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Landgericht Frankfurt am Main Urteil vom 19.01.2016 - 3-6 O 72/15 - Wettbewerbsverstoß durch Gewährung eines Taxipreisrabatts

LG Frankfurt am Main v. 19.01.2016: Wettbewerbsverstoß durch Gewährung eines Taxipreisrabatts bei der Taxi-Vermittlung im Internet - myTaxi


Das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 19.01.2016 - 3-6 O 72/15) hat entschieden:
Ein App-basierter Taxivermittler unterfällt als Normadressat der Preisbindung nach § 39 Abs. 3 S. 1 PBefG. - Die Gewährung von Preisnachlässen (hier: in Höhe von 50%) auf den (amtlich festgesetzten) Taxitarif im Rahmen einer allgemeinen Rabattaktion verstößt damit gegen §§ 39 Abs. 1 und Abs. 3, 51 Abs. 5 PBefG i.V.m § 4 Nr. 11 UWG, zumindest, sofern die Taxifahrt im Geltungsbereich des amtlich festgesetzten Tarifs durchgeführt wird.


Siehe auch Taxi - Taxifahrer - Taxiunternehmer und Stichwörter zum Thema Nahverkehr


Tatbestand:

Die Klägerin ist ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von Taxizentralen in mehreren Städten Deutschlands, u.a. in Frankfurt am Main. Nach ihrer Satzung ist ihr Unternehmensgegenstand die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitgliedsunternehmen. Zu diesem Zweck betreibt sie den bundesweiten mobilen Taxibestellruf sowie die Taxi-​Bestell-​App "Taxi Deutschland", mittels derer registrierte Benutzer über ein internetfähiges Smartphone ein Taxi an ihren Standort bestellen können. Streitig ist, ob die Vermittlungsleistungen der Klägerin deutschlandweit an jedem Ort verfügbar sind. Über die App der Klägerin wird der Benutzerstandort registriert und die Bestellung an die jeweilige angeschlossene Taxizentrale weitergeleitet, die dem Besteller sodann ein Taxi schickt. Die angeschlossenen Taxizentralen zahlen für die Nutzung der App monatliche Mitgliedsgebühren, soweit sie Mitglieder der Klägerin sind, anderenfalls eine einmalige Gebühr. Die Taxibetriebe selbst zahlen für die Fahrtenvermittlung eine feste monatliche Gebühr zwischen 120,-​- € und 250,-​- € je Taxi.

Die Beklagte betreibt die Vermittlung von Taxidienstleistungen, wobei sie die hierfür entwickelte App "…" dazu nutzt, eine direkte Verbindung zwischen dem Taxifahrer und dem Fahrgast herzustellen. Dabei lassen sich die Nutzer der App anzeigen, wo sich in ihrer Umgebung ein an "…" teilnehmendes Taxi befindet und können ein solches bestellen. Auf die Nutzeranfrage hin sucht das System der Beklagten das am nächsten befindliche Taxi und bietet die angefragte Tour an. Derjenige Taxifahrer, der die Fahrt als erster annimmt, erhält den Zuschlag. Der Beförderungsvertrag wird sodann zwischen Fahrgast und Taxifahrer geschlossen. Der Fahrgast bezahlt die Fahrt entweder per App gegenüber dem ihn befördernden Taxifahrer durch Belastung der bei seiner Registrierung in der App hinterlegten Kreditkartendaten oder über PayPal, wobei der Beförderungsbetrag nach Abzug der zwischen dem angebundenen Taxifahrer und der Beklagten vertraglich vereinbarten Vermittlungsprovision an den Taxifahrer ausgekehrt wird. Der Fahrgast kann aber auch das Beförderungsentgelt in bar gegenüber dem Taxifahrer entrichten. Für den Taxifahrer ist die Tourenvermittlung kostenpflichtig, er zahlt für jede an ihn vermittelte und angenommene Fahrt eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 7% an die Beklagte.

Alleiniger Gesellschafter der Beklagten ist die "… GmbH", die wiederum im alleinigen Eigentum der … Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH steht. Von der … AG bis zur Beklagten besteht eine ununterbrochene Kette von Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträgen (Anlage K 12).

