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Verwaltungsgericht Stade Beschluss vom 18.06.2019 - 1 B 645/19 - Nichtteilnahme am Aufbauseminar

VG Stade v. 18.06.2019: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtteilnahme am Aufbauseminar


Das Verwaltungsgericht Stade (Beschluss vom 18.06.2019 - 1 B 645/19) hat entschieden:

   Kommt der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nach einer schweren Zuwiderhandlung der Aufforderung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nach, so ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen. Im Einzelfall kann dies unverhältnismäßig sein. Insoweit muss der Fahrerlaubnisinhaber substantiiert darlegen, weshalb ihm die Teilnahme an einem Seminar nicht möglich war. Eine berufsbedingte längerfristige Ortsabwesenheit begründet dieses nicht ohne weiteres, da der Betroffene auch an einem anderen Ort ein solches Seminar besuchen kann.


Siehe auch
Aufbauseminar
und
Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein


Gründe:


Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),

   die aufschiebende Wirkung seiner Klage (1 A 644/19) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. April 2019 anzuordnen bzw. wiederherzustellen,

hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist er unzulässig oder unbegründet.

Der Antrag ist bereits unzulässig, soweit er sich gegen die in Ziffer IV. des angefochtenen Bescheides festgesetzten Kosten richtet. Denn der Antragsteller hat vor Anrufung des Gerichts keinen gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO vorausgesetzten Antrag auf behördliche Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO gestellt. Die in § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO genannten Ausnahmen, die ein Absehen hiervon rechtfertigen würden, liegen nicht vor.

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die in Ziffer I. des angefochtenen Bescheides verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis ist zwar zulässig, aber unbegründet.




Kommt einer Klage gegen eine Anordnung der Behörde - wie hier gemäß § 2a Abs. 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG) - kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betroffenen, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, bei der aber die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten ist. Bei der Abwägung kommt den Erfolgsaussichten der erhobenen Klage entscheidende Bedeutung zu. Ist die Entziehung der Fahrerlaubnis offensichtlich rechtmäßig, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides das Interesse des Betroffenen, vorläufig weiter Inhaber einer Fahrerlaubnis zu bleiben.

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vorzunehmende Interessenabwägung zulasten des Antragstellers aus. Seine Klage wird voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Die in Ziffer I. verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheids des Antragsgegners vom 8. April 2019 erweist sich als rechtmäßig.

Formelle Bedenken bestehen nicht. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang lediglich pauschal geltend macht, er sei vor der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht nach § 28 Abs. 1 VwVfG angehört worden, folgt die Kammer dem nicht. Denn ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befindlichen Schreibens vom 21. März 2019 wurde diesem in angemessener Weise Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 28 Abs. 1 VwVfG zu äußern. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Schreiben den Antragsteller nicht erreicht hat, sind für das Gericht weder feststellbar noch von dem Antragsteller auch nur hinreichend substantiiert geltend gemacht. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass sich die Mutter des Antragstellers in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabe des Anhörungsschreibens zur Post am 21. März 2019 ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befindlichen Vermerks vom 28. März 2019 telefonisch an diesem Tage mit dem Antragsgegner in Verbindung gesetzt hat und um Verlängerung der Frist zur Durchführung des Aufbauseminars gebeten hat.

Materielle Bedenken gegen die Verfügung des Antragsgegners bestehen ebenfalls nicht. Dieser hat auf der Grundlage des § 2a Abs. 3 StVG Straßenverkehrsgesetz (StVG) dem Antragsteller offensichtlich zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen. Danach ist die Fahrerlaubnis auf Probe zu entziehen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis einer vollziehbaren Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG in der festgesetzten Frist nicht nachgekommen ist. Gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen, wenn - wie vorliegend - der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe innerhalb der Probezeit eine schwerwiegende Zuwiderhandlung begangen hat und deswegen eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 Buchstabe a oder c StVG in das Fahreignungsregister einzutragen ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.




Der Antragsgegner hat den Antragsteller mit Bescheid vom 19. November 2018 - dem Antragsteller zugestellt am 21. November 2018 - unter Hinweis auf die von ihm am 10. April 2018 begangene Ordnungswidrigkeit in Form der Außerachtlassung der ihm obliegenden besonderen Vorsicht beim Rückwärtsfahren, bei der es sich um eine schwerwiegende Zuwiderhandlung im Sinne des Abschnitts A Nr. 2.1 der Anlage 12 zu § 34 FeV handelt und die in das Fahreignungsregister eingetragen wurde, zu der Teilnahme an einem Aufbauseminar aufgefordert. Diese Anordnung vom 19. November 2018 ist gemäß § 2a Abs. 6 StVG sofort vollziehbar gewesen. Die Vollziehbarkeit ist auch nicht durch eine gerichtliche Entscheidung beseitigt worden. Denn der Antragsteller hat dagegen in der gesetzlichen Frist (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) weder Klage erhoben noch einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zudem ist die Verfügung zwischenzeitlich bestandskräftig und damit unanfechtbar geworden. Darüber hinaus hat der Antragsteller auch nach seinem eigenen Vorbringen innerhalb der ihm von dem Antragsgegner gesetzten Frist von drei Monaten, die ihren Ablauf am 21. Februar 2019 gefunden hat und an deren Angemessenheit vorliegend keine Zweifel bestehen, an einem Aufbauseminar nicht teilgenommen und die von ihm geforderte Teilnahmebescheinigung nicht vorgelegt.

