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Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss vom 17.07.2019 - 4 W 11/19 - Schadensmeldung bei Büro _Grüne Karte

OLG Saarbrücken v. 17.07.2019: Passivlegitimation des Büro Grüne Karte


Das Oberlandesgericht Saarbrücken (Beschluss vom 17.07.2019 - 4 W 11/19) hat entschieden:

   Richtet der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, welcher sich im Inland unter Beteiligung eines ausländischen Kraftfahrzeugs ereignet hat, ein spezifiziertes Anspruchsschreiben unmittelbar an eine (vermeintliche) Regulierungsgesellschaft im Inland statt an den im Prozess passivlegitimierten Deutsches Büro Grüne Karte e.V., so trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es sich hierbei um die von dem beklagten Verein beauftragte Regulierungsgesellschaft gehandelt hat. Nur in diesem Fall muss sich der beklagte Verein den Zugang des Anspruchsschreibens nach § 164 Abs. 3 BGB zurechnen lassen mit der Folge, dass die ihm zuzubilligende Prüffrist ausgelöst wird.


Siehe auch
Das Büro Grüne Karte e.V.
und
Unfälle mit Auslandsberührung / Entschädigungsfonds (Verkehrsopferhilfe) und Büro Grüne Karte


Gründe:


I.

Bei einem Verkehrsunfall am 27.02.2018 in K. fuhr der Fahrer des in Polen zugelassenen und versicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf. Der Klägerin entstand ein Fahrzeugschaden von 4.250 € wie Sachverständigenkosten in Höhe von 1.261,73 €.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin wandten sich mit Emailschreiben vom 15.03.2018 (Anlage K 2, Bl. 6 ff. d.A.) an eine „Crawford & Company“ in Düsseldorf unter Hinweis darauf, dass diese für die Schadensregulierung zuständig sein müsse, da das unfallverursachende Fahrzeug in Polen bei der Polins haftpflichtversichert sei. Sie bezifferten den Unfallschaden mit vorläufig 5.612,73 € und forderten die angeschriebene Gesellschaft auf, diesen Betrag bis zum 29.03.2018 auszugleichen.

Nachdem von dort keine Reaktion erfolgte, wandten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Faxschreiben vom 01.06.2018 (Anlage K 5, Bl. 32 d.A.) an den beklagten Verein unter Hinweis darauf, dass die ihnen als deutsche Regulierungsbeauftragte der polnischen Versicherung genannte Gesellschaft auf wiederholte Anmahnungen nicht reagiert habe, weshalb nunmehr die Ansprüche unmittelbar gegen den passivlegitimierten Verein geltend gemacht würden, dieses unter Einräumung einer nur noch kurzen Regulierungsfrist bis zum 22.06.2018.

Mit Emailschreiben ebenfalls vom 01.06.2018 (Bl. 77 d.A.) an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bat die Broadfire by Crawford & Company (Deutschland) GmbH in Düsseldorf um erneute Übersendung des Emailschreibens vom 15.03.2018. Mit weiterem Emailschreiben vom 04.06.2018 (Anlage K 4, Bl. 78 d.A.) teilte sie mit, im Rahmen der Internal Regulations 4. KH-​Richtlinie Regulierungshilfe im Namen des beklagten Vereins für Rechnung des ausländischen Kfz-​Haftpflichtversicherers Polins zu leisten, und bat um die Übersendung weiterer Unterlagen.

In der Folgezeit benannte der beklagte Verein den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber die InterEurope AG in Düsseldorf als inländische Regulierungsbeauftragte.

Mit Faxschreiben vom 14.06.2018 (Anlage K 6, Bl. 33 f. d.A.) übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ihr Anspruchsschreiben vom 15.03.2018 an die InterEurope AG und setzten dieser eine Regulierungsfrist bis zum 23.06.2018.

