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Landgericht Berlin Urteil vom 17.07.2014 - 41 O 293/11 - Leistung aus der Kfz.-Kaskoversicherung nach Fahrzeugdiebstahl
LG Berlin v. 17.07.2014: Schadensanzeige durch Repräsentanten und Kaskoversicherung nach Fahrzeugdiebstahl
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 17.07.2014 - 41 O 293/11) hat entschieden:
- Das äußere Bild eines Diebstahls des versicherten Kraftfahrzeuges ist gegeben, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer Berechtigter das versicherte Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es später gegen seinen Willen nicht wieder vorgefunden hat.
- Der Leistungsanspruch ist nicht wegen Verletzung der vertraglichen Obliegenheit zur Schadensanzeige zu kürzen, wenn die Versicherungsnehmerin den Versicherungsfall mittels einer anderen Person innerhalb einer Woche telefonisch angezeigt und schriftliche Angaben zu dem Schadensfall gemacht hat. Denn die Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers ist keine höchstpersönliche Pflicht, so dass sich dieser insoweit Repräsentanten oder Hilfspersonen bedienen bedarf.
Siehe auch Fahrzeugdiebstahl - Kfz-Diebstahl und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung in Anspruch.
Die Zeugin P. kaufte am 29. Juli 2010 ein Kraftfahrzeug der Marke Audi, Modell A6 TDI Avant quattro, Erstzulassung Juli 2005, mit der Fahrgestellnummer ... zum Preis von 17.500,- €. Den Kaufpreis für das zunächst ihr übereignete Fahrzeug finanzierte sie über die ...Bank AG, welcher sie sodann das Fahrzeug zur Sicherheit übereignete. Die Zeugin P. trat der finanzierenden Bank auch Ansprüche aus der Fahrzeugversicherung ab (Anlage B1, Bl. 101, Band I d.A.).
Das Fahrzeug war mit dem amtlichen Kennzeichen B-... seit dem 29. Juli 2010 zur Versicherungsnummer 2-62.946.280-9 auf den Namen der Klägerin bei der Beklagten in der Haftpflicht- und (Teil)Kaskoversicherung (dort mit einer Selbstbeteiligung von 150,- € für Teilkaskoschäden) versichert (Anlage K1, dort Bl. 8, und Bl. 174, Band I d.A.). Dem Versicherungsschein zugrunde lagen die Angaben aus dem Fragebogen zur Angebotserstellung, Anlage B13, Bl. 25-25R, Band II d.A., sowie die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2008) der Beklagten (im folgenden AKB). Wegen deren Wortlauts wird auf Bl. 57-84, Band I d.A. Bezug genommen.
Die Zeugin P. ist die Freundin des Zeugen M., welcher der Sohn der Klägerin ist. Die Zeugin P. hat keinen Führerschein und lebt nicht im Haushalt der Klägerin. Der Wiederbeschaffungswert des Audi betrug 16.950,- € brutto, 16.479,80 € netto.
Der Zeuge M. erstattete am 24. Januar 2011 um 17.30 Uhr auf dem Abschnitt 24 der Berliner Polizei eine Diebstahlsanzeige für das Fahrzeug mit der .... Er gab unter anderem an, der Fahrzeugschein habe sich im Fahrzeuginneren unter der Sonnenblende befunden. Wegen des angezeigten Sachverhalts wird Bezug genommen auf Bl. 3 der Beiakte. Das Verfahren zum Aktenzeichen 212 Js 4613/11 der Staatsanwaltschaft Berlin wurde am 15. Februar 2011 eingestellt, “weil Täter unbekannt” (Bl. 1a der Beiakte). Im polizeilichen Fragebogen, Bl. 10-17 der Beiakte, gab die Zeugin P. an, es habe keinen Zeugen für das Abstellen des Fahrzeugs durch D. M. gegeben.
Der Zeuge M. zeigte der Beklagten noch am 24. Januar 2011 telefonisch an, dass das versicherte Fahrzeug gestohlen worden sei. Im Fragebogen der Beklagten, Anlage B6-B11, Bl. 164-169, Band I d.A., welchen sowohl die Klägerin als auch der Zeuge M. als abstellende Person unterzeichneten, ist angegeben, der Fahrzeugschein habe sich im Handschuhfach befunden (Anlage B7, Bl. 165, Band I d.A.).
Mit Schreiben vom 11. März 2011, Anlage B15, Bl. 27-27R, Band II d.A., machte die Klägerin ergänzende Angaben gegenüber der Beklagten und übersandte angeforderte Unterlagen. Mit Schreiben vom 5. April 2011, Anlage B5, Bl. 105, Band I d.A., gab die Klägerin an, den Fahrzeugschein sonst immer in der Geldbörse verwahrt zu haben.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 3. Mai, Anlage K7, dort Bl. 22, Band I d.A., und vom 14. Juni 2011, Anlage K7, dort Bl. 21, Band I d.A., gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Deckung des gemeldeten Schadens zum einen wegen Leistungsfreiheit und zum anderen wegen mangelnder Einzugsberechtigung ab.
