Das Verkehrslexikon
BGH Urteil vom 05.12.1989 - VI ZR 276/88 - Zinsen für eine selbstbewohntes Eigenheim sind bei der Unterhaltsberechnung wie Mietzahlungen zu behandeln
BGH v. 05.12.1989: Zur unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Tilgungs- und Zinsaufwendungen für ein selbstbewohntes Eigenheim
Der BGH (Urteil vom 05.12.1989 - VI ZR 276/88) hat entschieden:
Hatten die Ehegatten vor dem Schadensereignis Aufwendungen für ein gemeinsames selbst bewohntes Eigenheim, so sind die Tilgungsaufwendungen als Vermögensbildung zu behandeln, stehen also nicht als verteilbares Familieneinkommen zur Verfügung; die Zinsaufwendungen hingegen sind wie Mietzahlungen zu behandeln und somit den fixen Kosten hinzuzurechnen.
Siehe auch Unterhaltsschaden nach teilweise oder ganz unverschuldetem Verkehrsunfall und Stichwörter zum Thema Personenschaden
Aus den Entscheidungsgründen:
"... 1. Allerdings ergeben sich gegen die Methode, derer sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens der Kl. bedient hat (Bestimmung des für Unterhaltszwecke verfügbaren Einkommens unter Ausscheidung der Aufwendungen zur Vermögensbildung, Aussonderung der fixen Kosten, Verteilung des verbleibenden Einkommens auf die Getötete und die Hinterbliebenen nach Quoten, Erhöhung der danach auf die Hinterbliebenen entfallenden Beträge um die (nur) unter ihnen aufgeteilten fixen Kosten), als solche keine Bedenken. Sie entspricht der Rechtsprechung des Senats (s. etwa Senat vom 6.10.1987 - VI ZR 155/86 = VersR 1987, 1243 und vom 31.5.1988 - VI ZR 116/87 = VersR 1988, 954 (955, 957), jeweils m. w. Nachw. sowie zusammenfassend Macke NZV 89, 249 (250) und ders. in Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaften des DAV Bd. 7 S. 9, 10 ff., 20, 23 ff.). Die Aufteilung des verfügbaren Einkommens im Verhältnis von 35: 35:15: 15 ist nach Lage des Falls ebensowenig zu beanstanden wie die Hinzurechnung der fixen Kosten bei den Kl. im Verhältnis von 50:25: 25. Die Kl. zu 2 und 3 liegen altersmäßig so dicht beieinander, dass sich eine unterschiedliche Behandlung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 6.10.1987 VersR 1987, 1243 (1244 f.)) erübrigt.
2. Dem Berufungsgericht ist indessen insofern ein Fehler unterlaufen, als es bei der Ermittlung des verteilungsfähigen Einkommens nicht nur die Aufwendungen für die Tilgung der für das Eigenheim aufgenommenen Schulden, sondern in vollem Umfang auch die auf diese Schulden zu erbringenden Zinsen als Aufwendungen zur Vermögensbildung angesehen und bei der Bemessung des Unterhaltsschadens gänzlich außer Ansatz gelassen hat. Tatsächlich sind nur die Aufwendungen für die Tilgung von vornherein der Vermögensbildung zuzurechnen, die unterhaltsrechtlich nicht geschuldet wird und deshalb bei der Bemessung des Unterhaltsschadens außer Betracht zu bleiben hat (s. Senat vom 3.7.1984 VI ZR 42/83 = VersR 1984, 961 (962), vom 15.10.1985 VI ZR 55/84 VersR 1986, 264 (265) und vom 31.5.1988 VI ZR 116/87 = VersR 1988, 954 (956). Die Zinsbelastungen hingegen dienen wirtschaftlich - jedenfalls auch der Finanzierung des Wohnbedarfs und sind insofern der Miete vergleichbar. Sie sind daher in Höhe des Mietzinses für eine angemessene Mietwohnung als fixe Kosten zu behandeln (s. Senat aaO).
Angemessen in diesem Sinne ist eine Mietwohnung, die hinsichtlich Lage, Zuschnitt und Bequemlichkeit den Wohnverhältnissen vor dem Unfall entspricht, falls diese nicht oberhalb des unterhaltsrechtlich geschuldeten Standards lagen (vgl. Macke in Schriftenreihe des DAV aaO S. 20 f.). Im Umfang des Mietwerts einer solcherart vergleichbaren Wohnung sind mithin die für das Eigenheim aufzuwendenden Zinsen zusammen mit den übrigen fixen Kosten nur vorübergehend vor der quotenmäßigen Aufteilung des verfügbaren Einkommens auszusondern, hernach aber den auf die Schadensersatzberechtigten entfallenden Quoten anteilig wieder zuzusetzen. Dann aber dürfen sie in diesem Umfang nicht gleichzeitig als Aufwendungen zur Vermögensbildung behandelt und damit aus dem unterhaltsrelevanten Einkommen aus dem (auch) der Wohnbedarf erst zu finanzieren ist - gänzlich herausgenommen werden.
Vorliegend haben die Parteien unstreitig gestellt, dass der Mietwert für eine vergleichbare Wohnung 900 DM monatlich beträgt. Dementsprechend hat das Berufungsgericht diesen Betrag in Übereinstimmung mit den vorstehend dargelegten Grundsätzen zu Recht als fixe Kosten in die Schadensberechnung eingestellt. In demselben Umfang stellen sich die Zinsaufwendungen für das von den Kl. bewohnte Eigenheim aber nicht als Aufwendungen zur Vermögensbildung, sondern als Finanzierung des Wohnbedarfs aus dem für die Bemessung des Unterhaltsschadens zugrundezulegenden Einkommen dar. Das bedeutet, dass das für Unterhaltszwecke verfügbare Gesamteinkommen um 900 DM monatlich höher liegt, als vom Berufungsgericht angenommen. Andererseits ist nichts dafür ersichtlich, dass die Zinsbelastung etwa unter 900 DM monatlich läge und deshalb für die weiteren Rechenschritte die fixen Kosten entsprechend niedriger anzusetzen wären.
Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler allgemein für das verfügbare Einkommen angenommen hat, kann auch hinsichtlich dieses zusätzlich verfügbaren Betrags von 900 DM monatlich davon ausgegangen werden, dass er zu gleichen Teilen von dem Erstkl. und seiner bei dem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Ehefrau aufgebracht worden ist. Demzufolge hat die Bekl. insoweit für den Ausfall von 450 DM monatlich aufzukommen. Hiervon entfallen nach dem wiedergegebenen Verteilungsschlüssel von 35:35 (Ehegatten): 15:15 (Kinder) auf den Erstkl. 35 % = 157,50 DM monatlich und auf die Kl. zu 2 und 3 je 15 % = je 67,50 DM monatlich. Auf der anderen Seite verbleibt dem Erstkl. der in dem Betrag von 900 DM monatlich enthaltene Anteil von 450 DM, der sich aus seinem Einkommen speiste und aus dem wiederum 35 % auf den Unterhaltsbedarf der Ehefrau entfielen, nunmehr ganz. Insofern wird der ihm entstehende Nachteil durch eine gleich hohe Ersparnis ausgeglichen. Dagegen ist die den Kl. zu 2 und 3 zuzubilligende Schadensrente um je 15 % aus 450 DM, d. h. um je 67,50 DM monatlich, zu erhöhen. Der Senat entscheidet in dieser Weise auf der Basis des im übrigen unveränderten Rechenwerks des Berufungsgerichts abschließend (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO)..."