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OVG Lüneburg Urteil vom 18.04.2016 - 12 LB 178/15 - Anordnung einer MPU bei Psychose mit Wahnvorstellungen

OVG Lüneburg v. 18.04.2016: Anordnung einer MPU bei Psychose mit Wahnvorstellungen


Das OVG Lüneburg (Urteil vom 18.04.2016 - 12 LB 178/15) hat entschieden:
Ausreichend für die Anordnung einer MPU sind hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung in Form einer Psychose mit Wahnvorstellungen paranoider Art, die zu aggressivem Verhalten führen.


Siehe auch Krankheiten und Fahrerlaubnis und Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)


Tatbestand:

Die 1969 geborene Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis.

Aufgrund einer im November 2011 erfolgten Geschwindigkeitsüberschreitung erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Bußgeldbescheid. Da diese die Zahlung des Bußgelds verweigerte, ohne Gründe anzuführen, aus denen sich eine Zahlungsunfähigkeit ergeben hätte, ordnete das Amtsgericht Nienburg/Weser mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 Erzwingungshaft an. Im Rahmen der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde legte die Klägerin ärztliche Bescheinigungen ihres sie behandelnden Arztes Dr. D., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 24. Januar 2012 sowie vom 26. Februar und 29. Juli 2013 vor, die ihr eine Verhandlungs-​, Reise- und Haftunfähigkeit attestierten. Weiter heißt es insbesondere in der ärztlichen Bescheinigung vom 29. Juli 2013, zwar sei die Klägerin orientiert, aufmerksam und konzentriert, ihre Stimmungslage sei aber depressiv. Sie zeige einen psychisch instabilen Status mit einer Vielzahl von psychosomatischen Beschwerden. Es fänden sich alle Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Klägerin leide an Angst- und Panikattacken. Es zeigten sich ausgeprägte somatische Befunde wie Bluthochdruckkrisen, Herzrhythmusstörungen und Schwindelerscheinungen.

In einer - im zwischenzeitlich angestrengten Betreuungsverfahren abgegebenen - ärztlichen Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 heißt es u.a., die Klägerin falle seit mehreren Jahren wiederholt durch aggressives Verhalten, Bedrohungen anderer Personen und Strafanzeigen ihrerseits auf. Nach Durchsicht der vorliegenden Akten und auf Grund eines Eindrucks, der sich im Rahmen eines Hausbesuchs vom 19. Dezember 2012 vermittelt habe, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Klägerin an einer paranoiden Psychose leide und ihr Verhalten durch die Entwicklung eines Wahns verursacht werde.

Unter dem 31. Oktober 2013 gab der Beklagte der Klägerin auf, ein ärztliches Gutachten u.a. zu der Fragestellung beizubringen, ob bei ihr „eine Gesundheitsstörung oder Krankheit aus dem Bereich der Psychosen (Nr. 7.1 bis 7.6 Anlage 4 FeV)“ vorliege, die für die Fahreignung erheblich sei. Anfang Dezember 2013 reichte die Klägerin die ärztliche Bescheinigung eines Dr. E. vom 21. November 2013 ein, nach der sie aus „ärztlicher Sicht durchaus am Straßenverkehr teilnehmen“ könne, und eine weitere Bescheinigung von Dr. D., nunmehr Facharzt für Arbeitsmedizin, vom 25. November 2013, nach der bei der Klägerin klinisch keine Erkrankung festgestellt werden könne, die die Fahrtüchtigkeit einschränke. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2013 entzog der Beklagte der Klägerin die Fahrerlaubnis mit der Begründung, gemäß § 11 Abs. 8 FeV werde auf ihre Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen, das geforderte ärztliche Gutachten sei nicht vorgelegt worden.

Auf den Antrag der Klägerin stellte das Verwaltungsgericht Hannover mit Beschluss vom 21. Februar 2014 (- 9 B 8105/13 -) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 10. Dezember 2013 (- 9 A 8104/13 -) wieder her. Zur Begründung führte es aus, zwar dürfe die ärztliche Stellungnahme des Fachdienstes für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 zum Anlass genommen werden, ein ärztliches Gutachten anzuordnen. Die gestellte Gutachtenfrage sei aber unverhältnismäßig. Für Krankheiten oder Mängel im Sinne von Nr. 7.3 oder 7.4 Anlage 4 FeV gebe es keinen Anhaltspunkt. Der Beklagte hob seinen Bescheid vom 10. Dezember 2013 auf. Das Klageverfahren wurde übereinstimmend für erledigt erklärt und eingestellt.

Unter dem 19. März 2014 gab der Beklagte der Klägerin erneut auf, ein ärztliches Gutachten beizubringen mit folgender Fragestellung:
  1. Liegt bei der Untersuchten eine Gesundheitsstörung/Krankheit aus dem Bereich der Psychosen vor, welche die Fähigkeit zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen einschränkt oder aufhebt?

  2. Ist die Fähigkeit der Untersuchten zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund der aktenkundigen Gesundheitsstörungen bzw. psychosomatischen Beschwerden, die u.a. zur Haft- und Reiseunfähigkeit führten - hier die depressive Episode bzw. tiefe depressive Stimmungslage mit Angst- und Panikattacken, Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Schwindelerscheinungen, akute und posttraumatische Belastungsstörung, ggf. beginnende posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung - eingeschränkt oder aufgehoben?
    (vgl. Atteste von Dr. D. vom 24.01.2012, 26.02.2013 und 29.07.2013, Bericht Psychologen F. vom 06.11.2012)
Nachdem die Klägerin das geforderte Gutachten nicht vorgelegt hatte, entzog der Beklagte ihr mit Bescheid vom 17. April 2014 erneut unter Hinweis auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis.

Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 11 Abs. 8 FeV dürfe die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe. Der Schluss auf die Nichteignung sei nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig sei. Hieran fehle es vorliegend auch weiterhin. Wie bereits im Beschluss vom 21. Februar 2014 (- 9 B 8105/13 -) ausgeführt, müsse die Gutachtenfrage auf die Krankheiten und Mängel begrenzt werden, für die es Anhaltspunkte gebe. Der Umstand, dass der Beklagte in der zweiten Anordnung eines Gutachtens vom 19. März 2014 - im Unterschied zu seiner ersten Anordnung vom 31. Oktober 2013 - den Hinweis auf die Nr. 7.1 bis 7.6 der Anlage 4 FeV weggelassen habe, führe zu keiner anderen Einschätzung als der im Beschluss. Die darin geforderte Einschränkung der Gutachtenfrage ergebe sich daraus nicht. Darüber hinaus sei auch die Fragestellung unter Buchstabe b) der Gutachtenanforderung zumindest insoweit nicht anlassbezogen und unverhältnismäßig, als darin auf evtl. Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Schwindelerscheinungen der Klägerin abgestellt werde. Wenn auch diese Krankheitsbilder in einigen ihrer ärztlichen Atteste genannt würden, so führe doch keines dieser Atteste aus, dass die Klägerin an einer behandlungsbedürftigen Intensität dieser Krankheitsbilder leide. Ein Anlass, die Klägerin bezüglich dieser Krankheitsbilder auf ihre Fahreignung hin untersuchen zu lassen, sei für das Gericht nicht ersichtlich.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 27. Oktober 2015 (12 LA 218/14) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

Der Beklagte hat zur Begründung seiner Berufung ausgeführt: Der hier gegebene Sachverhalt biete Anhaltspunkte, die darauf schließen ließen, dass bei der Klägerin ein Kraftfahreignungsmangel im Sinne der Anlage 4 zur FeV vorliege (Nr. 2.3. Störung des Gleichgewichts; Nr. 4.1 Herzrhythmusstörung mit anfallsweiser Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit; Nr. 4.2 Bluthochdruck; Nr. 7.1, 7.5 und 7.6 organische, affektive oder schizophrene Psychose). Die Anordnung des Gutachtens sei anlassbezogen und verhältnismäßig. Welche Form der Psychose bei der Klägerin vorliegen könne, sei bisher nicht geklärt. Das sei ohne umfassende Diagnostik auch nicht möglich. Es sei nicht Aufgabe der Fahrerlaubnisbehörde, bereits im Vorfeld zu klären, welche Form der Psychose in Betracht komme. Die Beschränkung der Fragestellung auf Psychosen lege den Untersuchungsrahmen fest und schränke die in Betracht kommenden diagnostischen Verfahren hinreichend ein. Auch die Frage b) sei anlassbezogen und verhältnismäßig. Es komme nicht darauf an, ob die attestierenden Ärzte die jeweilige Erkrankung als behandlungsbedürftig eingestuft hätten. Die von der Klägerin vorgelegten Atteste von Dr. E. und Dr. D. seien nicht geeignet, Eignungsbedenken auszuräumen.

Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei richtig. Der Sachverhalt sei streitig. Es sei insofern fraglich, wie die erforderliche Überzeugungsgewissheit dafür gewonnen werden könne, dass Anhaltspunkte für eine die Fahrtauglichkeit beeinträchtigende Erkrankung gegeben seien. Den Beklagten treffe die Darlegungslast. Die Schilderung der ärztlichen Behauptungen könne nicht als objektiver Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Die von ihr vorgelegten Atteste könnten nicht unberücksichtigt bleiben. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Februar 2014 (- 9 B 8105/13 -) zutreffend ausgeführt habe, fehle es an einem hinreichenden inneren Zusammenhang zwischen dem Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtenanordnung festgelegten Prüfprogramm. Den vorgelegten Attesten lasse sich auch nicht entnehmen, dass die attestierten Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Schwindelerscheinungen behandlungsbedürftig seien. Sie sei fahrtauglich. Den Beklagten treffe eine Aufklärungspflicht, bevor er die Beibringung eines Gutachtens anordnen könne. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen. Es sei nicht sicher, ob ihre Verhaltensauffälligkeiten neurologisch-​psychiatrisch bedingt seien. Es sei nicht möglich, sich insoweit auf die Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 zu stützen. Es sei unklar, bei welchem Anlass welche Feststellungen getroffen worden seien. Sie sei ihren Mitwirkungspflichten durch Vorlage ärztlicher und fachärztlicher Atteste nachgekommen. In dem Schreiben des Klinikums G. vom 22. Januar 203 (gemeint wohl 2013), dem ärztlichen Durchgangsbericht des Dr. H. vom 5. September 2012, dem Bericht des Dr. D. vom 19. August 2004 und dem Entlassungsbericht der Deutschen Rentenversicherung vom 10. April 2012 werde eine Psychose verneint. Sie habe sich bereit erklärt, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Beklagte habe für die Feststellung von Anknüpfungstatsachen weitere Ermittlungen anstellen müssen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 15. November 2013 insoweit von seiner Beibringungsanordnung vom 31. Oktober 2013 Abstand genommen habe, als sie eine Herzerkrankung betroffen habe, weil er keine Eignungsbedenken mehr gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.


Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage der Klägerin abweisen müssen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 17. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der angefochtene Bescheid findet seine Grundlage in § 11 Abs. 8 FeV. Nach Satz 1 der genannten Vorschrift darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sich dieser weigert, sich untersuchen zu lassen, oder er das von der Behörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Die Behörde darf aus einer entsprechenden Verweigerung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die fehlende Kraftfahreignung schließen, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig ist (s. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.5.2012 - 3 B 65.11 -, NJW 2012, 3115; Urt. v. 28.4.2010 - 3 C 2.10 -, BVerwGE 137, 10; Urt. v. 9.6.2005 - 3 C 21.04 -, NJW 2005, 3440; Urt. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 -, NJW 2005, 3081 jew. auch in juris und m. w. N.; Urt. d. Sen. v. 9.4.2014 - 12 LB 64/13 - u. v. 8.7.2014 - 12 LC 224/13 -, jew. in juris). Das ist hier der Fall.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Betreffenden begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass er ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG). Die §§ 11 bis 14 FeV finden entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). § 11 Abs. 1 FeV bestimmt, dass Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen müssen (Satz 1). Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 2 FeV die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Die Anordnung des Beklagten zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens vom 19. März 2014 genügt den zu stellenden Anforderungen.

Gemäß § 11 Abs. 6 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2). Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat (Satz 3). Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen (Satz 4). Die Anordnung des Beklagten zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens vom 19. März 2014 genügt diesen Formerfordernissen. Der Beklagte hat der Klägerin insbesondere in genügender Weise die Gründe für seine Zweifel an ihrer Eignung dargelegt (vgl. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV). Eine Fahrerlaubnisbehörde genügt ihrer Mitteilungs- und Darlegungspflicht durch eine substantiierte Darlegung ihrer Eignungszweifel unter Angabe der Tatsachen, auf denen diese Zweifel beruhen (Urt. d. Sen. v. 8.7.2014 - 12 LC 224/13 -, juris Rdn. 49; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 11 FeV Rdn. 43 m.w.N.). Der Beklagte hat in seiner Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens vom 19. März 2014 dargelegt, aufgrund welchen Sachverhalts er sich zu weitergehenden Ermittlungen veranlasst gesehen hat (Behauptung der Klägerin, das Ordnungswidrigkeitengesetz sei außer Kraft gesetzt) und welche Erkenntnisse sich aus diesen Ermittlungen im Einzelnen ergeben haben. Er führt die Erkenntnisse an, die sich u.a. aus einer Einsicht in die Akten des gegen die Klägerin geführten Ordnungswidrigkeitenverfahrens 15 OWi 415/12, des gegen sie geführten Strafverfahrens 4 DS 502 Js 42706/12 (183/12) und in der sie betreffenden Betreuungssache 11 XVII P 279 ergeben hatten, darunter u.a. die von der Klägerin selbst eingereichten ärztlichen Bescheinigungen. Ebenso berücksichtigt er die sich aus den ärztlichen Bescheinigungen ergebenden Diagnosen. Die im Hinblick auf die Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klärenden Fragen sind konkret angeführt.

Die vom Beklagten formulierte Fragestellung zu a) („Liegt bei der Untersuchten eine Gesundheitsstörung/Krankheit aus dem Bereich der Psychosen vor, welche die Fähigkeit zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen einschränkt oder aufhebt?“) ist nicht zu beanstanden. Wie der Beklagte zutreffend annimmt, ergaben sich Anhaltspunkte für Fahreignungsmängel in Form einer psychischen Erkrankung, die insbesondere mit Depression und der Entwicklung eines Wahns einhergeht, und zwar insofern das Vorliegen einer Psychose (Nr. 7.1, 7.5 und 7.6 der Anlage 4 FeV) in Betracht zu ziehen.

Soweit die Klägerin einwendet, der Sachverhalt sei streitig, die erforderliche Überzeugungsgewissheit habe nicht gewonnen werden können, verkennt sie, dass es nicht darauf ankommt, ob die in Betracht gezogene Erkrankung tatsächlich vorliegt. Dies soll durch die angeordnete Untersuchung gerade geklärt werden. Ausreichend sind hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.4.2005 - 12 ME 540/05 -, zfs 2005, 575, juris Rdn. 5 ff., 7; OVG NRW, Beschl. v. 12.11.2014 - 16 A 2711/13 -, juris Rdn. 10; VGH Bad.-​Württ., Urt. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 -, NZV 2014, juris Rdn. 22; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 11 FeV Rdn. 23, 27). Diese ergeben sich aus den vom Beklagten in seiner Beibringungsanordnung angeführten sowie den weiteren Umständen des vorliegenden Falls, darunter auch den von der Klägerin selbst eingereichten ärztlichen Bescheinigungen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin ist ergänzend anzumerken:

Soweit nach Lage der Akten erkennbar, ist das Betreuungsverfahren nach Eingaben des seinerzeitigen Rechtsbeistands der Klägerin vom 12. Dezember 2012 (Bl. 158 BA A: „beantrage ich die Einweisung der Schuldnerin in ein Landeskrankenhaus zum Zwecke der Untersuchung bzw. Überprüfung ihrer Geschäftsfähigkeit. Aus dem gesamten Schriftverkehr ergibt sich für mich, dass die Schuldnerin desorientiert ist ...“) und ihrer Tochter vom 18. Dezember 2012 (Bl. 159 BA A: „hiermit beantrage ich eine Betreuung für meine Mutter ... Meine Mutter ist psychisch nicht mehr in der Lage sich und ihre Familie zu versorgen. ... Sie hat regelmäßig cholerische Ausraster die dazu führen, zu zerstören, wie auch jeden der ihr nicht passt anzuzeigen. Sie hat Wahnvorstellungen und steht meiner Ansicht nach kurz vor einen psychischen Zusammenbruch“) anhängig geworden. Aus weiteren Ablichtungen zu der betreffenden Betreuungssache geht hervor, dass das Amtsgericht - Betreuungsgericht - Nienburg durch Beschluss vom 20. Dezember 2012 das Gesundheitsamt des Beklagten um eine persönliche Untersuchung oder Befragung der Klägerin und Erstattung eines Sachverständigengutachtens zu im Einzelnen aufgeführten Fragen gebeten hatte. In der bereits erwähnten gegenüber dem Betreuungsgericht abgegebenen ärztlichen Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 heißt es - wie ausgeführt -, die Klägerin falle seit mehreren Jahren wiederholt durch aggressives Verhalten, Bedrohungen anderer Personen und Strafanzeigen ihrerseits auf. Nach Durchsicht der vorliegenden Akten und auf Grund eines Eindrucks, der sich im Rahmen eines Hausbesuchs vom 19. Dezember 2012 vermittelt habe, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Klägerin an einer paranoiden Psychose leide und ihr Verhalten durch die Entwicklung eines Wahns verursacht werde. In einer Stellungnahme des Fachdienstes Betreuung des Beklagten vom 22. Januar 2013 an das Betreuungsgericht heißt es dann, in den ersten beiden Kalenderwochen des Jahres 2013 sei es bei der Klägerin mehrfach zu Einsätzen der Polizei gekommen, die Bereitschaftsdienste und der Amtsarzt seien vor Ort gewesen. Die Situation werde so bewertet, dass anstelle der Einrichtung einer Betreuung eine Unterbringung nach dem PsychKG angezeigt sei. Es werde um Nachricht gebeten, wie in der Betreuungssache weiter verfahren werden solle. Mit Beschluss vom 29. Januar 2013 lehnte das Amtsgericht - Betreuungsgericht - Nienburg die Bestellung eines Betreuers mit der Begründung ab, die Klägerin lehne die Unterstützung durch einen Betreuer ab, die Einrichtung einer Betreuung gegen ihren Willen sei wenig Erfolg versprechend.

Soweit die Klägerin das Vorliegen einer Psychose bestreitet, ist ihr zuzugestehen, dass sich der Begriff der Psychose allein der ärztlichen Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 entnehmen lässt und aus dieser Stellungnahme nicht hervorgeht, auf der Grundlage welcher Erkenntnisse (d.h. welcher durchgesehenen Akte und welcher Feststellungen im Einzelnen anlässlich des Hausbesuchs) diese Einschätzung beruht. Gleichwohl kann dieser Stellungnahme nicht jedes Gewicht abgesprochen werden. Die Stellungnahme bezieht sich auf auffälliges aggressives Verhalten der Klägerin sowie Strafanzeigen ihrerseits. Hierzu finden sich weitere Erkenntnisse in dem Verwaltungsvorgang des Beklagten. So heißt es etwa in einer Stellungnahme der Polizeistation I., Polizeiinspektion J., Polizeidirektion K., vom 19. September 2013, seit 2006 seien im Vorgangsbearbeitungssystem 137 Einträge mit dem Namen der Klägerin als Hinweisgeber, Zeuge und Beschuldigte verzeichnet. 2013 seien bereits 25 Einträge verzeichnet, davon werde die Klägerin acht Mal als Beschuldigte geführt, u.a. wegen übler Nachrede, Körperverletzung, Beleidigung, Amtsanmaßung, Vortäuschung einer Straftat und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Aus weiteren Ablichtungen, die in dem Verwaltungsvorgang des Beklagten enthalten sind, folgt, dass das Strafverfahren 4 DS 502 Js 42706/12 (183/12) gegen die Klägerin wegen versuchter Körperverletzung geführt und wegen ihrer Erkrankung und Verhandlungsunfähigkeit vorläufig eingestellt wurde. Zu dem in der ärztlichen Stellungnahme vom 4. Januar 2013 erwähnten Hausbesuch findet sich die Ablichtung eines handschriftlichen Vermerks der Richterin am Amtsgericht H., die in der Betreuungssache 11 XVII P 279 zuständig war, vom 20. Dezember (wohl 2012). In diesem heißt es:
„Ich habe die Betroffene am 19.12.12 gemeinsam mit Frau Dr. L., Frau M. sowie der Polizei aufgesucht. Ein geordnetes Gespräch war mit der Betroffenen nicht zu führen, da sie parallel Reporter der Bildzeitung von unserem Besuch informierte, die dieser offenbar Verhaltenstipps gaben. Sie war völlig fokussiert auf eine unrechtmäßige Verfolgung ihrer Person durch die Behörden. Der ebenfalls anwesende Mann räumte ein, dass seine Frau krank sei, jedoch nicht suizidgefährdet. Außer verbalen Attacken war auch eine akute Fremdgefahr nicht ersichtlich, weshalb wir zunächst den Einsatz abbrachen. Die Wohnung, die angeblich einem Sohn vermietet war, machte einen völlig verdreckten Eindruck. Der Uringestank in diesem Teil des Hauses war kaum auszuhalten. ...“
Darauf, dass dem Fachdienst des Beklagten für psychosoziale Aufgaben eine ausreichende Grundlage für eine Einschätzung der Situation der Klägerin vorlag, deutet auch ein Vermerk von einem Mitarbeiter des Beklagten Herrn N. vom 3. September 2013 zu einer von der Klägerin mit Schreiben vom 22. August 2013 mit der Begründung erhobenen Beschwerde hin, ein Mitarbeiter Herr O. habe sich als ein anderer Mitarbeiter (Herr N.) ausgegeben. Diesem Vermerk lässt sich entnehmen, es sei bekannt, dass die Klägerin in den letzten Jahren flächendeckend Anzeigen gegen eine Vielzahl von Personen gestellt habe. Der sozialpsychologische Dienst des Beklagten sei seit Jahren informiert und stehe in Verbindung mit der Klägerin. Es sei eindeutig, dass die Klägerin an einer wie auch immer gearteten psychischen Störung leide. Herr O. habe bei seinem Telefonat mit der Klägerin mehrfach und eindringlich darüber informiert, dass sie nicht mit Herrn N. spreche.