Die Klägerin behauptet insbesondere, das versicherte Fahrzeug, das über eine automatische Wegfahrsperre verfügt habe, sei in der Zeit vom 21. bis zum 24. Januar 2011 gestohlen worden. Der Zeuge M. habe das Fahrzeug am 21. Januar 2011 gegen 17.00 Uhr in der ...straße in ... Berlin in Höhe der Hausnummer 4 mit betätigter Wegfahrsperre abgestellt und dort am 24. Januar 2011 gegen 17.30 Uhr nicht wieder aufgefunden. Anschließend sei er zu Fuß in die nahegelegene Wohnung der Zeugin P. zurückgekehrt. Der Kfz-Schein habe ausnahmsweise im Handschuhfach gelegen. Eine Schlüsselkopie habe weder die Klägerin noch der Zeuge M. noch die Zeugin P. anfertigen lassen. Zum Beweis beruft sie sich auf die Zeugen P. und M., den alten Fahrzeugschein in Anlage I zu Bl. 98, Band II d.A., sowie die amtliche Ermittlungsakte.
Die Klägerin hat zunächst behauptet, das versicherte Fahrzeug sei ihres gewesen, sie habe dieses auch genutzt und der Fahrzeugschein sei in ihrer Geldbörse aufbewahrt worden. Im Termin vom 23. Januar 2014 hat sie erklärt, der Fahrzeugschein sei in der Geldbörse des Zeugen M. aufbewahrt worden. Die frühere Angabe beruhe auf einem Missverständnis des Klägervertreters. Zum Beweis beruft sie sich auf die Zeugen P. und M..
Die Klägerin behauptet auch, das Alter der von der Beklagten behaupteten Abtastspuren an einem der Schlüssel schließe es aus, dass Kopien in der Besitzzeit der Zeugin P. gemacht worden seien. Zum Beweis beruft sie sich auf Sachverständigengutachten.
Die Klägerin hat zunächst Klage auf Feststellung der Pflicht der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsschutz erhoben. Sie hat dazu auch ausgeführt, sie sei von der Zeugin P. und der finanzierenden Bank zur Geltendmachung der Ansprüche ermächtigt.
Die Klägerin hat die Klage im Termin vom 5. September 2013 auf einen Leistungsantrag umgestellt und beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die ... Bank AG, ... Platz 1, ... Mönchengladbach, zu Gunsten des Kreditkontos G. P., Konto-Nr. ..., BLZ: ..., einen Betrag in Höhe von 16.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, wenn eine Wegfahrsperre betätigt worden wäre, hätte die Entwendung des Fahrzeugs nicht ohne Spuren erfolgen können. Zum Beweis beruft sie sich auf Sachverständigengutachten.
Die Beklagte behauptet weiter, einer der Fahrzeugschlüssel habe von starken Gebrauchsspuren überlagerte Kopierspuren aufgewiesen. Zum Beweis beruft sie sich auf den sachverständigen Zeugen G., Bl. 22, Band II d.A.
Die Beklagte behauptet beweislos, die Angabe der Laufleistung “1 km” beruhe auf entsprechender Falschangabe durch die Klägerin.
Sie verweist auf die Diskrepanzen der Daten und Uhrzeiten auf Bl. 13R und 19 der Ermittlungsakte, die nach ihrer Ansicht gegen eine tatsächliche Entwendung sprächen.
Die Beklagte ist (seit der Beweisaufnahme vom 23. Januar 2014) der Ansicht, ein Versicherungsvertrag zwischen ihr und der Klägerin sei nicht wirksam geschlossen worden. Insbesondere fehle es an einem Antrag der Klägerin.
Die Beklagte meint, ihr stehe ein Leistungsverweigerungsrecht zu, da der Zeuge M. als Repräsentant der Klägerin den Fahrzeugschein ständig im Fahrzeuginneren aufbewahrt habe.
Die Beklagte meint auch, der Klägerin kämen keine Beweiserleichterungen zugute, da sie selbst nicht die Geschädigte sei.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21. Juni 2013, Bl. 106, Band I d.A., gemäß § 348a Abs. 1 ZPO auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Das Gericht hat die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte zum Aktenzeichen 212 Js 4613/11 beigezogen, Beweis durch uneidliche Vernehmung der Zeugen G. P. und D. M. erhoben sowie die Klägerin angehört. Wegen der Angaben der Zeugen und der Klägerin wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2014 nebst Anlage, dort Bl. 57-69, 71, Band II d.A.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig und überwiegend begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistung (an die Sicherungseigentümerin gemäß A.2.4 der AKB) aus der Kaskoversicherung gemäß §§ 1 S. 1, 88 VVG in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag.
Es ist der Klägerin gelungen, nachzuweisen, dass ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Leistung aus der Kaskoversicherung zusteht. Denn der Versicherungsfall Entwendung (A.2.2.2 der AKB) des versicherten Fahrzeugs (A.2.1.1 der AKB) ist von der Klägerin hinsichtlich des so genannten äußeren Bildes bewiesen worden (1.). Die Beklagte ist nicht leistungsfrei gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 VVG und der Leistungsanspruch der Klägerin ist nicht wegen Verletzung vertraglicher Obliegenheiten zu kürzen (2.). Der versicherte Wiederbeschaffungswert (A.2.6.1, A.2.6.6 der AKB), ohne Mehrwertsteuer (A.2.10 der AKB) und abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,- € (Versicherungsschein sowie A.2.13 der AKB) beträgt unstreitig 16.329,80 € (3.).
