Das Absehen vom Regelfahrverbot erfordert vom Tatrichter Feststellungen dazu, wann und wo der Betroffene die Fahrt angetreten hat und wie lange er bereits unterwegs gewesen war, um festzustellen, ob es ihm bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt möglich war, seine Notdurft zu verrichten. Darüber hinaus sind Feststellungen zu treffen, warum der Betroffene nicht an einem anderen Ort, den er mit angemessener Geschwindigkeit hätte erreichen können, seine Notdurft verrichtet hat. |
„dass der Betroffene eine dringende Notdurft zu verrichten hatte und zugleich unter erheblichen Magenkrämpfen litt und deshalb unter Befahrung mit zu hoher Geschwindigkeit die nah gelegene Toilette bei seiner Freundin erreichen wollte, um sich nicht in die Hose zu machen. ... Vor dem Hintergrund der Ausnahmesituation, die sich für den Betroffenen aus diesem Sachverhalt ergab, erachtet es das Gericht für ausreichend aber auch notwendig die Tat allein mit der Regelgeldbuße zu sanktionieren ohne zugleich das Fahrverbot zu verhängen.“ |
„Der Richter hat ein Verkehrsverstoß des Betroffenen festgestellt, bei dem nach § 25 StVG, §§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV und der laufenden Nummer 11.3.8 BKatV im Regelfall ein Fahrverbot von zwei Monaten wegen Überschreitens der festgesetzten Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften anzuordnen ist. Bei dieser Zuwiderhandlung ist eine grobe Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugführers, bei der nach § 25 Abs. 1 S. 1 StVG ein Fahrverbot verhängt werden kann, indiziert. Ein Absehen von der Anordnung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen kann nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn der Betroffene infolge einer Notdurft selber zu einer Toilette gelangen wollte (vgl. OLG Hamm, SVR 2018, 35). Ob dies der Fall ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung. Das Absehen von einem indizierten Fahrverbot ist jedoch stets näher zu begründen. Das Urteil muss dabei die Erwägungen zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Betroffenen darlegen. Seine Angaben dürfen nicht ungeprüft unternommen werden, sondern müssen im Detail vom Tatrichter kritisch erfragt werden. Hieran mangelt es in den Urteilsgründen. Sind keine Feststellungen dazu getroffen worden, wann und wo der Betroffene die Fahrt angetreten hat und wie lange er bereits unterwegs gewesen war, um festzustellen, ob es ihm bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt möglich war, seine Notdurft zu verrichten. Darüber hinaus sind keine Feststellung getroffen worden, warum der Betroffene nicht an einem anderen Ort, den er mit angemessener Geschwindigkeit hätte erreichen können, seine Notdurft verrichtet hat. Der Betroffene wurde in der ... Innenstadt angetroffen, also einen zu einem früheren Zeitpunkt möglich war, seine Notdurft zu verrichten. Darüber hinaus sind keine Feststellung getroffen worden, warum der Betroffene nicht an einem anderen Ort, den er mit angemessener Geschwindigkeit hätte erreichen können, seine Notdurft verrichtet hat. Der Betroffene wurde in der ... Innenstadt angetroffen, also einen der größeren Orte in Brandenburg, der über gastronomische Einrichtungen, wie z.B. Fast- Food-Ketten, oder Tankstellen verfügt. Eine dieser Einrichtungen hätte der Betroffene aufsuchen können, um seine Notdurft zu verrichten. Weiter fehlen im Urteil Feststellungen darüber, ob der in ... wohnhafte Betroffene nicht Verwandte, Freunde oder Bekannte zu einem früheren Zeitpunkt der Fahrt in angemessener Geschwindigkeit hätte aufsuchen können.“ |