Auf der Grundlage welcher Erkenntnisse die ärztliche Einschätzung des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 beruht, erschließt sich mithin hinreichend anhand der weiteren im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen Unterlagen. Die Einschätzung, das Verhalten der Klägerin werde durch die Entwicklung eines Wahns verursacht, es sei davon auszugehen, dass sie an einer paranoiden Psychose leide, ist unter Berücksichtigung der angeführten Umstände, insbesondere der Schilderung der bei dem Hausbesuch anwesenden Richterin am Amtsgericht H. im zitierten handschriftlichen Vermerk, nachvollziehbar. Der Begriff der Psychose beinhaltet psychische Störungen mit einem strukturellen Wandel des Erlebens (Pschyrembel, 260. Aufl., S. 1506). Bei einem Wahn handelt es sich um einen solchen Wandel des Erlebens. Er ist gekennzeichnet von einer eigenen Überzeugung der Lebenswirklichkeit, die im Gegensatz zur allgemein akzeptierten Realität steht und aufgrund subjektiver Gewissheit unkorrigierbar ist (Pschyrembel, 260. Aufl., S. 1945; Tölle, Psychiatrie, 8. Aufl., S. 165 ff.). Anhaltspunkte für einen Wahn ergeben sich hier aus der beschriebenen Fokussierung der Klägerin auf eine unrechtmäßige Verfolgung ihrer Person durch die Behörden. Anhaltspunkte für Wahnerleben der Klägerin ergeben sich ferner aus den bereits zitierten Betreuungsanträgen ihres seinerzeitigen Rechtsbeistands und ihrer Tochter vom 12. bzw. 18. Dezember 2012. Des Weiteren ist hier zu berücksichtigen, dass Psychosen mit Depressionen einhergehen können (vgl. 7.5.1 und 7.5.2. Anlage 4 FeV, sehr schwere Depression, sowie Begutachtungs-​Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl., S. 121 ff.; Pschyrembel, 260. Aufl., S. 1506, 1630) und u.a. die von der Klägerin selbst vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen insgesamt darauf schließen lassen, dass bei ihr depressive Züge von einigem Gewicht vorhanden waren. Die erwähnten, im Rahmen der Haftbeschwerde eingereichten ärztlichen Bescheinigungen des Arztes Dr. D., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 24. Januar 2012 sowie vom 26. Februar und 29. Juli 2013 attestieren der Klägerin: Eine akute Exazerbation einer depressiven Episode, eine tiefe depressive Stimmungslage, Angst- und Panikattacken bedingt durch ihren Zwangsaufenthalt in der psychiatrischen Klinik G., einen gesundheitlichen Ausnahmezustand mit Somatisierung in Form von Herzrhythmusstörungen und Hypertonie, einen psychisch instabilen Status mit einer Vielzahl von psychosomatischen Beschwerden, eine depressive Stimmungslage, Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung, Angst- und Panikattacken sowie ausgeprägte somatische Befunde wie Bluthochdruckkrisen, Herzrhythmusstörungen und Schwindelerscheinungen. Aus dem Bericht der Dres. H., P. und Q. vom 6. September 2012 geht als Diagnose hervor: akute ängstlich-​depressive Reaktion bei posttraumatisch bedingten anhaltenden Persönlichkeitsänderungen. Zum psychiatrischen Befund heißt es dort, die Klägerin sei bei klarem Bewusstsein, Orientierung ungestört, Stimmung depressiv, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen oder Gedächtnisstörungen. Dem Bericht des Dipl. Psych. F. vom 6. November 2012 zum Antrag der Klägerin auf Verhaltenstherapie lässt sich der Befund zum Zeitpunkt der Antragstellung entnehmen: „Erschöpfung und Unruhe werden deutlich bei depressiv-​ängstlicher Grundstimmung. Es gibt Hinweise auf eine beginnende posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung.“ In der Bescheinigung des Klinikums G. vom 22. Januar 2013, in das die Klägerin zur Abklärung einer akuten Suizidalität stationär aufgenommen worden war, wird die Diagnose „akute Belastungsreaktion“ gestellt. Weiter heißt es dort: „Wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. ... Kein Anhalt für psychotische Wahrnehmungsstörungen, Ich-​Störungen oder Halluzinationen.“ Aus den dargelegten Umständen ergeben sich Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung, die insbesondere mit einer Depression und eventuell mit der Entwicklung eines Wahns einhergeht, für Angst- und Panikattacken, psychosomatische Beschwerden wie Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Schwindelerscheinungen, eine akute und posttraumatische Belastungsstörung sowie für eine posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung.

