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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil vom 11.02.2021 - Au 2 K 20.1654 - Schadensersatz wegen der Beschädigung eines privaten Kraftfahrzeugs während einer Dienstreise

VG Augsburg v. 11.02.2021: Schadensersatz wegen der Beschädigung eines privaten Kraftfahrzeugs während einer Dienstreise




Das Verwaltungsgericht Augsburg (Urteil vom 11.02.2021 - Au 2 K 20.1654) hat entschieden:

   Gemäß Art. 98 Abs. 2 und 3 BayBG kann der Dienstherr Ersatz leisten, wenn in Ausübung oder infolge des Dienstes Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die üblicherweise oder aus dienstlichem Grund im Dienst mitgeführt werden, durch einen Unfall beschädigt oder verloren werden, sofern der Beamte bzw. die Beamtin den Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Bei einem privaten Kraftfahrzeug des Klägers handelt es sich um einen „mitgeführten“ Gegenstand (vgl. BVerwG, U.v. 25.8.1977 – II C 27.74 – juris Rn. 23; VG Regensburg, U.v. 15.2.2013 – RO 1 K 11.2172 – juris Rn. 28)0.

Siehe auch
Ersatz von Schäden am Fahrzeug des Arbeitnehmers bzw. Beamten
und
Stichwörter zum Thema Schadensersatz und Unfallregulierung


Tenor:


  I.  Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Schadensersatz für die Beschädigung seines PKW am 5. Februar 2020 auf der AGIP Tankstelle, ... unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  II.  Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4 zu tragen.

  III.  Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:


Der Kläger begehrt Sachschadensersatz für einen Unfall auf einer Dienstreise.

Der Kläger steht als Beamter (Regierungsrat A 13) beim Finanzamt ... im Dienst des Beklagten. Auf einer angeordneten Dienstreise am 5. Februar 2020 von ... bzw. ... nach ... ereignete sich während des Tankens ein Unfall. Der Tankschlauch brach den Tankdeckel ab, wodurch ein Schaden in Höhe von 250,41 EUR entstand. In der Dienstreisegenehmigung vom 6. Februar 2020 wurden triftige Gründe für die Benutzung des privaten PKW bejaht. Diesen Schaden teilte der Kläger mit Schadensanzeige vom 20. Februar 2020 der Dienstreisefahrzeugversicherung ... mit, die vom Beklagten mit der generellen Abwicklung beauftragt ist.

Mit Schreiben der Versicherungsgesellschaft vom 26. Februar 2020 erklärte diese, dass die Dienstfahrt während der Zeit der Betankung unterbrochen worden sei. Bei der Strecke der Dienstfahrt sei nämlich eine Betankung nicht zwingend erforderlich gewesen.

In einer E-​Mail vom 5. März 2020 an die Versicherungsgesellschaft erklärte der Kläger, dass die Dienstreise nicht zum Tanken unterbrochen worden sei. Vielmehr sei die Tankstelle auf dem direkten Rückweg gelegen. Zudem habe eine dienstliche Anweisung bestanden, sich für eventuell weitere Einsatzorte bereit zu halten. Tatsächlich habe es einen weiteren Einsatz in ... gegeben, sodass die Dienstgeschäfte nicht beendet gewesen seien. Ohne das Tanken wäre das Auto stehengeblieben. Es bestehe keine Pflicht, vor einer Dienstreise vollzutanken.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 an die Versicherungsgesellschaft erklärt der Kläger, dass es sich bei dem Tankvorgang nicht um eine eigenwirtschaftliche Betätigung gehandelt habe. Es sei zwischen einem Wegeunfall und einer Dienstreise zu unterscheiden. Wenn der Dienstherr den Beamten veranlasse, sein eigenes Fahrzeug für dienstliche Zwecke zu nutzen, so bestehe kein Grund dem Beamten insoweit auch das Risiko nicht von ihm zu vertretender Schäden ganz oder teilweise aufzubürden.

Mit – ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen – Schreiben des Beklagten vom 29. Mai 2020 erklärte dieser, dass von Seiten des Beklagten keine weitere Bearbeitung erfolge, weil die Leistungen nach den Sachschadensersatzbestimmungen nicht weitergehend seien als die aus der Dienstfahrt-​Fahrzeugversicherung. Auch bei einem normalen Wegeunfall könne keine Erstattung erfolgen, weil der Unfall während einer Unterbrechung der dienstunfallrechtlich geschützten Wegstrecke geschehen sei.