Mit Emailschreiben vom 22.06.2018 (Anlage K 7, Bl. 79 d.A.) teilte die Broadfire by Crawford & Company (Deutschland) GmbH mit, dass der ausländische Versicherer an die Zusendung der Deckungsbestätigung erinnert worden sei, und forderte zugleich zur Übersendung von Nachweisen (Unfallanzeige, Gutachten) auf, um die Haftung beurteilen zu können.

Nach Einreichung der Klageschrift vom 03.07.2018 beim Landgericht Saarbrücken am 06.07.2018 (Bl. 1 d. A.) über eine Hauptforderung in Höhe von 5.612,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571 € hat die Klägerin auf die Kostenrechnung des Landgerichts vom 06.07.2018 am 26.07.2018 den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt (Bl. II d. A.).

Die InterEurope AG hat auf der Grundlage ihres Abrechnungsschreibens vom 16.07.2018 (Bl. 50 d. A.) am 26.07.2018 die Klageforderung vollumfänglich gezahlt. Am 01.08.2018 ist die Klage dem beklagten Verein zugestellt worden (Bl. 39 d. A.). Mit Schriftsatz vom 04.09.2018 (Bl. 54 f. d.A.) hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und die Auffassung vertreten, die Kosten seien dem Beklagten aufzuerlegen, der Veranlassung zur Klage gegeben habe.

Mit Beschluss vom 02.04.2019, auf den Bezug genommen wird (Bl. 84 ff. d. A.), hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Diese hat am 08.04.2019 sofortige Beschwerde eingelegt mit dem (sinngemäßen) Antrag, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen (Bl. 94 ff. d. A.). Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass sich die Crawford & Company GmbH in ihrem Emailschreiben vom 04.06.2018 ausdrücklich und von der Beklagten unwidersprochen als zuständiger Schadensregulierer bezeichnet habe. Auch im Prozess habe der beklagte Verein nicht bestritten, dass die genannte Gesellschaft in seinem Namen tätig gewesen sei. Der Beklagte müsse sich deshalb die Tätigkeit der mit ihm aufgrund des Grüne-​Karte-​Abkommens zusammenarbeitenden Regulierungsgesellschaft zurechnen lassen, so dass im Zeitpunkt der Klageerhebung die Prüffrist bereits abgelaufen gewesen sei. Selbst wenn man die Kenntnis der Regulierungsgesellschaft nicht zurechnen wollte, sei die Prüffrist aufgrund des an den beklagten Verein gerichteten spezifizierten Anspruchsschreibens vom 01.06.2018 abgelaufen. Eine allenfalls vierwöchige Prüffrist sei im vorliegenden Fall ausreichend gewesen; die vom Landgericht vertretene Auffassung, in Fällen mit Auslandsberührung seien längere Prüffristen zu gewähren, sei nicht mehr zutreffend, weil die modernen, schnellen Kommunikationsmittel keinen Unterschied machten, ob im In- oder Ausland kommuniziert werden müsse, und weil die EU-​Richtlinie mit der Einrichtung von nationalen Regulierungsgesellschaften keine Unterschiede danach mache, wo sich der Unfall in Europa ereignet habe.

Der beklagte Verein ist dem entgegengetreten unter Hinweis darauf, es erschließe sich nicht, in welcher Weise Crawford & Company in dieses Verfahren involviert sei. Der beklagte Verein habe keine Veranlassung zu Klageerhebung gegeben, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch noch die eingeschaltete Schadensregulierungsbeauftragte angeschrieben und mit der Sache befasst habe. Erstmals seien die Ansprüche korrekt mit Schreiben vom 14.06.2018 angemeldet worden, allerdings ohne Beifügung von Schadensunterlagen zum Beleg der Schadenshöhe.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 29.04.2019 (Bl. 105 ff. d.A.), auf den Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 105 ff. d. A.).


II.