Die Beklagte führte vom 1.12. bis 24.12.2014 in Hamburg und vom 04.05.2015 bis 17.05.2015 in mehreren deutschen Städten, u.a. Berlin, München, Frankfurt, Köln, Hannover, Leipzig, Dresden, Duisburg, Dortmund, Rabattaktionen durch, bei denen dem Fahrgast bei bargeldloser Zahlung die Hälfte des Fahrpreises von der Rechnung abgeschlagen wurde. Die Abwicklung der vermittelten Taxifahrten während der Bonusaktion erfolgte so, dass der Taxifahrer, der die Beförderungsleistung im Rahmen der Aktion erbrachte, seinen Zahlungsanspruch gegen den Fahrgast vorab an die Beklagte abtrat und im Gegenzug einen Betrag in Höhe des vollständigen tariflich festgeschriebenen Entgelts erhielt. Auf diesen Betrag wurde eine prozentuale Gebühr für die von der Beklagten erbrachte Vermittlungsleistung angerechnet. Im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Fahrgast wurden 50% von der Rechnung abgeschlagen.

Eine weitere derartige Rabattaktion führte die Beklagte in der Zeit vom 07.07.2015 bis 21.07.2015 in mehreren deutschen Städten, u.a. auch in Frankfurt am Main durch. Die Abrechnung erfolgte dergestalt, dass der Fahrgast von der Beklagten eine Quittung erhielt, die den die Fahrt ausführenden Taxibetrieb als Rechnungssteller auswies. Die Taxifahrt wurde mit Start- und Zieladresse aufgeführt und der volle Fahrtpreis als Bruttobetrag ausgewiesen. Hiervon wurde die Hälfte des Betrages mit der Bemerkung "Abrechnung Gutschein xxx" abgezogen, so dass als fälliger Gesamtbetrag die Hälfte des Fahrtpreises ausgewiesen wurde. Dieser Betrag wurde vom Fahrgast eingezogen. Für den Zeitraum vom 12.11. bis 26.11.2015 startete die Beklagte eine erneute Rabattaktion, bei der nicht nur Fahrten rabattiert werden, die über die App "…" bestellt werden, sondern auch Fahrten von Taxihalteplätzen aus oder Fahrten mit "spontan rangewunkenen" Taxis (Anlage K 11). Daneben bewirbt die Beklagte ihren Vermittlungsdienst mit "Gutscheinen" in Höhe von 10,-​- € bis 50,-​- €, die auf den Nominalwert der Taxifahrt angerechnet werden können, wodurch der zu zahlende Betrag auf ggf. 0 € gesenkt werden kann.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.07.2015 erfolglos ab.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Rabattaktionen der Beklagten verstießen gegen die staatliche Preisfestsetzung im Taxitarif, § 51 PBefG in Verbindung mit dem Taxitarif. Bei diesen Vorschriften handele es sich um Marktverhaltensregelungen. Die Beklagte sei Normadressatin der Bestimmungen des PBefG aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen und organisatorischen Verflechtung mit den von ihr vermittelten Taxiunternehmen. Bei der Gewährung eines Preisnachlasses handele es sich um eine rechtswidrige Ermäßigung des Beförderungsentgelts im Sinne von § 39 Abs. 3 S. 2 PBefG, die nicht jedermann zu Gute komme. Des Weiteren sei das Rabattmodell ein Umgehungsgeschäft im Sinne von § 6 PBefG, da der von der Beklagten verfolgte Zweck, den Fahrpreis für die Taxifahrt zu halbieren, vom Gesetzgeber ausweislich der vorgeschriebenen Tarife nicht gewünscht sei. Schließlich stellten die Rabattaktionen einen Behinderungswettbewerb im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar. Seitens der Beklagten liege eine Unterschreitung der Selbstkosten vor, mindestens die Hälfte der von ihr vermittelten Taxifahrten würden über das Rabattmodell mit 50 % des Fahrtpreises bezuschusst. Die Beklagte werde durch millionenschwere Zuwendungen kapitalkräftiger Konzerne finanziert. Sie bekomme die ihr entstehenden Verluste - seit Unternehmensbeginn im Jahr 2010 bis zum 31.12.2013 mehr als 12 Millionen € - aus den zahlreichen Rabattaktionen daher unmittelbar vom Mutterkonzern ersetzt. Hinsichtlich der Marktstellung sei auf den relevanten Markt der App-​Bestellungen für Taxis abzustellen, nach eigener Darstellung hat die Beklagte die Stellung als weltgrößte Taxi-​App (Anlage K 15). Eine nach kaufmännischen Grundsätzen vertretbare Kalkulation sei angesichts der aufgrund der Rabattierung entstandenen Verluste im Millionenbereich nicht anzunehmen, die Verdrängungsabsicht sei daher offenkundig. Sie ergebe sich zudem aus Umfang und Dauer der Rabattaktionen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-​- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung - im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
im Geltungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes im Verkehr mit Taxis Fahrgästen, die eine Taxifahrt über die Taxi-​Bestell-​App "…" bestellt haben und/oder den Fahrpreis über die Taxi-​Bestell-​App "…" zahlen, einen Preisnachlass auf den Fahrpreis, der dem amtlich festgesetzten Taxitarif entspricht, in Form einer Gutschrift bzw. eines Gutscheins zu gewähren, wenn die Taxifahrt innerhalb des Geltungsbereichs der amtlich festgesetzten Tarife durchgeführt wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die Antragsbefugnis der Beklagten bzw. die sonstige Zulässigkeit der Klage, da vom Landgericht Hamburg bereits rechtskräftig über die Zulässigkeit der Bonusaktion entschieden wurde. Es sei unter den Gesichtspunkten des Einwands der doppelten Rechtshängigkeit sowie des Rechtsmissbrauchs gemäß § 8 Abs. 4 UWG nicht zulässig, dass die Klägerin - mit Wirkung für das gesamte Bundesgebiet - an verschiedenen deutschen Gerichten klagt, hier bestehe die Gefahr sich widersprechender Urteile.

