Woche aufgewendet habe. Auch sei der Kläger nicht zu 100 v. H. in der Fähigkeit zur Haushaltsführung eingeschränkt gewesen. Überdies haben die Beklagten die Auffassung vertreten, ein Betrag von 10 € je Stunde sei nicht angemessen, es sei nur ein Betrag von 8 € je Stunde anzusetzen.

Die Höhe des Einkommens des Klägers haben die Beklagten bestritten. Darüber hinaus haben sie geltend gemacht, es seien auch ersparte Eigenaufwendungen wie Fahrtkosten in Höhe von 0,30 € je km anzurechnen. Die einfache Fahrstrecke des Klägers zu seiner Arbeitsstelle betrage 24 km.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 12.06.2013 (Bd. I Bl. 92 ff. d. A.) und durch Vernehmung der Zeugin L. A. (Bd. I Bl. 145 ff. d. A.). Mit dem am 07.11.2014 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 150 ff. d. A.) hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner sinngemäß verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 € und 5.708,47 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012, und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 358,36 € zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, den dieser aus dem Unfallereignis vom 17.04.2011 erleiden wird, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Zuerkennung weiteren Schmerzensgeldes und eines Teils des Verdienstausfallschadens.

Sie machen geltend, das vom Landgericht festgesetzte Schmerzensgeld sei überhöht. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die vorgerichtlich von der Beklagten zu 2 zur Verfügung gestellte Schmerzensgeldsumme von 10.000 € insgesamt ausreichend und angemessen. Die angefochtene Entscheidung vermittele den Eindruck, das Erstgericht habe das ihm eingeräumte Ermessen darauf reduziert, auf eine einzelne Entscheidung eines Senats beim SaarlOLG zu verweisen, wobei die Verletzungsbilder nicht vergleichbar seien. Vorliegend habe es weder eine erzwungene mehrmonatige Bewegungslosigkeit gegeben noch sei eine Embolie eingetreten.

Darüber hinaus sei bei der Urteilssumme nach Ziffer 2 des angegriffenen Urteils (Verdienstausfallschaden) ein unberechtigter Mehrbetrag von 886,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 in Abzug zu bringen. Das Erstgericht unterliege einem Denkfehler, weil es einerseits die Rückfahrt von der Arbeit bei den ersparten Fahrtkosten unberücksichtigt lasse, andererseits nicht die tatsächlich geleisteten Überweisungsbeträge bei den Abrechnungen berücksichtige, sondern ein fiktives Nettoeinkommen. Von dem durch das Erstgericht ermittelten Verdienstausfall in Höhe von 4.687,69 € müsse der vom Landgericht für ersparte Aufwendungen errechnete, auf die einfache Wegstrecke von 19 km bezogene Betrag von 456 € doppelt abgezogen werden. Der Kläger hätte an den zu Grunde gelegten 96 Arbeitstagen von der Arbeitsstelle wieder 19 km nach Hause fahren müssen, und er habe somit auch diese Strecke erspart. Überdies führe das Landgericht aus, der Kläger habe im Mai 2011 eine Entgeltfortzahlung in Höhe von 2.769,52 € erhalten. Der tatsächliche Überweisungsbetrag im Mai belaufe sich ausweislich der vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Entgeltabrechnung auf 2.953,99 €. Darin sei die Vorlage des Krankengeldes in Höhe von 223,11 € enthalten gewesen, die in der Entgeltabrechnung für Juni 2011 in der fünften Position von oben auch wieder in Abzug gebracht worden sei. Nun könne man diese Position nicht in der Juni-​Abrechnung in Abzug bringen, sie aber in der Mai-​Abrechnung unberücksichtigt lassen. Entsprechend wäre bei der Entgeltabrechnung im Monat September 2011 von den überwiesenen 2.466,36 € auszugehen und nicht, wie vom Landgericht berücksichtigt, von 2.210,12 €. Daraus würden sich Unterschiedsbeträge von 174,47 € im Mai und 256,18 € im September ergeben, zusammen also 430,65 €. Dass ein Krankengeldvorschuss anzurechnen sei, sei kein Tatsachenvorbringen, sondern eine Rechtsfrage.

