Das Verkehrslexikon
Der Umfang der Wartepflicht nach einem Verkehrsunfall
Der Umfang der Wartepflicht nach einem Verkehrsunfall
Siehe auch Unfallflucht (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) im Strafrecht und Stichwörter zum Thema Verkehrsstrafsachen
Befindet sich nach einem Unfall (z. B. nach einem missglückten nächtlichen Ein- oder Ausparkvorgang) der Unfallverursacher völlig allein am Unfallort, so darf er sich dennoch nicht einfach von dort entfernen, und zwar auch nicht in der guten Absicht, den Unfall später zu melden.
Vielmehr ist der Verursacher des Unfalls in diesem Fall verpflichtet, am Unfallort zu verbleiben und abzuwarten, ob sich nicht doch noch Personen einfinden, die bereit sind, Feststellungen über seine Person und auch über die sonstige Art seiner Unfallbeteiligung - z. B. eine etwaige Alkoholisierung - zu treffen.
Treffen während der Wartezeit noch zu derartigen Feststellungen bereite Personen ein, so ergeben sich für den Unfallbeteiligten diejenigen Vorstellungspflichten, die er auch zu erfüllen gehabt hätte, wenn die feststellungsbereiten Personen von Anfang an da gewesen wären.
Erst wenn insoweit eine angemessene Wartezeit abgelaufen ist, ohne dass sich feststellungsbereite Personen eingefunden hätten, darf sich der Verursacher vom Unfallort entfernen (um sodann die entsprechenden Feststellungen unverzüglich nachträglich zu ermöglichen).
Unter sog. feststellungsbereiten Personen versteht man nicht nur Polizeibeamte, sondern jedermann, von dem erkennbar davon ausgegangen werden kann, dass er bereit ist, sein erlangtes Wissen zur Kenntnis des Berechtigten zu bringen, damit dieser in die Lage versetzt wird, seine ihm zustehenden zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Die Wartepflicht besteht auch dann, wenn mit dem Eintreffen feststellungsbereiter Personen nicht zu rechnen ist.
Wie lange man warten muss, kann nicht allgemeingültig gesagt werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich für die Zumutbarkeitsgrenzen längerer oder kürzerer Wartezeiten sind folgende Merkmale:
- Art und Schwere des Unfalls;
- die Verkehrsdichte;
- die Tageszeit;
- die Witterungsverhältnisse;
- die Chancen bezüglich des Eintreffens feststellungsbereiter Personen.
Je mehr der Täter zur Beweisssicherung im Interesse des Geschädigten unternimmt (Zurücklassen eines Zettels mit vollständigen Personalangaben und Angaben zur Unfallverursachung), desto kürzer kann die Wartezeit bemessen werden. In diesem Zusammenhang darf auch nicht die Wechselwirkung zwischen Länge der Wartezeit und späterem unverzüglichen Nachholen der erforderlichen Feststellungen außer Acht gelassen werden.