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Verwaltungsgerichtshof München Beschluss vom 07.01.2019 - 11 CS 18.1373 - Zumutbare Ermittlungsbemühungen bei Vorhandensein eines Fahrtenschreibers

VGH München v. 07.01.2019: Zumutbare Ermittlungsbemühungen bei Vorhandensein eines Fahrtenschreibers


Der Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 07.01.2019 - 11 CS 18.1373) hat entschieden:

   Wenn der Fahrer auf einer Lichtbildaufnahme nicht identifiziert werden kann, ist der Fahrzeughalter insoweit zur Mithilfe bei der Aufklärung verpflichtet, dass er zumindest den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Straßenverkehrsbehörde einschränkt. Unterbleiben dahingehende Angaben oder lehnt der Fahrzeughalter eine Mitwirkung erkennbar ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben. Schickt der Fahrzeughalter den ihm übersandten Anhörungsbogen unausgefüllt oder kommentarlos zurück oder reagiert auf diesen nicht oder lehnt er unter ausdrücklichem Hinweis auf sein Aussagverweigerungsrecht pauschal jede Mitwirkung an der weiteren Aufklärung ab, darf die Ermittlungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich von einer fehlenden Bereitschaft ausgehen, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Verwaltungsbehörde es im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand nicht für erforderlich erachtet hat, im Wege der Amtshilfe beim Gewerbeaufsichtsamt Daten des digitalen Fahrtenschreibers anzufordern und diese auszuwerten.


Siehe auch
Mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers und Fahrtenbuchauflage
und
Stichwörter zum Thema Fahrtenbuch


Gründe:


I.

Der Antragsteller, der im Rahmen seines Gewerbebetriebs auch Viehtransporte durchführt, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, und die hierzu ergangenen Nebenverfügungen.

Am 11. Juli 2017 wurde mit einem auf den Antragsteller zugelassenen Lastkraftfahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 60 km/h um 16 km/h überschritten. Auf ein Anhörungsschreiben des Polizeiverwaltungsamts vom 24. Juli 2017 und eine polizeiliche Vorladung vom 15. August 2017 zu einer Betroffenenanhörung reagierte der Antragsteller nicht. Sein Bevollmächtigter teilte mit Schreiben vom 25. August 2017 der Polizeiinspektion Bayreuth-​Land mit, dass der Antragsteller sich seit geraumer Zeit in einer auswärtigen Rehabilitation befinde, von seinem Aussageverweigerungsrecht „strikt Gebrauch“ mache und auch einer zukünftigen Vorladung keine Folge leisten werde. Mit Schreiben vom selben Tag forderte er beim Polizeiverwaltungsamt die Ermittlungsakten an und kündigte eine Einlassung nach Akteneinsicht einschließlich Beweisanträgen an. Mit Schreiben vom 29. August 2017 teilte die Polizeiinspektion dem Polizeiverwaltungsamt mit, der Antragsteller habe in zurückliegenden Fahrerermittlungen mehrfach auf die gesetzliche Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV (Fahrten im Einhundertkilometerbereich) verwiesen. Da sich der aktuelle Tatort nur 20 km vom Betriebsstandort entfernt befinde, sei davon auszugehen, dass keine technischen Aufzeichnungen vorlägen. Der Fahrer sei auf dem Beweisfoto nicht zu erkennen. Aus vorangegangenen Fahrerermittlungen sei bekannt, dass der Antragsteller, sein Sohn, seine Tochter und verschiedene Aushilfskräfte als Fahrer tätig seien. Derzeit seien zwei Viehtransporter auf den Antragsteller zugelassen.

Das Bußgeldverfahren gegen den Antragsteller wurde mit Verfügung vom 25. Oktober 2017 eingestellt.