Die Beklagten beantragen (Bd. I Bl. 188 d. A.),
unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken vom 07.11.2014 den Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines weiteren angemessenen Schmerzensgeldes nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzuweisen und hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 2 das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit ein höherer Betrag als 4.821,82 € zuzüglich Zinsen zugesprochen wurde.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Schmerzensgelderhöhend wirke sich im vorliegenden Fall auch die zögerliche Schadensregulierung der Beklagten aus. Die Beklagten hätten erstinstanzlich nicht vorgetragen, dass bei der Berechnung des Verdienstausfalls für die Monate Mai und September 2011 auf das anrechenbare Gehalt des Klägers noch der geleistete Krankengeldvorschuss anzurechnen sei. Insoweit werde Verspätung gerügt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 03.05.2013 (Bd. I Bl. 81 ff. d. A.) und 26.09.2014 (Bd. I Bl. 144 ff. d. A.) und des Senats vom 19.11.2015 (Bd. II Bl. 224 ff. d. A.) Bezug genommen.

Im nicht angegriffenen Umfang des Tenors zu 2 und hinsichtlich des Tenors zu 4 des erstinstanzlichen Urteils sind am 18.12.2014 4.821,82 € auf die Hauptforderung, 594,39 € auf Zinsen und 181,36 € auf Rechtsanwaltskosten gezahlt worden.


II.

Die nach den §§ 511, 513, 517, 519 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat nach Maßgabe der §§ 513, 529, 546 ZPO überwiegend Erfolg.

1. Die volle gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für die durch den Verkehrsunfall vom 17.04.2011 verursachten materiellen und immateriellen Schäden gemäß §§ 7, 18, 11 StVG, 115 VVG steht außer Streit. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Gesamtschmerzensgeldanspruch des Klägers mit 12.000 € zu bemessen, so dass unter Berücksichtigung bereits gezahlter 10.000 € noch weitere 2.000 € nebst Zinsen zuzusprechen sind.

a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien. Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an; denn ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (Senat NJW 2011, 933, 935 m. w. Nachw.). Bei der Schmerzensgeldbemessung nach diesen Grundsätzen verbietet sich, wie bereits ausgeführt, eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen” Schmerzensgeldhöhe zu führen (Senat NJW 2011, 933, 935).

b) Auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589, 1592 Rn. 30).

c) Diesen Anforderungen ist das Landgericht nicht in vollem Umfang gerecht geworden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist das Gesamtschmerzensgeld nicht mit 17.000 €, sondern mit 12.000 € zu bemessen.

aa) Der am … 1969 geborene Kläger wurde am 17.04.2011 verletzt, weil der Beklagte zu 1 mit seinem Kraftrad zu Fall kam und mit diesem in die Gruppe von Kraftradfahrern rutschte. Hierbei traf das Kraftrad den Kläger und dessen Kraftrad. Der Kläger erlitt eine Fibulaschaftfraktur (Wadenbeinbruch) links sowie Prellungen und Schürfungen am gesamten Körper. Vom 17. bis zum 20.04.2011 wurde der Kläger stationär in das S. Klinikum M. aufgenommen, wo eine konservative Therapie und eine Ruhigstellung mittels VACOped-​Stiefel erfolgten. Am 04.05.2011 stellte sich der Kläger im M. Krankenhaus S. vor und klagte über Schmerzen in der linken Hüfte bzw. Glutealbereich. Auf dem Röntgenbild ergab sich eine um Schaftbreite verschobene distale Fibulafraktur ohne Zeichen einer Maelleolusinstabilität. Nach glaubhaften Angaben des Klägers wurde daraufhin der VACOped-​Stiefel entfernt und eine - am 31.05.2011 wiederum entfernte - Kunststoffgehgipsschiene angelegt. Am 04.06.2011 stellte sich der Kläger erneut im M. Krankenhaus S. vor, der Verdacht auf Muskelzerrung im linken Oberschenkel blieb ohne pathologischen Befund. Am 08.06.2011 wurde bei einer weiteren Vorstellung im M. Krankenhaus S. beim Kläger eine Beckenbeinvenenthrombose links festgestellt (Bd. I Bl. 111 d. A.).