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere nach den §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 ZPO). 2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat der Klägerin, nachdem die Klage insgesamt zurückgenommen worden ist, zu Recht die Kosten auferlegt.

a) Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 ZPO.

aa) Das Gericht ist bei der Kostenentscheidung nach Klagerücknahme wie bei einer Entscheidung nach § 91a ZPO an die allgemeinen Regeln des Kostenrechts gebunden. Daher hat nach billigem Ermessen derjenige die Kosten zu tragen, dem sie bei Fortführung des Verfahrens nach §§ 91 bis 97, 100, 101 ZPO hätten auferlegt werden müssen. Grundsätzlich trifft somit die Partei die Kostenlast insgesamt oder anteilig, die ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich ganz oder teilweise unterlegen wäre (Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 91a Rn. 23). Dafür ist eine Erfolgsprognose auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen. Zu würdigen sind nicht nur die unstreitigen Tatsachen und die zum Erledigungszeitpunkt vorliegenden Beweise. Auch die bei Weiterführung des Verfahrens möglichen Angriffs- und Verteidigungsmittel können zu berücksichtigen sein. Da neben der Kostengerechtigkeit auch die Verfahrensökonomie von Belang ist, genügt es, die Sach- und Rechtslage auf der Grundlage des bisherigen und des zu erwartenden künftigen Prozessverlaufs summarisch zu prüfen. Gegebenenfalls kann es angezeigt sein, auf (überwiegende) Wahrscheinlichkeiten abzustellen (Senat, Beschluss vom 19.11.2017, ZfS 2018, 201; SaarlOLG, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 5 W 220/11 - 98 -, juris Rn. 23 f.). Im Rahmen der summarischen Prüfung kann das Gericht grundsätzlich davon absehen, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH NJW-​RR 2009, 422 Rn. 5; Senat ZfS 2018, 201).

bb) Erstrebt die klagende Partei im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine vom Regelfall des Satzes 2 der Vorschrift abweichende Kostenentscheidung, so hat sie darzulegen und zu beweisen, dass ihre Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (BGH NJW 2006, 775, 776 Rn. 10). Maßgeblich ist insoweit, ob die beklagte Partei der klagenden Partei Veranlassung zur Klage gegeben oder ob mutwillig Klage erhoben worden ist. Veranlassung zur Klageerhebung gibt eine Partei, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (BGHZ 168, 57, 59 Rn. 10; Senat ZfS 2018, 201).

cc) Bei der Regulierung von Unfallschäden ist dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer grundsätzlich eine Prüffrist zuzubilligen, vor deren Ablauf Verzug nicht eintritt und auch eine Klage nicht veranlasst ist (OLG Stuttgart VersR 2010, 1306, 1307; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, jurisPK-​StrVerkR 1. Aufl. § 249 BGB Rn. 276). Erhebt der Geschädigte vor Ablauf dieser Prüffrist Klage, kann der Versicherer noch ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast (§ 93 ZPO) abgeben oder bei fristgerechter Regulierung und anschließender Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung auf eine ihm günstige Kostenentscheidung vertrauen (vgl. KG VersR 2009, 1262; Senat, Beschluss vom 17.05.2019 - 4 W 4/19, juris Rdn. 20; ZfS 2018, 201; NJW-​RR 2017, 697, 698 Rn. 13; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO).

(1) Die Zubilligung einer angemessenen Prüffrist liegt im Interesse der Gesamtheit der pflichtversicherten Kraftfahrzeughalter, die über ihre Prämien die Unfallschäden im Ergebnis zu tragen haben, weshalb das durchaus anzuerkennende, im Übrigen durch Verzinsung zu berücksichtigende Interesse des Geschädigten an einer möglichst schnellen Schadenregulierung insoweit zurückzutreten hat (Senat, Beschluss vom 17.05.2019 - 4 W 4/19, juris Rdn. 20; OLG Köln NJW-​RR 2012, 861). Unabhängig davon fehlt ein Anlass zur Klageerhebung auch dann, wenn der Haftpflichtversicherer die Zahlung von der Einreichung von Schadensbelegen abhängig macht oder wegen nicht ordnungsgemäßer Vorlage von Belegen verweigert, sofern er mitteilt, welche Angaben und Unterlagen er konkret noch benötigt (OLG Karlsruhe NZV 2012, 189, 190; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO). Freilich darf auf diesem Wege nicht ein dilatorisches Verhalten eines Haftpflichtversicherers gebilligt werden, das auf eine sachlich nicht gerechtfertigte oder gar schikanöse Regulierungsverzögerung angelegt ist (OLG Karlsruhe NZV 2012, 189, 190; Senat, Beschluss vom 17.05.2019 - 4 W 4/19, juris Rdn. 21; NJW-​RR 2017, 697, 698 Rn. 14).

