Das Verkehrslexikon
OLG München Beschluss vom 25.10.2005 - 7 U 4196/05 - Grobe Fahrlässigkeit durch Offenhalten einer Terrassentür zur Nachtzeit
OLG München v. 25.10.2005: Grobe Fahrlässigkeit durch Offenhalten einer Terrassentür zur Nachtzeit
Das OLG München (Beschluss vom 25.10.2005 - 7 U 4196/05) hat entschieden:
- Das Offenhalten einer ebenerdigen Terrassentür zur Nachtzeit missachtet einfachste Überlegungen und Maßnahmen zum Schutz vor einem Eindringen Unbefugter auch dann, wenn das Grundstück mit einem Zaun umfriedet ist. Der in einem angrenzenden Zimmer schlafende Versicherungsnehmer ist zum Schutz seiner Habe gegen Entwendung weder bereit noch in der Lage.
- Aus dem Gesamtbild der äußeren Umstände und der Schwere des Pflichtenverstoßes kann der Schluß auf erhöhte subjektive Vorwerfbarkeit vor allem mit Blick auf die Erkennbarkeit der durch den Pflichtenverstoß bedingten Gefahrerhöhung gerechtfertigt sein.
Siehe auch Die grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Voll- oder Teilkaskoversicherung und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Die Bewertung des Landgerichts, dass der Zeuge M. durch grob fahrlässige Verletzung seiner Sorgfaltspflichten das Abhandenkommen des Fahrzeugs ermöglicht habe, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe, weist Rechtsfehler nicht auf. Das Offenhalten einer Terrassentür zur Nachtzeit ohne besondere Sicherungsmaßnahmen missachtet einfachste Überlegungen und Maßnahmen zum Schutz vor einem Eindringen Unbefugter. Zu Recht geht das Landgericht weiter davon aus, dass im Falle einer solch groben Obliegenheitsverletzung der Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens im Hinblick auf eine Entwendung des Pkw nur ausgeräumt werden könnte, wenn der Zeuge M. besondere Vorkehrungen zum Schutz der Fahrzeugschlüssel getroffen hätte, diese beispielsweise an einem vor unbefugtem Zugriff geschützten Ort weggesperrt hätte.
3. Diese Bewertung wird durch die Berufungsangriffe nicht erschüttert.
Soweit die Berufung rügt, ein Sorgfaltsverstoß könne jedenfalls in subjektiver Hinsicht nicht „als Ausdruck einer leichtfertigen Haltung im Umgang mit dem versicherten Gut“ angesehen werden, ist dies nicht stichhaltig. Vom Fall des Abstellens eines Rucksacks in der Gaststätte neben dem eigenen Stuhl, mithin „im unmittelbaren Gewahrsamsbereich“ ..., unterscheidet sich der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt grundlegend: Der im angrenzenden Zimmer schlafende Zeuge M. war zum Schutz seiner im Ankleidezimmer befindlichen Habe weder bereit noch in der Lage.
Das Gesamtbild der äußeren Umstände und die Schwere des Pflichtenverstoßes rechtfertigen hier auch den Schluß auf erhöhte subjektive Vorwerfbarkeit vor allem mit Blick auf die Erkennbarkeit der durch den Pflichtenverstoß bedingten Gefahrerhöhung (vgl. dazu BGH, Urteil v. 17.06.2004, NJW-RR 2005, 265, 266 zum leichtfertigen Verhalten im Transportrecht; Röhl JZ 1974, 521, 528; Barwitz, Verschulden im Steuerrecht, 1987, S. 37).
Der Zeuge durfte auch nicht aufgrund der örtlichen Gegebenheiten von einem ausreichenden Schutz des bei den Beklagten versicherten Fahrzeugs gegen Entwendung ausgehen:
Dass das Wohnanwesen des Zeugen M. am Ende einer Privatstraße gelegen ist (vgl. Lichtbild K 8), bedingt eher eine Erhöhung denn eine Minderung des Diebstahlsrisikos, da die Gefahr einer Beobachtung durch Passanten von der Straße aus verringert ist. Die vorhandene Umzäunung stellt keinen wirksamen Schutz gegen das Eindringen Unbefugter dar. Ebenso hindert es den Vorwurf leichtsinnigen Verhaltens nicht, dass die geöffnete Terrassentür von der Straße aus nicht sichtbar war. Das auf den Lichtbildern K 8 und K 9 sichtbare Rolltor hätte nur dann einer Entwendung des Fahrzeugs entgegenwirken können, wenn der zur Steuerung dienende Handsender sicher und nicht im abhanden gekommenen Pkw ... aufbewahrt worden wäre. ..."