- Auch wenn die Parteien die Angaben des Herstellerprospekts nicht als Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart haben, sind die im Herstellerprospekt enthaltenen Angaben zu dem Kraftstoffverbrauch des Neufahrzeugs zumindest öffentliche Äußerungen mit der Folge, dass die gewöhnliche Beschaffenheit des Wagens im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB durch diese Angaben bestimmt wird.
- Ein verständiger Käufer weiß, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Nutzers abhängen und deshalb nicht mit den Prospektangaben gleichgesetzt werden dürfen, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen. Der Käufer kann jedoch erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind.
- Eine erhebliche Pflichtverletzung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der im Verkaufsprospekt angegebene kombinierte Verbrauchswert um mehr als 10 % überschritten wird, Die Grenze von 10 % ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einerseits praktikabel, sie trägt andererseits des in Zeiten steigender Kraftstoffpreise, erhöhten Umweltbewusstseins und des hohen technischen Standards der heutigen Autoproduktion verstärkten Bedeutung des Kraftstoffverbrauchs Rechnung, ohne allzu kleinlichen Gewährleistungswünschen der Käuferseite Vorschub zu leisten.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Autokauf - Gewährleistung und Garantie beim Neuwagenkauf
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug wegen überhöhten Kraftstoffverbrauchs sowie Schadensersatz.
Die Beklagte betreibt einen gewerblichen Autohandel. Am 03.04.2013 erwarb die Klägerin bei der Beklagten einen neuen Pkw der Marke L 1,4 ED 7 zu einem Kaufpreis von 15.990,01 € (Rechnung vom 03.04.2013 - Anlage K1). Noch am selben Tage erfolgte die Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin.
Nachdem die Klägerin nach der Ingebrauchnahme des Fahrzeugs behauptetermaßen Kraftstoffverbrauchswerte über den vom Hersteller angegebenen 7,2 l / 100 km innerorts und 5,1 l / 100 km außerorts sowie kombiniert 5,8 l / 100 km (Anlagen K 2 und K 6) festgestellt hatte, forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 13.08.2013 aus diesem Grunde unter Fristsetzung bis zum 28.08.2013 erfolglos zur Nachbesserung auf (Anlage K 4).
Am 11.09.2013 führte ein Mitarbeiter der Beklagten mit der Klägerin eine zweieinhalbstündige Testfahrt durch, in der dieser insgesamt nur 114 km zurücklegte, dabei indes niedrigere Verbrauchswerte erzielte als die Klägerin.
Am 17.09.2013 beauftragte die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Durchsetzung ihrer Gewährleistungsansprüche. Mit Anwaltsschreiben vom 18.09.2013 erklärten diese den Rücktritt vom Vertrag und forderten die Beklagte, letztlich erfolglos, unter Fristsetzung bis zum 10.10.2013 zur Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs wegen des erhöhten Kraftstoffverbrauchs auf (Anlage K 5).
Die Klägerin behauptet, der Kraftstoffverbrauch habe sich in den ersten Monaten nach der Übergabe auf ca. 11,5 l / 100 km belaufen und sei in der Folgezeit konstant auf ca. 8,3 l / 100 km geblieben. Der durchschnittliche Verbrauch habe daher auf 100 Kilometern über acht Liter gelegen - und damit mehr als 10 Prozent über der Herstellerangabe.
Im Einzelnen habe sie am 05.06.2013 bei einer reinen Autobahnfahrt über eine Strecke von 205 km einen Gesamtverbrauch von 18,80 l ermittelt, am 13.06.2013 bei 264 km insgesamt 23,64 l, am 13.07.2013 für 520 km insgesamt 43,28 l, im Zeitraum vom 13.07.2013 bis zum 05.08.2013 für 603 km insgesamt 53,88 l, am 12.08.2013 für eine Wegstrecke von 455 km insgesamt 37,70 l, am 02.09.2013 für 762 km insgesamt 44,51 l, am 07.09.2013 für 570 km ein Verbrauch von 43,87 l, am 09.09.2013 auf einer Strecke von 99 km 8,47 l, am 11.09.2013 auf 54 km 9,3 l und schließlich am 14.09.2013 für 103 km ohne Klimaanlage 7,8 l, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf die Ablichtungen der Tankbelege verwiesen wird (Anlagenkonvolut K 3).
Überdies habe sie Mitte Oktober und November 2013 weitere Fehler des Fahrzeugs bemerkt, namentlich sei das Radio bei der Fahrt kurzfristig ausgefallen, ebenso die Fernsprechanlage und das Navigationsgerät. Die für das Fahrzeug vorgesehenen Wartungen habe sie stets durchführen lassen.
