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Landgericht Münster Urteil vom 20.07.2018 - 8 O 289/16 - Notwendigkeit einer unfallbedingten Primärverletzung

LG Münster v. 20.07.2018: Notwendigkeit einer unfallbedingten Primärverletzung für die Annahme eines Zurechnungszusammenhangs


Das Landgericht Münster (Urteil vom 20.07.2018 - 8 O 289/16) hat entschieden:

   Um eine uferlose Haftung für psychisch vermittelte Gesundheitsverletzungen zu vermeiden, sind einem Unfall psychisch vermittelte gesundheitliche Beeinträchtigungen dann nicht mehr zurechenbar, wenn bereits der Unfall selbst als Bagatelle einzustufen ist, weil er nach seinem Ablauf und seinen Auswirkungen keinen verständlichen Anlass für psychische Reaktionen bietet, die über das Maß dessen hinausgehen, was im Alltagsleben als typische und häufig auch aus anderen Gründen als einem besonderen Schadensfall entstehende Beeinträchtigungen des Körpers oder des seelischen Wohlbefindens hinzunehmen ist.


Siehe auch
Halswirbelschleudertrauma - Lendenwirbelschleudertrauma
und
Haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang


Tatbestand:


Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfall geltend, der sich am 02.02.2016 auf der P-​Straße in Fahrtrichtung Ochtrup kurz vor der Kreuzung zum I-​Weg in Gronau ereignete.

Die Klägerin war Beifahrerin in dem Fahrzeug vom Typ BMW 316i (amtliches Kennzeichen AH-​... ...) des Zeugen L1, der den BMW führte. Der klägerische Pkw näherte sich der genannten Kreuzung, an der sich eine Lichtzeichenanlage befindet. Das bei der Beklagten pflichthaftpflichtversicherte Fahrzeug vom Typ Opel Corsa (amtliches Kennzeichen BOR-​... ...) fuhr hinter dem BMW. Als der BMW kurz vor der Kreuzung bremste - wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Lichtzeichenanlage rot zeigte und ob der Fahrer des BMW abrupt bremste und ob er bis zum Stillstand abbremste - fuhr der Opel Corsa auf das Heck des BMW auf.

Noch am 02.02.2016 stellte sich die Klägerin in der Notaufnahme des St. Antonius Hospitals Gronau vor. In dem Arztbericht wurden unter anderem Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, Druckschmerzen im Bereich C3 bis C4 und Schmerzen der paravertebralen Muskulatur im Bereich der Halswirbelsäule vermerkt und eine Hypertension/Flexion der Halswirbelsäule mit Prellung der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Bei der Wiedervorstellung im genannten Krankenhaus am 22.02.2016 wurden persistierende Cervicobrachialgien rechts nach Auffahrunfall, am ehesten muskulär bedingt, diagnostiziert. Am 25.02.2016 wurden in Bad Bentheim Schmerzen im Schulter-​/Nackenbereich, teilweise ausstrahlend in den rechten Arm verbunden mit Kopfschmerzen festgestellt, wobei sich die Schulter-​/Nackenmuskulatur an den oberen Trapeziusrändern rechts deutlich verspannt und druckdolent zeigte. Diagnostiziert wurde ein cervicaler Bandscheibenvorfall und eine HWS-​Distorsion. Es folgten weitere Vorstellungen, unter anderem bei neurochirurgischen, neurologischen und schmerztherapeutischen Behandlern.




Die Klägerin behauptet, infolge des Unfalls und der hierbei erlittenen HWS-​Distorsion sei es zu folgenden Beschwerden gekommen: erhebliche Schmerzen im Schulternackenbereich mit Ausstrahlungen in den rechten Arm, massive Kopfschmerzen, intermittierende Parästhesien (Kribbeln, Taubheitsgefühl) am rechten Arm und in der rechten Hand, Bandscheibenschaden. Möglicherweise sei infolge des Unfallereignisses die Höhlenbildung im Rückenmark (Syrinx) aktiviert worden. Infolge des massiven Schmerzmitteleinesatzes habe sich ein Zoster (Gürtelrose) entwickelt. Infolge des Unfalls sei zudem mit einem beschleunigten Degenerationsprozess der geschädigten Wirbelsäulenpartie zu rechnen.