Die Beklagte ist der Auffassung, die streitgegenständliche Bonusaktion sei mit einem Taxigutschein vergleichbar, den alle größeren deutschen Taxizentralen ausgäben (Anlage B 2). Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit dem PBefG komme nicht in Betracht, da sie als reine Vermittlerin von Beförderungsleistungen nicht den Vorschriften des PBefG unterliege. Sie sei keine Unternehmerin im Sinne von §§ 2, 3 Abs. 2 PBefG, eine mittelbare Anwendbarkeit der Vorschriften des PBefG komme nicht in Betracht. Insbesondere könne dies nicht mit der Abtretung der Entgeltforderung an die Beklagte begründet werden, da diese als zivilrechtliche Individualvereinbarung nicht den Anwendungsbereich des PBefG betreffe, zudem sei sie bei bargeldloser Zahlung üblich und erforderlich.

Eine mittelbare Anwendung der Normen des PBefG würde zudem nach Auffassung der Beklagten gegen das Analogieverbot verstoßen und wäre nicht verfassungskonform; auf den Vortrag im Schriftsatz vom 21.12.2015 (Bl. 7 ff.) wird Bezug genommen.

Selbst die Anwendbarkeit der Regelungen des PBefG unterstellt, würden die behördlich festgesetzten Beförderungsentgelte nicht unterschritten durch die Bonusaktion, da die Beklagte das volle tarifliche Beförderungsentgelt an die Taxiunternehmer zahle. Auch ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot scheide aus, da die Pflicht des Taxiunternehmers, den vollen Taxitarif zu berechnen, nicht verletzt werde. Ihre Rechtsauffassung werde von der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation ausweislich deren Stellungnahme vom 20.05.2015 (Anlage B 5) und vom 29.07.2015 (Anlage B 3) geteilt.

Schließlich liege auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG vor, da die Preisgestaltung durch den Unternehmer grundsätzlich frei vorgenommen werden dürfe, auch zeitweilig unter der Grenze der Kostendeckung. Die nur dreimalig vorgenommene und vorübergehende Rabattaktion sei nicht objektiv zur Verdrängung eines Mitbewerbers geeignet. Es fehle auch an der erforderlichen Marktmacht der Beklagten, vielmehr seien die Mitglieder der Klägerin selbst marktbeherrschende Unternehmen. Vorsorglich wendet sie ein, dass es jedenfalls an einer Verdrängungsabsicht fehle, was schon an der kurzen Dauer der Aktionen von weniger als 42 Tagen im Jahr 2015 zu erkennen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit ist nicht begründet, da - soweit die Beklagte auf den Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg verweist - dieser nicht die gleichen Parteien betrifft, mithin das Urteil für die hiesige Klägerin keine Bindungswirkung entfaltet.