Über die Rückabwicklung hinaus begehrt die Klägerin folgende Positionen:
247,20 € Fahrtkosten / schadensbedingter Mehraufwand 1.296,00 € Mehrkosten durch Kraftstoffverbrauch 187,00 € Kosten Achsvermessung gemäß Rechnungen 564,48 € Winterreifen 1.080,00 € Aufwandsentschädigung 3.374,68 €
Die Fahrtkosten zu der Beklagten – 24 km bei einer einfachen Fahrtstrecke auf der Grundlage von 0,40 € / km – seien wegen einer Fahrt zur Installation einer neuen Software für den Tempomat (19,20 €), drei weiterer Fahrten wegen eines defekten Navigationsgerätes (57,60 €), der Kraftstoffverbrauchstestfahrt über 114 km (64,80 €), vier Fahrten für die Achsvermessung bei einer einfachen Fahrt von 15 km (48,00 €) sowie der Fahrten von 72 km zu dem Sachverständigen (57,60 €) erforderlich gewesen. Für den damit verbundenen Zeitaufwand von ungefähr 27 Stunden stehe ihr überdies eine Aufwandsentschädigung von 40 € pro Stunde, insgesamt daher 1.080,00 € zu.
Da das Fahrzeug rund 2,7 l zu viel verbraucht habe, sei ihr bei rund 30.000 gefahrenen Kilometern bei einen durchschnittlichen Kraftstoffpreis von 1,60 € in den letzten 30 Monaten ein Schaden von 1.296,00 € entstanden. Schließlich habe sie sich Winterbereifung für das Fahrzeug anschaffen müssen, die sie für ein Ersatzfahrzeug nicht verwenden könne.
Die Klägerin beantragt mit der Klageschrift vom 15.10.2013,1. die Beklagte zu verurteilen, an sie Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Typ KIA CEED Dream L 1,4 Fahrzeug-Ident-Nr.: … einen Betrag in Höhe von 15.990,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2013 zu zahlen;Mit Schriftsatz vom 16.09.2015 beantragt die Klägerin klageerweiternd,
2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € zu erstatten.3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 3.374,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen;Die Beklagte beantragt,
4. festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme des Kraftfahrzeuges Pkw Typ KIA CEED Dream L 1,4 Fahrzeug-Ident-Nr.: … seit dem 29.08.2013 in Verzug ist.die Klage abzuweisen.Die Beklagte bestreitet die einzelnen Verbrauchsfahrten der Klägerin sowie, dass die angegebenen Fahrtstrecken mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug zurückgelegt, und dass diese überdies den vorgelegten Tankbelegen zuzuordnen seien, mit Nichtwissen.
Die tatsächlichen Verbrauchswerte seien von einer Vielzahl von Faktoren wie etwa Fahrstil, Verkehrsfluss, Witterung, Ausstattung oder Bereifung abhängig, so dass die angegebenen Werte nicht aussagekräftig und nicht mit den ermittelten Laborwerten zu vergleichen seien. Der Prospekt zu den Herstellerangaben enthalte lediglich unverbindliche Informationen zu Messergebnissen, die jedoch nicht auf tatsächliche Werte im Straßenverkehr übertragbar seien.
Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung wegen der klägerseits gezogenen Gebrauchsvorteile, die sich diese anrechnen lassen müsse.
Das Gericht hat zu dem Kraftstoffverbrauch des streitgegenständlichen Fahrzeugs Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G, der sein Gutachten mündlich erläutert hat. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 13.08.2015 (Bl. 76 ff. GA), die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2016 (Bl. 135 ff. GA) sowie auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat überwiegend – in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
I.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten Rückzahlung von 12.045,81 € Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus §§ 346 Abs. 1, 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB verlangen.
a) Das gesetzliche Rücktrittsrecht folgt daraus, dass dem von der Klägerin gekauften Pkw eine Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BGB fehlt, die die Klägerin nach den Herstellerangaben erwarten darf.
Auch wenn die Parteien die Angaben des Herstellerprospekts nicht als Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart haben, sind die im Herstellerprospekt enthaltenen Angaben zu dem Kraftstoffverbrauch des Neufahrzeugs zumindest öffentliche Äußerungen mit der Folge, dass die gewöhnliche Beschaffenheit des Wagens im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB durch diese Angaben bestimmt wird (vgl. nur LG Bochum, Urteil vom 12.04.2012 – 4 O 250/10, BeckRS 2012, 16579).