Die Klägerin hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR für angemessen. Zudem macht sie einen Haushaltsführungsschaden geltend. Diesbezüglich behauptet sie, infolge des Unfalls zu 40 % in der Fähigkeit der Haushaltsführung eingeschränkt zu sein, und macht für den Zeitraum von Februar bis August 2016 einen Schaden in Höhe von insgesamt 2.523,67 EUR geltend. Ferner macht die Klägerin Zuzahlungen für Physiotherapien in Höhe von 68,40 EUR sowie Fahrtkosten für Fahrten zu medizinischen Behandlungen in Höhe von insgesamt 214,32 EUR geltend.

Die Klägerin beantragt,

  1.  die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.806,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2016 zu zahlen,

  2.  die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2016 zu zahlen,

  3.  die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten der Rechtsanwälte L2, S-​Str. ..., 48599 Gronau in Höhe von 1.100,51 EUR freizustellen,

  4.  festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren künftigen immateriellen und materiellen Schaden - letzterer, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen ist - aus dem Verkehrsunfall vom 02.02.2016 in Gronau zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L1 und H. Zudem hat es auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 10.03.2017 (Bl. 78 d.A.) ein interdisziplinäres Sachverständigengutachten der Sachverständigen Dipl.-​Ing. O und Dr. med. I eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 03.04.2018 (Bl. 139 ff d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2017 (Bl. 70 ff d.A.) verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 7 StVG, §§ 823 ff BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VVG, § 1 PflVG.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 02.02.2016 an Körper oder Gesundheit verletzt wurde.

1. Der Klägerin oblag der volle Beweis für das Entstehen einer unfallbedingten Primärverletzung. Denn die Frage, ob sich die Klägerin bei dem Unfall eine Verletzung zugezogen hat, betrifft die haftungsbegründende Kausalität und unterliegt damit den strengen Anforderungen des Vollbeweises gem. § 286 ZPO. Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (s. etwa BGH NJW 2008, 2845, 2845).

2. Im Falle einer behaupteten unfallbedingten Verletzung der Halswirbelsäule sind dabei stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Annahme einer Harmlosigkeitsgrenze in Form einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung ist ungeeignet, um eine Verletzung der Halswirbelsäule trotz entgegenstehender konkreter Hinweise auf eine entsprechende Verletzung generell auszuschließen (BGH, a.a.O., 2846).

3. Das Gericht macht sich nach eigener Prüfung die Feststellungen der Sachverständigen zu eigen. Beide Sachverständige verfügen über die erforderliche und auch gerichtsbekannte Sachkunde, dabei der Sachverständige Dipl.-​Ing. O als langjähriger Sachverständiger für Unfallrekonstruktionsgutachten über die erforderliche technische Sachkunde, der Sachverständige Dr. med. I als langjähriger Sachverständiger für orthopädisch-​traumatologische Fragen über die erforderliche medizinische Sachkunde. Die ihnen gestellten Beweisfragen haben die Sachverständigen eindeutig beantwortet und ihre Antworten nachvollziehbar und widerspruchsfrei erläutert.

4. Den Feststellungen des technischen Teils des interdisziplinären Sachverständigengutachtens zufolge war die Klägerin einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung von ca. 6 bis 9 km/h ausgesetzt, unter Berücksichtigung einer Bremsung des BMW zum Kollisionszeitpunkt ergibt sich eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von gerundet 5 bis 8 km/h. Diese Feststellungen hat der Sachverständige nachvollziehbar anhand der festgestellten Fahrzeugbeschädigungen, der hieraus erarbeiteten Anstoßkonfiguration und - zur Ermittlung der Relativgeschwindigkeit - unter Heranziehung von Unfallversuchen getroffen.

5. Dem medizinischen Teil des interdisziplinären Sachverständigengutachtens entnimmt das Gericht folgende wesentlichen Feststellungen:

a) Der Sachverständige konnte bei der von ihm durchgeführten klinischen sowie computergestützten Ultraschalluntersuchung der Halswirbelsäule der Klägerin keine ausgeprägte Funktionsbeeinträchtigung feststellen.

b) Bei der Klägerin bestand zum Unfallzeitpunkt keine eingeschränkte individuelle Belastbarkeit.


Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass die bei der Klägerin später festgestellte Syrinx im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule anlagebedingt ist, also bereits vor dem Unfall vorlag, und nicht zu einer Erhöhung der Verletzungsanfälligkeit im Hinblick auf die Nackenmuskulatur oder die Bandscheiben geführt hat. Diesbezüglich hat der orthopädische Sachverständige darauf hingewiesen, dass diese Frage dem Fachgebiet eines Neurochirurgen zuzuordnen ist. Gleichwohl konnte der Sachverständige aufgrund seiner Erfahrung mit vergleichbaren Fällen die sichere Aussage treffen, dass das Entstehen einer Syrinx infolge eines Unfalls eine direkte Verletzung des Rückenmarks voraussetzen würde, eine solche vorliegend aber ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellungen des Sachverständigen werden dadurch gestützt, dass auch der die Klägerin behandelnde Neurochirurg Prof. L3 im Hinblick auf die Syrinx einen Unfallzusammenhang ausgeschlossen hat. Vor diesem Hintergrund vermochte sich das Gericht den Feststellungen des orthopädischen Sachverständigen auch insoweit vorbehaltlos anzuschließen.

Im Übrigen sind der allgemeinen Krankheitsgeschichte der Klägerin keine Erkrankungen zu entnehmen, die den Schluss auf eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit der Halswirbelsäule der Klägerin zulassen würden.

Schließlich kann auch aus der ohnehin nur möglicherweise vorliegenden Seitdrehung des Kopfes der Klägerin im Unfallzeitpunkt oder aus einem möglichen Überraschungseffekt nicht auf eine höhere Verletzungsanfälligkeit der Klägerin geschlossen werden. Diese Aussagen hat der Sachverständige nachvollziehbar unter Darstellung des Forschungsstands begründet.

c) Selbst in Anbetracht der maximal festzustellenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung von 9 km/h - wobei als bewiesen möglicherweise auch nur eine geringere kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zugrunde zu legen wäre - ist vor dem Hintergrund der uneingeschränkten individuellen Belastbarkeit mit dem Sachverständigen davon auszugehen, dass ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit mit der Folge einer Verletzungsmöglichkeit der Halswirbelsäule mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist.

d) Die von der Klägerin schon am Unfalltag geschilderten Beschwerden sind unspezifisch, können also sowohl bei unfallabhängigen als auch bei unfallunabhängigen Erkrankungen der Halswirbelsäule auftreten.

e) Dem Sachverständigen zufolge war zudem mit noch höherer Wahrscheinlichkeit das Unfallereignis nicht geeignet, eine Verletzung der Bandscheiben zu verursachen, da hierfür noch größere Kräfte als für die Eignung zur Verletzung der Nackenmuskulatur erforderlich sind. Vielmehr sei die festgestellte Vorwölbung im Segment C5/6 dem beginnenden Verschleißleiden der Klägerin zuzuordnen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Unfallfolge.

f) Schließlich ist auch nicht festzustellen, dass die bei der Klägerin vorbestehende Syrinx infolge des Unfallereignisses symptomatisch geworden ist, wie die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen äußerte. Der Sachverständige hat hierzu aus orthopädischer Sicht ausgeführt, dass in diesem Fall objektiv neurologische Defizite hätten festgestellt werden müssen. Der die Klägerin behandelnde Neurologe Dr. C konnte jedoch bei seiner klinischen und neurophysiologischen Untersuchung am 18.07.2016 keine neurologischen Ausfallerscheinungen bei der Klägerin feststellen.

6. Bei zusammenfassender Würdigung ist demnach aus medizinischer Sicht nicht festzustellen, dass das Unfallereignis zu der von der Klägerin behaupteten Primärverletzungen geführt hat.


7. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass hieran die Überzeugungsbildung nicht zwingend scheitern muss. Reicht nämlich das medizinisch-​technische Erfahrungswissen nicht aus, um den sicheren, durch objektivierbare Befunde gestützten Nachweis für leichtgradige Verletzungsfolgen zu führen, begegnet es auch im Anwendungsbereich des § 286 ZPO keinen durchgreifenden Bedenken, wenn das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere aus der Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrags herleitet (OLG Saarbrücken, Urteil vom 8. 6. 2010 - 4 U 468/09, NJW-​RR 2011, 178; 179; OLG Stuttgart, Urteil vom 5. 10. 2004 - 1 U 59/04). Vorliegend ist allerdings zu beachten, dass der orthopädische Sachverständige in seiner abschließenden Gesamtwürdigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen hat, dass die Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 02.02.2016 eine strukturelle Verletzung im Bereich der Halswirbelsäule im Sinne einer HWS-​Distorsion erlitten hat. Dies unterscheidet den vorliegenden Rechtsstreit von dem Fall, der der genannten Entscheidung des OLG Saarbrücken zugrunde lag; dort hatte der medizinische Sachverständige eine sehr leichtgradige Distorsion für möglich erachtet und mit der aktenkundigen Symptomatik für vereinbar gehalten. Schließlich sind vorliegend - und insoweit im Unterschied zu dem Fall, der der genannten Entscheidung des OLG Stuttgart zugrunde lag - die von der Klägerin beklagten Beschwerden auch nicht mit einer medizinisch festgestellten Vorerkrankung in Einklang zu bringen, aufgrund derer ausnahmsweise auch schon die hier gegebenen geringen Einwirkungskräfte die behaupteten Verletzungsfolgen hätte verursachen können.