bb) Wie das Landgericht unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten des Herrn Dr. med. B. überzeugend ausgeführt hat, ist in der Zusammenschau aller Befunde davon auszugehen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Beckenbeinvenenthrombose besteht (Bd. I Bl. 157 d. A.). Die Berufung hat ausdrücklich nicht angegriffen, dass die beim Kläger festgestellte Thrombose schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen ist (Bd. I Bl. 192 d. A. unten).

cc) Der Kläger war vom Unfallzeitpunkt am 17.04.2011 bis Anfang September 2011 zu 100 v. H. arbeitsunfähig. Außerdem konnte er in dieser Zeit seine Haushaltstätigkeit bis zum 07.07.2011 zu 100 v. H. nicht wahrnehmen. Ab diesem Zeitpunkt waren unter Berücksichtigung der Befunde und des Beschwerdebildes sämtliche Haushaltstätigkeiten möglich, ausgenommen solche in überwiegend gebückter, kniender oder hockender Stellung sowie solche mit erhöhtem Gefährdungspotenzial (Bd. I Bl. 120 f. d. A.).

dd) Die Behauptung des Klägers, wegen der Thrombose habe akute Emboliegefahr bestanden, hat der Sachverständige nicht bestätigen können, weil sich weder aus der Beschwerdesymptomatik noch aus den dokumentierten Befunden oder der Untersuchung des Klägers im Rahmen des Gutachtens Hinweise auf ein thrombembotisches Ereignis im Sinne einer Lungenembolie ergaben. Grundsätzlich besteht allerdings bei einer Beckenbeinvenenthrombose ein deutlich erhöhtes akutes Embolierisiko in einer Größenordnung von 40 bis 60 v. H. (Bd. I Bl. 119 d. A.).

ee) Ferner hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass beim Kläger nicht dauerhaft eine Blutverdünnung durchgeführt werden muss. Etwas Anderes gilt für zukünftige klinische Risikosituationen mit erhöhtem Thromboserezidivrisiko, solche Situationen sind aber derzeit nicht bekannt. (Bd. I Bl. 119 f. d. A.).

ff) Nach der in jeder Hinsicht plausiblen Darstellung des Sachverständigen sind über die aktuell geklagte Schwellneigung hinaus Spätschäden nicht absehbar. Bei konsequenter Kompressionstherapie und langfristig angelegter Venenhygiene sind Spätschäden überwiegend zu verneinen. Allerdings verbleibt ein nicht näher zu bezifferndes Restrisiko z. B. im Falle neuer Traumen (Bd. I Bl. 120 d. A.).

gg) Die Berufungserwiderung macht geltend, vorliegend wirke sich auch die zögerliche Schadensregulierung der Beklagten schmerzensgelderhöhend aus. Der größte Teil der geleisteten Entschädigung in Höhe von 8.938,14 € sei erst am 03.05.2012, d. h. über ein Jahr nach dem Unfall, gezahlt worden, und aus nicht nachvollziehbaren Gründen hätten sich die Beklagten bis zur Entscheidung in erster Instanz auch beharrlich geweigert, eine Entschädigung auf den Haushaltsführungsschaden zu zahlen (Bd. II Bl. 207 d. A.). Dieses Vorbringen führt im Ergebnis nicht zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes.

