Das Verkehrslexikon

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Oberlandesgericht Bamberg Beschluss vom 08.08.2017 - 3 Ss OWi 958/17 - Ahndung nach Nr. 242.1 BKat bei eingetragener Vorahndung

OLG Bamberg v. 08.08.2017: Qualifizierte Ahndung nach Nr. 242.1 BKat bei eingetragener Vorahndung


Das Oberlandesgericht Bamberg (Beschluss vom 08.08.2017 - 3 Ss OWi 958/17) hat entschieden:

   Auch bei einer Fahrt unter der Wirkung eines berauschenden Mittels i.S.v. § 24a Abs. 2 StVG setzt eine qualifizierte Ahndung nach Nr. 242.1 BKat voraus, dass die Vorahndung nach § 24a StVG schon im Tatzeitpunkt und nicht erst im Zeitpunkt der späteren bußgeldrechtlichen Ahndung im Fahreignungsregister eingetragen war (u.a. Anschluss an OLG Bamberg, Beschluss vom 25. Februar 2016, 2 Ss OWi 129/16, ZfSch 2016, 469 = VerkMitt 2016, Nr. 36 = Blutalkohol 53, 323 (2016).


Siehe auch
Sanktionen nach dem bundeseinheitlichen Tatbestandkatalog bei Rauschfahrt unter Drogen
und
Sanktionen nach dem bundeseinheitlichen Tatbestandkatalog bei Trunkenheitsfahrt unter Alkohol


Gründe:


I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 06.04.2017 in Übereinstimmung mit dem Bußgeldbescheid vom 19.10.2016 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels (Tatzeit: 13.08.2016) zu einer Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten angeordnet. Im Erlasszeitpunkt des Bußgeldbescheids war im Fahreignungsregister (im Folgenden: 'FAER') eine seit 21.09.2016 rechtskräftige Vorahndung wegen einer gleichartigen, am 09.06.2016 begangenen Ordnungswidrigkeit eingetragen. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.




II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet und führt zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Abänderung des Rechtsfolgenausspruchs.

1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat zum Schuldspruch auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung aus den in der zutreffenden Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 29.06.2017 genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 stopp i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

2. Die Ausführungen des Amtsgerichts zum Rechtsfolgenausspruch halten dagegen der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Denn das Amtsgericht ist aufgrund seiner rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Unrecht vom Vorliegen der in § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242.1 BKat und nicht lediglich von der in § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242 BKat normierten Fallkonstellation ausgegangen, weil es auf das Vorliegen einer Voreintragung im Zeitpunkt seiner Entscheidung und nicht im allein maßgebenden Zeitpunkt der Tatbegehung abgestellt hat.


a) Nach den §§ 24a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 StVG, 25 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242.1 BKat ist im Regelfall eine Geldbuße von 1.000 Euro sowie ein Fahrverbot von drei Monaten zu verhängen, wenn der Betroffene „bei Eintragung“ einer Entscheidung nach § 24a StVG im FAER ein Kraftfahrzeug unter Wirkung eines in der Anlage zu § 24a Abs. 2 StVG genannten berauschenden Mittels geführt hat. Dies war nach den Feststellungen des Gerichts nicht der Fall. Bereits nach dem klaren Wortlaut von Nr. 241.1 BKat („Kraftfahrzeug [...] geführt bei Eintragung [...] einer Entscheidung nach § 24a StVG“) knüpft die Annahme eines Wiederholungsfalles an eine bereits zum Tatzeitpunkt im FAER eingetragene einschlägige Vorahndung an. Es entspricht auch Sinn und Zweck der Wertentscheidung des Verordnungsgebers, dass eine Sanktionsverschärfung gegenüber dem in § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242 BKat normierten Regelfall nur dann geboten ist, wenn der Betroffene im Zeitpunkt der neuerlichen Zuwiderhandlung eine für ihn formell verbindliche, nämlich rechtskräftige Vorahndung und den mit ihr verbundenen Warnappell missachtet hat. Insoweit ähnelt Nr. 242.1. BKat der Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV, die bei mehrfachen gleichgelagerten Verkehrsverstößen im Regelfall von einem beharrlichen Fehlverhalten ausgeht und verschärfte Sanktionen vorsieht, wenn der Betroffene trotz rechtskräftiger Vorahndung erneut eine einschlägige Ordnungswidrigkeit begeht. Damit entspricht es auch der gesetzlichen Systematik, bei Vorliegen einer wertungsmäßig gleich gelagerten Sachverhaltskonstellation auf den Zeitpunkt der Tatbegehung und nicht auf den der verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Es ist deshalb nicht ausreichend, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides oder der tatrichterlichen Entscheidung eine gleichartige Vorahndung im FAER eingetragen ist; die Vorahndung muss vielmehr bereits im Tatzeitpunkt vorgelegen haben (vgl. mit Blick auf Nr. 241.1 BKat im gleichen Sinne schon OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2016 - 2 Ss OWi 129/16 = ZfS 2016, 469 = VM 2016, Nr. 36 = BA 53 [2016], 323; Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 44. Aufl. § 24a StVG Rn. 27).

b) Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat der Betroffene die verfahrensgegenständliche Tat am 13.08.2016 verübt, während die Rechtskraft der Entscheidung über den weiteren Verkehrsverstoß des Betroffenen auf den 21.09.2016 datiert und somit feststeht, dass diese Verurteilung zum Tatzeitpunkt nicht im FAER eingetragen sein konnte.

3. Ob im Einzelfall bereits die Zustellung des Bußgeldbescheides wegen der am 09.06.2016 begangenen Ordnungswidrigkeit und der damit verbundene Warnappell an den Betroffenen eine Erhöhung des in § 4 Abs. 3 BKatV, Nr. 242 BKat normierten Bußgelds hätte rechtfertigen können (vgl. neben OLG Bamberg a.a.O. auch OLG Bamberg, Beschl. v. 22.07.2016 - 3 Ss OWi 804/16 [bei juris]), kann dahinstehen. Ausgehend von der am 21.09.2016 eingetretenen Rechtskraft des Bußgeldbescheids und der üblichen Bearbeitungszeiten der Bußgeldbehörde schließt es der Senat aus, dass dieser dem Betroffenen vor dem 13.08.2016 und damit vor der verfahrensgegenständlichen Tat zugestellt wurde.

III.

Der Senat kann aufgrund der vorgenannten Umstände in der Sache selbst entscheiden (§ 79 Abs. 6 OWiG). Neben der vorgesehenen (Regel-)Geldbuße nach § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242 BKat in Höhe von 500 Euro ist deshalb gegen den Betroffenen ein Fahrverbot lediglich für die Dauer eines Monats anzuordnen. Umstände, die es gebieten könnten, von dem verwirkten Regelfahrverbot ausnahmsweise abzuweichen, oder welche die Annahme rechtfertigen könnten, der Zweck des Fahrverbots könne allein mit einer Geldbuße erreicht werden, sind nicht ersichtlich. Der beschränkte Vollstreckungsaufschub nach § 25 Abs. 2a StVG war nicht zu gewähren, da zwischen Tat und Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot gegen den Betroffenen verhängt wurde.




IV.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist deshalb die angefochtene Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch unter Verwerfung der weitergehenden Rechtsbeschwerde, wie aus dem Tenor ersichtlich, abzuändern.

Die Entscheidung wird mit Ablauf des Tages ihres Erlasses rechtskräftig (§ 34a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG).

V.

Der Senat entscheidet gemäß §§ 79Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 1 OWiG durch Beschluss des Einzelrichters.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

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