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LVerfG Schleswig-Holstein Beschluss vom 03.04.2017 - LVerfG 2/16 - Kfz-Umsetzungsgebühren im Normenkontrollverfahren nach Landesverfassungsrecht
LVerfG Schleswig-Holstein v. 03.04.2017: Unzulässige Überprüfung von Kfz-Umsetzungsgebühren im Normenkontrollverfahren nach Landesverfassungsrecht
Das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 03.04.2017 - LVerfG 2/16) hat entschieden:
Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle ist nur zulässig, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt (§ 44 Abs. 1 LVerfGG), diese mithin entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist eine Norm, wenn das Gericht im Ausgangsverfahren bei ihrer Ungültigkeit anders entscheiden müsste als bei ihrer Gültigkeit. Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Norm für das Ausgangsverfahren ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, es sei denn, diese ist offensichtlich unhaltbar oder in der Sache nicht nachvollziehbar. Jedoch muss das vorlegende Gericht in einem aus sich heraus verständlichen Vorlagebeschluss darlegen, dass seine Entscheidung im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Norm von dieser abhängt. Der Vorlagebeschluss muss also erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit dieser Norm zu einem anderen Ergebnis kommen würde, als im Falle der Ungültigkeit.
Siehe auch Abschleppkosten - Kfz.-Umsetzungsgebühren und Stichwörter zum Thema Verkehrsverwaltungsrecht
Gründe:
A.
Das Vorlageverfahren betrifft die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 Satz 2 Verwaltungskostengesetz des Landes Schleswig-Holstein (VwKostG) vom 17. Januar 1974 (GVOBl S. 37), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Verwaltungskostengesetzes des Landes Schleswig-Holstein und des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 17. November 2004 (GVOBl S. 412) mit Art. 2a der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung (LV) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
I.
Das Verwaltungskostengesetz des Landes Schleswig-Holstein regelt die Erhebung von Kosten im Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren. In § 15 VwKostG, der in Abschnitt III - Allgemeine Vorschriften - verortet ist, ist die Erhebung von Verwaltungsgebühren in besonderen Fällen geregelt. § 15 VwKostG lautet wie folgt:
§ 15 Verwaltungsgebühren in besonderen Fällen
(1) Wird ein Antrag ausschließlich wegen Unzuständigkeit der Behörde abgelehnt, wird keine Verwaltungsgebühr erhoben. Dasselbe gilt bei Rücknahme eines Antrages, wenn mit der sachlichen Bearbeitung noch nicht begonnen ist.
(2) Die vorgesehene Verwaltungsgebühr ermäßigt sich um ein Viertel, wenn
- ein Antrag zurückgenommen wird, nachdem mit der sachlichen Bearbeitung begonnen, die Amtshandlung aber noch nicht beendet ist,
- ein Antrag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt wird oder
- eine Amtshandlung zurückgenommen oder widerrufen wird.
Aus Gründen der Billigkeit kann die Verwaltungsgebühr bis zu einem Viertel der vorgesehenen Verwaltungsgebühr ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden.
(3) Wird gegen eine kostenpflichtige Amtshandlung Widerspruch erhoben, sind für den Erlaß des Widerspruchsbescheides Verwaltungsgebühren und Auslagen zu erheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen wird. In diesem Fall ist eine Verwaltungsgebühr von mindestens fünf Euro bis zur Höhe der Verwaltungsgebühr, die für die Amtshandlung zu zahlen ist, zu erheben; § 9 Abs. 1 ist anzuwenden. Wird ein Widerspruch zurückgenommen, nachdem mit der sachlichen Bearbeitung begonnen, der Widerspruchsbescheid aber noch nicht erlassen ist, oder erledigt sich der Widerspruch auf andere Weise, so sind 25 v.H. der nach Satz 2 festzusetzenden Verwaltungsgebühren zu erheben. Wird der Widerspruchsbescheid der nächsthöheren Behörde von einem Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, sind die für den Widerspruchsbescheid bereits gezahlten Verwaltungsgebühren und Auslagen dem Träger der öffentlichen Verwaltung, der die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu tragen hat, auf Antrag zu erstatten.
