| 1. |
Ob sich ein Erwerber einer Sache eine grobe Fahrlässigkeit gem. § 932 BGB vorwerfen lassen muss, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Tatfrage des erkennenden Richters.
Maßgebend sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls, die eine schematische Betrachtungsweise verbietet (Anschluss: BGH – II ZR 196/93 – Rn. 15 m.w.N.). Die Nachprüfung ist darauf beschränkt, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt wurde, oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, Denkgesetze oder Erfahrungssätze durch den Tatrichter vorliegen (Anschluss: BGH – II ZR 196/13 – Rn. 15; BGHZ 10, 14 [16]).
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| 2. |
Das Gericht kann sich eine Überzeugung von der nicht bestehenden grob fahrlässigen Unkenntnis des Erwerbers auch durch Anhörung einer Partei gem. § 141 ZPO bilden.
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| 3. |
Die Darlegungs- und Beweislast für die dem guten Glauben gem. § 932 BGB entgegenstehenden Umstände trägt derjenige, der sich gegen den gutgläubigen Erwerb wendet.
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| 4. |
Ein Käufer eines Kraftfahrzeugs (PKW) handelt als Erwerber nicht fahrlässig, jedenfalls nicht grob fahrlässig, gem. § 932 BGB, wenn beim Erwerb gefälschte Zulassungsbescheinigungen, insbesondere eine gefälschte Zulassungsbescheinigung Teil II (Kfz-Brief), vorgelegt werden, wenn er die Fälschungen nicht erkennen musste (Anschluss: OLG Köln – 16 U 86/17).
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| 5. |
Dem gutgläubigen Erwerb gem. § 932 BGB steht auch nicht entgegen, dass sich der Erwerber den Zweitschlüssel nicht sofort übergeben lässt, sondern eine kurzfristige Nachsendung oder Nachreichung zusagen lässt, weil der Zweitschlüssel unter Angaben von Gründen des Verkäufers wegen Umzugs oder Ähnlichem gerade nicht verfügbar sind (Anschluss: OLG Saarbrücken – 2 U 72/16 – Rn. 17).
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6. |
Dem gutgläubigen Erwerb gem. § 932 BGB steht auch nicht entgegen, dass sich der Erwerber den Zweitschlüssel nicht sofort übergeben lässt, sondern eine kurzfristige Nachsendung oder Nachreichung zusagen lässt, weil der Zweitschlüssel unter Angaben von Gründen des Verkäufers wegen Umzugs oder Ähnlichem gerade nicht verfügbar sind (Anschluss: OLG Saarbrücken – 2 U 72/16 – Rn. 17).
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| 7. |
Eine Divergenz zwischen Verkäufer im Kaufvertrag und Eintrag in der Zulassungsbescheinigung Teil II (Kfz-Brief) steht einem gutgläubigen Erwerb gem. § 932 BGB nicht entgegen, wenn der Erwerber bei seiner persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO überzeugende und glaubhafte Angaben machen kann (hier: Erklärung des Verkäufers, dass er im Auftrag des vermeintlichen Eigentümers den PKW verkauft).
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| 8. |
Eine Nichtvorlage beim Erwerb von sog. „COC-Papieren“ an den Erwerber ist weder bei einem Gebrauchtwagenkauf üblich noch sind dem Gericht solche Papiere oder deren Übergabe bei Gebrauchtwagenkäufen bekannt. Die Nichtvorlage von „COC-Papieren“ ist nicht einmal leicht fahrlässig und erst Recht nicht grob fahrlässig gem. § 932 BGB.
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| 9. |
Der gutgläubige Erwerber gem. § 932 BGB hat als Eigentümer einen Anspruch analog § 952 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des (ungefälschten) Original-Kfz-Briefs gegenüber der Leasinggesellschaft als frühere Eigentümerin.
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