Soll von Beobachtungen durch Zeugen aus dem Querverkehr auf einen qualifizierten Rotlichtverstoß geschlossen werden, ist diesen nicht von vornherein jeder Beweiswert abzusprechen. Solche Beobachtungen sind jedoch angesichts der in Betracht kommenden Fehlerquellen mit Unsicherheiten behaftet, denen die Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise Rechnung tragen muss. In diesem Fall ist auf den automatisierten Programmablauf der Lichtzeichenanlage Bezug zu nehmen und aus dem Schaltprogramm der ordnungsgemäß funktionierenden Lichtzeichenanlage auf den Rotlichtverstoß zu schließen. |
„Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage, deren Rotphase länger als 1 Sekunde dauert, nicht. Zwar unterliegen die Urteilsgründe in Bußgeldsachen keinen hohen Anforderungen, sie müssen jedoch so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hinsichtlich aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung der Nebenfolge zugrunde liegen (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., 2012, § 71, Rn. 42 m. w. N.). Dies gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in den Stand gesetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Widersprüche, Unklarheiten, Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen, wie für den Rechtsfolgenausspruch (KK-Senge OWiG 3. Aufl., § 71 Rn. 106; Göhler OWiG 15. Aufl. § 71 Rn. 42, 43, jeweils m. w. N.; OLG Bamberg VRS 114, 456/457; OLG Jena VRS 114, 458/459 f.; OLG Karlsruhe NZV 2007, 256/257; OLG Hamm NZV 2003, 295). Im Einzelnen bedeutet dies, dass die schriftlichen Urteilsgründe nicht nur die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben müssen, in denen die gesetzlichen Merkmale der ordnungswidrigen Handlung gefunden werden, und zwar unter Darlegung des genauen Tatorts und der Tatzeit. Vielmehr müssen hinsichtlich der Beweiswürdigung die Urteilsgründe regelmäßig auch erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht seine Überzeugung gestützt hat, ob und wie sich die Betroffene eingelassen hat, ob der Richter der Einlassung folgt oder ob und inwieweit er die Einlassung für widerlegt ansieht. Soll von Beobachtungen durch Zeugen aus dem Querverkehr auf einen qualifizierten Rotlichtverstoß geschlossen werden, ist diesen nicht von vornherein jeder Beweiswert abzusprechen. Solche Beobachtungen sind jedoch angesichts der in Betracht kommenden Fehlerquellen mit Unsicherheiten behaftet, denen die Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise Rechnung tragen muss (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.09.2009 - 2 SsOWi 550/09). In diesem Fall ist auf den automatisierten Programmablauf der Lichtzeichenanlage Bezug zu nehmen und aus dem Schaltprogramm der ordnungsgemäß funktionierenden Lichtzeichenanlage auf den Rotlichtverstoß zu schließen. Die tatrichterlichen Schlussfolgerungen dürfen sich nicht so weit von einer festen Tatsachengrundlage entfernen, dass sie letztlich nur Vermutungen darstellen. Um dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung der in Rede stehenden Schlussfolgerung allein anhand der Urteilsfeststellungen zu ermöglichen, muss in den Urteilsgründen daher in aller Regel der Programmablauf der Lichtzeichenanlage mitgeteilt werden; ein logischer Rückschluss allein reicht nicht aus (OLG Hamm, a. a. 0.). |