(1) Den entsprechenden, erstmals in der Berufungsinstanz gehaltenen Vortrag des Klägers (vgl. demgegenüber Klage und Replik, Bd. I Bl. 4 bis 10 bzw. 63 bis 65 d. A.) haben die Beklagten allerdings nicht bestritten (vgl. Bd. II Bl. 209 bis 211 d. A.), so dass er bei der Schmerzensgeldbemessung in Erwägung zu ziehen ist. Neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz, der unstreitig bleibt, ist stets zu berücksichtigen, und zwar selbst dann, wenn der unstreitige Vortrag im Hinblick auf Folgefragen eine Beweisaufnahme erfordert (BGH r + s 2015, 212 Rn. 5 m. w. Nachw.).

(2) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die verzögerte Schadensregulierung als Bemessungsfaktor Beachtung finden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass sich der leistungsfähige Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt (Senat NJW 2011, 933, 936 m. w. Nachw.; Palandt/Grüneberg, BGB 74. Aufl. § 253 Rn. 17). Die Erhöhung des Schmerzensgeldes darf keinen Sanktionscharakter besitzen, sondern ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verzögerte Zahlung das gemäß § 253 BGB geschützte Interesse des Gläubigers beeinträchtigt. Davon ist etwa dann auszugehen, wenn der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet; aber auch dann, wenn der Gläubiger den Schadensersatz dazu verwenden kann, um die Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu lindern, ist es geboten, der Verzögerung der Schadensregulierung durch eine Anhebung des Schmerzensgeldes Ausdruck zu verleihen (Senat NJW 2011, 933, 936).

(3) Nach diesen Grundsätzen findet eine Erhöhung des Schmerzensgeldes nicht statt. Zwar ist zu berücksichtigen, dass eine den Umständen nach angemessene Regulierungsleistung vor Klageerhebung, aber erst gut ein Jahr nach dem Unfallereignis erbracht war. Eine (triftige) Begründung für die verzögerte Schadensregulierung haben die Beklagten in der Tat nicht gegeben. Andererseits ist aber weder ersichtlich, dass der Kläger unter der langen Dauer der Schadensregulierung gelitten hätte, noch dass er den Schadensersatz zur Linderung der Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätte verwenden können. Insoweit kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger Entgeltfortzahlung und Krankengeld erhielt und der - rechtskräftig zuerkannte - Haushaltsführungsschaden abstrakt berechnet worden ist. Da die Erhöhung des Schmerzensgeldes keinen Sanktionscharakter besitzen darf, kann unter diesen Umständen keine Anhebung erfolgen.

hh) Eine in allen wesentlichen Punkten mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Entscheidung zur Bemessung des Schmerzensgeldes ist nicht ersichtlich. Dennoch können die in vom Verletzungsbild vergleichbaren, aber mit schwerwiegenderen und weniger schwerwiegenden Folgen verbundenen Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Rahmen bei der Beurteilung der Angemessenheit der Schmerzensgeldhöhe bieten.

(1) Das Landgericht hat allein das Urteil des 1. Zivilsenats des SaarlOLG vom 14.04.1999 (1 U 630/98 - 115, OLGR 1999, 487 ff.) herangezogen, das jedoch abgesehen von der tiefen Beinvenenthrombose eine andere Erstverletzung und andere Verletzungsfolgen betrifft. Im dortigen Verfahren fiel schmerzensgelderhöhend ins Gewicht, dass der wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung klagende Rechtsanwalt nicht nur einen Oberschenkelhalstrümmerbruch erlitt, sondern sich als adäquate, seiner beklagten Bekannten zurechenbare weitere Folge eine tiefe Beinvenenthrombose zuzog. Soweit die Berufung geltend macht, im dortigen Verfahren sei es nicht um einen Oberschenkelhalstrümmerbruch, sondern um einen Oberschenkeltrümmerbruch gegangen (Bd. I Bl. 191 f. d. A.), ist zu bemerken, dass auch in der von der Berufung angeführten Fundstelle VersR 2000, 985 ff. in der Sachdarstellung von einem Oberschenkeltrümmerbruch, im Leitsatz zu 2 und in den Rechtsausführungen unter II.3.b) aber von einem Oberschenkelhalstrümmerbruch die Rede ist. Letztlich kommt dieser Wortwahl aber keine entscheidende Bedeutung zu. Zur Behandlung der Beinvenenthrombose wurde der in dem vom 1. Zivilsenat des SaarlOLG entschiedenen Verfahren Verletzte mehrere Wochen bewegungslos gestellt, ihm danach das blutungsgefährdende Medikament Marcumar mit dem Risiko schwerer Blutungen verordnet und schließlich das Tragen von Kompressionsstrümpfen empfohlen. Ermäßigend hat der 1. Zivilsenat berücksichtigt, dass den Verletzten ein - in der Entscheidung nicht prozentual bemessenes und im Rahmen des Schmerzensgeldes ohnehin nicht quotal zu berücksichtigendes - Mitverschulden an dem Unfall traf.