Der Antragsgegner ist bei dieser Sachlage nach § 2a Abs. 3 StVG zwingend verpflichtet, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die Nichtteilnahme an dem Aufbauseminar führt unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis, ohne dass die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt werden muss und der Fahrerlaubnisbehörde hierbei ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Auf ein Verschulden bei der Versäumung der für das Aufbauseminar gesetzten Frist kommt es nicht an (vgl. OVG Berlin-​Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2012 - OVG 1 S 53.12 - juris). Die Vorschrift knüpft allein an die objektive Fristversäumung an (vgl. auch VG Braunschweig, Beschluss vom 15.05.2012 - 6 B 50/12 -).

Die Entziehung der Fahrerlaubnis erweist sich vorliegend auch nicht ausnahmsweise als unverhältnismäßig. Für das Gericht sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller allein aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen daran gehindert gewesen wäre, das Aufbauseminar innerhalb der ihm gesetzten Frist zu besuchen (vgl. hierzu VG Saarland, Beschluss vom 18.09.2014 - 6 L 1080/14 - juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 15.05.2012 - 6 B 50/12 -, VG Oldenburg, Beschluss vom 23.09.2003 - 7 B 3316/03 -juris; VG München, Urteil vom 28.10.2008 - M 1 K08.3364 - juris, VG München, Beschluss vom 21.07.2005 - M 6b S 05.2427 - juris). Solche hat der Antragsteller auch nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Ausweislich des dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners hat sich der Antragsteller erstmals am 28. März 2019 vertreten durch seine Mutter, und damit mehr als vier Monate nach der Aufforderung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar mit Schreiben vom 19. November 2018, mit dem Antragsgegner in Verbindung gesetzt und um eine Fristverlängerung gebeten. Eine vorherige Kontaktaufnahme durch den Antragsteller ist nicht erfolgt. Die Anmeldung zu dem Aufbauseminar erfolgte ausweislich des in dem gerichtlichen Verfahren vorgelegten Vertrages erst am 9. April 2019 und damit offensichtlich unter dem Druck der angekündigten Entziehung der Fahrerlaubnis mit Anhörungsschreiben vom 21. März 2019. Dabei liegt es allein im Verantwortungsbereich des Antragstellers, sich rechtzeitig um die Teilnahme an einem Aufbauseminar zu kümmern und dieses zu absolvieren (vgl. VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 18.01.2017 - 7 A 6000/16 -). Dass ihm dies innerhalb der drei Monate nicht möglich gewesen sein soll, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, er habe sich in der Zeit vom 1. September 2018 bis zum 31. Dezember 2018 für eine dreimonatige Ausbildung in E. befunden, weshalb er erst im Januar Kenntnis von der Verfügung erlangt habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn es liegt allein im Verantwortungsbereich des Antragstellers Sorge dafür zu tragen, dass er auch in Zeiten der - beruflichen - Abwesenheit postalisch unter der von ihm angegebenen Adresse erreichbar ist und ihm seine Post zur Kenntnis gelangt. Auch der weitere Einwand des Antragstellers, in der Zeit vom 1. Januar 2019 bis zum 31. März 2019 habe sich eine Dienstpostenausbildung in A. angeschlossen, weshalb er bei dem Antragsgegner um Fristverlängerung gebeten habe, verhilft seinem Begehren nicht zum Erfolg. Für das Gericht ist schon nicht ersichtlich, weshalb es dem Antragsteller während seiner Dienstpostenausbildung in A. nicht möglich gewesen sein soll, an einem entsprechenden Aufbauseminar teilzunehmen. Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller erstmals am 28. März 2019 mit dem Antragsgegner in Verbindung gesetzt hat und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Frist zur Absolvierung des Aufbauseminars längst verstrichen war. Es wäre seine Sache gewesen, sich - auch bei verschiedenen Fahrschulen in der Umgebung seines Ausbildungs- bzw. Berufsortes - um einen rechtzeitigen Termin zu bemühen (vgl. VG München, Beschluss vom 21.07.2005 - M 6b S 05.2427 - juris). Der Antragsgegner hat hierzu im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass nach der Auskunft des Landkreises F. mindestens alle drei bis vier Wochen Aufbauseminare stattfinden würden und somit eine Teilnahme am Ort der Berufsstelle des Antragstellers in Betracht gekommen wäre. Dem ist der Antragsteller nicht ansatzweise entgegengetreten.




