Das Verkehrslexikon

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OLG Düsseldorf Urteil vom 04.11.2005 - 1 U 93/03 - Zum Anscheinsbeweis bei Auffahrunfall nach Spurwechsel

OLG Düsseldorf v. 04.11.2005: Zum Anscheinsbeweis bei Auffahrunfall nach Spurwechsel


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 04.11.2005 - 1 U 93/03) hat seine Rechtsprechung bekräftigt, wonach Schadensteilung stattfindet, wenn auf Grund einer Beweisaufnahme ungeklärt bleibt, ob unmittelbar vor einem Auffahrunfall ein Fahrstreifenwechsel stattfand:
Die für die Annahme eines Auffahrverschuldens nach Anscheinsgrundsätzen erforderliche Typizität setzt zwar grundsätzlich eine - wie hier auch vorliegende - Kollision im gleichgerichteten Verkehr voraus. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der gleichgerichtete Verkehr gerade erst hergestellt worden ist, denn für die Bejahung einer typischen Auffahrsituation ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unverzichtbar, dass der Auffahrende auch die ausreichende Möglichkeit hatte, zum Vordermann einen hinreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen und einzuhalten.


Siehe auch Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden und Auffahrunfall und Stichwörter zum Thema Auffahrunfälle


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 2. Ein Verschulden des Beklagten zu 2. kann entgegen der von der Berufung vertretenen Auffassung auch nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises festgestellt werden. Zwar spricht gegen denjenigen, der auf den Vorausfahrenden auffährt, in der Regel der Beweis des ersten Anscheins, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat (§ 1 StVO) oder aber mit einer den Straßen und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 2 StVO; dazu der Senat Urteil vom 10.03.2003, AZ. 1 U 111/02; Urteil vom 10.11.2003, AZ. 1 U 28/02).

Grundvoraussetzung für den Beweis eines Verschuldens nach Anscheinsregeln ist indes die Darlegung und der Beweis eines typischen, nach der Lebenserfahrung den Rückschluss auf ein Verschulden zulassenden Geschehensablaufs durch denjenigen, der sich auf den Anscheinsbeweis beruft (der Senat, Urteil vom 04.08.2003, AZ. 1 U 206/02).

Ein für ein Auffahrverschulden des Beklagten zu 2) sprechender, vom Kläger zu beweisender typischer Geschehensablauf lässt sich aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht feststellen.

Die für die Annahme eines Auffahrverschuldens nach Anscheinsgrundsätzen erforderliche Typizität setzt zwar grundsätzlich eine - wie hier auch vorliegende - Kollision im gleichgerichteten Verkehr voraus. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der gleichgerichtete Verkehr gerade erst hergestellt worden ist, denn für die Bejahung einer typischen Auffahrsituation ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unverzichtbar, dass der Auffahrende auch die ausreichende Möglichkeit hatte, zum Vordermann einen hinreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen und einzuhalten (der Senat, Urteil vom 04.08.2003, AZ. 1 U 206/02; Urteil vom 21.07.2003, 1 U 217/02; Urteil vom 30.06.2003, AZ. 1 U 226/02).

Unstreitig ist der streitgegenständlichen Kollision aber ein Fahrstreifenwechsel der Ehefrau des Klägers auf die linke, vom Beklagten zu 2. befahrene Überholspur vorausgegangen.

Ein typischer für ein Auffahrverschulden des Beklagten zu 2. streitender Geschehensablauf wäre deshalb nur dann anzunehmen, wenn dieser aufgefahren wäre, obgleich es ihm möglich gewesen wäre, zur vorausfahrenden Ehefrau des Klägers einen ausreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen bzw. einzuhalten.

Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ungeklärt. ..."

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