Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss vom 24.04.2018 - 7 L 8/18 - Entziehung der Fahrerlaubnis wegen zu hohen Punktestandes

VG Gelsenkirchen v. 24.04.2018: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen zu hohen Punktestandes


Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 24.04.2018 - 7 L 8/18) hat entschieden:

   Beim Erreichen von 8 Punkten ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend geboten.


Siehe auch
Das Fahreignungs-Bewertungssystem - neues Punktsystem
und
Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde


Gründe:


1. Die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ? VwGO ? i. V. m. § 114 ff. der Zivilprozessordnung ? ZPO ?. Aufgrund der nachfolgenden Gründe hat der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

2. Der Antrag,

   die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 32/18 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2017 anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung u.a. in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 3, in denen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage kraft Bundesrechts entfällt, ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall entfaltet die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2017 kraft Bundesrechts keine aufschiebende Wirkung, § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes in der seit dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung ? StVG ?. Ferner kann das Gericht der Hauptsache nach § 112 Satz 2 des Justizgesetzes NRW ? JustG NRW ? i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des § 112 Satz 1 JustG NRW ganz oder teilweise anordnen. Nach § 112 Satz 1 JustG NRW haben Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen einer Vollzugsbehörde in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung. Die Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2017 ist eine Maßnahme einer Vollzugsbehörde in der Verwaltungsvollstreckung.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung („kann“) fällt zulasten des Antragstellers aus. Die Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 21. Dezember 2017 hat bei der im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg.




Die Entziehungsverfügung findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV.

Ob die Ordnungsverfügung formell rechtmäßig ist und die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ? VwVfG NRW ? vorlagen oder ein etwaiger Mangel nach § 45 VwVfG NRW geheilt wäre, kann dahinstehen, da ein etwaig fortbestehender Mangel nach § 46 VwVfG NRW bei einer im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gebundenen Entscheidung unbeachtlich wäre.

   Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Februar 2016 ? 16 B 1267/15 ? juris Rn. 3 ff.

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG liegen vor. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich acht oder mehr Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem ergeben. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ergeben sich Punkte mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Ermittlung des Punktestandes ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG der Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Auf die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 16. März 2018 mitgeteilten weiteren Verstöße des Antragstellers aus dem Jahr 2017 kommt es insoweit nicht entscheidungserheblich an. Da die letzte in der Ordnungsverfügung berücksichtigte Tat am 20. Oktober 2016 begangen wurde, ist dieser Tag maßgeblich. Es ist für die Berechnung des Punktestandes auch unerheblich, dass der Antragsteller diese Tat bereits begangen hatte, bevor ihm die mit Schreiben vom 9. November 2016 ausgesprochene Verwarnung im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG zuging, denn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind.

Die Antragsgegnerin hat den Punktestand des Antragstellers im Fahreignungs-Bewertungssystem zum maßgeblichen Zeitpunkt am 20. Oktober 2016 zu Recht mit acht Punkten beziffert. Welche Verkehrsverstöße die Antragsgegnerin ihrer Berechnung im Einzelnen zugrunde gelegt hat, ist der Aufstellung auf Bl. 94 der Verwaltungsvorgänge zu entnehmen. Die Kammer hat die Berechnung nachvollzogen und hierbei keinen Fehler festgestellt. Der Punktestand im Fahreignungs-Bewertungssystem entwickelte sich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt am 20. Oktober 2016 wie folgt:

Aufgrund des verbotswidrigen Parkens auf der Autobahn/Kraftfahrstraße am 19. Mai 2014 (Rechtskraft der Entscheidung: 18. Juli 2014) wurde für den Antragsteller ein Punkt eingetragen. Aufgrund der Nichteinhaltung des Mindestabstandes als Führer eines Lastkraftwagens auf einer Autobahn am 21. August 2014 (Rechtskraft: 15. November 2014) erhöhte sich der Stand um einen Punkt auf nun zwei Punkte. Infolge eines Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 27. August 2014 (Rechtskraft: 29. November 2014) wurden für den Antragsteller zwei Punkte eingetragen und es ergab sich ein Punktestand von insgesamt vier Punkten. Aufgrund einer Missachtung eines Überholverbots am 13. Mai 2015 (Rechtskraft: 1. Juli 2015) wurde für den Antragsteller ein Punkte eingetragen. Die verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs am 2. August 2016 (Rechtskraft: 14. September 2016) führte wiederum zur Eintragung von einem weiteren Punkt, so dass sich insgesamt sechs Punkte ergaben. Aufgrund des Geschwindigkeitsverstoßes vom 21. September 2016 (Rechtskraft: 23. Juni 2017) wurde für den Antragsteller ein weiterer Punkt eingetragen. Die Gesamtpunktzahl betrug nunmehr sieben Punkte. Aufgrund einer weiteren Missachtung eines Überholverbots am 20. Oktober 2016 (Rechtskraft: 27. Oktober 2017) wurde für den Antragsteller ein weiterer Punkt eingetragen. Dies führte zu einem Punktestand von insgesamt acht Punkten.