(2) Auch das von der Berufungserwiderung angeführte Urteil des LG Bochum vom 15.03.2006 (6 O 419/03, bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 34. Aufl. Lfd. Nr. 34.2337), durch das dem Geschädigten 25.000 € Schmerzensgeld nebst immateriellem Vorbehalt zuerkannt wurden, betrifft einen mit der vorliegenden Sache nicht vergleichbaren Fall. Im Verfahren des LG B. erlitt ein damals 49-​jähriger Mann eine tiefe Drei-​Etagen-​Thrombose nach Fraktur der linken Großzehe vom Fuß bis in die Leiste im linken Bein, distale Irritation des nervus tibialis. Der Verletzte befand sich eine Woche im Krankenhaus mit Kompressionsbehandlung, es erfolgte eine Einstellung auf Macumar, später wurde eine Reha-​Maßnahme durchgeführt, und der Geschädigte war fast 18 Monate arbeitsunfähig. Als Dauerfolgen traten ein ostthrombotisches Syndrom mit Schwellneigung und Schmerzen, das dauerhafte Tragen von Kompressionsstrümpfen und ein GdB von 60 v. H. (u. a. wegen der Folgen nach der Thrombose) ein. Als besondere Umstände, die für die Entscheidung maßgebend waren, ist bei Hacks/Wellner/Häcker, aaO vermerkt:
„Unterlassen einer Thromboseprophylaxe, obwohl konkrete Hinweise für das Auftreten einer Thrombose vorgelegen haben; grober ärztlicher Behandlungsfehler; Gesundheitszustand und GdB von 60% nicht ausschließlich auf die fehlerhafte Behandlung durch Beklagten zurückzuführen; konkrete Abgrenzung der Verursachungsbeiträge jedoch nicht möglich; wirken mehrere mögliche Mitursachen nicht abgrenzbar im Sinne einer Gesamtkausalität zusammen, haftet der für den groben Fehler Verantwortliche auch für den gesamten Schaden, sofern nicht feststeht, dass der Behandlungsfehler nur einen abgrenzbaren Teil des Schadens verursacht; es besteht Risiko trophischer Störungen an der Haut und Unterhaut, die bis zu Ulcerationen am Unterschenkel führen können“.
Auch im dortigen Fall lagen also gegenüber dem vorliegenden Unfall deutlich schwerere Verletzungen und Verletzungsfolgen vor und war überdies ein grober ärztlicher Behandlungsfehler zu bejahen.