Soweit die Beklagte in Frage stellt, ob zwischen den Parteien wirksam ein Versicherungsvertrag geschlossen worden sei, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Denn die Klägerin hat in ihrer Anhörung nachvollziehbar und glaubhaft angegeben, dass sie ihren Sohn zum Abschluss eines Kraftfahrzeugversicherungsvertrages für das streitgegenständliche Fahrzeug gemäß § 167 Abs. 1 BGB bevollmächtigt hatte. Die von diesem unter dem Namen der Klägerin abgegebenen Erklärungen wirkten damit gemäß § 164 Abs. 1 BGB unmittelbar für und gegen die Klägerin. Die Klägerin hat auch sowohl den Grund für den Abschluss der Versicherung auf ihren Namen (Annahme, es sei billiger, das Fahrzeug über sie zu versichern; sie wollte ihrem Sohn einen Gefallen tun) als auch den Grund dafür, dass der Zeuge M. schriftliche Erklärungen für sie zur Unterschrift vorbereitet hat (der Zeuge hilft der Klägerin viel beim Schreiben, da er in Deutschland zur Schule gegangen ist), glaubhaft berichtet. Darauf, ob ihre Annahme, es sei günstiger den Wagen auf ihren Namen zu versichern, zutreffend war, kommt es insoweit nicht an, denn es ist gerichtsbekannt, dass es sich insoweit um eine durchaus verbreitete Vorstellung in der Bevölkerung handelt. Insbesondere kennt der Unterzeichner diese Vorstellung aus dem eigenen Lebensumfeld.
Soweit die Beklagte Zweifel daran geäußert hat, ob das versicherte Fahrzeug bezüglich der Klägerin als “Ihr Fahrzeug” im Sinne von A.2.1.1 der AKB bezeichnet werden könne (da es unstreitig nicht das Fahrzeug der Klägerin sei), verkennt sie den Charakter des “Ihr” in der entsprechenden Bestimmung. Denn aus dem Zusammenhang ist - jedenfalls nach Ansicht des Gerichts - eindeutig zu erkennen, dass es sich insoweit um eine Abgrenzung zwischen dem versicherten Fahrzeug einerseits (“Ihr Fahrzeug”) und anderen Fahrzeugen handelt. Dies ergibt sich erst Recht aus der Zusammenschau mit A.2.4 der AKB, der den Versicherungsschutz ausdrücklich auf die Interessen Dritter, zum Beispiel des Leasinggebers als Eigentümer des Fahrzeugs erstreckt.
1. Die Klägerin hat das äußere Bild eines Diebstahls des versicherten Fahrzeugs bewiesen. In der Kraftfahrtversicherung hat der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür, dass das versicherte Fahrzeug ihm tatsächlich entwendet worden ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Oktober 1983 - IVa ZR 19/82, VersR 1984, 29 m.w.N.). Allerdings unterliegt die Beweisführung, mit welcher der Versicherungsnehmer dieser Beweislast nachzukommen hat, keinen allzu strengen Anforderungen und braucht insbesondere nicht völlig lückenlos zu sein. Denn ansonsten wäre der Wert einer Diebstahlsversicherung in vielen Fällen - zum Beispiel bei fehlender Tataufklärung durch die Strafverfolgungsbehörden - von vornherein in Frage gestellt. Deshalb erbringt der Versicherungsnehmer, wenn nicht ohnehin ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt, den ihm obliegenden Beweis einer Entwendung in aller Regel bereits mit dem Nachweis eines Sachverhaltes, der nach allgemeiner Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Entwendung der versicherten Sache zulässt. Es genügt damit im Normalfall die Feststellung von Beweisanzeichen, denen hinreichend deutlich das äußere Bild einer bedingungsgemäß versicherten Entwendung entnommen werden kann. Dieses äußere Bild eines Diebstahls ist gegeben, wenn der Versicherungsnehmer (oder ein anderer Berechtigter) das versicherte Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es später gegen seinen Willen nicht wieder vorgefunden hat (vgl. zum Ganzen etwa BGH, Urteil vom 17. Mai 1995 - IV ZR 279/94, VersR 1995, 909 = NZV 1995, 394; Römer, NJW 1996, 2329 ff. m.w.N.). Für das Mindestmaß an Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls erschließen lässt, hat der Versicherungsnehmer jedoch den vollen Beweis zu erbringen (vgl. auch noch BGH, Urteil vom 24. April 1991 - IV ZR 172/90, VersR 1991, 917 = NJW-RR 1991, 983).
Anders als die Beklagte meint, kommen der Klägerin die genannten Beweiserleichterungen zugute. Denn sie knüpfen nicht an die Position als wirtschaftlich Geschädigte an, sondern an die Eigenschaft als Versicherungsnehmer(in).
