Das Verkehrslexikon
OLG Zweibrücken Urteil vom 04.12.1992 - 1 U 155/89 - Zu den beim Unterhaltsschaden zu berücksichtigenden Fixkosten
OLG Zweibrücken v. 04.12.1992: Zu den beim Unterhaltsschaden zu berücksichtigenden Fixkosten
Das OLG Zweibrücken (Urteil vom 04.12.1992 - 1 U 155/89) hat den Ansatz von 40 % des Familieneinkommens für die Fixkosten ausdrücklich gebilligt und im übrigen keine feste Verteilung nach Köpfen, sondern eine prozentual unterschiedliche Aufteilung der Fixkosten auf die verschiedenen Familienmitglieder befürwortet:
Für die Höhe des Schadensersatzanspruchs der Ehefrau nach dem Tode ihres Ehemannes kommt es auf den gesetzlich geschuldeten und nicht auf den tatsächlich gewährten Unterhalt an. Maßgeblich ist insoweit das volle Nettoeinkommen des Ehemannes. Das vermutliche Nettoeinkommen des selbständig tätigen Ehemannes (Gewinnentnahmen aus seinem Gewerbebetrieb) ist unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu schätzen. Die zur Alterssicherung aufgewendeten Lebensversicherungsprämien sind dabei ebenso vom Einkommen abzusetzen wie die Beiträge zur privaten Kranken- und Unfallversicherung (vergleiche BGH, 1988-05-31, VI ZR 116/87, NJW 1988, 2365).
Siehe auch Unterhaltsschaden nach teilweise oder ganz unverschuldetem Verkehrsunfall und Stichwörter zum Thema Personenschaden
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Es entspricht - wie erwähnt - der ständigen Rechtsprechung des BGH, die festen Kosten des Haushalts (zunächst) auszusondern. Sie müssen nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen weiter bestritten werden, ohne dass sich der Wegfall des einen (getöteten) Familienmitglieds nennenswert auswirkt (vgl. Eckelmann/Nehls, Schadensersatz bei Verletzung und Tötung 1987 S. 113 ff.).
a) Der Erstrichter hat diese Kosten unter Hinweis auf Eckelmann/Schäfer (DAR 81, 365) in Anlehnung an eine am Nettoeinkommen ausgerichteten Quote (vgl. Eckelmann/Nehls aaO S. 112 ff., 114 f.) für 1984 auf monatlich 1700 DM und für die Folgezeit jeweils 3 % höher geschätzt. Die Parteien beanstanden das und verlangen eine konkrete Berechnung. Ihnen ist zuzugeben, dass eine konkrete Berechnung den Vorzug vor einer Schätzung verdient. Eine konkrete Berechnung ist aber im vorliegenden Fall ohne einen nicht mehr vertretbaren Aufwand nicht möglich.
Der Kl. ist entgegenzuhalten, dass es Sache des Geschädigten ist, den für die Schadensschätzung bedeutsamen Tatsachenstoff hinreichend konkret darzulegen wer dieser Pflicht nicht genügt, hat nicht unbedingt Anspruch darauf, durch eine richterliche Schätzung der Schadenshöhe über den dem Strengbeweis zugänglichen Rahmen hinaus begünstigt zu werden (BGH VersR 88, 954 (956) = NJW 88, 2365 (2368) 81, 464 = NJW 81, 1454)...
Andererseits ist eine exakte Erfassung aller in Frage kommenden Kosten für einen Zeitraum, der in der Vergangenheit liegt und sich auf sechseinhalb Jahre erstreckt, auch für die Partei, die einen Unterhaltsschaden darlegen soll, nur schwer möglich. Aus einer Reihe kleinerer, überschaubarer, nach Grund und Höhe unproblematischer Positionen (Rundfunk und Fernsehen, Zeitungen, Telefongrundkosten) ergibt sich zudem, dass die Kl. jedenfalls dort um eine korrekte Abrechnung der belegbaren Kosten durchaus bemüht ist. Sie hat auch ersichtlich bei weitem nicht alle Kosten geltend gemacht, an die in diesem Zusammenhang hätte gedacht werden können (vgl. dazu im einzelnen Drees aaO S. 34 f.). Sie bleibt dementsprechend mit ihren Zahlen - für alle in Rede stehenden Jahre - weit hinter den Werten zurück, die sich ergäben, wenn mit der von Eckelmann/Nehls (aaO) für die Schätzung der festen Kosten empfohlenen Quote von 40 % des Nettoeinkommens gerechnet würde (für 1984: 6720 DM n 0, 40 = 2688 DM monatlich statt nach der Rechnung der Kl. 20131,15 DM : 12 = 1677,60 DM).
Der Senat macht deshalb - ebenso wie das LG - gem. § 287 Abs. 2 ZPO von der Möglichkeit einer Schätzung des Mindestschadens Gebrauch. Mit dem LG ist er der Ansicht, dass es ein gangbarer Weg ist, sich in Anlehnung an Eckelmann/Schäfer (DAR 81, 365) und Eckelmann/Nehls (aaO) bei dieser Schätzung am Nettoeinkommen der Eheleute zu orientieren (wird ausgeführt).
Indessen ist es - wie die Kl. zu Recht geltend macht - im vorliegenden Fall verfehlt, die festen Kosten des Haushalts auf die Kl. und ihren Sohn zu gleichen Teilen "nach Köpfen" zu verteilen.
Das LG stützt sich hier möglicherweise auf die Ausführungen von Eckelmann/Nehls (aaO S. 109 und 124, die jedoch in dem Berechnungsbeispiel S. 168 ff. selbst so nicht rechnen). Die Frage kann im Ergebnis dahinstehen, denn nach der Rechtsprechung des BGH (VersR 88, 954 (956 f.) = NJW 88, 2365 (2368) muss auf den Einzelfall abgestellt werden. Die Verteilung zu gleichen Teilen ist nicht von vornherein fehlerhaft es bedarf jedoch dafür einer besonderen Begründung (BGH aaO). Besondere Gründe, die hier eine Verteilung nach Köpfen rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere genügt dafür nicht, dass der Sohn schon volljährig ist und am Unfalltag volljährig war. Denn er lebt im Haushalt der Mutter wie früher im Haushalt der Eltern als Kind. Zugunsten der Kl. fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein beträchtlicher Teil der in Rede stehenden Kosten für die Aufrechterhaltung der Lebens- und Unfallversicherung aufgewandt werden muss und diese vor allem für ihren eigenen Schutz bestimmt sind. Der Senat veranschlagt den Anteil, der der Kl. zusteht (zur Schätzung nach Quoten vgl. BGH VersR 88, 954 = NJW 88, 2365 und Drees aaO S. 42), mit 70 % und den des Kindes mit 30 %."