Nach Anhörung verpflichtete das Landratsamt Bayreuth den Antragsteller unter Androhung eines Zwangsgelds und Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheid vom 20. Februar 2018, für die Dauer von zwölf Monaten, beginnend eine Woche nach Zustellung des Bescheids bzw. – im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung – mit Bestandskraft des Bescheids, ein Fahrtenbuch für das auf ihn zugelassene Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen BT... und etwaige künftige Ersatzfahrzeuge zu führen. Weiter wurde ihm aufgegeben, das Fahrtenbuch in monatlichen Abständen ab 1. April 2018 am jeweils ersten Werktag des Monats zur Kontrolle vorzulegen. Die Anordnung stütze sich auf § 31a Satz 1 und 2 StVZO. Mit Schreiben des Polizeiverwaltungsamts vom 24. Juli 2017 sei der Antragsteller auch als Fahrzeughalter angehört worden. Er lehne erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab. Auch aus vorhergehenden Verfahren sei bekannt, dass nicht nur der Antragsteller selbst, sondern auch sein Sohn, seine Tochter und verschiedene Aushilfskräfte die Firmenfahrzeuge fahren würden. Die Pflicht zur Benennung des in Betracht kommenden Benutzerkreises verletze nicht das Zeugnisverweigerungsrecht des Halters. Die Fahrtenbuchanordnung sei eine vom Verordnungsgeber auf gesetzlicher Grundlage vorgesehene Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit. Sie entspreche pflichtgemäßem Ermessen und sei verhältnismäßig. Es liege ein Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht vor, der mit einer Geldbuße von 70,- EUR zu ahnden gewesen wäre und zur Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister geführt hätte. Bei Abwägung der Interessen des Antragstellers mit den öffentlichen Interessen handle es sich um das mildeste Mittel. Die Verpflichtung sei auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Lkw mit einem digitalen EG-​Kontrollgerät ausgerüstet sei, denn Tierlebendtransporte könnten im Umkreis von 50 km ohne Fahrerkarte durchgeführt werden. Die Dauer sei bei einem wirtschaftlichen Betrieb angemessen. Sie liege im Bereich einer effektiven Kontrolldichte und stelle auch keine übermäßige Belastung dar.

Gegen den am 27. Februar 2018 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 23. März 2018 Klage (B 1 K 18.301) erheben, über die das Verwaltungsgericht Bayreuth noch nicht entschieden hat, und gleichzeitig Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage stellen.

Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Juni 2018 hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung betreffend die Nummer 3 des Bescheids stattgegeben und ihn im Übrigen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheids abgelehnt. In den Gründen wird ausgeführt, die Zwangsgeldandrohung hinsichtlich der monatlichen Vorlage des Fahrtenbuches werde sich wegen der nicht gegebenen Vollstreckungsvoraussetzungen voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 31a StVZO seien erfüllt. Es sei hinreichend dokumentiert, dass mit dem Fahrzeug des Antragstellers ein Geschwindigkeitsverstoß begangen worden sei. Hierbei handle es sich um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht, da dieser mit einem Punkt bewertet sei, was nur noch bei Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit der Fall sei. Die Feststellung des Fahrzeugführers sei innerhalb der Verjährungsfrist trotz ausreichender, sachgemäßer Ermittlungen nicht möglich gewesen. Der Antragsteller habe an der Aufklärung nicht mitgewirkt. Werde ein Anhörungsbogen unausgefüllt zurückgeschickt oder hierauf überhaupt nicht reagiert, liege darin die konkludente Erklärung, sich nicht äußern zu wollen. Der Antragsteller habe darüber hinaus mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. August 2017 erklären lassen, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und einer – auch zukünftigen - polizeilichen Vorladung keine Folge leisten werde, und damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er seine Mitwirkung verweigere. Diesbezüglich verfange auch der Einwand nicht, dass er nur als Betroffener und nicht als Zeuge vernommen worden sei. Eine generelle Verpflichtung, den Fahrzeughalter als Zeugen zu vernehmen, bestehe nicht. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend eine Zeugeneinvernahme zur Fahrerfeststellung geführt hätte, seien nicht zu erkennen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb seine formelle Stellung als Betroffener im Ordnungswidrigkeitenverfahren der Fahrerbenennung entgegenstehen sollte. Denn auch sein Schweigerecht hindere ihn nicht daran preiszugeben, wer zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug geführt habe oder zumindest den Kreis potentieller Täter einzugrenzen. Es liege auch kein Ermittlungsdefizit darin, dass der Antragsgegner sich nicht im Wege der Amtshilfe an das Gewerbeaufsichtsamt gewandt habe, da dies nicht mit wenig Aufwand durchzuführen gewesen wäre. Ferner stehe auch nicht die Ausrüstung des Lkw mit einem Fahrtenschreiber der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage entgegen, da nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV, der der Regelung in § 57a StVZO vorgehe (§ 57a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StVZO), Fahrzeuge von der Anwendung der Art. 5 bis 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 ausgenommen seien, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 100 km vom Standort des Unternehmens für die Beförderung von lebenden Tieren von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet würden. Dass hier ggf. nicht alle Fahrten im Umkreis von 100 km durchgeführt würden, sei unerheblich, da jedenfalls hinsichtlich etwaiger Verkehrsverstöße in diesem Bereich, wie etwa der für das hiesige Verfahren anlassgebende Geschwindigkeitsverstoß, eine Aufklärung durch den Fahrtenschreiber nicht möglich sei. Im Übrigen habe der Antragsteller bei Fahrerermittlungen in der Vergangenheit schon mehrfach auf diese Ausnahmeregelung hingewiesen und Tachoscheiben nicht vorgelegt. Auch arbeitszeitrechtliche Aufzeichnungen des Antragstellers seien nicht wie ein Fahrtenbuch zur Fahrerfeststellung geeignet. Wenn es ihm unschwer möglich gewesen wäre, den Fahrer zu benennen, hätte es ihm freigestanden, dies auch zu tun, und zwar unabhängig von seiner Stellung im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Er habe trotz ihm vorliegender Unterlagen bereits wiederholt die Mitwirkung an der Aufklärung von Verkehrsverstößen verweigert. Auch im Hinblick auf die angeordnete Dauer erweise sich die Fahrtenbuchauflage als ermessensgerecht und verhältnismäßig, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich nicht um die erste Fahrtenbuchauflage handle.




Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit wiederherzustellen bzw. anzuordnen, als das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt hat, und führt zur Begründung aus, er habe seine Mitwirkung als Fahrzeughalter nicht verweigert. Denn er sei nur als Betroffener in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren befragt worden. Es liege ein Ermittlungsdefizit vor, da die Bußgeldbehörde sich damit begnügt habe, ihn nur als Betroffenen anzuhören bzw. polizeilich vorladen zu lassen. Wäre er in seiner Eigenschaft als Zulassungsinhaber und Fahrzeughalter befragt worden, hätte er wahrheitsgemäß als Zeuge die Person, der er das Fahrzeug am 11. Juli 2017 um 10:17 Uhr überlassen habe, benannt. Die „falsche“ Anhörung führe zur Ermessensfehlerhaftigkeit der streitgegenständlichen Anordnung. Die Ermittlungsbehörde wäre verpflichtet gewesen bzw. wäre ihr zuzumuten gewesen, eine strafprozessual mögliche Zeugenanhörung durchzuführen. Stattdessen habe sie sich mit angeblichen Vorkommnissen aus der Vergangenheit beschäftigt. Ein weiterer Ermessensfehler liege darin, dass die Behörde es unterlassen habe, ggf. im Wege der Amtshilfe die digitalen Daten des Massenspeichers sowie der Fahrerkarten anzufordern. Der Antragsteller wäre gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FPersG zur Vorlage verpflichtet gewesen und dem auch nachgekommen, da ansonsten empfindliche Bußgelder gedroht hätten. Auch sei es regelmäßig unverhältnismäßig, das Führen eines Fahrtenbuches für einen Lkw anzuordnen, der gemäß § 57a Abs. 1 StVZO mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet sei. Der Beschwerdeführer habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts von Anfang an nur in der ihm vom Antragsgegner aufgedrängten Parteirolle als Betroffener in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren agiert. Er sei als Fahrzeughalter nicht zur Mitwirkung aufgefordert worden und ungefragt nicht zur Offenbarung und Mitwirkung verpflichtet gewesen. Soweit das Verwaltungsgericht vom Fehlen eines „doppelten Rechts“ spreche, beziehe sich das ausschließlich auf das Aussageverweigerungsrecht in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren und einem Verwaltungsverfahren. Darum gehe es hier aber nicht. Das Ermittlungsdefizit führe zur Unverhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage. Der Antragsgegner habe keinerlei Feststellungen dazu getroffen, inwieweit aufzeichnungspflichtige Fahrten innerhalb des 100 km-​Umkreises vorgelegen hätten, und das Gericht habe ungeprüft dessen Behauptungen übernommen. Dies sei im Übrigen nicht entscheidungserheblich, da auch der gewerbliche Güterverkehr mit Fahrzeugen über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht den Regelungen der Fahrpersonalverordnung, des Arbeitszeitgesetzes und des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern unterliege. Wenn die Aufzeichnungen nicht über ein digitales EG-​Kontrollgerät vorgenommen würden, seien sie in anderer geeigneter Weise zu führen und unterlägen der Kontrolle des Gewerbeamts. Dem sei der Antragsgegner nicht nachgegangen, so dass auch insoweit ein Ermessensfehler vorliege. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei auch die Dauer der Anordnung von zwölf Monaten bei einer Ordnungswidrigkeit, die mit nur einem Punkt bewertet werde, unangemessen. Dabei sei auch die Mitwirkung des Fahrzeughalters an der Tataufklärung zu berücksichtigen. Der Antragsteller habe sich nur als Betroffener, nicht aber als Fahrzeughalter, gänzlich passiv verhalten. Die ihm auferlegte Parteirolle könne er nicht beeinflussen. Vorgänge aus zurückliegenden Jahren seien nicht entscheidungserheblich, zumal der Antragsteller auch dort als Betroffener und nicht als Fahrzeughalter angegangen worden sei. Die Antragsschrift und der weitere Schriftsatz vom 27. April 2018 würden zum Gegenstand der Beschwerdebegründung gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vorgelegten Behördenakten und die beigezogenen Akten aus dem Verfahren B 1 S 13.818 Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben wäre.

Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, setzt nach § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-​Zulassungs-​Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl I S. 679), im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Oktober 2017 (BGBl I S. 3723), voraus, dass nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich war. Dies ist dann der Fall, wenn die zuständige Behörde nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat (BVerwG, B.v. 9.12.1993 – 11 B 113.93 – juris Rn. 4; B.v. 17.5.1993 – 11 B 50.93 – ZfSch 1994, 70 = juris Rn. 5 m.w.N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers zu vertreten hat (OVG NW, B.v. 25.1.2018 – 8 A 1587/16 – juris Rn. 13).

Die Einwände des Antragstellers, es liege ein zur Rechtswidrigkeit der Anordnung führendes Ermittlungsdefizit vor und er habe die Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers nicht verweigert, weil er fälschlich nur als Betroffener, aber nicht als Zeuge angehört worden sei, greifen nicht durch. Die bis zum insoweit maßgeblichen Eintritt der Verfolgungsverjährung am 11. Oktober 2017 (§ 26 Abs. 3 StVG) erfolglos gebliebenen Bemühungen des Antragsgegners, den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln, genügen den rechtlichen Anforderungen.


Art, Zeitpunkt und Umfang der angemessenen und zumutbaren Ermittlungen stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei (BVerwG, U.v. 13.10.1978 – VII C 77.74 – NJW 1979, 1054 = juris Rn. 16). § 31a StVZO verpflichtet die Polizei nicht zur Anwendung bestimmter Ermittlungsmethoden (vgl. BVerwG, B.v. 9.12.1993 – 11 B 113.93 – juris Rn. 4; U.v. 13.10.1978 a.a.O.). Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab (BVerwG, B.v. 23.12.1996 – 11 B 84.96 – juris Rn. 3). Die Behörde darf ihre Bemühungen um die Feststellung des Fahrzeugführers vorrangig an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und aus seinem Verhalten im Ordnungswidrigkeitenverfahren auf fehlende Mitwirkungsbereitschaft schließen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – juris Rn. 7). Der Fahrzeughalter ist für sein Fahrzeug verantwortlich und daher erster Ansprechpartner für die Ermittlungsbehörden (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 11 ZB 15.171 – VRS 128, 216 = juris Rn. 11; vgl. auch OVG NW, B.v. 15.3.2007 – 8 B 2746/06 – juris Rn. 11 f.). Auch wenn – wie hier – der Fahrer auf einer Lichtbildaufnahme nicht identifiziert werden kann, ist der Fahrzeughalter insoweit zur Mithilfe bei der Aufklärung verpflichtet, dass er zumindest den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Straßenverkehrsbehörde einschränkt (BayVGH, a.a.O.). Unterbleiben dahingehende Angaben oder lehnt der Fahrzeughalter eine Mitwirkung erkennbar ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 9.12.1993 a.a.O.; U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – juris Rn. 7; BayVGH, a.a.O.); zumal Ermittlungsbemühungen nur dann sinnvoll sind, wenn der Täter vor Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist (§ 26 Abs. 3 StVG) und deren in Betracht kommenden Unterbrechungen so rechtzeitig bekannt ist, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit noch mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann (vgl. VGH BW, B.v. 21.7.2014 – 10 S 1256/13 – juris Rn. 5). Schickt der Fahrzeughalter – wie hier – den ihm übersandten Anhörungsbogen unausgefüllt oder kommentarlos zurück oder reagiert auf diesen nicht oder lehnt er unter ausdrücklichem Hinweis auf sein Aussagverweigerungsrecht pauschal jede Mitwirkung an der weiteren Aufklärung ab, darf die Ermittlungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich von einer fehlenden Bereitschaft ausgehen, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. BVerwG, B.v. 1.3.1994 – 11 B 130.93 – VRS 88, 158 juris Rn. 4 m.w.N.; VGH BW, B.v. 10.8.2015 – 10 S 278/15 – VerkMitt 2015, Nr. 61 = juris Rn. 8 m.w.N.; OVG NW, B.v. 25.1.2018 – 8 A 1587/16 – juris Rn. 11). Dies gilt nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auch und gerade in den Fällen, in denen – wie hier – der Fahrzeughalter in dem Anhörungsschreiben vorsorglich auch als Zeuge angesprochen worden ist, aber bis zuletzt jede sachdienliche Äußerung abgelehnt hatte (BVerwG, B.v. 1.3.1994 a.a.O.). Erst wenn sich im Einzelfall besondere Beweisanzeichen ergeben haben, die auf die Person des Fahrzeugführers hindeuten, oder wenn besondere Umstände des Einzelfalls es naheliegend erscheinen lassen, dass der Halter bei Kenntnis bestimmter Ermittlungsergebnisse doch mitwirkungsbereit sein könnte, muss die Behörde weiter ermitteln (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 31a StVZO Rn. 39 m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.10.2018 – 11 CS 18.1240 – juris Rn. 14).

Derartige Indizien lagen hier jedoch nicht vor. Der Antragsteller hat sogar die Pflichtangaben gemäß § 111 Abs. 1 OWiG im Rahmen der Betroffenenanhörung, jede Einlassung vor Einsicht in die Ermittlungsakten sowie persönliche Auskünfte verweigert und ein Erscheinen vor der Polizei auch künftig allgemein abgelehnt, was darauf schließen ließ, dass er allenfalls taktisch motiviert zu einer Mitwirkung bereit gewesen wäre. Mit dem Vortrag seines Bevollmächtigten vom 25. August 2017, er befinde sich seit geraumer Zeit in einer auswärtigen Rehabilitationseinrichtung, ohne die Behörde auf einen bevollmächtigten Ansprechpartner zu verweisen, hat er zudem den Eindruck erwecken lassen, dass er auf absehbare Zeit auch keinen Zugriff auf betriebliche Unterlagen hat und für sachdienliche Auskünfte nicht zur Verfügung steht. Unter weiterer Berücksichtigung, dass der Antragsteller bzw. seine Mitarbeiter auch in der Vergangenheit der Mitwirkungspflicht mehrfach nicht nachgekommen waren (vgl. Bl. 20 der Behördenakten und das Verfahren B 1 S 13.818), sprach keine nennenswerte Wahrscheinlichkeit dafür, dass durch eine Anforderung digitaler Daten oder sonstiger betrieblicher Unterlagen die Identität des Täters aufgedeckt werden würde. Ein Grund dafür, weshalb sich die Polizei bei der Einschätzung, welche Ermittlungen im Einzelfall geeignet und zielführend sein könnten, nicht auch von Erkenntnissen aus der Vergangenheit leiten lassen sollen dürfte, ist nicht ersichtlich (vgl. auch OVG NW, B.v. 13.1.2016 – 8 A 1217/15 – juris Rn. 13 ff.; SächsOVG, U.v. 28.6.2010 – 3 A 176/10 – DAR 2011, 43 = juris Rn. 21 f.).