(4) Richtet sich in einer kostenpflichtigen Angelegenheit der Widerspruch ausschließlich gegen die Kostenentscheidung, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Die Verwaltungsgebühr für den Widerspruchsbescheid bei Kostenentscheidungen beträgt 10 v. H. des angefochtenen Betrages, mindestens fünf Euro.
II.
Im Ausgangsverfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht wandte sich der Kläger gegen einen Leistungsbescheid vom 12. Februar 2015 für eine Abschleppmaßnahme der Landeshauptstadt Kiel. Diese hatte vom Kläger des Ausgangsverfahrens für einen eingeleiteten, aber nicht durchgeführten Abschleppvorgang Kosten in Höhe von insgesamt 100,70 € (Kosten Abschleppunternehmer: 48,20 €, Gebühren: 49,- €, Auslagen: 3,50 €) erhoben. Eine Überwachungskraft der Landeshauptstadt Kiel hatte veranlasst, dass das Auto des Klägers am 27. November 2014 um 12:21 Uhr aus dem öffentlichen Straßenraum abgeschleppt werden sollte. Der Kläger, so die Begründung des Bescheides, habe vor einer Bordsteinabsenkung und weniger als fünf Meter vor der Einmündung geparkt und dadurch andere behindert. Aufgrund der Schwere des Verkehrsverstoßes habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen. Die Veranlassung eines Abschleppvorgangs sei das mit geringstem Aufwand erfolgversprechende Mittel gewesen, um diese Gefahr zu beseitigen. Der Kläger des Ausgangsverfahrens habe nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden können, um den PKW selbst zu entfernen. Einer Androhung der Ersatzvornahme habe es nicht bedurft. Die Kostenpflicht werde schon durch die Einleitung des Abschleppvorgangs ausgelöst.
Im Widerspruchsverfahren gegen den Leistungsbescheid vom 12. Februar 2015 wandte sich der Kläger des Ausgangsverfahrens gegen die Rechtmäßigkeit der Einleitung des nicht durchgeführten Abschleppvorgangs. Dies wies die Landeshauptstadt mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2015 zurück; die Abschleppmaßnahme sei zu Recht erfolgt. Für den Erlass des Widerspruchsbescheides setzte sie weitere Gebühren in Höhe von 43,- € sowie Postgebühren im Zustellungsverfahren in Höhe von 3,45 € fest und gab hierfür als Rechtsgrundlage § 73 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 15 Abs. 3 VwKostG an.
Hiergegen hat der Kläger des Ausgangsverfahrens am 2. Oktober 2015 Klage erhoben, zu deren Begründung er ergänzend zu seinem vorherigen Vorbringen vorgetragen hat, die Abschleppmaßnahme sei übereilt eingeleitet worden. Eine Behinderung anderer sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Auf Anfrage des Gerichts hat er „klarstellend“ mitgeteilt, dass die Widerspruchsgebühr gleichfalls Streitgegenstand sei.
Im Klageverfahren hatte die 3. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zunächst den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Juni 2016 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen, da die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und auch keine grundsätzliche Bedeutung habe.
Mit Beschluss des Einzelrichters vom 5. Oktober 2016 ist der Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen worden. Diese hat mit Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. November 2016 das Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG mit Art. 2a LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei.
III.
Zur Begründung der Vorlage führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass sich die Unvereinbarkeit von § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 2a LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 - (BVerfGE 50, 217 ff.) ergebe.
In seinem Beschluss vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 - hatte das Bundesverfassungsgericht die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1971 (GV S. 354; - Geb NW -) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt. Zur Begründung hatte es angeführt, dass die Gebühren nach dieser Regelung unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt worden seien und die Regelung, bezogen auf den Zweck der Kostendeckung, nicht sachgemäß gewesen sei. Die seinerzeit zur Überprüfung gestellte Regelung des § 15 GebG NW lautete:
§ 15 Gebühren in besonderen Fällen
(1) Wird ein Antrag ausschließlich wegen Unzuständigkeit der Behörde abgelehnt, so werden weder Gebühren noch Auslagen erhoben. Dasselbe gilt bei Rücknahme eines Antrages, wenn mit der sachlichen Bearbeitung noch nicht begonnen ist.