8. Ebenso wenig wie für eine physische kann die Beklagte für eine etwaige psychische Ursache der von der Klägerin beklagten Beschwerden haftbar gemacht werden.

Zwar ist allgemein anerkannt, dass eine Gesundheitsbeschädigung i.S. des § 823 Abs. 1 BGB keine physische Einwirkung auf den Körper des Verletzten voraussetzt, vielmehr auch psychisch vermittelt werden kann. Dabei muss die geltend gemachte Beeinträchtigung selbst einen Krankheitswert aufweisen, also eine Gesundheitsbeschädigung i.S. des § 823 Abs. 1 BGB darstellen (s. etwa OLG Hamm, Urteil vom 02. Juli 2001 - 13 U 224/00 -, Rn. 68 f, zitiert nach juris).

Vorliegend hat der medizinische Sachverständige darauf hingewiesen, dass in Vergleichsfällen einseitig lokalisierte Beschwerden, wie vorliegend insbesondere die bei der Klägerin festgestellten Parästhesien, oft psychosomatische Ursachen haben. In Übereinstimmung hiermit hat die Schmerztherapeutin der Klägerin in ihrem Arztbrief vom 14.11.2016 ausgeführt, dass eine Somatisierungsstörung bei der aktuellen Konstellation nicht auszuschließen sei. Dass bei der Klägerin eine solche psychisch vermittelte Beeinträchtigung mit Krankheitswert - etwa in Form einer Schmerzverarbeitungsstörung - vorliegt, ist damit freilich nicht bewiesen.



Hierauf kommt es im Ergebnis aber auch nicht an. Denn um eine uferlose Haftung für psychisch vermittelte Gesundheitsverletzungen zu vermeiden, hat das OLG Hamm ein zurechnungsunterbrechendes Kriterium anerkannt. Danach sind einem Unfall psychisch vermittelte gesundheitliche Beeinträchtigungen dann nicht mehr zurechenbar, wenn bereits der Unfall selbst als Bagatelle einzustufen ist, weil er nach seinem Ablauf und seinen Auswirkungen keinen verständlichen Anlass für psychische Reaktionen bietet, die über das Maß dessen hinausgehen, was im Alltagsleben als typische und häufig auch aus anderen Gründen als einem besonderen Schadensfall entstehende Beeinträchtigungen des Körpers oder des seelischen Wohlbefindens hinzunehmen ist (OLG Hamm, Urteil vom 02. Juli 2001 - 13 U 224/00 -, Rn. 71, zitiert nach juris).


Der vorliegend gegebene Ablauf des Unfalls als einfachem Auffahrunfall kann als solcher nicht in einem außergewöhnlichen Maße auf die Klägerin eingewirkt haben. Die Begleitumstände nach dem Unfall gingen nicht über das hinaus, was im dichten Straßenverkehr bei tagtäglich passierenden Unfällen mit Sachschäden zu verzeichnen ist. Wie oben ausgeführt, haben unfallbedingt nur sehr geringe Kräfte in Längsrichtung auf den Körper der Klägerin eingewirkt; sie gehen von der Intensität nicht über das hinaus, was auch sonst im Alltagsleben als Belastung vorkommen kann. Vor diesem Hintergrund handelte es sich bei wertender Betrachtung objektiv insgesamt um ein gewöhnliches Unfallereignis, das nicht geeignet ist, psychische Reaktionen mit Krankheitswert hervorzurufen.


II.

Mangels Hauptforderung sind auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht begründet.


III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.


IV.

Der Streitwert wird auf 17.806,39 EUR festgesetzt. Er setzt sich wie folgt zusammen:

Klageantrag zu 1): 2.806,39 EUR,
Klageantrag zu 2): 10.000 EUR,
Klageantrag zu 3): nicht streitwerterhöhend,
Klageantrag zu 4): 5.000 EUR.

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