Die notwendige volle Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) konnte hier durch die Zeugen M... und P. sowie die Anhörung der Klägerin gewonnen werden.
Der Zeuge M. hat insbesondere glaubhaft bekundet, dass er das ausschließlich von ihm gefahrene Auto der Zeugin P. am späten Nachmittag eines Freitages im Januar in der (aus Sicht der Wohnung der Zeugin P.) ersten Seitenstraße der ...-...-Straße geparkt und dort am folgenden Montag am späten Nachmittag nicht wieder aufgefunden habe. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass das versicherte Fahrzeug am 21. Januar 2011 gegen 18.00 Uhr in der ...4 geparkt wurde und dort von dem Zeugen am 24. Januar 2011 gegen 17.30 Uhr nicht wieder aufgefunden wurde. Das Gericht verkennt nicht, dass der Zeuge sich an das Datum und den Namen der Seitenstraße in seiner Vernehmung drei Jahre nach den Ereignissen nicht mehr erinnern konnte. Dies spricht aus Sicht des Gerichts jedoch nicht gegen den Zeugen, da dies Details sind, welchen nach einem solchen Zeitablauf der Erinnerung oftmals nicht mehr präsent sind. Das Gericht verkennt auch nicht, dass der Zeuge als Lebensgefährte der Fahrzeughalterin und Sohn der Versicherungsnehmerin sowie Hauptnutzer des Fahrzeugs (das er teils sogar wörtlich als “sein Eigentum” bezeichnete; vgl. Protokoll, S. 9, Bl. 64, Band II d.A.) ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreit haben dürfte, hatte jedoch den Eindruck, dass der Zeuge seine Erinnerungen an den (bzw. das äußere Bild des) Diebstahl(s) wahrheitsgemäß geschildert hat.
Die Zeugin P. hat insbesondere glaubhaft bekundet, dass sie selbst beim Abstellen des Fahrzeugs nicht dabei gewesen sei, dies aber an einem Freitag gewesen sein müsse, da sie das ganze Wochenende zu Hause gewesen seien (gemeint waren der Zeuge M. und sie selbst, in der Wohnung der Zeugin). Die Mitteilung, dass das Fahrzeug gestohlen worden sei, habe sie am darauf folgenden Montag von dem Zeugen M. telefonisch erhalten, da dieser sie eigentlich mit dem Fahrzeug von der Arbeit habe abholen wollen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin nicht die Wahrheit gesagt hätte, haben sich für das Gericht nicht ergeben. Ausschließen kann das Gericht natürlich nicht, dass der Zeuge M. der Zeugin etwas vorgespielt haben könnte, konkrete Hinweise hierauf haben sich jedoch nicht ergeben. Insbesondere hat das Gericht auch die Angaben des Zeugen M. selbst als glaubhaft erlebt.
Soweit die Klägerin in ihrer Anhörung durch das Gericht angegeben hat, kein Schlüssel (auch nicht der so genannte Werkstattschlüssel) des versicherten Fahrzeugs habe sich bei ihr zuhause befunden, während der Zeuge M. bekundet hat, diesen habe er bei seiner Mutter verwahrt, sprechen diese Diskrepanzen nach Überzeugung des Gerichts nicht gegen die subjektive Wahrheit der jeweiligen Angaben. Denn es ist durchaus realistisch, dass der Zeuge M., der damals bereits Mitte dreißig war, nicht jeden einzelnen Gegenstand, den er in der Wohnung seiner Mutter aufbewahrte, seiner Mutter zur Kenntnis gab. Zwar wäre es vor diesem Hintergrund richtiger gewesen, wenn die Klägerin angegeben hätte, sie wisse nichts davon, dass ein solcher Schlüssel bei ihr aufbewahrt worden sei. Allerdings ist die Klägerin der deutschen Sprache auch nur eingeschränkt mächtig und differenziert nicht jedermann mit der gebotenen Trennschärfe zwischen “weiß ich nicht” und “ist nicht so”, so dass das Gericht dem hier keine besondere Bedeutung beimisst.
Keine volle Überzeugung hat das Gericht davon gewinnen können, dass der Fahrzeugschein des versicherten Fahrzeugs sich tatsächlich nur durch Zufall und tatsächlich im Handschuhfach und nicht unter Sonnenblende befunden hat. Denn insoweit verbleibt es bei dem starken Indiz, dass der Zeuge M. unstreitig bei der Anzeigenaufnahme angegeben hat, der Fahrzeugschein habe sich unter der Sonnenblende befunden. Das Gericht schließt weder aus, dass der Zeuge insoweit wegen der Aufregung in der Situation des Fahrzeugdiebstahls einer Verwechslung unterlag (Ort, wo der Fahrzeugschein im eigenen Fahrzeug der Klägerin bisweilen aufbewahrt wird, statt Ort, wo sich der Fahrzeugschein des versicherten Fahrzeugs befand), noch dass die Familie Z./M. Fahrzeugscheine im allgemeinen häufiger im Fahrzeuginneren und dort unter der Sonnenblende aufbewahrt. Eine sichere Überzeugung hat das Gericht sich insoweit nicht bilden können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Gericht dem Zeugen M. glaubt, dass er das äußere Bild eines Diebstahls des Audi in der Weise beobachtet hat, wie in seiner Vernehmung geschildert.