(2) Wird ein Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung zurückgenommen, nachdem mit der sachlichen Bearbeitung begonnen, die Amtshandlung aber noch nicht beendet ist, oder wird ein Antrag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt oder wird eine Amtshandlung zurückgenommen oder widerrufen, so ermäßigt sich die vorgesehene Gebühr um ein Viertel; sie kann bis zu einem Viertel der vorgesehenen Gebühr ermäßigt oder es kann von ihrer Erhebung abgesehen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
(3) Wird gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung Widerspruch erhoben, so sind für den Erlaß des Widerspruchsbescheides Gebühren und Auslagen zu erheben, wenn und soweit der Widerspruch zurückgewiesen wird. In diesem Falle ist die gleiche Gebühr wie für die Sachentscheidung zu erheben. Richtet sich der Widerspruch nur gegen einen Teil der Entscheidung, so ermäßigt sich die Gebühr entsprechend. Wird der Widerspruchsbescheid der nächsthöheren Behörde von einem Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, so sind die für den Widerspruchsbescheid bereits gezahlten Gebühren und Auslagen der Behörde, die die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu tragen hat, auf Antrag zu erstatten.
(4) Richtet sich in einer gebührenpflichtigen Angelegenheit der Widerspruch ausschließlich gegen die Kostenentscheidung, so gilt Absatz 3 Satz 1 sinngemäß. In diesem Falle beträgt die Gebühr ein Viertel der Gebühr für die Sachentscheidung. Absatz 3 Satz 3 findet Anwendung.
(5) Ist der Entscheidung des Beschlußausschusses ein Bescheid seines Vorsitzenden vorausgegangen, so sind nur für die Entscheidung des Beschlußausschusses Gebühren und Auslagen zu erheben.
Die bis heute geltende Fassung von § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG trage – so das Verwaltungsgericht weiter – diesem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht hinreichend Rechnung. Der schleswig-holsteinische Landesgesetzgeber habe seinerzeit die bis dahin gleich lautende Parallelnorm noch vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts geändert. Er habe sich aber darauf beschränkt, das Verhältnis zwischen Widerspruchsgebühr und festgesetzten Kosten im Ausgangsbescheid von einem Viertel auf 10 % zu reduzieren. Im Übrigen sei der vom Bundesverfassungsgericht als willkürlich beanstandete starre Gebührenmaßstab strukturell beibehalten worden. Die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG koppele die Widerspruchsgebühr weiterhin generell und durchgängig an die im Ausgangsbescheid festgesetzten Kosten. Dieser durchgängige Gebührenmaßstab ohne jede absolute obere Begrenzung der Gebührenschuld lasse die Regelung als nicht mehr sachlich gerechtfertigt erscheinen, weil sie nicht hinreichend an den Aufwand anknüpfe, der mit dem Widerspruchsverfahren verbunden sei. Gerade bei einer Ersatzvornahme könne sich die nach § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG festzusetzende Widerspruchsgebühr im Einzelfall noch weiter vom tatsächlichen Verwaltungsaufwand entfernen. Es sei nicht ersichtlich, dass durch die Anknüpfung an den angefochtenen Betrag anstelle der „Gebühr für die Sachentscheidung“ der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend Rechnung getragen werde.
Eine verfassungskonforme Auslegung der beanstandeten Norm komme nicht in Betracht. Die Festlegung einer konkret bezifferten Obergrenze wäre, so das vorlegende Gericht, ein „Eingriff in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers“. Auch den Begriff des „angefochtenen Betrages“ als „Gebührenhöhe des Ausgangsbescheides“ zu verstehen, sei nicht möglich.
Die beanstandete Norm sei entscheidungserheblich. Im Falle der Verfassungswidrigkeit der beanstandeten Norm sei der Widerspruchsbescheid hinsichtlich der festgesetzten Gebühr mangels entsprechender Rechtsgrundlage vollständig aufzuheben. Im Falle der Gültigkeit der Norm wäre dieser nur insoweit aufzuheben, als ein Betrag von mehr als 10,07 € (10 % des angefochtenen Betrages) festgesetzt worden sei.