Auch der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemäß § 8 Abs. 4 UWG greift nicht ein. Die Beklagte stützt diesen Einwand darauf, dass die Klägerin mit der vorliegenden Klage ausschließlich versuche, an einem anderen Gericht ein den bislang ergangenen Urteilen widersprechendes Urteil zu erlangen. Dagegen sei die Geltendmachung eigener Rechte als Mitbewerberin nur vordergründig erfolgt, bei ihr handele es sich um keine Mitbewerberin, da sie nach ihren Statuten Dienstleistungen den ihr angeschlossenen Taxizentralen erbringe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich jedoch bei der Klägerin um eine Mitbewerberin. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Dabei sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH‚ GRUR 2006, 1042 Tz. 16 - Kontaktanzeigen). Anzuknüpfen ist an die konkrete geschäftliche Handlung, die im vorliegenden Fall in der Vermittlung von Taxibeförderungsleistungen besteht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann anzunehmen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen, d. h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH GRUR 2007, 978 Tz. 16 - Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer). Da beide Parteien Taxibeförderungsdienstleistungen mittels einer App erbringen, sind ihre Dienstleistungen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise - der Fahrgäste - als austauschbar anzusehen, das Wettbewerbsverhalten der Beklagten kann mithin die Klägerin im Absatz beeinträchtigen.

Als Mitbewerber hat die Klägerin ein eigenes Interesse an der Unterbindung wettbewerbswidrigen Verhaltens von Mitbewerbern, daher kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht gesehen werden.

Der Klägerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf ihren Antrag, der auf ein bundesweites Verbot gerichtet ist. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 21.12.2015 erstmals bestreitet, dass die Vermittlungsleistungen der Klägerin tatsächlich deutschlandweit an jedem Ort verfügbar seien, ist dieses Vorbringen gemäß § 296 Abs. 1 ZPO verspätet. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin in der Klageschrift, wonach sie mit ihrem Angebot einer Taxi-​App in vielen deutschen Städten und dem Taxiruf bundesweit tätig sei, nicht innerhalb der gesetzten Klageerwiderungsfrist bestritten. Die Zulassung des Bestreitens würde den Rechtsstreit auch verzögern, da ansonsten der für den Klägervortrag benannte Zeuge gehört werden müsste. Schließlich hat die Beklagte die Verspätung auch nicht entschuldigt.

Die Klage ist auch begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 39 Abs. 1, 3, 51 Abs. 5 PBefG.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, da die Parteien Mitbewerber sind. Auf die oben gemachten Ausführungen wird Bezug genommen.

Die streitgegenständliche Gewährung eines Preisnachlasses auf den Taxifahrpreis ist nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 39 Abs. 1, 3, 51 Abs. 5 PBefG unlauter.

Die Vorschrift des § 39 PBefG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Bei dieser Norm handelt es sich um eine Vorschrift, die den Preiswettbewerb zwischen den Taxidienstleistern regelt. Zweck des Verbots ist es, dass von den im Tarif ausgeglichenen Interessen aller Beteiligten an der Höhe des Entgelts nicht abgewichen werden soll (Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 39 Rn. 9). Damit ist eine Marktverhaltensregelung sowohl zum Schutz der Verbraucher als auch sonstiger Marktteilnehmer gegeben.

Mit der Gewährung von Preisnachlässen auf den Taxifahrpreis hat die Beklagte gegen §§ 39 Abs. 1, 3, 51 Abs. 5 PBefG verstoßen.

Die Beklagte ist Normadressat der genannten Regelungen. Nach § 39 Abs. 3 PBefG dürfen die nach Absatz 1 festgestellten Beförderungsentgelte - hier die durch Taxentarif gemäß § 51 PBefG festgesetzten Preise - nicht über- oder unterschritten werden.

Zwar ist die Beklagte keine Unternehmerin im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 PBefG, da sie keine eigene Beförderungsleistung durchführt, sondern Beförderungsleistungen der angeschlossenen Taxiunternehmen vermittelt. Eine eigene Beförderungsleistung im Sinne des PBefG läge nur dann vor, wenn die Beklagte den Verkehr im eigenen Namen, auf eigene Verantwortung und eigene Rechnung betreiben würde (§ 3 Abs. 2 PBefG). Diese Voraussetzungen liegen zumindest kumulativ hier nicht vor.

