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BGH Urteil vom 10.12.2002 - VI ZR 378/01- Beweisaufnahme im Zivilprozess und Beweisverbot
BGH v. 10.12.2002: Beweisaufnahme im Zivilprozess und Beweisverbot
Der BGH (Urteil vom 10.12.2002 - VI ZR 378/01) hat entschieden:
- Ein Beweisverbot wegen eines unterlassenen Hinweises nach §§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO kommt nur in Betracht, wenn das Gericht im Freibeweisverfahren die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen des Beweisverbots vorliegen.
- Ist die Partei des Zivilprozesses in einem vorangegangenen Strafverfahren entgegen §§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht belehrt worden, so folgt im nachfolgenden Zivilprozess nicht alleine daraus ein Beweisverbot bezüglich der Vernehmung der Verhörsperson als Zeuge und der urkundlichen Verwertung der polizeilichen Niederschrift über diese Vernehmung. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall zu entscheiden. Jedenfalls wenn das Strafverfahren bereits rechtskräftig zu einem Freispruch geführt hat, ist ein Schutzbedürfnis der Partei grundsätzlich nicht mehr gegeben.
Siehe auch Verwertungsverbote und <Dashcam - On-Board-Kamera
Tatbestand:
Der Kläger begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau und seines Sohnes Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall.
Am 12. September 1997 befuhr er zusammen mit seiner Ehefrau und seinem damals dreijährigen Sohn mit einem Unimog die abschüssige Ortsdurchfahrt der Ortschaft S. mit ca. 40 km/h. Als er vor einer scharfen Linkskurve die Geschwindigkeit reduzieren wollte, versagte die Fußbremse. Der Unimog kippte um und prallte gegen eine Hausmauer. Der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn erlitten erhebliche Verletzungen.
Den Unimog hatte ein Bruder des Klägers im April 1997 vom Beklagten gekauft. Ursache des Bremsversagens war ein Loch auf der Oberseite des Bremsschlauches, der die Bremszuleitung zum rechten Vorderrad bildet. Das Loch war entstanden, weil der nachträglich eingebaute Bremsschlauch um etwa einen Zentimeter zu lang und deshalb durchgescheuert war. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Schlauch eingebaut. Dies ergebe sich unter anderem aus dem Vermerk über seine erste polizeiliche Anhörung und der Aussage des damals anhörenden Polizeibeamten.
In einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess, in dem der Kläger unter anderem ein Teilschmerzensgeld aus dem Unfall eingeklagt hatte, hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und dabei ausgeführt, die Aussage und der Vermerk des Polizeibeamten über die Erstvernehmung des Beklagten könne nicht verwertet werden, weil nicht auszuschließen sei, dass der Beklagte nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Mit der jetzigen Klage begehrt der Kläger weiteren Schadensersatz und weiteres Schmerzensgeld für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte den zu langen Bremsschlauch eingebaut und den Unfall dadurch verschuldet habe. Es könne aus den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Aussagen der im Vorprozess vernommenen Zeugen eine solche Überzeugung nicht gewinnen. Die Zeugenaussage des Polizeibeamten und dessen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nach dem Unfall gefertigter Vermerk könnten nicht zu Lasten des Beklagten verwertet werden. Nach dem Stand des Ermittlungsverfahrens sei dieser als Beschuldigter in Frage gekommen und deshalb nach §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO als Beschuldigter zu belehren gewesen. Das Berufungsgericht sehe sich nicht in der Lage davon auszugehen, dass der Zeuge den Beklagten belehrt habe. Es spreche einiges dafür, dass die von dem Polizeibeamten wiedergegebenen Angaben des Beklagten unter Verstoß gegen die einschlägigen Vernehmungsvorschriften zustandegekommen seien. Da die Angaben des Beklagten im Ermittlungsverfahren rechtswidrig erlangt worden sein könnten, sei weder eine Verwertung des Aktenvermerks im Wege des Urkundenbeweises noch der Zeugenaussage des Vernehmungsbeamten zulässig. Der Beklagte habe sein diesbezügliches Rügerecht auch nicht nach § 295 ZPO verloren.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, der Rechtsstreit sei verfahrensfehlerhaft auf den Einzelrichter übertragen worden. Der Übertragungsbeschluss ist nämlich auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2000 ergangen, in der die Zivilkammer ordnungsgemäß besetzt war, wohingegen es sich beim Termin am 23. November 2000, auf den die Revision abstellt, lediglich um einen Verkündungstermin gehandelt hat.