Dass - wie die Klägerin geltend macht - nach den Berichten der Deutschen Rentenversicherung Rehazentrum Bad Pyrmont vom 10. April 2012, der Dres. H., P. und Q. vom 6. September 2012 und des Dipl.-​Psychologen F. zum Antrag der Klägerin auf Verhaltenstherapie vom 6. November 2012 keine inhaltlichen oder formalen Denkstörungen und somit kein psychopathologischer Befund bestanden und sich ausweislich der Bescheinigungen des Klinikums G. vom 22. Januar 2013 sowie des Arztes Dr. D., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 29. Juli 2013 psychotische Wahrnehmungsstörungen bzw. Wahnbildung, Sinnestäuschung und Zwangshandlung nicht fanden, führt nicht dazu, die dargelegten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Psychose vollends zu entkräften. Die für eine Psychose sprechenden Anhaltspunkte ergeben sich aus einem in dem Verwaltungsvorgang des Beklagten hinreichend beschriebenen Verhalten der Klägerin, das - anders als sie meint - nicht mehr „nur als querulatorisch“ bezeichnet werden kann. Der - wie dargelegt - nachvollziehbaren ärztlichen Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 folgen zeitlich nach: die Bescheinigung des Klinikums G. vom 22. Januar 2013, des Arztes Dr. D., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 29. Juli und vom 25. November 2013 sowie die ärztliche Bescheinigung des Dr. E. vom 21. November 2013. Diese ärztlichen Stellungnahmen erschüttern die Einschätzung des Fachdienstes des Beklagten vom 4. Januar 2013 nicht. Der Bericht des Klinikums G. vom 22. Januar 2013 befasst sich mit der notfallmäßigen - kurzen - stationären Aufnahme der Klägerin im Hinblick auf den Verdacht einer Depression mit Suizidandrohung. Die Aufnahme erfolgte zur Abklärung einer akuten Suizidalität, die nicht festgestellt wurde, so dass das Verfahren nach PsychKG eingestellt und die Klägerin entlassen wurde. Eine Abklärung der hier in Rede stehenden - wie dargelegt - nicht von der Hand zu weisenden Frage, ob bei der Klägerin eines Psychose vorliege, erfolgte nicht. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die ärztliche Bescheinigung des Arztes Dr. D., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 29. Juli 2013. Es ist nicht erkennbar, dass Dr. D. mit seinen Qualifikationen das Vorliegen einer Psychose fachlich abschließend abklären und dies im Rahmen der erfolgten Vorstellung in seiner hausärztlichen Praxis auch tatsächlich getan haben könnte. Aus der Bescheinigung vom 25. November 2013 ergibt sich in der Sache nichts Weiterführendes. Die ärztliche Bescheinigung des Dr. E. vom 21. November 2013 verhält sich in erster Linie zu der Frage, ob eine neurologische Erkrankung vorliegt. Die darin enthaltene Aussage gibt für das Vorliegen einer Psychose keinen maßgeblichen Aufschluss. Die angeführten Bescheinigungen sind insofern nicht derart aussagekräftig, dass sich für den Beklagten jede weitere Abklärung der Frage, ob bei der Klägerin eine Psychose vorliegt, erübrigt hätte. Vielmehr stand die nachvollziehbare ärztliche Stellungnahme des Fachdienstes des Beklagten für psychosoziale Aufgaben vom 4. Januar 2013 nach wie vor im Raum. Der Beklagte war auch nicht gehalten, vor der Begutachtungsanordnung weniger einschneidende Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa eine erneute Befassung seines Fachdienstes unter Vorlage der angeführten ärztlichen Bescheinigungen. Wie ausgeführt, sind diese Bescheinigungen für die maßgebliche Frage des Vorliegens einer Psychose wenig aussagekräftig. Es gibt vor diesem Hintergrund keine hinreichenden greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Fachdienst des Beklagten im Hinblick auf diese Bescheinigungen von seiner Einschätzung vom 4. Januar 2013 abgerückt wäre. In Fällen der vorliegenden Art eine Begutachtungsanordnung grundsätzlich für gerechtfertigt zu halten, widerspricht - anders als die Klägerin meint - nicht den Maßstäben des Beschlusses des Senats vom 14. November 2013 (- 12 ME 158/13 -, juris). Nach diesem - wie auch nach der sonstigen Senatsrechtsprechung (s. etwa den ber. zit. Beschl. d. Sen. v. 11.4.2005 - 12 ME 540/05 -, zfs 2005, 575, juris Rdn. 5 ff., 7; s. auch etwa VGH Bad.-​Württ., Urt. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 -, NZV 2014, juris Rdn. 22; OVG NRW, Beschl. v. 12.11.2014 - 16 A 2711/13 -, juris Rdn. 10; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 11 FeV Rdn. 23, 27) - rechtfertigen konkrete Anhaltspunkte für einen Fahreignungsmangel eine Beibringungsanordnung. Aus den dargelegten Gründen sind diese hier zu bejahen. Anders als die Klägerin meint, ist die Fahrerlaubnisbehörde in diesen Fällen nicht darauf beschränkt, sich von ihr weitere ärztliche oder fachärztliche Atteste vorlegen zu lassen (vgl. auch etwa BayVGH, Beschl. v. 4.2.2014 - 11 CS 13.2598 -, juris Rdn. 12). Dem Beklagten sind auch nicht ungenügende Ermittlungen vorzuwerfen. Er hat die Behauptung der Klägerin, das Ordnungswidrigkeitengesetz sei außer Kraft gesetzt, zum Anlass genommen, Erkundigungen bei dem Polizeikommissariat I., der Staatsanwaltschaft Verden (Aller) und der Samtgemeinde Grafschaft Hoya einzuholen. Den Anhaltspunkten zu weiteren Ermittlungen etwa im Blick auf das Betreuungsverfahren ist der Beklagte nachgegangen. Er hat die aus den Betreuungs-​, Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnisse ausgewertet und ebenso berücksichtigt wie die weiteren von der Klägerin eingereichten Befunde. Insofern liegt der vorliegende Fall anders als der von der Klägerin angeführte, vom Verwaltungsgericht Osnabrück entschiedene Fall (Urt. v. 19.8.2011 - 6 A 84/10 - juris; dazu Beschl. d. Sen. v. 5.7.2012 - 12 LA 284/11 -, n.v.). Das Verwaltungsgericht Osnabrück hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem sich die Fahrerlaubnisbehörde darauf beschränkt hatte, sich einen ihr übersandten Polizeibericht zu eigen zu machen, und es versäumt hatte, infolge einer Klinikeinweisung vorhandene medizinische Unterlagen beizuziehen, die nach naturwissenschaftlich-​medizinischen Erkenntnissen einen hinreichenden Verdacht fehlender Eignung hätten begründen können. Hier liegt - wie ausgeführt - ein anderer Sachverhalt zugrunde.