Soweit die Beklagte behauptet, wenn eine Wegfahrsperre betätigt gewesen wäre, hätte die Entwendung des Fahrzeugs nicht ohne Spuren erfolgen können, bedurfte es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht. Denn das Gericht kann bereits aus eigener Sachkunde beurteilen, dass diese Behauptung unzutreffend ist. Zum einen dürfte es allgemeinkundig sein, dass ein Kraftfahrzeug auch in der Weise entwendet werden kann, dass es auf einen Abschleppwagen gehoben wird - dies hinterlässt keine Spuren, verursacht jedoch Lärm. Zum anderen wäre es schön, wenn elektronische Wegfahrsperren von versierten Tätern nicht spurenfrei überwunden werden könnten (denn die Zahl der Diebstähle hochwertiger Kraftfahrzeuge würde dann vermutlich signifikant sinken), zutreffend ist dies jedoch nicht. Es ist gerichtsbekannt, dass mit der entsprechenden technischen Ausrüstung nicht nur die Verriegelung der Fahrzeugtüren drahtlos geöffnet werden kann, sondern auch mit einem sodann an der Fahrzeugelektronik angelernten Schlüsselrohling einschließlich Transponder die Wegfahrsperre regulär gelöst werden kann. Spuren am Tatort werden hierdurch nicht verursacht. Der Beklagten als Kaskoversicherung sollte dies ebenso bekannt sein, wie dem Gericht und der Kriminalpolizei.
Der Umstand, dass die Klägerin ursprünglich von der Beklagten verlangte, die Versicherungssumme auf ein Privatkonto der Zeugin P. zu überweisen, hätte zwar dazu führen können, dass das Geld nicht bei der Berechtigten (der finanzierenden Bank) eingeht, ist jedoch kein hinreichendes Indiz für unredliches Verhalten der Klägerin. Denn die korrekte technische Abwicklung eines Versicherungsfalls in einem Finanzierungsverhältnis ist nicht nur für einen juristischen Laien, sondern bisweilen auch für Organe der Rechtspflege, zu kompliziert. Zudem hatten die Klägerin und der Zeuge M. die finanzierende Bank im Fragebogen der Beklagten benannt (Anlage B8, Bl. 166, Band I d.A., vom 29. Januar 2011) und diese selbst sich bereits mit Schreiben vom 18. Februar 2011, Anlage B2, Bl. 102, Band I d.A., bei der Beklagten gemeldet - was wiederum belegt, dass ihre Vertragspartnerin, die Zeugin P., die Bank bereits zutreffend informiert hatte.
Soweit die Beklagte meint, die Fehler in den Angaben von Uhrzeiten und Daten auf Bl. 13R und 19 der Ermittlungsakte sprächen gegen eine tatsächliche Entwendung, teilt das Gericht diese Ansicht nicht. Soweit es das Datum auf Bl. 19 der Beiakte betrifft (“13.01.2011”), handelt es sich um die Ablichtung eines Schreibens einer Generalagentur der Beklagten an die Klägerin mit Angabe des Schadenstages 24. Januar 2011. Es ist damit für das Gericht zum einen offensichtlich, dass das falsche Datum im Schreiben der Versicherungsagentur auf einen bloßen Schreibfehler zurückgeht, und zum anderen ein Fehler, welcher der Klägerin nicht zuzurechnen ist. Denn sie hat keinerlei Einfluss darauf, unter welchen Daten eine Generalagentur der Beklagten Schreiben fertigt. Im übrigen wäre es - falls die Beklagte dies tatsächlich für einen relevanten Punkt gehalten hätte - Sache der Beklagten gewesen, bei ihrer Generalagentur nachzufragen, wie es zu der Datendiskrepanz kam. Der Umstand, dass die Zeugin P. im polizeilichen Fragebogen, dort Bl. 13R der Beiakte, angegeben hat, der Diebstahl sei der Versicherung am “24.01.11” um “8.35” Uhr telefonisch gemeldet worden, spricht ebenfalls nicht gegen die Klägerin. Denn es handelt sich nach Überzeugung des Gerichts um einen bloßen Schreibfehler (nämlich “8.35” statt “18.35” oder “20.35” oder “24.01.11” statt “25.01.11”). Auch hier hätte es der Beklagten im übrigen freigestanden, mitzuteilen, wann der Versicherungsfall nach ihren Unterlagen gemeldet worden ist. Denn dass er gemeldet worden ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte eine Schadennummer (.../..., Bl. 19 der Beiakte) vergeben hat. Sie könnte daher vermutlich ohne weiteres nachvollziehen, ob der Schadensfall telefonisch am 24. Januar 2011 um 18.35 Uhr oder um 8.35 Uhr abends (also 20.35 Uhr) oder am 25. Januar 2011 um 8.35 Uhr morgens gemeldet worden ist.