(2) Die Prüffrist beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens (Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Ihre Dauer ist vom Einzelfall abhängig, wobei die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen als angemessen ansieht (Senat, Beschluss vom 17.05.2019 - 4 W 4/19, juris Rdn. 22; NJW-​RR 2017, 697, 698 Rn. 15; Beschluss vom 09.02.2010 - 4 W 26/10 - 3 -, juris Rn. 2; OLG Köln NJW-​RR 2012, 861; OLG Frankfurt VersR 2015, 1373; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277; Prütting/Gehrlein/Schneider, ZPO, 8. Aufl., § 93 Rn. 4; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO § 93 Rn. 34). Auch wenn ein Versicherer die Prüfung eines Schadens, für den er einzustehen hat, tunlichst beschleunigen muss, gibt es für die Länge der Prüfungsfrist keine festen oder starren Regeln (Senat MDR 2007, 1190). Bei komplexem Unfallhergang, bei Auslandsberührung oder auch bei mehreren dazwischenliegenden Feiertagen kann sich der Zeitraum unter Umständen verlängern (Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Gleiches gilt, wenn der Versicherer konkrete Unterlagen angefordert und deren Eingang abgewartet hatte, ohne dass der Geschädigte bzw. sein Rechtsanwalt dem widersprochen hatte (Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Keine Verlängerung rechtfertigt hingegen z. B. grundsätzlich die beabsichtigte Einsicht in die Ermittlungsakte (SaarlOLG ZfSch 1991, 16; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Selbst dann kann es aber nach Treu und Glauben geboten sein, dass der Geschädigte, wenn er einerseits an der Ermöglichung der Einsicht mitwirkt und dem Verlangen des Haftpflichtversicherers nicht widerspricht, die Prüfungsfrist so zu verlängern, dass der Versicherer in angemessen kurzer Frist die ihm zugeleiteten Unterlagen zur Kenntnis nehmen und dann (umgehend) regulieren kann (OLG Frankfurt VersR 2015, 1373; Senat ZfS 2018, 201; NJW-​RR 2017, 697, 698 Rn. 15).

b) Von diesen Maßstäben ausgehend hat das Landgericht der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits mit der Begründung auferlegt, die Klage sei verfrüht erhoben worden. Die Prüffrist sei nicht bereits durch das Aufforderungsschreiben der Klägerin an die Crawford Company in Gang gesetzt worden. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass es sich um die richtige und zuständige Schadensregulierungsgesellschaft gehandelt habe. Die Forderung der Klägerin sei erst mit Zugang des Schreibens vom 01.06.2018 an die Beklagte als zuständige Stelle zur Regulierung von Unfällen mit Auslandsberührung fällig geworden und die Prüffrist in Gang gesetzt worden. Im Hinblick auf die Auslandsberührung des Unfalls könne der Haftpflichtversicherung im vorliegenden Fall eine Prüffrist von bis zu zwei Monaten eingeräumt werden, sodass die Beklagte vor Ablauf dieser Frist den Schaden reguliert und damit keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegen gegeben habe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass der beklagte Verein die Schadensregulierung regelmäßig einer deutschen Regulierungsgesellschaft zuweise, die an seiner Stelle handele. Vorliegend habe die Klägerin jedoch ohne vorherige Kontaktierung der Beklagten willkürlich eine ihr bekannte Regulierungsgesellschaft in Anspruch genommen und sich erst nach nicht ausgeführter Regulierung an den beklagten Verein gewandt. Schon aufgrund der Auslandsberührung könne der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt werden, dass vorliegend eine vierwöchige Prüffrist ausreichend und angemessen gewesen sei. Trotz der Existenz moderner schneller Kommunikationsmittel sei zu berücksichtigen, dass auch innerhalb Europa Sprachbarrieren existierten, die durch notwendige Übersetzungsleistungen zu weiteren Verzögerungen führten. Bei Auslandsbezug sei dem Versicherer eine Prüffrist von grundsätzlich zwei Monaten zuzubilligen, die auch bei einfach gelagerten Sachverhalten einen Zeitraum von sechs Wochen nicht unterschreiten sollte.