Das Ausgangsverfahren sei entscheidungsreif. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme bestünden nicht. Die Klage sei jedoch hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid festgesetzten Widerspruchsgebühr zumindest teilweise begründet. Die Festsetzung der Gebühr für den Erlass des Widerspruchsbescheides sei durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens fälschlich nach § 15 Abs. 3 VwKostG erfolgt. Die einschlägige Rechtsgrundlage der Verwaltungsgebühr für den Widerspruchsbescheid bei Anfechtung allein einer Kostenentscheidung in einer kostenpflichtigen Angelegenheit sei § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG. Danach betrage die Gebühr in solchen Fällen 10 vom Hundert des angefochtenen Betrages, mindestens fünf Euro. Mit dem Ausgangsbescheid sei lediglich die Kostenentscheidung für eine vorangegangene Ersatzvornahme getroffen worden. Andere Regelungen enthalte der Leistungsbescheid nicht. § 15 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwKostG betreffe unter Berücksichtigung seines Wortlautes allein die Fälle, in denen „gegen eine kostenpflichtige Amtshandlung“ Widerspruch erhoben worden sei. In Fällen wie dem Ausgangsverfahren richte sich der Widerspruch gerade nicht mehr gegen die bereits erledigte Ersatzvornahme, sondern nur gegen den Leistungsbescheid, mit dem die angefallenen Gebühren und Auslagen geltend gemacht würden. Es handele sich insoweit um eine isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung im Sinne von § 22 Abs. 2 VwKostG.
IV.
1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung halten den Antrag für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.
Das vorlegende Gericht genüge nicht seiner Darlegungspflicht nach § 44 Abs. 1 Landesverfassungsgerichtsgesetz (LVerfGG). Das vorlegende Gericht habe versäumt, mit einer rechtlich nachvollziehbaren Begründung die Entscheidungserheblichkeit von § 15 Abs. 4 VwKostG darzulegen. So habe es sich nicht hinreichend damit beschäftigt, ob § 15 Abs. 3 oder § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG Rechtsgrundlage für die Widerspruchsgebühr sei. Bei einem Kostenfestsetzungsbescheid für einen Abschleppvorgang könne die Rechtmäßigkeit des – gegebenenfalls fiktiven – Grundverwaltungsakts regelmäßig nicht mehr isoliert, sondern nur inzident mit der Rechtmäßigkeit der Kostenfestsetzung überprüft werden. Es würden jedoch im Allgemeinen und so auch im zu entscheidenden Fall keine kostenspezifischen Einwände erhoben, sondern nur Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des – gegebenenfalls fiktiven – Grundverwaltungsakts. Demgegenüber werde bei einer isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung gerade nicht die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung überprüft. Im Übrigen habe das vorlegende Gericht zu Unrecht angenommen, dass sich die Ersatzvornahme erledigt habe. Eine Ersatzvornahme erledige sich nicht deshalb, weil sie durchgeführt worden sei.
2. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat in ihrer Stellungnahme – wie bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht – darauf hingewiesen, dass die beanstandete Norm nicht entscheidungserheblich sei, sondern sich die Erhebung der Widerspruchsgebühr allein nach § 15 Abs. 3 VwKostG richte. Sie verweist ebenfalls darauf, dass bei Abschleppvorgängen ein isoliertes gerichtliches Vorgehen gegen die Ersatzvornahme nicht möglich sei und ihre Rechtmäßigkeit allein inzident mit dem Leistungsbescheid überprüft werden könne. Auch wenn der Leistungsbescheid nur die Kostenpflichtigkeit der Ersatzvornahme regele, handele es sich nicht um eine isolierte Kostenentscheidung im Sinne von § 22 Abs. 2 VwKostG. § 15 Abs. 4 VwKostG betreffe allein die Fälle, in denen abstrakt um Kosten gestritten werde.
3. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat sich der Ansicht des vorlegenden Gerichts angeschlossen.
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
Es ist bereits zweifelhaft, ob § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist. Dies kann aber offen bleiben, da die Entscheidungserheblichkeit durch das vorlegende Gericht in dem Vorlagebeschluss jedenfalls nicht hinreichend dargelegt wurde.
Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle ist nur zulässig, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt (§ 44 Abs. 1 LVerfGG), diese mithin entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist eine Norm, wenn das Gericht im Ausgangsverfahren bei ihrer Ungültigkeit anders entscheiden müsste als bei ihrer Gültigkeit
(Beschluss vom 27. Januar 2016 - LVerfG 2/15 -, SchlHA 2016, 58 <59>, Juris Rn. 19 m.w.N.).
Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Norm für das Ausgangsverfahren ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, es sei denn, diese ist offensichtlich unhaltbar oder in der Sache nicht nachvollziehbar
(vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, BVerfGE 138, 1 ff., Juris Rn. 41, vom 19. Dezember 2012 - 1 BvL 18/11 -, BVerfGE 133, 1 ff., Juris Rn. 35, vom 2. Mai 2012 - 1 BvL 20/09 -, BVerfGE 131, 1 ff., Juris Rn. 66, und vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. -, BVerfGE 108, 186 ff., Juris Rn. 94, jeweils m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2016 - 1 BvL 7/15 -, NVwZ 2016, 1318 <1319>, Juris Rn. 15 m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Dezember 2015 - 1 BvL 4/11 -, NZS 2016, 263 <264>, Juris Rn. 14 m.w.N., stRspr; vgl. hierzu auch: Eisele/ Hyckel, NVwZ 2016, 1298 <1299 f.>).
Jedoch muss das vorlegende Gericht in einem aus sich heraus verständlichen Vorlagebeschluss darlegen, dass seine Entscheidung im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Norm von dieser abhängt. Der Vorlagebeschluss muss also erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit dieser Norm zu einem anderen Ergebnis kommen würde, als im Falle der Ungültigkeit. Hierbei muss das vorlegende Gericht insbesondere die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, auf einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Landesverfassungsgerichts eingehen und sich gegebenenfalls auch mit der Entstehungsgeschichte der Norm auseinandersetzen
(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. Dezember 2013 - 1 BvL 5/12 -, Juris Rn. 5 f. m.w.N.).
Das vorlegende Gericht hat sich bei der Begründung der Entscheidungserheblichkeit eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage anhand der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen auseinanderzusetzen und zu unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten Stellung zu nehmen, sofern diese für die Entscheidungserheblichkeit maßgeblich sein können
(vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 2012 - 1 BvL 20/09 -, BVerfGE 131, 1 ff., Juris Rn. 67, und vom 22. September 2009 - 2 BvL 3/02 -, BVerfGE 124, 251 ff., Juris Rn. 23, jeweils m.w.N; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2016 - 1 BvL 7/15 -, NVwZ 2016, 1318 <1319>, Juris Rn. 15 m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juli 2014 - 2 BvL 25/09 u.a. -, Juris Rn. 27 m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Dezember 2015 - 1 BvL 4/11 -, NZS 2016, 263 <264>, Juris Rn. 14 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt der Vorlagebeschluss nicht. Zwar hat das vorlegende Gericht den seiner Ansicht nach entscheidungserheblichen Sachverhalt im Wesentlichen wiedergegeben und näher ausgeführt, wie sich eine Nichtigkeit von § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG auf seine Entscheidung auswirken würde. Das vorlegende Gericht setzt sich jedoch im Vorlagebeschluss nicht ausreichend damit auseinander, ob Rechtsgrundlage für die Widerspruchsgebühr § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwKostG oder § 15 Abs. 3 Satz 2 VwKostG ist.
