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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss vom 08.01.2016 - 7 L 2397/15 - Entziehung der Fahrerlaubnis wegen zu hohen Punktestandes
VG Gelsenkirchen v. 08.01.2016: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen zu hohen Punktestandes
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 08.01.2016 - 7 L 2397/15) hat entschieden:
Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG n.F. ist die Behörde an rechtskräftige Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gebunden. Eine Überprüfung, ob diese Entscheidungen rechtmäßig sind, findet nicht statt.
Siehe auch Die Bindungswirkung des Strafurteils bzw. der Entscheidung im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegenüber der Verwaltungsbehörde bei der Beurteilung der Fahreignung und bei Probezeitmaßnahmen und Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein
Gründe:
I.
Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 5096/15 gegen die Verfügungen vom 29. Oktober 2015 anzuordnen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
Gemäß § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes in der ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung (StVG n. F.) hat eine Anfechtungsklage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F. keine aufschiebende Wirkung. Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kommt nur dann in Betracht, wenn die Anordnung der Behörde offensichtlich rechtswidrig wäre oder wenn aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung anzuerkennen wäre. Dies ist nicht der Fall. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügungen; solche hat der Antragsteller, der seine Klage und seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht begründet hat, auch nicht geltend gemacht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer daher zunächst auf die Ausführungen in der angegriffenen Ordnungsverfügung, denen sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
In Ergänzung dazu ist Folgendes auszuführen:
Die Bewertung der vom Antragsteller begangenen Ordnungswidrigkeiten nach dem Punktesystem begegnet keinen Bedenken. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG n.F. ist die Behörde an rechtskräftige Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gebunden. Eine Überprüfung, ob diese Entscheidungen rechtmäßig sind, findet in diesem Verfahren nicht statt. Sämtliche Eintragungen sind rechtskräftig. Die von der Antragsgegnerin verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis war daher gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F. zwingend. Ein Ermessen steht der Antragsgegnerin nicht zu.
Die Antragsgegnerin ist auch zutreffend von einem Punktestand von 8 Punkten nach neuem Punktesystem ausgegangen. Die Berechnung hat die Kammer nachvollzogen und hierbei keinen Fehler festgestellt. Insbesondere ist das Stufenverfahren nach § 4 Abs. 3 StVG a. F. ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Durch die Ordnungswidrigkeit vom 23. Juli 2015 ist der zuvor nach Umrechnung in das neue Punktesystem zu ermittelnde Stand von 7 Punkten auf 8 angestiegen, so dass die Antragsgegnerin, nachdem ihr dies bekannt geworden war, verpflichtet war, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne nochmals nach Inkrafttreten des neuen Rechts die Verwarnungen zu wiederholen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des neuen Fahrerlaubnisregisters die Absicht verfolgt hat, dass die Fahrerlaubnisbehörden in jedem Fall die bereits erteilten Verwarnungen nach dem alten Recht unter Bezugnahme auf die neuen Vorschriften wiederholen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 - 16 B 205/15 -, www.nrwe.de; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 26. Januar 2015 - 14 L 3058/14 - und vom 19. Mai 2015 - 14 L 1351/15 -, juris.
Etwaige mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbundenen Schwierigkeiten und beruflichen Härten hat der Antragsteller hinzunehmen, weil gegenüber seinen Belangen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiegt.
Auch bei einer von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelösten Interessenabwägung steht das Interesse des Antragstellers, die Fahrerlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, hinter dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung zurück. Besondere Gründe, die in seinem Fall eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte, hat er nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
II.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - und entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 - 16 E 550/09 -, juris.