Aus dem Prospekt ergibt sich, dass das Fahrzeug nach dem dort beschriebenen Verfahren 5,8 l kombiniert bzw. 7,2 Liter innerorts und 5,1 Liter außerorts auf 100 Kilometer verbrauchen soll. Daraus folgt zwar nicht zwangsläufig eine Sollbeschaffenheit in dem Sinne, dass diese Verbrauchswerte im Alltagsgebrauch des konkret erworbenen Fahrzeugs erreicht werden müssten. Denn – worauf auch die Beklagte abhebt – ein verständiger Käufer weiß, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Nutzers abhängen und deshalb nicht mit den Prospektangaben gleichgesetzt werden dürfen, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen. Der Käufer kann jedoch erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (vgl. zum Ganzen nur OLG Hamm, Urteil vom 07.02.2013 – I-28 U 94/12, zitiert nach juris).
Dies ist bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts nicht der Fall (§ 286 ZPO). Der zum Sachverständigen bestellte Dipl.-Ing. G hat zusammen mit einem TÜV-Sachverständigen den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs auf einem Testgelände auf der Grundlage der einschlägigen europäischen Vorgaben überprüft. Dabei haben die Sachverständigen, beide beruflich regelmäßig mit der Durchführung von Verbrauchstests befasst, sämtliche erforderlichen Erhebungen einschließlich der Ermittlung des Rollwiderstandes bei einem Ausrollversuch sowie einer Prüfstandmessung bei vorheriger Achsvermessung durchgeführt und sind bei der labortechnischen Untersuchung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Fahrzeug innerorts 9,4 l anstatt 7,2 l – damit 30,5 % mehr –, außerorts 5,9 l anstatt 5,1 l – d.h. 15,7 % mehr – und kombiniert 7,2 l anstatt 5,8 l – daher 24,1 % mehr – verbraucht.
Dieses Gutachten und insbesondere den Laborbericht hat der Sachverständige auf die Einwendungen der Beklagten hin in der Sitzung vom 16.06.2016 nochmals ausführlich erläutert. Dabei hat er sich mit sämtlichen beklagtenseits erhobenen Einwendungen, unter anderem zum Einfluss der Bereifung, zum Wartungszustand und zu der Laufleistung ausführlich auseinandergesetzt und diese – nach sorgfältiger Terminsvorbereitung und vorheriger Rücksprache mit dem weiteren Sachverständigen – jeweils nachvollziehbar entkräftet und dabei signifikante Abweichungen aus technisch-sachverständiger Sicht definitiv ausgeschlossen. Insbesondere waren der Wartungszustand des Fahrzeugs nicht zu beanstanden, sämtliche Wartungsintervalle eingehalten und die Bereifung weder unzulässig noch von relevantem negativem Einfluss. Dies betrifft nach den sachverständigen Ausführungen ausdrücklich auch etwas breitere Reifen mit größeren Querschnittsverhältnissen und höherer Walkarbeit. Im Übrigen habe der Prüfer, der das Fahrzeug zu dem Gelände überführt hat, – ohne bereits weitergehende Prüfungen vorgenommen zu haben – den Eindruck gewonnen, dass das Fahrzeug etwas "träger" erscheine als vergleichbare Fahrzeuge. Auch sämtliche Unwägbarkeiten zugunsten der Beklagten unterstellt, seien aus sachverständiger Sicht keine für die Beklagte günstigeren Verbrauchswerte diskutabel. Diesen sorgfältigen und nachvollziehbaren Ausführungen des in diesem Bereich erfahrenen Sachverständigen schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung an und hiergegen hat nachfolgend auch keine der Parteien – weder im Termin noch innerhalb der nachgelassenen Schriftsatzfrist – Einwendungen erhoben.
b) Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme steht außerdem fest, dass die Auslieferung des Klägerfahrzeugs mit den erhöhten Verbrauchswerten eine erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB darstellt, die die Klägerin zum Rücktritt berechtigt.
Eine erhebliche Pflichtverletzung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der im Verkaufsprospekt angegebene kombinierte Verbrauchswert – wie hier – um mehr als 10 % überschritten wird (vgl. nur ständige Rechtsprechung BGH, NJW 2007, 2111; OLG Hamm, Urteil vom 07.02.2013, B2.B2.O.; OLG Hamm, Urteil vom 09.06.2011 – I-28 U 12/11, zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 22.12.2011 – 25 U 162/10, zitiert nach juris; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.08.2008 – I-1 U 238/07, zitiert nach juris, das bei Neufahrzeugen bereits eine Abweichung von 8 % als nicht mehr tolerabel ansieht). Die Grenze von 10 % ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einerseits praktikabel, sie trägt andererseits des in Zeiten steigender Kraftstoffpreise, erhöhten Umweltbewusstseins und des hohen technischen Standards der heutigen Autoproduktion verstärkten Bedeutung des Kraftstoffverbrauchs Rechnung, ohne allzu kleinlichen Gewährleistungswünschen der Käuferseite Vorschub zu leisten (BGH, NJW 1997, 2590, 2591).