Der Umstand, dass der polizeiliche Fragebogen mit der Datumsangabe “02.01.2011” von der Zeugin P. unterzeichnet worden ist (Bl. 17 der Beiakte), ist für das Gericht ohne Belang. Denn es handelt sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler (gemeint ist vermutlich der 02.02.2011). Dies ergibt sich eindeutig daraus, dass der Fragebogen von der Polizei unter dem 25. Januar 2011 an den Zeugen M. versandt und am 8. Februar 2011 dorthin zurückgelangt ist (Bl. 10 der Beiakte). Die Zeugin P. kann ihn also allenfalls vom 26. Januar bis zum 7. Februar 2011 in Händen gehabt haben. Das Gericht ist daher sicher, dass die Zeugin sich lediglich verschrieben hat.
Die objektiv unzutreffende Angabe im polizeilichen Fragebogen (vgl. dort Bl. 14 der Beiakte), es habe keinen Zeugen für das Abstellen des Fahrzeugs durch D. M. gegeben, spricht weder gegen die Klägerin noch gegen die Zeugen P. oder M.. Gegen die Klägerin kann sie schon deshalb nicht sprechen, da der Fragebogen nicht von ihr, sondern von den Zeugen P. und M. ausgefüllt worden ist. Gegen diese spricht sie aber auch nicht, da sie lediglich zeigt, dass die Frage falsch verstanden worden ist. Denn bereits aus der Angabe, D. M. habe das Fahrzeug abgestellt, ergibt sich im Wege des logischen Schlusses, dass dieser dann auch Zeuge für das (eigene) Abstellen war. Es ist daher für das Gericht offensichtlich, dass die Zeugen M. und P. beim Ausfüllen des Fragebogens dachten, die Frage richte sich darauf, ob es für das Abstellen (durch den Zeugen M.) noch Zeugen außer D. M. gegeben habe. Entsprechend richtig beantwortet ist die Frage nach den Zeugen des Abstellens dementsprechend auch in dem Fragebogen der Beklagten selbst, vgl. Anlage B6, Bl. 164, Band I d.A.
Vergleichbares gilt für die Angabe “Wohnort liegt eine Straßenecke weiter” im polizeilichen Fragebogen (vgl. dort Bl. 14R der Beiakte). Der Zeuge M. hat hierzu glaubhaft angegeben, es sei die Wohnung der Zeugin P. gemeint gewesen. Dies passt auch zu den Angaben, welche der Zeuge M. und seine Mutter gemeinsam (wobei letztere wohl nur ihre Unterschrift leistete) im Fragebogen der Beklagten, Anlage B6-B11, gemacht haben. Jedenfalls dann, wenn man diese unvoreingenommen und in dem Wissen liest, dass der Zeuge M. den Fragebogen für seine Mutter ausgefüllt hat, wie er glaubhaft bekundet hat (Protokoll, S. 9, Bl. 64, Band II d.A.). Denn dort ist angegeben, der Absteller des Fahrzeugs (der Zeuge M.) habe seine Freundin besucht (Frage 1.4, Bl. 164, Band I d.A.), wo er sich auch im Zeitpunkt des Diebstahls befunden habe (Frage 1.7, Bl. 165, Band I d.A.). Liest man dies und erst dann die Antwort auf die Frage 1.8 (“Wie gelangten Sie (bzw. der Fahrer) zum Wohnort zurück? Bitte Belege vorlegen.”), “Bin das ganze Wochenende dort geblieben, zu Fuß.”, erschließt sich, dass hier erneut von dem Zeugen M. die Rede ist und mit “dort” die Wohnung der Zeugin P. gemeint ist.
Der Umstand, dass der Versicherungsschein als aktuellen Kilometerstand “1 km am 13.08.2010” nennt (Bl. 8, Band I d.A.), spricht vorliegend nicht gegen die Redlichkeit der Klägerin. Denn die Angabe ist zwar unstreitig unzutreffend, sie beruht jedoch nachweislich nicht auf einer Falschangabe der Klägerin. Denn diese hat (vertreten durch den Zeugen M.) in dem Fragebogen zur Angebotserstellung den Kilometerstand mit 142.000 km angegeben (vgl. Anlage B13, Bl. 25, Band II d.A.). Die Übernahme eines falschen Kilometerstandes in den Versicherungsschein ist damit offenbar auf einen Eingabefehler auf Beklagtenseite zurückzuführen. Dass die Klägerin und ihr Repräsentant, der Zeuge M., dies nicht bemerkt haben, spricht nicht gegen sie. Denn der falsche Kilometerstand ist zum einen so abwegig, dass er einer Gebrauchtfahrzeugbewertung nicht zugrunde gelegt werden würde, zum anderen bei vereinbarter Jahreslaufleistung auch nachteilig für die Klägerin und schließlich nicht Folge von unkorrekten Angaben der Klägerin oder des Zeugen M..