§ 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwKostG wären für das Ausgangsverfahren nur dann entscheidungserheblich, wenn sich der Kläger des Ausgangsverfahrens „allein“ gegen eine Kostenentscheidung in diesem Sinne gewandt hätte
(vgl. Friedersen, in: Busch/ Friedersen, Praxis der Kommunalverwaltung - E 4 b SH - VwKostG SH, Stand: September 2006, § 22 Erl. 3),
wenn der in dem Ausgangsverfahren angefochtene Leistungsbescheid also eine reine Kostenentscheidung im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 1 VwKostG wäre und auch insoweit ausschließlich diese Entscheidung durch den Kläger des Ausgangsverfahrens angefochten worden wäre.
Das vorlegende Gericht hätte sich zur hinreichenden Begründung der Entscheidungserheblichkeit damit auseinander setzen müssen, ob § 15 Abs. 4 VwKostG nur die Fälle betrifft, in denen sich der Widerspruch allein gegen die festgesetzten Kosten als solche richtet, zum Beispiel gegen die Höhe der Kosten, deren Berechnung oder die richtige Anwendung von Gebührennormen. Dabei hätte sich das vorlegende Gericht zudem damit beschäftigen müssen, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens sich in der Sache erkennbar nur gegen die Kosten oder auch gegen die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme gewendet hatte.
Insofern ist das vorlegende Gericht trotz bestehender Notwendigkeit nicht hinreichend auf die Besonderheiten des Ausgangsverfahrens eingegangen. Dieses betrifft einen Leistungsbescheid zu einer Ersatzvornahme. Zwar werden mit dem Leistungsbescheid Auslagen der Verwaltung sowie pauschalisierte Verwaltungsgebühren erhoben. Voraussetzung für die Erhebung dieser Kosten einer Ersatzvornahme ist jedoch auch die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Ersatzvornahme als Kostengrund
(vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 1984 - 4 C 31.81 -, NJW 1984, 2591 <2592>, Juris Rn. 12; OVG Schleswig, Urteil vom 27. April 2006 - 4 LB 23/04 -, NordÖR 2006, 204 <205>, Juris Rn. 88 m.w.N.; VG Schleswig, Urteil der vorlegenden Kammer vom 17. Februar 2015 - 3 A 78/14 -, Juris Rn. 18, vgl. auch Rn. 40, wo als Rechtsgrundlage für die Widerspruchsgebühr § 15 Abs. 3 VwKostG benannt wird).
Bei einem angefochtenen Leistungsbescheid zu einer Ersatzvornahme ist also zwingend inzident auch deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Es bleibt der betroffenen Person im Ergebnis keine andere Möglichkeit, als den Leistungsbescheid anzufechten, wenn sie die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme überprüft wissen möchte. In einem solchen Fall geht es nicht (nur) darum, die Kosten des Abschleppvorgangs nicht zu zahlen, sondern auch um die Feststellung, dass das Parkverhalten nicht rechtswidrig war, sei es aus Rehabilitationsinteresse, sei es aus Interesse an Rechtssicherheit für zukünftiges Verhalten.
Nicht anders verhält es sich im Ausgangsverfahren. In diesem geht es erkennbar zumindest auch um eine Anfechtung der Sachentscheidung über die Ersatzvornahme. Der Kläger hat sich sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren argumentativ allein gegen die Rechtmäßigkeit des eingeleiteten Abschleppvorgangs gewendet. Einwendungen gegen die im angefochtenen Leistungsbescheid festgesetzten Kosten als solche, also gegen deren Höhe oder deren Berechnung, hat der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht vorgebracht. Die „Klarstellung“, dass er sich auch gegen die Widerspruchsgebühr wende, ist erst nach Anfrage durch das vorlegende Gericht erfolgt.
Es ist fraglich, ob bei einem isolierten Widerspruch gegen die Kostenentscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 15 Abs. 4 VwKostG die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung zu überprüfen ist. In der vom vorlegenden Gericht zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1979 (- 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff., Juris Rn. 42) hebt das Bundesverfassungsgericht hervor, dass bei einer isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung nicht zu überprüfen ist. Es führt aus:
Die Widerspruchsbehörde hat lediglich zu prüfen, ob von der Ausgangsbehörde bei der Kostenentscheidung die Vorschriften des Gebührengesetzes oder der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung beachtet worden sind, etwa ob ein Billigkeitsfall vorliegt.