2. Zu Recht rügt die Revision aber, dass das Berufungsgericht die Niederschrift des Polizeibeamten im Ermittlungsverfahren über die Anhörung des Beklagten vom 30. September 1997 und seine Zeugenaussage zu den Angaben des Beklagten für unverwertbar gehalten hat.
a) Offen bleiben kann, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts dessen Rechtsansicht tragen, der Poizeibeamte sei verpflichtet gewesen, den Beklagten als Beschuldigten zu belehren, ehe er ihn befragte (vgl. zu den Voraussetzungen einer Belehrungspflicht BGHSt 34, 138, 140; BGHSt 37, 48, 51 f.; BGHSt 38, 214, 227 f. und BGH, Beschluss vom 28. Februar 1997 -StB 14/96 -NJW 1997, 1591).
b) Denn auch bei einer entgegen den Erfordernissen der Strafprozessordnung unterbliebenen Belehrung ist vorliegend ein Beweisverbot nicht anzunehmen. Zum einen trifft die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, schon die bloße Möglichkeit, das Beweismittel sei rechtswidrig entstanden, hindere das Gericht daran, zur Überzeugungsbildung auf dieses zurückzugreifen (dazu aa). Zum anderen wären der Aktenvermerk im Wege des Urkundenbeweises und die Aussage des Polizeibeamten schon deswegen verwertbar, weil unter den Umständen des Streitfalls ein Beweisverbot nicht besteht (dazu bb).
aa) Ein Beweisverbot wegen eines unterlassenen Hinweises nach §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO kommt nur in Betracht, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen hat, dass eine erforderliche Belehrung nicht erfolgt ist; bloße Anhaltspunkte für eine fehlende Belehrung und die sich daraus ergebende Möglichkeit, dass die Angaben im Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Belehrung gewonnen wurden, reichen dafür nicht aus. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung im Strafverfahren. Für den Zivilprozess kann insoweit nichts anderes gelten.
Der Bundesgerichtshof hat noch nicht entschieden, welche Anforderungen an die Annahme eines Verwertungsverbots zu stellen sind, wenn Angaben einer Partei des jetzigen Zivilprozesses im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren möglicherweise unter Verstoß gegen eine Hinweispflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erlangt wurden. Die bisherigen Entscheidungen (Senatsurteil vom 12. Februar 1985 - VI ZR 202/83 - VersR 1985, 573; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 - III ZR 93/82 -VersR 1984, 458, 459) zu einem Verwertungsverbot wegen einer unterbliebenen Belehrung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren betreffen Fälle, in denen feststand, dass dort eine erforderliche Belehrung von Personen unterblieben ist, die als Zeugen im späteren Zivilprozess aussagen sollten. Danach können polizeiliche Vernehmungsprotokolle und diesen vergleichbare, zusammenfassende Niederschriften der polizeilichen Verhörspersonen zwar grundsätzlich im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilrechtsstreit eingeführt werden. Wenn bei der früheren Vernehmung die Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht als Angehöriger unterblieben ist, ist dessen zivilprozessuale Vernehmung jedoch grundsätzlich nicht verwertbar. Desgleichen ist eine Vernehmung als Zeuge oder die Verwertung der Niederschrift über eine frühere Aussage eines Zeugen als Beschuldigter oder als Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht zulässig, wenn die erforderliche Belehrung des Zeugen oder der Hinweis auf die Aussagefreiheit als Beschuldigter unterblieben ist.
Im Strafverfahren muss der Tatrichter nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Freibeweisverfahren klären, ob ein Hinweis nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gegeben wurde, sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Hinweis unterblieben ist. Bleibt offen, ob eine gesetzlich vorgesehene Belehrung erfolgt ist, kann der Inhalt der Vernehmung verwertet werden (vgl. BGHSt 38, 214, 224; BGH, Urteil vom 20. Juni 1997 -2 StR 130/97 -NStZ 1997, 609).