Soweit die Beklagte darauf verweist, auf Seite 2 des Versicherungsscheins sei angegeben, dass das Fahrzeug auf den Versicherungsnehmer oder eine im selben Haushalt lebende Person zugelassen sei (Bl. 174, Band I d.A.), spricht dies vorliegend nicht gegen die Redlichkeit der Klägerin. Denn dies beruht nach Aktenlage allein darauf, dass die Klägerin (vertreten durch den Zeugen M.) in dem Fragebogen zur Angebotserstellung bei dem Feld “Wann wurde es auf Sie zugelassen” keinen deutlichen Zusatz gemacht hat, dass die Zulassung auf die Zeugin P. erfolgt war. Allerdings war für eine entsprechende Angabe dort auch kaum Platz und hat der Zeuge M. an anderer Stelle tatsächlich implizit darauf hingewiesen, dass Halter und Versicherungsnehmer nicht dieselbe Person sind - nämlich durch die Angabe (zur Verkehrsrechtsschutzversicherung) “wenn möglich auf den Halter und nicht Versicherungsnehmer” (vgl. Anlage B13, Bl. 25, Band II d.A.). Vor diesem Hintergrund begründet es für das Gericht hier keinerlei Zweifel an der Redlichkeit der Klägerin (oder des Zeugen M.), dass nicht bemerkt wurde, dass auf Seite 2 des Versicherungsscheins insoweit von falschen Voraussetzungen ausgegangen wurde.
Der Umstand, dass die Klägerin zunächst behauptet hat, sie sei Besitzerin und auch Nutzerin des versicherten Fahrzeugs spricht nach Überzeugung des Gerichts nicht gegen sie, sondern allenfalls gegen ihren Prozessbevollmächtigten. Denn insoweit haben sowohl die Klägerin selbst als auch die Zeugen glaubhaft und übereinstimmend dem Gericht berichtet, das Fahrzeug sei allein von dem Zeugen M. geführt und von der Zeugin P. mitgenutzt worden, die Klägerin habe es nicht genutzt. Entsprechendes haben die Klägerin und der Zeuge M. auch im Fragebogen der Beklagten (Anlage B9, Bl. 167 d.A.) angegeben, nämlich, dass das Fahrzeug von keinem, außer dem Fahrer, D. M., benutzt worden sei. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die anderslautenden schriftsätzlichen Angaben entweder auf einem Verständnisfehler des Klägervertreters oder auf mangelnder Rücksprache mit der Mandantschaft beruhten.
2. a) Die Beklagte ist nicht gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei. Es kann dabei dahinstehen, ob die dauerhafte Verwahrung der Fahrzeugpapiere im Fahrzeuginneren eine Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge hätte. Denn es wäre Sache der Beklagten gewesen, zu beweisen, dass der Fahrzeugschein zumindest regelmäßig im Fahrzeuginneren verwahrt wurde. Dies ist ihr nicht gelungen. Denn die Beklagte hat insoweit lediglich auf die Erklärungen der Klägerin und des Zeugen M. verwiesen, die jedoch stets nur angegeben hatten, der Fahrzeugschein habe sich im Zeitpunkt des Diebstahls (zufällig) im Fahrzeug befunden. Darauf, ob die Verwahrung des Fahrzeugscheins im Inneren des Fahrzeugs überhaupt ursächlich im Sinne von § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG für die Entwendung des Fahrzeugs sein kann, kommt es daher nicht mehr an.
b) Der Leistungsanspruch der Klägerin ist nicht wegen Verletzung ihrer vertraglichen Obliegenheiten aus E.1.1 (Anzeigepflicht) zu kürzen. Denn die Klägerin hat den Versicherungsfall nicht nur unstreitig durch ihren Repräsentanten, den Zeugen M. innerhalb einer Woche telefonisch angezeigt, sondern der Beklagten auch innerhalb einer Woche (vgl. Anlage B11, Bl. 169, Band I d.A.) schriftliche Angaben zu dem Schadensfall gemacht.
Soweit die Beklagte meint, die Klägerin habe ihr den Versicherungsfall nicht gemeldet, verkennt sie nicht nur, dass die Klägerin den als Anlage B6-B11 eingereichten Fragebogen eigenhändig unterzeichnet hat, sondern auch dass die Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmer keine höchstpersönliche ist, er sich insbesondere Repräsentanten und Hilfspersonen bedienen darf. Das Gericht hat auch Zweifel, ob die Beklagte diese Ansicht ernsthaft generell vertreten wollte, denn sie hätte - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - zur Folge, dass Personen, welche der deutschen Sprache in Wort und Schrift nicht vollständig mächtig wären, bei der Beklagten keine Versicherungen abschließen dürften, da sie im Falle eines Schadens nicht in der Lage wären, die geforderten Erklärungen höchstpersönlich auf Deutsch abzugeben. Die Klägerin durfte sich ihres Sohnes, des Zeugen M. bedienen, um ihre Mitwirkungspflichten zu erfüllen.
c) Der Leistungsanspruch der Klägerin ist nicht wegen Verletzung vertraglicher Obliegenheiten zu kürzen.
Zwar kann nach E.8.1 AKB, § 28 Abs. 2 VVG grundsätzlich Leistungsfreiheit oder ein Recht zur Leistungskürzung der Beklagten unter anderem dann bestehen, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich (dann Leistungsfreiheit) oder grob fahrlässig (dann Leistungskürzung) seine in E.1.3 AKB aufgeführten Obliegenheiten verletzt, nach dem Eintritt des Versicherungsfalls alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers hat insbesondere zum Inhalt, dass der Versicherungsnehmer die sich auf den Versicherungsfall beziehenden Fragen des Versicherers zu beantworten und insbesondere wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen hat.