(3) Das OLG H. (Urteil vom 27.11.2012 - 9 U 132/12, bei Hacks/Wellner/Häcker, aaO Lfd. Nr. 34.176) hatte bei einer Tibiakopffraktur rechts und einer nicht dislozierten Wadenbeinfraktur links, einer massiven Ergussbildung im rechten Knie sowie Schürfwunden am Innenknöchel des rechten Beins ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 € ohne immateriellen Vorbehalt zugesprochen. Im dortigen Fall wurde eine stationäre Behandlung von 15 Tagen durchgeführt, wobei eine operative Verplattung des Tibiakopfes erfolgte. Eine operative Entfernung des Plattenmaterials war vorauszusehen. Über sechs Monate war der Geschädigte auf Gehhilfen angewiesen. Des Weiteren unterzog er sich einer Reha-​Behandlung. Schließlich erfolgte eine Medikation mit Schmerzmitteln, Thrombosespritzen und Blutverdünnern, und es bestand für sieben Monate Arbeitsunfähigkeit. Unter den besonderen Umständen, die für die Entscheidung maßgebend waren, ist bei Hacks/Wellner/Häcker, aaO vermerkt:
„Das zuerkannte Schmerzensgeld entspricht der Rechtsprechung für vergleichbare Fälle. Dem streitgegenständlichen Befundbild direkt vergleichbare Sachverhalte finden sich in den gängigen Übersichten von gerichtlichen Schmerzensgeldentscheidungen, wie z.B. Hacks/Wellner/Häcker, 33. Aufl. 2015, zwar nicht. Bei Betrachtung ähnlicher Fälle, die zu Schmerzensgeldbeträgen von nach heutiger Kaufkraft etwa 8.000 € geführt haben, zeigt sich jedoch eine hinreichende Vergleichbarkeit mit der Schwere des bei dem klägerischen Ehemann bestehenden Verletzungsbildes und des Heilungsverlaufs, so in Urteilen des AG T. v. 30.3.2011 unter Nr. 462, des LG B. v. 26.6.2006 unter Nr. 464, des OLG H. v. 18.9.2002 unter Nr. 471 und des OLG F. v. 12.1.2007 unter Nr. 477“.
ii) Unter Berücksichtigung aller vorstehend erörterten Umstände ist nach Auffassung des Senats ein Gesamtschmerzensgeld in Höhe von 12.000 € angemessen und ausreichend.

2. In Bezug auf den Verdienstausfallschaden sind gegenüber den Berechnungen des Landgerichts Abzüge in Höhe von insgesamt 886,65 € vorzunehmen, wie die Berufung mit Recht rügt (Bd. I Bl. 194 f. d. A.).

a) Die Nachteile für Erwerb und Fortkommen des nicht selbständig Beschäftigten bestehen, wie das Landgericht im Ansatz richtig erkannt hat (Bd. I Bl. 163 d. A.), zunächst im Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Arbeitseinkommen nebst allen Zusatz- und Nebenentgelten, die nicht allein einem infolge der Verletzung nicht mehr anfallenden Aufwand dienen, und demjenigen, was er ohne das Schadensereignis hypothetisch erzielt hätte (Pardey in Geigel, Der Haftpflichtprozess 27. Aufl. Kap. 4 Rn. 91). Die Rechtsprechung des BGH hat zur Ermittlung des Verdienstausfallschadens sozialversicherter Arbeitnehmer - wie hier- grundsätzlich zwei Berechnungsmethoden entwickelt (Pardey in Geigel, aaO Rn. 99; MünchKomm-​BGB/Oetker, 7. Aufl. § 252 Rn. 18 f.; Palandt/Grüneberg, aaO § 252 Rn. 7 f.). Nach der einen, der sogenannten (modifizierten) Bruttolohnmethode, ist mit der Schadensberechnung bei dem entgangenen Bruttoverdienst des Geschädigten anzusetzen. Vorteile, die dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses durch den Wegfall von Sozialabgaben und Steuern zufließen, sind im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen, wobei der Vorteilsausgleich ein entsprechendes Verteidigungsvorbringen des Schädigers voraussetzt (BGH NJW 1995, 389, 390). Nach der anderen, der sogenannten modifizierten Nettolohnmethode, ist der Schaden, den es auszugleichen gilt, das fiktive Nettoeinkommen des Geschädigten zuzüglich aller seiner aus dem Schadensereignis folgenden weiteren Nachteile einschließlich der auf die Schadensersatzleistung geschuldeten Steuern (BGH NJW 1995, 389, 390). Bei diesen Methoden handelt es sich um bloße Berechnungstechniken ohne eine eigenständige normative Aussage. Beide Berechnungsmethoden sind zur Ermittlung des Schadens im Sinne von § 249 BGB geeignet; sie führen - richtig angewandt - auch nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen (BGH NJW 1995, 389, 390; jurisPK-​BGB/Rüßmann, 7. Aufl. § 252 Rn. 7).