Alle vorgenannten Verkehrsverstöße durften bei der Berechnung des Punktestandes berücksichtigt werden, da sie noch verwertbar sind. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 StVG werden Zuwiderhandlungen nur berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfristen zu dem in § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG genannten Zeitpunkt, hier also am 20. Oktober 2016, noch nicht abgelaufen waren. Für die Tilgung sämtlicher Verstöße des Antragstellers ist § 29 StVG maßgeblich. Nach diesem Maßstab war die Tilgungsfrist für sämtliche Verstöße einschließlich des Verstoßes vom 19. Mai 2014 im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht abgelaufen. Die Tilgungsfrist für sämtliche vom Antragsteller begangenen Verstöße mit Ausnahme des Fahrens ohne Fahrerlaubnis beträgt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. a StVG zwei Jahre und sechs Monate, da das Parken auf einer Autobahn/Kraftfahrstraße, die Nichteinhaltung des Mindestabstandes, die Missachtungen des Überholverbots, der Geschwindigkeitsverstoß und die verbotswidrige Benutzung von Mobil- und Autotelefonen als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten in Ziffer 3.2 der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aufgeführt und mit je einem Punkt bewertet sind. Die Tilgungsfrist für das Fahren ohne Fahrerlaubnis beträgt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a StVG fünf Jahre. Vor diesem Hintergrund ist Tilgungsreife bzgl. der ältesten Eintragung wegen einer Ordnungswidrigkeit (Tattag: 19. Mai 2014, Rechtskraft: 18. Juli 2014) ? wie der Antragsteller selbst vorträgt ? erst zum 18. Januar 2017 und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt am 20. Oktober 2016 eingetreten. Ebenso waren auch die übrigen zeitlich nach diesen Taten erfolgten Eintragungen im maßgeblichen Zeitpunkt noch verwertbar, da deren Tilgungsreife erst zeitlich danach, jeweils zweieinhalb bzw. fünf Jahre nach Rechtskraft, eintritt. Spätere Verringerungen des Punktestandes aufgrund von Tilgungen nach dem maßgeblichen Zeitpunkt, dem 20. Oktober 2016, bleiben gemäß § 4 Abs. 5 Satz 7 StVG unberücksichtigt.




Obwohl die Eintragungen wegen der Ordnungswidrigkeiten vom 19. Mai 2014 und 21. August 2014 am 18. Januar 2017 bzw. am 15. Mai 2017 tilgungsreif wurden, waren sie aufgrund von § 29 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auch im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 21. Dezember 2017 noch verwertbar, da sich diese noch in der einjährigen Überliegefrist befanden und daher noch nicht zu löschen waren. Gemäß § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG sind Eintragungen nach Eintritt der Tilgungsreife zu löschen, wenn nicht Satz 2 der Vorschrift etwas anderes bestimmt. Gemäß § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG wird eine Eintragung nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 lit. a oder c StVG nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 Nr. 3 lit a, bb StVG liegen bei den Verstößen vom 19. Mai 2014 und 21. August 2014 vor, da es sich bei diesen um rechtskräftige Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG handelt, welche in der Bußgeldkatalogverordnung bezeichnet (Anlage 1 Ziffer 85 bzw. Ziffer 15) und wegen denen gegen den Betroffenen Geldbußen von 75 € bzw. 80 € und damit mehr als 60 € festgesetzt worden sind. Nach § 29 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG darf während dieser Überliegefrist der Inhalt dieser Eintragung noch zum Zweck der Ergreifung von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 5 StVG an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt, genutzt oder über sie eine Auskunft erteilt werden.

Des Weiteren ist auch das Stufenverfahren nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 12. Februar 2015 bei einem Punktestand von fünf Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG ermahnt und auf die Möglichkeit eines freiwilligen Fahreignungsseminars hingewiesen. Die Verwarnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG erfolgte ordnungsgemäß mit Schreiben vom 9. November 2016 bei einem der Antragsgegnerin bekannten Punktestand von sechs Punkten.

   Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung im Zusammenhang mit § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG: OVG NRW, Beschluss vom 7. Oktober 2015 ? 16 B 554/15 ?, juris Rn. 12 ff.


