Die Erfüllung des Tatbestandes des § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. der Tabelle 1 Buchst. c lfd. Nr. 11.3.8 des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs.1 BKatV durch einen Krankentransportfahrer indiziert das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, der zugleich ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf (vgl. BGHSt 38, 125 (134) und 43, 241 (247)). In solchen Fällen kann die Anwendung der Regelbeispielstechnik des Bußgeldkataloges nur dann unangemessen sein, wenn der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erheblich abweicht, dass er als Ausnahme zu werten ist. Dem tatrichterlichen Beurteilungsspielraum sind jedoch der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit wegen enge Grenzen gesetzt und die gerichtlichen Feststellungen müssen die Annahme eines Ausnahmefalles nachvollziehbar erscheinen lassen |
„Der Betroffene ist als Krankentransportfahrer zwingend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, um seine Tätigkeit ausüben zu können. Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Schreibens des Arbeitgebers des Betroffenen vom 26.1.2017 hat dieser angekündigt, das Arbeitsverhältnis mit dem Betroffenen für den Fall des Führerscheinentzuges zu beenden. Daraus folgt, dass seitens des Arbeitgebers auch keine Bereitschaft besteht, den Betroffenen für die Dauer des Fahrverbotes anderweitig zu beschäftigen. Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Arbeitsvertrages wäre es dem Betroffenen zudem unter Berücksichtigung seines jährlichen Urlaubsanspruches nicht möglich, das Regelfahrverbot von zwei Monaten durch Urlaub zu überbrücken. Darüber hinaus scheiden aufgrund der Art der Tätigkeit des Betroffenen auch grundsätzlich in Betracht zu ziehende Alternativmaßnahmen wie die Beschäftigung eines Fahrers durch, den Betroffenen für die Zeit des Fahrverbotes hier naturgemäß aus. In einer Gesamtwürdigung liegen damit zur Überzeugung des Gerichts besondere Umstände vor die es rechtfertigen hier ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen.“ |
„Die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft vom 22. Dezember 2017, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, wird vertreten. Denn das angefochtene Urteil kann bereits aufgrund der rechtzeitig mit Einlegung der Rechtsbeschwerde erhobenen allgemeinen Sachrüge sowie aus den zutreffenden rechtlichen Erwägungen der Einzelausführungen zur Sachrüge vom 6. Februar 2018, denen ich beitrete, keinen Bestand haben. 1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG, da im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot verhängt worden war. 2. Zwar hat die Amtsanwaltschaft innerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist, die nach Zustellung des offenbar mit Gründen versehenen Urteils am 21. Dezember 2017 (Bl. 56 d.A.) am 29. Dezember 2017 begann und mit Ablauf des 29. Januar 2018 endete, einen Rechtsbeschwerdeantrag nicht ausdrücklich gestellt. Die Erklärung, inwieweit die Amtsanwaltschaft das Urteil anficht und dessen Aufhebung beantragt, kann jedoch auch bereits in der Einlegungsschrift (§ 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs.3 S.1 OWiG) mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge geschehen. Das setzt voraus, dass die Rüge der Verletzung materiellen Rechts angesichts der Umstände des Einzelfalles geeignet ist, den Umfang der Anfechtung zweifelsfrei festzulegen. Auch bei der Revision der Staatsanwaltschaft bedarf es in der Regel dann keines förmlichen Antrages, wenn das Ziel der Revision bereits aus dem Inhalt der Revisionsschrift oder dem Gang des bisherigen Verfahrens eindeutig hervorgeht. So ist nach der Rechtsprechung bei Revisionen des Angeklagten in der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge regelmäßig die Erklärung zu sehen, dass das Urteil insgesamt angefochten werde (BGH NJW 2003, 839). Zwar kann eine Revision der Staatsanwaltschaft sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Angeklagten eingelegt sein (BGH, Beschluss vom 05. November 2009 - 2 StR 324/09 -, juris). Da der Betroffene verurteilt wurde, steht diese Auslegung dem jedoch nicht entgegen. Die zugleich mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge rechtzeitig eingelegte Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin vom 22. Dezember 2017 ist daher so zu verstehen, dass das gesamte Urteil angefochten sein soll. 3. Die Rechtsbeschwerde ist auf die Sachrüge auch begründet. a) Der Betroffene hat seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zulässigerweise auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Der Bußgeldbescheid entspricht den Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG. Die Festsetzung der Geldbuße und des Fahrverbotes nach dem Regelbeispiel der Nummer 11.3.8 des Bußgeldkataloges (280 € und 2 Monate Fahrverbot) lässt erkennen, dass fahrlässige Begehungsweise zugrunde gelegt wurde. Für den Fall, dass im Bußgeldbescheid Angaben zur Schuldform fehlen, ist Bedacht darauf zu nehmen, die Regelsätze des Bußgeldkatalogs von fahrlässiger Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen ausgehen (KG, Beschluss vom 19. Januar 2009 - 3 Ws (B) 30/09 - 2 Ss 327/08 -). b) Der Rechtsfolgenausspruch kann durch das Rechtsbeschwerdegericht in der Regel zwar nur dahingehend überprüft werden, ob die Rechtsfolgenzumessungserwägungen in sich rechtsfehlerhaft sind, ob der Tatrichter rechtlich anerkannte Ahndungszwecke außer Betracht gelassen oder ob sich die Rechtsfolge soweit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung gelöst hat, gerechter Schuldausgleich zu sein, dass sie nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter bei der Rechtsfolgenzumessung eingeräumt ist, wobei im Hinblick auf den Spielraum eine exakte Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen ist, die Rechtsfolgenzumessung des Tatrichters im Zweifelsfall also hingenommen werden muss (vgl. BGHSt 29, 319, 320; KG, Beschluss vom 1. November 2001 - (4) 1 Ss 273/01 (128/01) -). Im Rahmen dieses Prüfungsumfangs sind jedoch Rechtsfehler festzustellen. |