b) Das Landgericht hat im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO erkennbar die modifizierte Nettolohnmethode angewandt (vgl. Bd. I Bl. 163 d. A.: „durchschnittliches monatliches Nettoarbeitsentgelt“). Die Berufung rügt allerdings mit Recht, dass das Landgericht den (als solchen in der Berufungsinstanz nicht beanstandeten) Vervielfältiger von 0,25 €/km nur für die (als solche in der Berufungsinstanz ebenfalls nicht beanstandete) einfache Entfernung von 19 km an den (wiederum als solchen in der Berufungsinstanz nicht beanstandeten) 96 Tagen in Ansatz gebracht hat (Bd. I Bl. 194 d. A.).

aa) Auf den Verdienstausfallschaden ist eine Ersparnis von Fahrtkosten für Fahrten zur Arbeitsstelle anzurechnen, ohne die der Verletzte seine Beschäftigung nicht hätte ausüben können (BGH NJW 1980, 1787 f.; Erman/Ebert, BGB 14. Aufl. Vorbem. zu §§ 249-​253 Rn. 98; Staudinger/Schiemann, Neubearb. 2005 § 249 Rn. 168). Ersparte Aufwendungen hat das Gericht von Amts wegen im Rahmen der Vorteilsausgleichung abzuziehen, wobei es die Höhe der Aufwendungen zu schätzen hat (OLG Schleswig BeckRS 2004, 12064; Langenick NZV 2009, 318). Dabei werden in der gerichtlichen Praxis teils 5 oder 10 v. H. des Nettoeinkommens als Pauschale abgezogen, teils werden die Ersparnisse auch konkret berechnet oder auf Grund hinreichender Tatsachengrundlage nachvollziehbar geschätzt (vgl. Pardey in Geigel, aaO Kap. 9 Rn. 67 m. Nachw. zur Rspr.). Der vorliegende Fall erfordert keine abschließende Entscheidung zu diesen verschiedenen Berechnungsweisen. Im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessensspielraums ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn die konkret ermittelte Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und eine der Wirklichkeit möglichst nahe kommende Kilometerpauschale zu Grunde gelegt werden, solange die Parteien nicht konkret höhere (Schädiger) oder niedrigere (Geschädigter) Ersparnisse im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt haben.

bb) Diesen Rahmen hat das Landgericht aber nicht mehr eingehalten, indem es die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG Zeugen und Dritten für jeden gefahrenen Kilometer zur Abgeltung der Abnutzung des Kfz geltende Pauschale von 0,25 € mit der einfachen Entfernung kombiniert hat. Eine Begründung dafür hat das Landgericht nicht gegeben (vgl. Bd. I Bl. 164 d. A.). Schätzt das Gericht ersparte Aufwendungen für Fahrtkosten in Ermangelung weitergehender Angaben der Parteien in im vorliegenden Fall nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage des JVEG, so sind folgerichtig Hin- und Rückweg und nicht nur die einfache Entfernung zu Grunde zu legen. Zwar ist im Rahmen der Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Der den früheren Begriff „Fahrten“ ersetzende Begriff „Wege“ verdeutlicht, dass der Ansatz einer Entfernungspauschale nicht davon abhängt, ob dem Arbeitnehmer durch seine Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte Kosten entstehen. Voraussetzung ist nur, dass er die erste Tätigkeitsstätte tatsächlich aufgesucht hat (Blümich/Thürmer, EStG 129. Aufl. § 9 Rn. 261). Da die steuerrechtlichen Vorschriften einen gegenüber dem Aufwendungsersatz nach JVEG anderen Begründungsansatz verfolgen, ist eine Kombination beider Modelle bei der Schadensschätzung nicht zulässig.