Dem Versicherer muss es durch vollständige und richtige Auskünfte des Versicherungsnehmers ermöglicht werden, sachgemäße Feststellungen über die Ursache und das Ausmaß des Schadens zu treffen und demgemäß den Schaden zu regulieren. Er soll sich ohne eigene Nachforschungen regelmäßig darauf verlassen können, in der Schadensanzeige alle Tatsachen wahrheitsgemäß mitgeteilt zu bekommen, die er benötigt, um sich allein aufgrund der Angaben des Versicherungsnehmers ein zutreffendes Bild von dem Schadensfall machen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1976 - IV ZR 83/75, VersR 1976, 849).
Es ist der Beklagten jedoch nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Klägerin oder der Zeuge M. als ihr Repräsentant unwahre Angaben gemacht hat. Denn dies würde hier nicht nur voraussetzen, dass die Angaben objektiv unzutreffend waren, sondern auch, dass die Klägerin (oder der Zeuge M.) dies wusste oder wenigstens in Kauf nahm. Der Umstand, dass der Zeuge M. (und auch die Klägerin durch ihre Unterschrift) in der Schadensmeldung (dort Frage 1.8, Anlage B7, Bl. 165, Band I d.A.), angegeben hat, “Bin das ganze Wochenende dort geblieben, zu Fuß” ist nach diesen Kriterien keine unwahre Angabe. Denn der Zeuge M. hat nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugin P. und des Zeugen M. das ganze Wochenende bei seiner Freundin verbracht. Es ist daher schon fraglich, ob die Angabe objektiv als unwahr zu bezeichnen ist, auch wenn ihr Wortlaut missverständlich ist - dass die Klägerin (deren Deutsch mäßig ist) oder der Zeuge M. (dessen Deutsch nicht fehlerfrei ist) dies wusste oder billigend in Kauf nahm, ist hier jedenfalls nicht zu erkennen. Der Zeuge hat vielmehr bei diesem Satz einfach nicht aufgepasst, dass er von sich hätte in der dritten Person sprechen müssen.
Die Angabe der Klägerin in der Anlage B5, Bl. 105, Band I d.A., der Fahrzeugschein sei sonst immer in “der Geldbörse” verwahrt worden, ist zwar missverständlich, aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht (nachweislich) unwahr. Denn die Zeugen M. und P. haben bekundet, der Fahrzeugschein sei regelmäßig in der Geldbörse des Zeugen aufbewahrt worden, so dass die Angaben “in der Geldbörse” zuträfe, auch wenn nicht diejenige der Klägerin gemeint war. Die Angabe, sie (“Ich”) habe den Fahrzeugschein entnommen ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allerdings objektiv unwahr. Jedoch ist auch hier nach Überzeugung des Gerichts nicht davon auszugehen, dass es sich um eine bewusst (oder billigend in Kauf nehmend) unwahre Angabe gehandelt hat. Sondern der Zeuge M. hat bei Abfassung dieser Erklärung, die sodann die Klägerin unterzeichnete, erneut nicht aufgepasst, dass er von sich in der dritten Person hätte sprechen müssen.
Nachgewiesen falsche Angaben zur Fertigung von Schlüsselkopien liegen wiederum schon objektiv nicht vor. Es ist zwar unstreitig, dass einer der drei von der Klägerin bei der Beklagten eingereichten Fahrzeugschlüssel Kopierspuren aufwies. Jedoch sind diese ebenso unstreitig von starken Gebrauchsspuren überlagert, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kopiervorgang in der Versicherungszeit des hiesigen Vertrages (der Besitzzeit der Zeugin P.) stattgefunden hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin, der Zeuge M. oder die Zeugin P. Kenntnis von der Anfertigung eines Nachschlüssels durch einen der Vorbesitzer des Fahrzeugs hatte, liegen nicht vor.
3. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes (A.2.6.1, A.2.6.6 der AKB) ohne Mehrwertsteuer (A.2.10 der AKB) und abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 150,- € (Versicherungsschein sowie A.2.13 der AKB), hier 16.329,80 € (= 16.479,80 € netto - 150,- €).
Ein Abschlag von 10 % wegen fehlender Wegfahrsperre (A.2.6.4 der AKB) ist nicht vorzunehmen. Denn nicht nur hat der Zeuge M. glaubhaft bekundet, das Fahrzeug habe über eine automatische Wegfahrsperre verfügt, sondern auch der von der Klägerin eingereichte alte Fahrzeugbrief des versicherten Fahrzeugs (vgl. die im Fahrzeugbrief Nr. ...angegebene FIN) enthält auf Seite 4 die zusätzliche Bemerkung “ANERKANNTE WEGFAHRSPERRE GEM. AZT/TUEV”.
Der Betrag ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2, 187 Abs. 1 BGB seit dem 6. September 2013 wie tenoriert zu verzinsen, da der entsprechende Klageantrag erstmals im Termin vom 5. September 2013 formuliert worden ist.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.