Die Gutachtenfrage des Beklagten zu a) ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hinreichend eingegrenzt. Welchen Grad der Konkretisierung die von der Fahrerlaubnisbehörde festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss, hängt von den besonderen Umständen jedes Einzelfalls ab. Dies folgt aus § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV, der anordnet, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Festlegung der zu klärenden Fragen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vorzunehmen hat. Der Beibringungsanordnung muss sich zweifelsfrei entnehmen lassen, welche Problematik auf welche Weise geklärt werden soll. Das verbietet eine generalisierende Aussage darüber, ob die Fahrerlaubnisbehörde stets bereits im Rahmen der Beibringungsanordnung genau die entsprechende(n) Nummer(n) der Anlage 4 zur FeV angeben muss. Ebenso wenig lässt sich von vornherein ausschließen, dass sich die vom Gutachter zu klärende Frage, selbst wenn sie nicht konkret ausformuliert ist, dennoch mit hinreichender Deutlichkeit den Gründen entnehmen lassen kann, mit denen die Behörde ihre Eignungsbedenken dargelegt hat. Unter welchen Voraussetzungen das anzunehmen ist, bestimmt sich gleichermaßen nach den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschl. v. 5.2.2015 - 3 B 16.14 -, DAR 2015, 216, juris, mit Anm. Liebler, juris; VGH Bad.-​Württ., Urt. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 -, NZV 2014, 337, juris).

Nach diesen Maßstäben bedurfte die vom Beklagten formulierte Gutachtenfrage („Liegt bei der Untersuchten eine Gesundheitsstörung/Krankheit aus dem Bereich der Psychosen vor, welche die Fähigkeit zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen einschränkt oder aufhebt?“) keiner weitergehenden Einschränkung. Wie ausgeführt ergeben sich aus den aktenkundigen, in der Beibringungsanordnung vom 19. März 2014 aufgeführten sowie den weiteren Umständen des Falles Anhaltspunkte für eine Psychose. In der Anlage 4 zur FeV wird unterschieden zwischen organischen Psychosen (Nr. 7.1), affektiven Psychosen (Nr. 7.5) und schizophrenen Psychosen (Nr. 7.6). Soweit erkennbar, können alle drei in der Anlage 4 zur FeV beschriebenen Formen von Psychosen mit Depression und der Entwicklung eines Wahns einhergehen (vgl. Begutachtungs-​Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl., S. 121 ff.; Pschyrembel, 260. Aufl., S. 1506, 1630). Welche Form von Psychose bei der Klägerin ggf. vorliegen könnte, ergibt sich nicht ohne weiteres. Unter Berücksichtigung dessen ist hier eine weitere Eingrenzung der Gutachtenfrage nicht geboten. Die Möglichkeit einer Psychose engt die in Betracht zu ziehenden diagnostischen Verfahren hinreichend ein (vgl. im Ergebnis BVerwG, Beschl. v. 5.2.2015 - 3 B 16.14 -, DAR 2015, 216, juris Rdn. 10, mit Anm. Liebler, juris; VGH Bad.-​Württ., Urt. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 -, NZV 2014, 337, juris Rdn. 28 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 12.11.2014 - 16 A 2711/13 -, juris Rdn. 7).

Die vom Beklagten formulierte Fragestellung zu b) („Ist die Fähigkeit der Untersuchten zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund der aktenkundigen Gesundheitsstörungen bzw. psychosomatischen Beschwerden, die u.a. zur Haft- und Reiseunfähigkeit führten - hier die depressive Stimmungslage mit Angst- und Panikattacken, Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Schwindelerscheinungen, akute und posttraumatische Belastungsstörung, ggf. beginnende posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung - eingeschränkt oder aufgehoben? [vgl. Atteste von Dr. D. vom 24.01.2012, 26.02.2013 und 29.07.2013, Bericht vom Psychologen F. vom 06.11.2012]“) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Wie dargelegt ergeben sich aus den dargelegten Umständen Anhaltspunkte für Gesundheitsstörungen bzw. psychosomatische Beschwerden in Form von Angst- und Panikattacken, Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Schwindelerscheinungen, eine akute und posttraumatische Belastungsstörung sowie für eine posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung.

Die attestierte depressive Stimmungslage mit Angst- und Panikattacken bzw. die teilweise angegebene posttraumatische Belastungsstörung sowie die posttraumatisch bedingte Persönlichkeitsveränderung bieten hinreichenden Anlass, die Kraftfahreignung der Klägerin durch die Anordnung einer ärztlichen Begutachtung weiter aufzuklären. Ihre Erkrankung ist von derartigem Gewicht, dass ärztlicherseits eine Verhandlungs-​, Reise- und Haftunfähigkeit bescheinigt wurden. Eine Beeinträchtigung ihrer Fahreignung ist nicht von vornherein auszuschließen. Dass sich diese Krankheitsbilder so nicht in der Aufstellung in der Anlage 4 zur FeV finden lassen, führt zu keiner anderen Betrachtung. Die Aufstellung in der Anlage 4 zur FeV betrifft Erkrankungen und Mängel, die typischerweise die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können; demgegenüber sind nicht aufgenommen solche Erkrankungen, die seltener vorkommen oder nur kurzzeitig andauern (Vorbemerkung 1 zur Anlage 4). Ist mithin nicht von einem abschließenden Kanon fahreignungsrelevanter Erkrankungen und Mängel auszugehen, verbietet sich auch die Annahme, andere als die aufgelisteten Krankheitsbilder seien von vornherein nicht für die Feststellung der Fahreignung bedeutsam. Während aber die Erkrankungen und Mängel nach der Anlage 4 die Vermutung der Fahreignungsrelevanz in sich tragen, ist bei sonstigen Erkrankungen neben der Frage des Vorliegens bzw. des Ausprägungsgrades auch zu fragen, ob ein hinreichend enger Zusammenhang mit den spezifischen Anforderungen der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr gegeben ist. Das bedeutet, dass zu klären ist, ob das Krankheitsbild geeignet ist, sich im Straßenverkehr gefahrerhöhend auszuwirken (vgl. auch etwa OVG NRW, Urt. v. 30.3.2015 - 16 A 1741/13 -, juris Rdn. 32). Auf die Abklärung dieser Frage zielt die Fragestellung zu b).