cc) Folglich sind auf Grund des im Übrigen nicht beanstandeten Rechenwegs des Landgerichts insgesamt 96 mal 38 km mal 0,25 €/km, also 912 €, abzuziehen, der erstinstanzlich zugesprochene Betrag ist also um 456 € zu kürzen.

c) Ferner macht die Berufung mit Erfolg geltend, dass Krankengeldzahlungen in Höhe von insgesamt weiteren 430,65 € zu berücksichtigen sind.

aa) Bei der Ermittlung des Verdienstausfalls des Geschädigten sind Krankengeldzahlungen als Abzugsposten zu berücksichtigen (vgl. OLG München, Urt. v. 08.05.2015 - 10 U 4543/13, juris Rn. 63). Insoweit hat ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger nach Maßgabe des § 116 SGB X stattgefunden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2004 - I-​1 U 210/03, juris Rn. 86; Plagemann in Geigel, aaO Kap. 4 Rn. 106).

bb) Die Berufung hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger im Mai 2011 eine Entgeltfortzahlung in Höhe von 2.769,52 € erhielt, der tatsächliche Überweisungsbetrag sich ausweislich der vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Entgeltabrechnung für Mai 2011 aber auf insgesamt 2.953,99 € belief, weil darin die ebenfalls in der Entgeltabrechnung für Mai ausgewiesene Vorlage des Krankengeldes in Höhe von 223,11 € enthalten war (vgl. Bd. I Bl. 24 d. A.). Diese Vorlage ist in der Entgeltabrechnung für Juni 2011 in der fünften Position von oben wieder in Abzug gebracht worden (vgl. Bd. I Bl. 25 d. A.). In der Tat kann die Vorlage bei der Berechnung des Verdienstausfalls nicht in der Entgeltabrechnung für Juni 2011 in Abzug gebracht werden und in derjenigen für Mai 2011 unberücksichtigt bleiben. Entsprechend ist bei der Entgeltabrechnung für den Monat September 2011 von den überwiesenen 2.466,36 € auszugehen (einschließlich des vorgelegten Krankengeldes in Höhe von 303,46 €) und nicht, wie vom Landgericht berücksichtigt, von 2.210,12 €. Daraus ergeben sich Unterschiedsbeträge von 174,47 € im Mai 2011 und 256,18 € im September 2011, zusammen also 430,65 €.

cc) Die von der Berufungserwiderung insoweit erhobene Verspätungsrüge (Bd. II Bl. 207 d. A.) greift nicht durch. Die Beklagten haben bereits in der Klageerwiderung geltend gemacht, der Kläger habe im Mai zum Nettoverdienst noch Krankengeld bezogen, es seien 2.943,99 € überwiesen worden (Bd. I Bl. 57 d. A. Abs. 1; gegenüber dem zutreffenden Überweisungsbetrag von 2.953,99 € liegt offenbar ein Übertragungs- oder Schreibfehler vor). Außerdem haben die Beklagten dort einen unfallbedingten Verdienstentgang für September bestritten (Bd. I Bl. 57 d. A. zweitletzter Abs.). Davon abgesehen ergibt sich die richtige Höhe der Krankengeldzahlung bei sorgfältigem Abgleich der vom Kläger selbst vorgelegten Entgeltabrechnungen. Überdies wäre, wenn von neuem Vorbringen ausgegangen würde, für eine Nichtzulassung in der Berufungsinstanz kein Raum. Neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz, der - wie hier - unstreitig bleibt, ist stets zu berücksichtigen, und zwar selbst dann, wenn der unstreitige Vortrag im Hinblick auf Folgefragen eine Beweisaufnahme erfordert (BGH r + s 2015, 212 Rn. 5 m. w. Nachw.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.