Auch der Hinweis des Antragstellers, er sei aus beruflichen Gründen dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, da er Berufsanfänger sei und der Einstieg in das Berufsleben eine besondere Flexibilität voraussetze, führt nicht zum Erfolg seines Rechtsschutzbegehrens. Der Antragsteller ist in der Anordnung vom 19. November 2018 über die Rechtsfolgen einer Fristversäumung belehrt worden. Die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen Härten hat er selbst zu vertreten. Sie sind daher nicht geeignet, die im Gesetz vorgesehene zwingende Rechtsfolge seines Verhaltens als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen (vgl. auch VG Braunschweig, Beschluss vom 15.05.2012 - 6 B 50/12 -).

Nach alledem ist dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung der Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers einzuräumen, einstweilen am Straßenverkehr weiter teilnehmen zu dürfen. Da sich die angeordnete Maßnahme nach dem oben Gesagten als rechtmäßig erweist, besteht kein Raum, entgegen der vom Gesetzgeber in § 2a Abs. 6 StVG vorgenommenen Bewertung, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Damit verbundene Beeinträchtigungen, ggfs. auch für seine berufliche Tätigkeit, hat der Antragsteller hinzunehmen. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378, 2380).

Der weitergehende Antrag des Antragstellers, der uneingeschränkt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Ausgangsbescheid des Antragsgegners beantragt hat, hat Erfolg. Dabei legt das Gericht den Antrag nach der Interessenlage des Antragstellers in Bezug auf die in Ziffer II. des angefochtenen Bescheides verfügte Pflicht zur Abgabe oder Übersendung des Führerscheins dahingehend aus (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO), dass dieser die Feststellung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO analog begehrt, dass die Klage gegen Ziffer II. des Ausgangsbescheids aufschiebende Wirkung entfaltet. Der so verstandene Antrag ist zulässig und begründet.


Die von dem Antragsgegner nicht für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins ist entgegen seiner Ansicht nicht gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV sofort vollziehbar, so dass der Klage insoweit bereits gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO Suspensiveffekt zukommt und eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet. Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 6. Oktober 2017 (- 11 CS 17.953 - juris) folgendes ausgeführt:

   „Die Vorschrift des § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt nach ihrem klaren Wortlaut in Fällen, in denen die Fahrerlaubnisbehörde die Entziehung der Fahrerlaubnis für sofort vollziehbar erklärt hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und damit nicht in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs bereits von Gesetzes wegen, wie vorliegend gemäß § 4 Abs. 9 StVG, entfällt (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Insoweit kommt auch eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV nicht in Betracht, da es sich um eine der Analogie regelmäßig nicht fähige Ausnahmevorschrift zu § 80 Abs. 1 VwGO handelt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2010 – 8 C 21/09 – BVerwGE 138, 1 ff. = juris Rn. 29 m.w.N.; allgemein zu § 80 Abs. 1 VwGO: Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 153) und die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur durch förmliches Bundesgesetz und nicht durch eine Rechtsverordnung ausgeschlossen werden kann (Schoch, a.a.O. § 80 Rn. 154; BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 23). Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen bestimmten Verwaltungsakt erfasst im Zweifel nicht nachfolgende selbständige Vollzugsakte bzw. Nebenverfügungen, wie die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 66; vergleichbar die Rechtslage bei Nebenverfügungen zum gemäß § 45 Abs. 5 WaffG sofort vollziehbaren Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse: BayVGH, B.v. 4.3.2017 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17). Geht eine Behörde wie hier irrtümlich von der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts aus, ist ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO analog statthaft (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 109; Schoch, a.a.O. Rn. 354 ff.). Auch hat sich Nummer 2 des angefochtenen Bescheids nicht durch die Befolgung der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins erledigt, sondern stellt den Rechtsgrund für die Einbehaltung des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22).“

Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht an.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsmittelandrohung in Ziffer III. des Bescheides anzuordnen, hat ebenfalls Erfolg.

Er ist zunächst zulässig. Insbesondere hat sich die Zwangsmittelandrohung nicht erledigt. Denn der Antragsteller hat sich ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befindlichen Vermerks vom 12. April 2019 geweigert, seinen Führerschein abzugeben. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller der entsprechenden Verpflichtung zwischenzeitlich nachgekommen ist, sind für das Gericht weder ersichtlich noch von einem der Beteiligten hinreichend substantiiert geltend gemacht.

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Androhung der Einziehung des Führerscheins im Wege des unmittelbaren Zwangs nach den zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides noch Geltung beanspruchenden §§ 64, 70, 74 Nds. SOG (a.F.) sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins gem. § 47 Abs. 1 FeV ist weder bestandskräftig noch - wie ausgeführt - vollziehbar.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs.1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Kosten konnten dem Antragsteller in Gänze auferlegt werden, weil der Antragsgegner nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Der Antragsteller konnte mit seinem wesentlichen Begehren, mithin der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis, nicht durchdringen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 46.3 und Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ 23/2013), wonach der Auffangwert (5.000,00 €) zu Grunde zu legen und wegen der Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens zu halbieren war. Der Wert des Streits um die mit dem Gebührenbescheid festgesetzten Nebenforderungen beträgt ein Viertel des festgesetzten Betrages von 100,00 €, mithin 25,00 €.

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