c) Die erstinstanzliche Entscheidung hält der Überprüfung durch das Beschwerdegericht im Ergebnis unabhängig davon stand, ob die Regulierungsfrist bei Auslandsbezug als solche, wie das Landgericht gemeint hat, immer mit mindestens sechs Wochen und regelmäßig mit zwei Monaten zu bemessen ist oder, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt, wobei die regelmäßig zugebilligte Prüffrist von 4 bis 6 Wochen sich bei Fällen mit Auslandsbezug verlängern kann.

aa) Im Streitfall ist darauf abzustellen, ob die Prüffrist im Zeitpunkt der am 06.07.2018 erfolgten (Bl. 1 d. A.) Einreichung der Klage abgelaufen war. Das Tatbestandsmerkmal der „Erhebung der Klage“ im Sinne der § 93 ZPO ist, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. ZfS 2018, 201; NJW-​RR 2017, 697, 699 Rn. 21; 733, 737 Rn. 61), als Anrufung des Gerichts, also als Klageeinreichung, und nicht im Sinne des § 253 Abs. 1 ZPO als - die Rechtshängigkeit der Streitsache begründende (§ 261 Abs. 1 ZPO) - Zustellung der Klageschrift zu verstehen. Auch auf den Zeitpunkt der Regulierung kommt es damit nicht an.

bb) In diesem Zeitpunkt war die dem Beklagten zuzubilligende Frist in keinem Fall abgelaufen, weil sie erst mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt und diese Voraussetzungen nicht vor dem Zeitpunkt des Zugangs des Anwaltsschreibens vom 01.06.2018 vorlagen.

(1) Die Anforderungen an ein die Prüffrist auslösendes spezifiziertes Anspruchsschreiben sind stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Der gegnerische Haftpflichtversicherer benötigt zur sachgerechten Prüfung seiner Eintrittspflicht und des Haftungsgrundes, insbesondere der Haftungsquote, zumindest kurze Angaben zum Unfallhergang. Zu einer solchen Schilderung ist der Anspruchsteller in aller Regel auch ohne weiteres in der Lage. Zudem liegt es in seinem wohlverstandenen Interesse, seine Sicht des Unfallhergangs gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zur Geltung zu bringen. Wird von den Unfallbeteiligten nicht schon an Ort und Stelle ein gemeinsamer Unfallbericht ausgefüllt und dem Haftpflichtversicherer übermittelt, kann der Anspruchsteller nicht wissen, ob und in welcher Weise der Unfallgegner seinen Versicherer informiert hat (Senat ZfS 2018, 201).

(2) Diesen Anforderungen war hier nicht vor dem 01.06.2018 genügt. Insbesondere war das an eine „Crawford & Company“ als vermeintliche Regulierungsbeauftragte gerichtete anwaltliche Emailschreiben vom 15.03.2018 (Anlage K 2, Bl. 6 ff. d.A.) nicht geeignet, die Prüffrist auszulösen. Denn die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die angeschriebene Gesellschaft als Vertreterin des Beklagten aufgetreten ist, womit sich der Beklagte deren Kenntnis zurechnen lassen müsste (§ 164 Abs. 3 BGB).