Soweit das vorlegende Gericht ausgeführt hat, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens zu Unrecht von § 15 Abs. 3 VwKostG als Rechtsgrundlage für die Widerspruchsgebühr ausgegangen sei, da aufgrund der Erledigung der Ersatzvornahme sich der Widerspruch nicht mehr gegen diese gerichtet habe, sondern allein gegen die Kostenentscheidung und somit diese isoliert im Sinne von § 22 Abs. 2 VwKostG angefochten sei, genügt dies nicht zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit.
Dies gilt umso mehr, als die Beklagte des Ausgangsverfahrens in dem Verfahren unter Auseinandersetzung mit der vom vorlegenden Gericht in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausführlich dargelegt hat, warum die Festsetzung der Widerspruchsgebühr aus § 15 Abs. 3 VwKostG folge, und insbesondere auch darauf hingewiesen hat, dass sich der Kläger des Ausgangsverfahren jedenfalls auch gegen die Sachentscheidung wehren will. Bereits dies hätte dem vorlegenden Gericht Anlass geben müssen, sich im Vorlagebeschluss mit dieser Frage dezidiert zu befassen. Da sich die Beklagte des Ausgangsverfahrens auf dieselbe Entscheidung bezogen hat wie das vorlegende Gericht, hätte dieses sich zudem mit der Argumentation der Beklagten anhand dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinander setzen müssen.
Mit keiner dieser Fragen befasst sich das vorlegende Gericht im Vorlagebeschluss hinreichend. Das wäre aber erforderlich gewesen, zumal diese in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft nicht geklärt sind. Von entsprechenden Darlegungen kann auch nicht deshalb abgesehen werden, weil nicht allein das vorlegende Gericht die Auffassung vertritt, dass die Anfechtung eines zur Festsetzung von Kosten einer Ersatzvornahme erlassenen Leistungsbescheides eine Anfechtung allein einer Kostenentscheidung darstellt
(so etwa auch: VG Schwerin, Urteil vom 14. September 2016 - 7 A 31/16 SN -, Juris Rn. 30).
Hinzu kommt, dass das vorlegende Gericht selbst in einer vorherigen Entscheidung noch § 15 Abs. 3 VwKostG und nicht etwa § 15 Abs. 4 VwKostG als Rechtsgrundlage für die Widerspruchsgebühr benennt
(VG Schleswig, Urteil der vorlegenden Kammer vom 17. Februar 2015 - 3 A 78/14 -, Juris Rn. 40).
Das vorlegende Gericht befasst sich damit, ob § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG in der von ihm vorausgesetzten Weise der vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm des nordrhein-westfälischen Rechts ähnelt. § 15 Abs. 4 GebG NW hatte den Gebührenmaßstab für einen Widerspruch gegen die Kostenentscheidung an die Kosten der Sachentscheidung geknüpft. Dagegen bezieht sich § 15 Abs. 4 Satz 2 VwKostG auf den angefochtenen Betrag. Das vorlegende Gericht führt zwar aus, dass auch der angefochtene Betrag erheblich sein kann, bezieht sich dabei jedoch auf ein Beispiel, in welchem es letztlich um die Sachentscheidung geht (Beseitigung einer Ölspur). Der angefochtene Betrag muss aber gerade nicht den gesamten Kosten der Sachentscheidung entsprechen, sondern kann deutlich niedriger sein, wenn zum Beispiel nur die Angemessenheit der erhobenen Kosten für die Beseitigung der Ölspur im Streit steht. Der angefochtene Betrag steht auch in einem anderen Verhältnis zu den Kosten des Widerspruchsverfahrens als die Kosten der Sachentscheidung. Dieser Unterschied könnte entscheidungserheblich sein, wird vom vorlegenden Gericht aber ebenfalls nicht erörtert.
C.
Das Verfahren ist kostenfrei (§ 33 Abs. 1 LVerfGG). Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 4 LVerfGG). Eine Entscheidung über die Vollstreckung entfällt (§ 34 LVerfGG).
Der Beschluss ist einstimmig ergangen.