Im Rahmen des Zuständigkeitssystems der Union muss die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektiven und gerichtlich nachprüfbaren Umständen beruhen, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören. Ergibt die Prüfung des betreffenden Rechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert. Insoweit ist das hauptsächliche oder überwiegende Ziel der Richtlinie 2011/82 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit, die ein zentrales Ziel der Verkehrspolitik der Union darstellt. Daher hätte diese Richtlinie auf der Grundlage von Art. 91 Abs. 1 Buchst. c AEUV erlassen werden müssen, da sie eine Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Mit der Richtlinie 2011/82 wird zwar ein System für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte eingeführt, doch wird dieses System gerade geschaffen, damit die Union das in der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit bestehende Ziel verfolgen kann. Deshalb steht diese Richtlinie nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Zielen der polizeilichen Zusammenarbeit und konnte auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 2 AEUV nicht wirksam erlassen werden. |
1. | Die Richtlinie 2011/82/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte wird für nichtig erklärt. |
2. | Die Wirkungen der Richtlinie 2011/82 werden aufrechterhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die zwölf Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, eine neue, auf die geeignete Rechtsgrundlage, nämlich Art. 91 Abs. 1 Buchst. c AEUV, gestützte Richtlinie in Kraft tritt. |
3. | Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen die Kosten. |
4. | Das Königreich Belgien, Irland, Ungarn, die Republik Polen, die Slowakische Republik, das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten. |
„(1) Die Union entwickelt eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung oder die Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 können das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen erlassen, die Folgendes betreffen: a) Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen; …“ Art. 91 Abs. 1 AEUV, der zum Dritten Teil Titel VI („Der Verkehr“) dieses Vertrags gehört, sieht vor: „Zur Durchführung des Artikels 90 werden das Europäische Parlament und der Rat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen … c) Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erlassen; d) alle sonstigen zweckdienlichen Vorschriften erlassen.“ |
„Die Kommission stellt fest, dass zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament Einigkeit darüber besteht, die von der Kommission vorgeschlagene Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe c AEUV, durch Artikel 87 Absatz 2 AEUV zu ersetzen. Die Kommission ist sich mit den beiden Gesetzgebern darüber einig, dass es wichtig ist, die Ziele der vorgeschlagenen Richtlinie zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit zu verfolgen, ist aber aus rechtlicher und institutioneller Sicht der Auffassung, dass Artikel 87 Absatz 2 AEUV nicht die geeignete Rechtsgrundlage darstellt, und behält sich daher vor, alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel zu nutzen.“ |
- | die Richtlinie 2011/82 für nichtig zu erklären; |
- | festzustellen, dass die Wirkungen dieser Richtlinie als fortgeltend zu betrachten sind; |
- | dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen. |
die Klage abzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. |
- | die Klage als unbegründet abzuweisen; |
- | hilfsweise, festzustellen, dass die Wirkungen der Richtlinie 2011/82 für einen Zeitraum von sechs Monaten aufrechterhalten werden, und |
- | der Kommission die Kosten aufzuerlegen. |