(3) Da es sich vorliegend um einen inländischen Unfall unter Beteiligung eines in Polen haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs handelte, übernimmt der beklagte Verein grundsätzlich neben dem ausländischen Versicherer - die Pflichten eines Haftpflichtversicherers nach § 2 Abs. 1 lit. b PflVAuslG. Liegen die Voraussetzungen einer Einstandspflicht vor, reguliert der Beklagte grundsätzlich den Schaden nicht selbst, sondern beauftragt eines seiner Mitgliedsunternehmen (vgl. MüKoBGB/Junker Rom II-​VO Art. 18 Rdn. 24 f.). Hierbei ermittelt er letztlich zunächst den zuständigen ausländischen Versicherer; hat dieser in Deutschland ein Schadensregulierungsbüro oder ein Versicherungsunternehmen als Korrespondenten benannt, übergibt der Beklagte an diesen den Fall (Art. 3.2, 4.5 Internal Regulations). Letzterer steht in einem Vertretungsverhältnis zum ausländischen Versicherer und zum Deutschen Büro Grüne Karte; ihm obliegt gem. Art. 3.4 Internal Regulations grundsätzlich die Entscheidungshoheit über die materiell-​rechtlichen Schadensersatzansprüche (vgl. Lemke-​Geis/Müller, Internationale Unfallregulierung in der Europäischen Union, SVR 2009, 241, 242).

(4) Ob die Prüffrist für einen ausländischen Haftpflichtversicherer grundsätzlich bereits mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegenüber dem beklagten Verein zu laufen beginnt, bedarf im vorliegenden Fall keiner grundlegenden Klärung (vgl. hierzu LG Saarbrücken NJW-​RR 2016, 1503, juris Rdn. 11 m.w.N.). Denn vorliegend ist nicht der ausländische Haftpflichtversicherer, sondern der beklagte Verein als Prozessgegner in Anspruch genommen worden, so dass es darauf ankommt, ob dieser Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, oder ob die Klage ihm gegenüber verfrüht erhoben worden ist.

(5) Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass sich der Beklagte nicht den Zugang des Emailschreibens vom 15.03.2018 an die Crawford Company als Empfangsvertreter gemäß § 164 Abs. 3 BGB zurechnen lassen muss, sodass die Prüffrist hierdurch nicht ausgelöst worden ist. Die Klägerin hat zwar behauptet, dass es sich hierbei um die von dem Beklagten benannte Regulierungsgesellschaft handele. Es ist jedoch weder ersichtlich noch vorgetragen, ob und wann diese Auskunft des Beklagten den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber erfolgt sein sollte. Auch der Wortlaut des Schreibens vom 15.03.2018 spricht eher dafür, dass sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ohne vorherige Einschaltung des Beklagten direkt an die Gesellschaft gewandt hatten („Gemäß der beigefügten Kopie ist das unfallverursachende Fahrzeug in Polen bei der Polins haftpflichtversichert, sodass Sie für die Schadensregulierung zuständig sein müssten.“). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch nicht unstreitig geblieben, dass es sich bei der Crawford Company um die von dem Beklagten beauftragte Regulierungsgesellschaft gehandelt hat. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, tatsächlich sei mit der Schadensregulierung die InterEurope AG in Düsseldorf und nicht die Crawford Company beauftragt worden (Schriftsatz vom 13.09.2018, Bl. 63 d.A.). Dafür spricht auch, dass die Regulierung letztlich durch die InterEurope AG erfolgt ist. Auch der Umstand, dass zwischenzeitlich Emailkorrespondenz mit der Broadspire by Crawford & Company GmbH in Düsseldorf geführt worden ist, belegt nicht, dass diese von dem Beklagten mit der Schadensregulierung beauftragt war: Zwar hat diese mit E-​Mailschreiben vom 04.06.2018 (Anlage K 4, Bl. 31 d.A.) ausgeführt, sie leiste im Rahmen der Internal Regulations 4. KH Richtlinie Regulierungshilfe zu o.g. Schadensfall im Namen des ... pp. e.V. für Rechnung des ausländischen Kfz Haftpflichtversicherers Polins. Zwischen den Parteien ist jedoch gerade im Streit, ob diese Erklärung von einer Vertretungsmacht der Gesellschaft gedeckt war. Hierzu hat die Klägerin, wie bereits ausgeführt, keine nachvollziehbaren Sachvortrag gehalten. Eine bloße Selbstbestellung als Vertreter führt nicht dazu, die Rechtswirkungen der Stellvertretung eintreten zu lassen. Soweit die Klägerin Zeugenbeweis dafür angetreten hat, dass die Crawford & Company als Vertreter der ersatzpflichtigen ausländischen Versicherung „legitimiert“ sei, handelt es sich mithin um einen Ausforschungsbeweis, den das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht näher berücksichtigen musste. Auch ihre Behauptung, der Beklagte habe zunächst die Crawford Company und, weil diese nicht zeitnah reguliert habe, anschließend die InterEurope AG beauftragt, kann nach Aktenlage nicht nachvollzogen werden. Vielmehr hat die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt, auf welcher Grundlage die zuerst in Anspruch genommene vermeintliche Schadensregulierungsbeauftragte zuständig gewesen sein sollte.