c) Der Rücktritt ist von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 18.09.2013 gemäß § 349 BGB nach erfolgloser vorheriger Fristsetzung gegenüber der Beklagten wirksam erklärt worden.
d) Hinsichtlich des von der Beklagten zurückzuzahlenden Kaufpreises von 15.990,01 € ist gemäß § 346 Abs. 1 und 2 BGB ein Abzug vorzunehmen, indem die Klägerin eine Entschädigung für die bisherige Nutzung zu leisten hat. Das Gericht berechnet den Gebrauchsvorteil nach der verbreiteten Formel: Kaufpreis multipliziert mit der zurückgelegten Fahrtstrecke dividiert durch die voraussichtliche Gesamtlaufleistung (vgl. nur statt vieler OLG Koblenz, Urteil vom 16.04.2009 - 6 U 574/08, zitiert nach juris). Letztere schätzt das Gericht (§ 287 ZPO) bei dem streitgegenständlichen Modell mit 150.000 km (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 16.04.2009, B2.B2.O.). Bei rund 37.000 gefahrenen Kilometern errechnet sich damit ein Abzug von dem Kaufpreis von 15.990,01 € von 3.944,20 €, insgesamt ein Rückzahlungsbetrag von 12.045,81 €.
e) Weitergehende Abzüge von dem von der Beklagten zurückzuerstattenden Kaufpreis sind nicht vorzunehmen.
Soweit die Beklagte erstmalig mit Schriftsatz vom 03.08.2016 eine weitere Aufrechnung wegen angeblicher Schäden des Fahrzeugs mit entsprechenden Minderwerten in Höhe von insgesamt 695,00 € erklärt, ist dieses Vorbringen – ebenso wie der weitere neue und erstmalige Tatsachenvortrag zur der Klageerweiterung – außerhalb der mündlichen Verhandlung verspätet und rechtfertigt deren Wiedereröffnung nicht, §§ 296a, 156 ZPO. Nach der Sachverständigenanhörung in der Sitzung vom 16.06.2016 ist beiden Parteien nach nochmaliger Erörterung des Streitstandes auf deren Antrag hin sowohl eine Stellungnahmemöglichkeit zu den seinerzeit avisierten Einigungsüberlegungen mit Blick auf eine Rückabwicklung zugebilligt worden als auch zu den Ausführungen des Sachverständigen. Eine Möglichkeit, darüber hinaus zu der Klageerweiterung vom 16.09.2015 neu vorzutragen oder weitergehende angebliche Gegenforderungen geltend zu machen, wurde dahingegen gerade nicht gewährt. Ungeachtet dessen ist auch nicht hinreichend dargetan, inwieweit es sich bei den Kratzern an Scheiben und Felgen tatsächlich um der Klägerin anzulastende Schäden und nicht nur – wie von ihr in ihrem ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.08.2016 geltend gemacht – um bloße Gebrauchsspuren handelt und ob und inwieweit sie nur einen behauptetermaßen unvollständigen Schlüsselsatz vorhalten soll und die Schließanlage deshalb zu erneuern ist. An hinreichenden diesbezüglichen Beweisantritten fehlt es überdies.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte außerdem einen weiteren Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 1.405,74 €.
a) Als Kosten für den Benzinmehrverbrauch kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gemäß § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB einen Betrag von 751,10 € beanspruchen. Weitergehende Schäden durch erhöhten Benzinverbrauch sind jedoch nicht dargelegt.
Nach den sachverständigen Feststellungen ist bei dem maßgeblichen kombinierten Verbrauch von einem Mehrverbrauch von 1,4 l / 100 km auszugehen. Insoweit schätzt das Gericht den durchschnittlichen Benzinpreis über den mehr als dreijährigen Zeitraum unter Berücksichtigung verschiedener Preisschwankungen anhand der jährlichen Benzinpreisstatistiken – die für das Jahr 2013 einen Preis von rund 1,60 € / l ausweisen während der Preis für das Jahr 2015 bei 1,39 € und in diesem Jahr bislang durchschnittlich bei 1,27 € lag – auf insgesamt rund 1,45 € / l, ohne dass die Klägerin insoweit zur hinreichenden Darlegung ihres Schadens für den gesamten Zeitraum sämtliche Tankquittungen vorlegen müsste. Dass die Klägerin mit dem Fahrzeug inzwischen bereits rund 37.000 km zurückgelegt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Daher ergibt sich ein Gesamtbetrag von 751,10 € (37.000 km ./. 100 = 370 x 1,45 € x 1,4 l).