Dennoch unterfällt die Beklagte der Preisbindung nach § 39 Abs. 3 S. 1 PBefG. Die Beklagte ist unmittelbarer Normadressat der Regelung des § 39 PBefG. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm, als auch deren systematischen Zusammenhang innerhalb des PBefG und nicht zuletzt aus dem Telos der Vorschrift. Ziel der tariflichen Preisbindung ist es, einen ruinösen Preiswettbewerb im Taxengewerbe zu verhindern und so das für die allgemeine Daseinsvorsorge wichtige Funktionieren des örtlichen Taxenverkehrs zu sichern. Würde man die Regelung so eng auslegen, dass nur die Taxiunternehmen im Sinne von § 3 Abs. 2 PBefG der Preisbindung unterliegen, könnte dieser Zweck faktisch nicht erreicht werden. Der Preiswettbewerb würde auf diese Weise nur auf die Ebene der Taxivermittler verlagert werden. Dies hätte aber wie ein Preiswettbewerb auf Taxiunternehmerebene genau die Folgen, die das Gesetz ausweislich der amtlichen Begründung gerade verhindern will. Ein Preiswettbewerb der Vermittler würde sich zumindest über die Anhebung von Provisionen bzw. Mitgliedsbeiträgen unmittelbar auf die angeschlossenen Taxiunternehmen auswirken. Dies folgt schon allein deswegen, weil es nur die Taxiunternehmer sind, die die Vermittler finanzieren, die Vermittlungsleistung an sich ist für den Endkunden kostenfrei. Die Unternehmer müssten daher den Preiswettbewerb finanzieren, könnten aber gleichzeitig ihre erhöhten Kosten aufgrund der Regelung des § 39 Abs. 3 PBefG nicht an den Endkunden weitergeben. Ein ruinöser Verdrängungswettbewerb wäre die Folge, diesen will die Regelung aber ausdrücklich verhindern. Ihr Regelungszweck würde demnach bei einer engen Auslegung vollkommen leerlaufen. Eine enge Auslegung würde außerdem der wirtschaftlichen Realität des Taxigewerbes, die gerade auf einem engen Zusammenspiel von ausführenden Taxiunternehmern und vorgeschalteten Vermittlern beruht, nicht gerecht werden, da die einzelnen Taxiunternehmen auf die Vermittlung größerer Zentralen angewiesen sind.

Auch der Wortlaut des § 39 Abs. 3 PBefG lässt eine solche Auslegung der Norm zu. Im Gegensatz zu anderen Normen des PBefG - wie beispielsweise §§ 6, 21 Abs. 1, 22, 23 PBefG - die ausdrücklich schon nach ihrem Wortlaut nur Unternehmer im Sinne von § 3 Abs. 2 PBefG verpflichten bzw. ansprechen, ist § 39 Abs. 3 S. 1 PBefG offen formuliert. Er enthält keine ausdrückliche Beschränkung auf Unternehmer, sondern vielmehr eine allgemeine Verpflichtung, dass die behördlich vorgeschrieben Tarife nicht über-​/unterschritten werden dürfen. Daraus folgt auch, dass die hier zugrunde gelegte Auslegung des § 39 Abs. 3 S.1 PBefG entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder das Analogieverbot darstellt. Vielmehr hält sich dieses Vorgehen gerade innerhalb der vom Gesetzgeber gesteckten Grenzen, wie sowohl die Betrachtung des Wortlauts, als auch die Systematik des PBefG und der Sinn und Zweck der Norm zeigen.

Hinzu kommt, dass die Situation im vorliegenden Fall weitere Besonderheiten aufweist. Die Beklagte wird im Rahmen der Rabattaktion sehr viel intensiver in die konkrete Abwicklung des einzelnen Beförderungsverhältnisses eingebunden, als dies bei der "klassischen" Vermittlertätigkeit der Fall wäre. Die Aufgabe des klassischen Vermittlers endet normalerweise in dem Moment, in dem der Fahrgast das konkrete Taxi besteigt. Dies ist vorliegend anders gelagert. Die Beklagte hat zumindest im Hinblick auf die Fahrten, für die eine Rabattierung angeboten wird, einen sehr viel weitgehenderen Aufgabenbereich, der weit in die eigentlich dem konkreten Taxiunternehmer obliegenden Aufgaben hineinreicht. So wird die Entgeltforderung des Taxiunternehmers schon im Vorhinein an die Beklagte abgetreten. Der Taxiunternehmer erhält seine Bezahlung nicht unmittelbar vom Fahrgast, sondern von der Beklagten. Die konkrete Abrechnung der Fahrt vollzieht sich nicht wie üblich im Verhältnis Taxiunternehmer - Fahrgast, sondern im Verhältnis Fahrgast - Fahrtvermittlerin. Es bestehen somit im Verhältnis der beteiligten Parteien und vor allem im Verhältnis zwischen der Beklagten und den jeweiligen Taxiunternehmern weitreichende vertragliche Verflechtungen. Der Beklagten kommt eine sehr viel zentralere Rolle zu, als einer reinen Vermittlerin. Sie ist zumindest aus Sicht des Fahrgasts die Zentralgestalt des Geschehens.