cc) Damit begann die Prüffrist für den Beklagten jedenfalls nicht vor dem Zugang des Faxschreibens vom 01.06.2018 zu laufen; der davor verstrichene Zeitraum kann dem Beklagten nicht zugerechnet werden. Die Klageerhebung am 06.07.2018 erfolgte damit genau 5 Wochen nach Zugang des ersten Anspruchsschreibens, und somit innerhalb der schon regelmäßig - ohne Berücksichtigung des Auslandsbezugs - einzuräumenden Prüffrist von 4 bis 6 Wochen. Die in dem Anwaltsschreiben vom 01.06.2018 gesetzte Frist bis zum 22.06.2019 war dementsprechend deutlich zu kurz bemessen, ebenso wie die mit dem an die InterEurope AG gerichteten Schreiben vom 04.06.2018 gesetzte Frist bis zum 23.06.2018. Die Klägerin durfte vorliegend nicht davon ausgehen, dass nach Ablauf der von ihr ohne Veranlassung sehr kurz gesetzten Fristen eine Regulierung nicht mehr erfolgen werde. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass - im Vergleich zu reinen Inlandsfällen - jedenfalls ein Zeitraum für die Einschaltung des inländischen Regulierungsbeauftragten zuzubilligen ist. Ferner ist die Klägerin dem Vorbringen des Beklagten nicht entgegengetreten, dass in dem an die InterEurope AG gerichteten Schreiben vom 14.06.2018 keine Schadensunterlagen zum Beleg der Schadenshöhe beigelegen haben, so dass davon ausgegangen werden muss, dass ihr das Anspruchsschreiben vom 15.03.2018 ohne Beifügung des Sachverständigengutachtens und weiterer Anlagen übersandt worden ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Prüffrist von 5 Wochen nicht als unangemessen lang zu bewerten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da es an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO).

5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 1.637,88 € ergibt sich aus dem Betrag der bisher entstandenen Kosten und dem Umfang der Anfechtung (vgl. OLG München, Beschluss vom 8. Juni 2017 - 13 W 916/17, juris Rn. 21), hier also die angefallenen gerichtlichen und Anwaltskosten, ausgehend von einem Streitwert von 5.612,73 €. Gerichtskosten sind in Höhe von 495 € angefallen (Bl. II d. A.) Die Rechtsanwaltskosten bemisst das Beschwerdegericht in Ermangelung von Kostenfestsetzungsanträgen für beide Parteien jeweils mit 571,44 € (1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 354 €, Auslagen gemäß Nr. 7001, 7002 VV RVG in Höhe von 20 € und Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 91,24 €). Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 1.637,88 €.

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