Ein Punktabzug (von acht auf sieben Punkte) gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG ist nicht vorzunehmen, da die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorliegen. Zwar ergaben sich für den Antragsteller im Zeitpunkt der Verwarnung am 9. November 2016 bereits acht Punkte im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG, jedoch ist entscheidend, ob im Zeitpunkt des Bekanntwerdens der letzten berücksichtigten Ordnungswidrigkeit vom 20. Oktober 2016 bei der Antragsgegnerin die Maßnahme der vorangegangenen Stufe (Verwarnung) bereits ergriffen worden war. Dies war vorliegend der Fall. § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG knüpft an die Regelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG und die darin normierte Schrittfolge der zu ergreifenden Maßnahmen an. Stellt die Fahrerlaubnisbehörde nach Mitteilung eines Punktestandes, welcher sie grundsätzlich zur Ergreifung einer Maßnahme der zweiten oder dritten Stufe (Verwarnung oder Entziehung der Fahrerlaubnis) berechtigt, fest, dass die Maßnahme der vorangegangen Stufe noch nicht ergriffen wurde, so muss sie diese ergreifen und es kommt zu einer Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG. Liegt im Zeitpunkt des behördlichen Handels bezogen auf den zur Ergreifung von Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG maßgeblichen Punktestand ein „Maßnahmenrückstand“ nicht vor, besteht jedoch kein Raum für eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG. Unter Geltung des § 4 Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 StVG in der bis zum 5. Dezember 2014 geltenden Fassung ? StVG a. F. ? kam es auch dann zu einer Reduzierung des Punktestandes, wenn die Maßnahme der ersten oder zweiten Stufe (Ermahnung oder Verwarnung) den Betroffenen zu dem Zeitpunkt, in dem er einen weiteren Verkehrsverstoß beging und damit einen die nächste Maßnahmenstufe rechtfertigenden Punktestand erreichte, noch nicht zugegangen war. Durch die Ersetzung dieser Vorschrift in der damaligen Fassung hat der Gesetzgeber hinlänglich verdeutlicht, dass er insoweit vom sog. Tattagprinzip abrückt und punktbewehrte Zuwiderhandlungen auch dann zu (weiteren) Maßnahmen führen dürfen, wenn gegen den betroffenen Fahrerlaubnisinhaber im Zeitpunkt der Tatbegehung die jeweils vorangegangene Maßnahmestufe noch nicht ergriffen worden ist. Damit unterscheidet sich die Vorgängervorschrift von der nunmehr geltenden Regelung über eine Punktereduzierung in § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG dahingehend, dass es nach geltendem Recht nur dann zu einer Punktereduzierung kommt, wenn sich nach dem Bekanntwerden der letzten Zuwiderhandlung bei der Fahrerlaubnisbehörde bzw. bei dem Ergreifen der dann anstehenden Maßnahme der zweiten oder dritten Stufe zeigt, dass die jeweils vorangehende Maßnahme noch immer ? und nicht nur im Zeitpunkt der letzten bekannten Tatbegehung ? aussteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 StVG). Mit dieser Änderung hat der Gesetzgeber die Warn- und Erziehungsfunktion des vormaligen Punkt- bzw. des nunmehrigen Fahreignungs-Bewertungssystems zumindest teilweise zurückgedrängt.

   Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Oktober 2015 ? 16 B 554/15 ?, juris Rn. 12 ff.

Offenbleiben kann, ob jedenfalls in Fällen nicht nachvollziehbarer Verzögerungen,

   vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Oktober 2015 ? 16 B 554/15 ?, juris Rn. 27,

im Einzelfall eine entsprechende Anwendung von § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG zu erwägen wäre. Vorliegend kommt eine Punktereduzierung auch im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin die Verwarnung erst mit Schreiben vom 9. November 2016 aussprach, nachdem die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 4. Oktober 2016 über den maßgeblichen Punktestand am 10. Oktober 2016 bei ihr eingegangen war, nicht in Betracht. Darin ist jedenfalls vor dem Hintergrund angemessener Bearbeitungszeiten keine derart unangemessene Verzögerung zu sehen, dass bereits ein willkürliches Verhalten erkennbar wäre. Die von der Antragsgegnerin verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis war bei einem Punktestand von acht Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend. Ein Ermessen steht der Antragsgegnerin nicht zu. Die in der Ordnungsverfügung vom 21. Dezember 2017 enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung entspricht den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtmäßig.


Dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, aus anderen Gründen Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung genießt, ist nicht festzustellen. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller muss er als Betroffener jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.

   So auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2015 ? 16 B 74/15 ?, juris, m. w. N.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Entziehung einer beruflich genutzten Fahrerlaubnis betrifft, beträgt 10.000,- €, wenn die berufliche Nutzung ? wie bei einem Berufskraftfahrer der Fall ? gerade im Führen eines Kraftfahrzeugs besteht und ist im Eilverfahren zu halbieren.

   St. Rspr.: vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Mai 2009 ? 16 E 550/09 ?, juris, Rn. 2 f., vom 8. April 2014 ? 16 B 207/14 ?, juris, Rn. 8 und vom 22. Oktober 2015 ? 16 E 415/15.

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