Im Zivilprozess können hinsichtlich der Äußerung einer Partei keine strengeren Anforderungen gelten. Dies folgt aus der Überlegung, dass der Schutzzweck der verletzten Belehrungsvorschrift im Zivilprozess nicht weiter reichen kann als im Strafprozess. Darf das Beweismittel im Strafprozess verwertet werden, weil sich der Verstoß gegen die Belehrungsvorschrift nicht feststellen lässt, so besteht kein Grund, es im Zivilprozess unberücksichtigt zu lassen. Die Parteien des Zivilprozesses haben einen Anspruch darauf, dass ihr Vorbringen zur Kenntnis genommen wird und die von ihnen angetretenen Beweise erhoben werden. Die Annahme eines Verwertungsverbots ist daher nur gerechtfertigt, wenn die diesem zugrunde liegenden Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt sind. Hinsichtlich des dabei zu beachtenden Verfahrens ist das Zivilgericht an das sonst vorgeschriebene Beweisverfahren nicht gebunden, sondern kann vielmehr im Wege des sogenannten Freibeweises verfahren; insoweit gilt nichts anderes als für die Prüfung der Prozessvoraussetzungen. Die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung werden durch das Freibeweisverfahren indes nicht gesenkt (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 24. April 2001 - VI ZR 258/00 - VersR 2001, 1262, 1263; BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 1987 - VII ZB 10/86 - NJW 1987, 2875, 2876; vom 16. Mai 1991 - IX ZB 81/90 - NJW 1992, 627, 628; vom 26. Juni 1997 - V ZB 10/97 - NJW 1997, 3319). Das Berufungsurteil kann mithin schon aus diesem Grund nicht bestehen bleiben.
bb) Selbst wenn der Beklagte unter Verstoß gegen §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO tatsächlich nicht belehrt worden sein sollte, wäre die Verwertung der polizeilichen Niederschrift über seine Vernehmung im Wege des Urkundenbeweises und die Vernehmung des Polizeibeamten als Zeuge zulässig, weil bei der vorliegenden Fallgestaltung kein Beweisverbot besteht.
(1) Die Frage der Verwertung unzulässig erlangter Beweismittel ist in der Zivilprozessordnung nicht ausdrücklich geregelt. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die insbesondere zu mit Eingriffen in das verfassungsrechtlich gewährleistete Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verbundenen Lauschangriffen oder heimlichen Tonbandaufnahmen ergangen ist, ergibt sich jedoch, dass rechtswidrig geschaffene oder erlangte Beweismittel im Zivilprozess nicht schlechthin unverwertbar sind. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr in derartigen Fällen aufgrund einer Interessen-und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden (vgl. BVerfG, NJW 2002, 3619, 3624; Senatsurteile vom 3. Juni 1997 - VI ZR 133/96 - VersR 1997, 1422 und vom 24. November 1981 - VI ZR 164/79 -VersR 1982, 191, 192; BGH, Urteile vom 27. Januar 1994 -I ZR 326/91 -NJW 1994, 2289, 2292 und vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 310/89 -NJW 1991, 1180).
(2) Die demnach erforderliche Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, weil die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte feststehen. Bei den abzuwägenden widerstreitenden Interessen ist das Schutzinteresse des Beklagten an der Nichtberücksichtigung seiner früheren Angaben im Zivilrechtsstreit gegenüber dem Interesse des Klägers an seiner Rechtsverwirklichung durch eine umfassende Beweisaufnahme abzuwägen. Dabei ist generell von Bedeutung, dass jedes Beweisverbot die im Rahmen der Zivilprozessordnung grundsätzlich eröffneten Möglichkeiten der Wahrheitserforschung und damit die Durchsetzung der Gerechtigkeit und die Gewährleistung einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege beeinträchtigt und somit auch durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechte der auf Durchsetzung ihres Anspruchs klagenden Partei berührt. Andererseits genießt auch die Wahrheitsfindung im Zivilprozess keinen absoluten Vorrang, sondern findet möglicherweise ihre Grenze in der Zumutbarkeit weiteren Vorbringens, insbesondere auch dort, wo die Partei gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihrbegangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfGE 56, 37, 44 und zum Meinungsstand MünchKommZPO/Peters, 2. Aufl., § 138 Rdn. 15; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 138 Rdn. 3).