Auch soweit die Fragestellung zu b) auf die Abklärung der „Gesundheitsstörungen bzw. psychosomatischen Beschwerden“ in Form von Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Schwindelerscheinungen gerichtet ist, ist sie nicht zu beanstanden. Allerdings dürften diese Erscheinungsformen, soweit sie in Nr. 2.3, 4.1 und 4.2 der Anlage 4 FeV angeführt sind, körperliche - also physisch bedingte - Mängel meinen (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 2 StVG Rdn. 42 f.; vgl. auch Schubert/Dittmann/Brenner-​Hartmann, Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Beurteilungskriterien, 3. Aufl., S. 325 Tab. 6 zu den im Falle der jeweiligen Erkrankungen zuständigen Fachärzten). Hier deutet die Befundlage (vgl. auch die ärztliche Bescheinigung der Kardiologisch-​Angiologischen Praxis, Herzzentrum Bremen, vom 5. Juni 2014, Bl. 36 GA, nach der bei der Klägerin jedenfalls eine strukturelle Herzerkrankung ausgeschlossen wird) eher auf psychosomatische Ursachen. Der Senat versteht die Fragestellung b) in der Beibringungsanordnung vom 19. März 2014 so, dass der Beklagte davon ausgeht, psychosomatisch bedingte Beschwerden in Form von Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Schwindelerscheinungen könnten Fahreignungsmängel in gleicher Weise begründen wie körperlich bedingte Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Schwindelerscheinungen. Hierfür spricht, dass der Beklagte ungeachtet seines Schreibens vom 15. November 2013, die Bedenken, es liege eine Herzerkrankung vor, seien infolge des Berichts der Kardiologisch-​Angiologischen Praxis vom 21. Juni 2013 ausgeräumt, die Gutachtenanordnung vom 19. März 2014 erneut auf die Abklärung der Herzrhythmusstörungen erstreckt hat. Hierfür spricht auch die Berufungsbegründung des Beklagten, in der es heißt, eine Eingrenzung der Fragestellung im Hinblick auf die Ursachen der Beschwerden könne von ihm als Fahrerlaubnisbehörde nicht verlangt werden, es reiche aus, dass die Klägerin Symptome zeige, die die Fahreignung in Frage stellten. Das ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

Soweit das Verwaltungsgericht meint, die genannten Krankheitsbilder würden zwar in einigen ärztlichen Attesten der Klägerin genannt, diese Atteste führten aber nicht aus, dass die Klägerin an einer behandlungsbedürftigen Intensität dieser Krankheitsbilder leide, ein Anlass für eine diesbezügliche Untersuchung sei nicht ersichtlich, ist ihm nicht zu folgen. In Attesten werden zwar regelmäßig Erkrankungen, nicht aber deren Behandlungsbedürftigkeit attestiert. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die betreffenden Ärzte der Klägerin eine Verhandlungs-​, Reise- und Haftunfähigkeit bescheinigten, diese aber nur dann in Betracht kommt, wenn eine Erkrankung bzw. Symptome von einem gewissen Gewicht vorliegen. Der Senat geht mit dem Beklagten davon aus, dass die ärztlichen Bescheinigungen des Dr. E. vom 21. November 2013 und des Dr. D. vom 25. November 2013 die Bedenken nicht ausräumen. Sie lassen nicht hinreichend erkennen, auf welchen Untersuchungen und Feststellungen sie beruhen.

Soweit die Klägerin auf den Zeitablauf und ihre „gänzlich mangelnde... Auffälligkeit ... bei ihrer Teilnahme am Straßenverkehr verweist“, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Zwar kann nicht jede beliebig weit in der Vergangenheit liegende Verhaltensauffälligkeit als Grundlage für die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens herangezogen werden. Die von der Behörde herangezogene Auffälligkeit muss deshalb nach ihrem Gewicht und unter zeitlichen Gesichtspunkten noch geeignet sein, die Kraftfahreignung in Zweifel zu ziehen (VGH Bad.-​Württ., Urt. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 -, NZV 2014, 337, juris Rdn. 24 m.w.N.). Das ist hier in Anbetracht des verstrichenen Zeitraums zwischen dem Auftreten der vom Beklagten herangezogenen Verhaltensauffälligkeiten, seinen sich anschließenden Ermittlungen und dem Erlass der Gutachtenanordnung der Fall. Der Beklagte weist in seiner Beibringungsanordnung vom 19. März 2014 zu Recht darauf hin, dass bei der Klägerin im Hinblick auf die Dauer ihrer Erkrankung eine Chronifizierung ihres Leidens nicht auszuschließen ist. Angesichts der überragenden Bedeutung des Schutzes der anderen Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Fahrzeugführern ist die Gutachtenanordnung gerechtfertigt und auch im Übrigen verhältnismäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.