Durch die 50%-​Bonusaktion der Beklagten, bei der der Fahrgast einen um die Hälfte reduzierten Beförderungspreis bezahlt, wird der Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG verwirklicht. Die Beklagte als Normadressatin unterschreitet mit ihrer Aktion die nach dem Taxentarif festgesetzten Beförderungsentgelte entgegen dem Verbot nach § 39 Abs. 3 PBefG. Der vom Fahrgast verlangte Preis für die Taxifahrt entspricht nicht dem festgesetzten Beförderungsentgelt, sondern ist um die Hälfte reduziert.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich nicht darauf berufen, dass der Taxifahrer das volle tarifliche Beförderungsentgelt erhalte. Nach der amtlichen Begründung (BT-​Drucks 3/255, 30) ist der Festpreischarakter der Beförderungsentgelte bei den betroffenen Verkehrsarten bzw. Verkehrsformen im Interesse der Gesamtwirtschaft und der Ordnung im Verkehr sowie zur Koordinierung der Beförderungsentgelte der einzelnen Verkehrsträger untereinander und im Verhältnis zum Schienenverkehr unerlässlich. Der Festtarif soll unbilligen und ruinösen Wettbewerb unter den Unternehmen verhindern (Bidinger, PBefG, § 39 Rn. 131). Diesem Zweck läuft das Geschäftsmodell der Beklagten jedoch zuwider. Der Endkunde zahlt hier für seine Fahrt nur den halben Betrag und nicht die volle Summe. Dabei unterscheidet der Endkunde, auch wenn er in den AGB der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen wird, nicht danach, dass der Taxiunternehmer den vollen Betrag erhält und er selbst dann an die Vermittlerin nur einen verminderten Betrag bezahlt. Vielmehr stellt sich aus Sicht des Kunden die Fahrt und Bezahlung als einheitlicher Vorgang dar, der um 50 % billiger ist als bei solchen Taxiunternehmen, die nicht mit der Beklagten zusammenarbeiten.

Unstreitig fehlt es vorliegend auch an einer entsprechend nötigen Sondervereinbarung der Beklagten im Sinne von § 51 Abs. 2 PBefG, die eine Abweichung von den festgeschriebenen Beförderungsentgelten ausnahmsweise erlauben würde.

Auch die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Hamburger Aufsichtsbehörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation führt nicht zu einer anderen Bewertung. Eine Bindungswirkung der Stellungnahme für das erkennende Gericht ist nicht gegeben. In der Stellungnahme übersieht die Behörde außerdem, dass bei der Bejahung der Vereinbarkeit der Rabattaktion mit §§ 51 Abs. 5, 39 Abs. 3 S.1 PBefG die dahinterstehenden Gesetzesziele - wie oben dargestellt - unterlaufen werden würden, sodass eine solche Interpretation der Normen nicht mit dem Gesetz vereinbar wäre.

Die Rabattaktion der Beklagten ist im Übrigen auch nicht mit dem Fall eines Gutscheins für eine Taxifahrt zu vergleichen, da in diesem Fall der volle Preis für die Beförderung entrichtet wird - die Bezahlung erfolgt hier durch einen Gutschein und nicht in bar oder mittels Kreditkarte - und damit keine Rabattierung verbunden ist.

Aufgrund des dargelegten Wettbewerbsverstoßes streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Diese Wiederholungsgefahr bezieht sich auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, da die Beklagte ihre Bonusaktionen jeweils bundesweit in vielen Städten Deutschlands durchführte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 1 ZPO. Dem Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO war nicht zu entsprechen. Das besondere Schutzbedürfnis der Beklagten kann nicht bejaht werden, da ihr kein unersetzbarer Nachteil entsteht durch die Vollstreckung des Urteils. Allein die Tatsache, dass ihr wegen des Unterlassungstitels ein materieller Schaden entsteht, reicht hierfür nicht aus. Die Beklagte ist durch das Urteil nicht gehindert, ihre Vermittlungsdienste weiter zu erbringen, vielmehr ist ihr lediglich untersagt, widerrechtliche Preisnachlässe zu gewähren.