Die strafprozessuale Belehrung des Beschuldigten ist nicht darauf gerichtet, ihn vor einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme zu schützen. Sie soll vielmehr den Beschuldigten davor schützen, aktiv zu seiner strafrechtlichen Verfolgung beitragen zu müssen, und damit den Grundsatz verwirklichen, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, also ein Schweigerecht hat, welches zu den anerkannten Prinzipien des Strafprozesses gehört und Bestandteil eines fairen Verfahrens ist (vgl. BGHSt 38, 214, 220 f.; BVerfGE 56, 37, 43). Schon aus diesem Schutzzweck wird ersichtlich, dass die für den Strafprozess maßgebenden Grundsätze jedenfalls nicht ohne weiteres auch im Zivilprozess gelten, in dem es nicht um den staatlichen Strafanspruch, sondern um den ganz anders gelagerten zivilrechtlichen Konflikt von Interessen gleichgeordneter Bürger geht (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1981 -VI ZR 164/79 -VersR 1982, 191, 193; BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 -III ZR 93/82 -VersR 1984, 458, 459; OLG Celle VersR 1977, 361). Das oben dargelegte Schutzbedürfnis der Partei des Zivilprozesses, die als Beschuldigter vernommen worden ist, nicht aktiv zu ihrer strafrechtlichen Verfolgung beitragen zu müssen, ist vielmehr schon dadurch gewährleistet, dass hinsichtlich ihrer früheren Angaben ein strafrechtliches Verwertungsverbot besteht. Jedenfalls wenn - wie hier - das Strafverfahren bereits rechtskräftig zu einem Freispruch geführt hat, ist ein solches Schutzbedürfnis grundsätzlich nicht mehr gegeben.
(3) Die Rechtsstellung einer Partei des Zivilprozesses unterscheidet sich auch wesentlich von derjenigen des Zeugen, der ein Recht zur Zeugnisverweigerung hat. Dieses Recht des Zeugen dient dazu, ihn vor einem Konflikt zu schützen, der durch seine Wahrheitspflicht einerseits und seine sozialen undfamiliären Pflichten andererseits entstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 1994 -1 StR 83/94 -NJW 1994, 2904). Daraus hat der erkennende Senat abgeleitet, dass im Zivilrechtsstreit eine Niederschrift über die Aussage eines im Ermittlungsverfahren rechtswidrig nicht Belehrten ebenso unverwertbar ist wie die Aussage der Verhörsperson, wenn der Betroffene nunmehr von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht (Senatsurteil vom 12. Februar 1985 - VI ZR 202/83 - VersR 1985, 573). Einen gleichgelagerten Schutz genießt der vormalige Beschuldigte als Partei im Zivilrechtsstreit nicht. Dort besteht vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit, Beweis durch Parteivernehmung zu erheben und im Falle der Weigerung einer Partei, sich als solche vernehmen zu lassen oder einen Eid zu leisten, dies unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage frei zu würdigen (vgl. §§ 445 ff. ZPO), wohingegen das Schweigen des Beschuldigten im Strafverfahren nicht zu seinem Nachteil verwertet werden darf.
(4) Vorliegend geht es lediglich um die Frage, ob die Äußerung einer Partei beim rechtswidrigen Unterlassen eines Hinweises nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nur einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegt oder auch in einem Zivilprozess unverwertbar ist. Dies betrifft nicht das Recht am gesprochenen Wort, sondern ist nach anderen Gesichtspunkten, insbesondere dem Schutzzweck der nicht beachteten Vorschrift und dem Interesse der Gegenpartei, zu beurteilen. Dem Schutzzweck wird jedoch dadurch genügt, dass die Äußerung im Ermittlungsverfahren gegebenenfalls einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegt.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen ergeben sich bei Abwägung der beiderseitigen Interessen keine durchgreifenden Gründe für die Annahme eines Beweisverbots. Es ist deshalb gerechtfertigt, dem Interesse des Klägers an einer umfassenden Beweisaufnahme und damit dem wesentlichen Grundsatz des Zivilprozesses, die Wahrheit zu erforschen und ein richtiges Urteil zu sprechen, den Vorrang vor dem Interesse des Beklagten an einer Nichtverwertbarkeit seiner früheren Äußerungen einzuräumen.
III.
Da das Berufungsurteil ersichtlich auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht, war die Sache unter Aufhebung dieses Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob nach §§ 1629, 1795, 181 BGB eine wirksame Abtretung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs seines zum Zeitpunkt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 24. August 2000 sechs Jahre alten Sohnes vorliegt. Die bisherigen Feststellungen reichen für die Annahme eines wirksamen Abtretungsvertrags nicht aus.