Ob eine Befragung als Zeuge eine der Behörde noch zuzumutende Ermittlungsmaßnahme ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab (BVerwG, B.v. 21.10.1987 – 7 B 162.87 – NJW 1988, 1104 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 11.7.2012 – 11 ZB 12.727 – juris Rn. 14). Der Antragsteller macht mit der Beschwerde insoweit geltend, seine Zeugenbefragung wäre erfolgversprechend gewesen, weil er dann wahrheitsgemäß den Fahrer benannt hätte, gibt jedoch für die Richtigkeit dieser pauschalen Behauptung keinen Grund bzw. keinen Anhaltspunkt an. Vor dem Hintergrund der bereits genannten Umstände und des Umstands, dass wegen des zur Identifizierung ungeeigneten Fotos neben etwaigen Aushilfsfahrern sowohl er als auch seine beiden Kinder als Fahrzeugführer bis zuletzt in Betracht kamen, daher konkret mit der Berufung auf ein Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht zu rechnen war und er in dem Anhörungsschreiben vom 24. Juli 2017 unter Hinweis auf das Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht gemäß §§ 55, 52 Abs. 1 StPO bereits gebeten worden war, als Zeuge Angaben zum verantwortlichen Fahrer zu machen, er aber während des gesamten Verwaltungsverfahrens keinerlei Hinweis auf eine Aussagebereitschaft als Zeuge gegeben hat, musste die Polizei auch nicht davon ausgehen, dass durch seine Einvernahme als Zeuge die Identität des Täters aufgedeckt werden könnte. Hätte eine Bereitschaft zur Mitwirkung als Zeuge bestanden, hätte er mit einem entsprechenden Hinweis seine Stellung als Betroffener im Sinne von § 55 OWiG umgehend beenden und eine Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeit vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG ermöglichen können. Mit den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses, in dem die fehlende Nachvollziehbarkeit seines Vortrags bemängelt wird, setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Die vom Verwaltungsgericht zitierte ständige Rechtsprechung, dass es kein doppeltes Recht gebe, nach einem Verkehrsverstoß die Aussage verweigern und zugleich eine Fahrtenbuchauflage abwehren zu dürfen, bezieht sich auf Fälle, in denen der Betroffene in einem gegen ihn selbst oder gegen einen Dritten gerichteten Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren die Aussage verweigert (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.1999 – 3 B 96.99 – BayVBl 2000, 380 = juris Rn. 3 m.w.N.) und somit entgegen der Auffassung des Antragstellers auch auf den zu entscheidenden Fall. Es ist zwar richtig, dass diese Rechtsprechung nicht unmittelbar die Frage beantwortet, welcher Ermittlungsaufwand im Einzelfall angemessen und zumutbar ist; andererseits erhöht sich – wie dargelegt – dieser Aufwand nicht allein dadurch, dass ein Betroffener von seinem Recht Gebrauch macht, die Auskunft oder das Zeugnis verweigern.

Nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze ist ebenso wenig zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht es vorliegend im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand nicht für erforderlich erachtet hat, im Wege der Amtshilfe beim Gewerbeaufsichtsamt Daten des digitalen Fahrtenschreibers anzufordern und diese auszuwerten. Hinzu kommt, dass derartige Ermittlungen nach bisherigen polizeilichen Erfahrungen aus Fahrerermittlungen, die Firmenfahrzeuge des Antragstellers betrafen, keinen Erfolg versprachen, weil sich der Antragsteller schon mehrfach auf die Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV berufen hatte und auch die anlassgebende Verkehrsordnungswidrigkeit nur 20 km vom Betriebsstandort entfernt begangen worden ist.