b) Darüber hinaus kann die Klägerin als Schadensersatz wegen der abgelehnten Nachbesserung und des berechtigten Rücktritts die durch die vorgelegten Rechnungen belegten und unbestritten gebliebenen Kosten der Achsvermessung von insgesamt 187,00 € von der Beklagten verlangen.
c) Auch hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der von ihr im Einzelnen für jede Fahrt mit dem Zweck und der konkreten Entfernung substantiiert dargelegten und erforderlich gewordenen Fahrtkosten in Höhe von 185,40 €. Diese hat die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gar nicht und nachfolgend überdies nicht mit der erforderlichen Substanz bestritten. Das Gericht setzt allerdings bei seiner Schätzung einen auch anderweitig gebräuchlichen Kilometerbetrag von 0,30 € an (618 km x 0,30 €).
d) Wegen der Anschaffung der Winterreifen für 564,48 € im Laufe des Jahres 2013 kann die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB die Erstattung vergeblicher Aufwendungen in Höhe von 282,24 € verlangen.
Diese sind jedoch nur erstattungsfähig, soweit sie tatsächlich vergeblich waren, das heißt eine Nutzungsmöglichkeit wegen Rückgabe des Fahrzeugs an den Verkäufer vor der anzunehmenden Restlaufzeit aufgehoben ist oder ein vom Käufer angeschafftes Zubehörteil von ihm nicht bestimmungsgemäß genutzt werden kann. Der Ersatzanspruch ist daher um die Dauer der Nutzung der Investitionen zu kürzen (vgl. zum Ganzen nur OLG Dresden, Urteil vom 23.02.2012 – 10 U 916/11, BeckRS 2013, 01701, das die übliche Nutzungsdauer in dem Fall bei der Nutzung über vier Winterperioden bereits als weitgehend erreicht angesehen hat). Auch nach allgemeinen Grundsätzen des Vorteilsausgleichs mindert sich der Ersatzanspruch durch die Nutzung bis zur Rückgabe (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 284 Rn. 5).
Ausgerichtet an diesen Grundsätzen besteht ein Anspruch der Klägerin, die zwar keinen Beleg für den Kauf vorgelegt hat, die jedoch zu dem Kauf ebenso wie der fehlenden Verwendungsmöglichkeit für ein Ersatzfahrzeug unbestritten vorgetragen hat. Da die Reifen indes nach ihren eigenen Angaben bereits seit 2013 – und damit über drei Winter – in Benutzung sind und das Fahrzeug inzwischen eine Gesamtlaufleistung von rund 37.000 km aufweist, ist der Anspruch um die Hälfte zu kürzen.
e) Ein zusätzlicher Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.080,00 € wegen eines Zeitaufwandes von 27 Stunden bei einem Stundensatz von 40,- € wegen der durchgeführten Fahrten besteht dahingegen nicht.
Nutzlos aufgewandte Zeit ist grundsätzlich nicht zu ersetzen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.08.2008 – I-1 U 238/07, zitiert nach juris). Insoweit fehlt es hier auch an der hinreichenden Darlegung eines Schadens. Dass der Klägerin erstattungsfähiger Gewinn entgangen wäre oder sie feststellbare zu erstattende eigene Arbeitsleistungen mit einem Marktwert erbracht hätte (vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, B2.B2.O., § 249 Rn. 67 f.), ist nicht vorgetragen oder anderweitig ersichtlich, wie es auch sonst diesbezüglich an hinreichenden Grundlagen auch für eine Schätzung, zumal für einen Stundensatz von 40,00 €, gänzlich mangelt.
3. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten auf der Grundlage einer Geschäftsgebühr von 1,3 aus einem Gegenstandswert von 15.990,01 € in Höhe von 1.029,35 € folgt ebenso wie der Zinsanspruch in Höhe der berechtigten Hauptforderung unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 Satz 1 und 288 Abs. 1 BGB.
Das Feststellungsbegehren ist im Hinblick auf die Zug-um-Zug-Verurteilung gemäß §§ 756, 765 ZPO gerechtfertigt. Die Beklagte befand sich infolge der erfolglosen Nachbesserungsaufforderung nach der Lieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs auch in Annahmeverzug.
Wie bereits dargelegt, würden die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 03.08. und vom 12.08.2016 berücksichtigt, sie gaben indes keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296a, 156 ZPO).
II.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.
Streitwert: 15.990,01 €
ab dem 22.09.2015 bis 20.000,00 €