Die Fahrtenbuchauflage ist auch nicht unverhältnismäßig, weil sie einen Lkw betrifft, der mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet oder auszurüsten ist. Die vom Antragsteller hierfür angeführte Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (U.v. 28.6.2010 – 3 A 176/10 – DAR 2011, 43 = juris Rn. 21) trägt nicht den von ihm aus dieser abgeleiteten Schluss, dass die Anordnung eines Fahrtenbuchs bei Vorhandensein eines Fahrtenschreibers regelmäßig unverhältnismäßig sei (vgl. Dauer, a.a.O. Rn. 60). Denn das Oberverwaltungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass es bei den entsprechend ausgerüsteten Lkw der Klägerin in der Vergangenheit niemals zu Schwierigkeiten bei der Identifizierung des verantwortlichen Fahrzeugführers gekommen war. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Fahrtenschreiber zur Fahrerfeststellung nicht geeignet ist, denn – selbst wenn der Lkw des Antragstellers von der Ausrüstungspflicht mit einem Fahrtenschreiber nicht gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV ausgenommen sein mag, weil er neben Transportfahrten von Lebendvieh innerhalb eines Umkreises von bis zu 100 km auch für längere Fahrten eingesetzt wird – ist der Antragsteller in der Vergangenheit seiner Mitwirkungspflicht, die entsprechenden Daten herauszugeben bzw. den Namen des Fahrers zu nennen, schon mehrfach nicht nachgekommen. Dem ist die Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten.




Weiter hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend dargelegt, dass die Anordnung der Fahrtenbuchauflage auch hinsichtlich der Dauer von zwölf Monaten ermessensfehlerfrei ergangen und verhältnismäßig ist. Die Beschwerdebegründung wiederholt insoweit lediglich den erstinstanzlichen Vortrag, ohne sich mit der Begründung des Beschlusses auseinanderzusetzen, und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, § 146 VwGO, Stand Mai 2018, Rn. 13c). Im Übrigen ist eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 16 km/h (nach Abzug einer Toleranz von 3 km/h) gemäß Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zur FeV i.V.m. § 1 BKatV i.V.m. Nr. 11 Anlage zur BKatV (Bußgeldkatalog), Nr. 11.1.4 der Tabelle 1 des Anhangs zum Bußgeldkatalog im Fahreignungsregister mit einem Punkt zu bewerten. Hierbei handelt es sich – auch im Falle einer ersten derartigen Zuwiderhandlung – um eine Ordnungswidrigkeit von einigem Gewicht im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 12.94 – BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9 f.; U.v. 28.5.2015 – 3 C 13.14 – BVerwGE 152, 180 = juris Rn. 23; OVG Berlin-​Bbg, B.v. 19.2.2015 – 1 B 1.13 – juris Rn. 20; OVG NW, B.v. 18.12.2017 – 8 B 1104/17 – juris Rn. 32 m.w.N.). Insoweit genügt u.a., dass sich der Verkehrsverstoß verkehrsgefährdend auswirken kann, was nach der Reform des Bewertungssystems zum 1. Mai 2014, nach der Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die nach Einschätzung des Verordnungsgebers die Verkehrssicherheit beeinträchtigen (vgl. BT-​Drs. 17/12636, S. 1, 17), anzunehmen ist. In diesem Zusammenhang durften der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht auch das bisherige Verhalten des Antragstellers zu seinen Lasten würdigen sowie den Umstand, dass es sich um einen Wiederholungsfall handelt (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 31a StVZO Rn. 51). Denn das Bedürfnis, durch die mit einer Fahrtenbuchauflage verbundene präventive Kontrolle weiteren vergleichbaren Vorfällen entgegenzuwirken, ist größer, wenn es bereits zum wiederholten Mal zu unaufgeklärt gebliebenen Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften gekommen ist (OVG NW, B.v. 13.1.2016 – 8 A 1217/15 – juris Rn. 13 ff.: keine Bedenken gegen eine Verdoppelung der Dauer im Wiederholungsfall). Außerdem wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr umso mehr Veranlassung bestehen, den Fahrzeughalter durch eine besonders lang bemessene Fahrtenbuchauflage anzuhalten, zur Tataufklärung beizutragen, je weniger er um Mitwirkung hieran bemüht war (BayVGH, B.v. 18.5.2010 – 11 CS 10.357 – NJW 2011, 326 = juris Rn. 26).

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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