Mit seiner am 16. September 2020 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb sich der Beklagte für eine weitere Bearbeitung als nicht zuständig ansehe. Nach Art. 98 Abs. 2 BayBG hätte jedenfalls eine Ermessensentscheidung erfolgen müssen. Zudem sei die Parallele zum Wegeunfall nicht überzeugend, weil es vorliegend um eine Dienstreise gehe, d.h. um die allein im dienstlichen Interesse erfolgende Erledigung eines Dienstgeschäfts. Die Dienstreise selbst sei Teil der Erledigung des auswärtigen Dienstgeschäfts. Der Kläger verwies insofern auf die Rechtsprechung zur Einbeziehung der Dienstreise in die Dienstunfallfürsorge.

Der Kläger beantragt zuletzt,

   den Beklagten zu verpflichten, an den Kläger Sachschadenersatz in Höhe von 250,41 EUR zu leisten,

hilfsweise

über den gestellten Antrag auf Sachschadensersatz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass es an einem dienstlichen Zusammenhang fehle. Beim Tanken handele es sich grundsätzlich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Dem Kläger sei vor Antritt seiner Dienstfahrt bekannt gewesen, dass er die Strecke von ... nach ‚... hin und zurückfahren müsse. Er habe sogar damit rechnen müssen, an einen anderen Ort beordert zu werden. Daher sei es ihm zumutbar gewesen, in seiner Freizeit für ein aufgetanktes Fahrzeug zu sorgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe von diesem Grundsatz nur eine Ausnahme, wenn eine Tankfüllung für die Strecke der Dienstreise nicht ausreiche. Auch die zum Sachschadenersatz ergangenen Verwaltungsvorschriften würden einen Sachschadenersatz ausschließen, wenn der Unfall nicht zumindest auch mit einer körperlichen Gefährdung verbunden sei.

Der Kläger erwiderte, dass die Verwaltungsvorschriften insoweit rechtswidrig und nicht anzuwenden seien, weil die Voraussetzung einer körperlichen Gefährdung den gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen sei.

Der Beklagte erklärte hierzu, dass der Sachschadenersatz ursprünglich in sogenannten Sachschadenersatzrichtlinien geregelt gewesen sei. Mit Einführung des Art. 98 Abs. 2 BayBG sei der Sachschadensersatz auf eine gesetzliche Regelung gestützt worden, wobei am Leistungsausschluss in den Verwaltungsvorschriften festgehalten worden sei. Nach dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen sei eine Ausweitung auf Sachschäden ohne körperliche Gefährdung nicht beabsichtigt gewesen. Sachschadenersatz habe danach ausdrücklich im „bisherigen Umfang“ geleistet werden sollen. Dies betreffe nicht nur die Höhe, sondern auch die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung von Sachschadensersatz. Es könne vorausgesetzt werden, dass der Gesetzgeber sowohl die Regelungen der VV-​BeamtR als auch die bisherige Rechtsprechung zu diesen Verwaltungsvorschriften gekannt habe. Ein Interpretationsspielraum bestehe nur, wenn sich der Wille des Gesetzgebers nicht eindeutig aus der Vorschrift oder den sonstigen Gesetzesmaterialien ergebe. Die Nähe der Regelung zum Sachschadensersatz zum Dienstunfallrecht ergebe sich gerade aus Abschnitt 13 Nr. 1.3. Satz 2 VV-​BeamtR.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 2. November bzw. 26. November 2020 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die zulässige Klage ist in dem aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Verbescheidung seines Antrags auf Sachschadensersatz (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Im Übrigen ist die Klage jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung des beantragten Schadensersatzes zusteht. Da die Gewährung des Sachschadensersatzes gemäß Art. 98 Abs. 2 BayBG im Ermessen des Beklagten steht und dieses Ermessen vorliegend nicht auf Null reduziert ist, ist die Sache nicht spruchreif im Sinn des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Die Anspruchsvoraussetzungen des Art. 98 Abs. 2 und 3 BayBG liegen vor. Danach kann der Dienstherr Ersatz leisten, wenn in Ausübung oder infolge des Dienstes Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die üblicherweise oder aus dienstlichem Grund im Dienst mitgeführt werden, durch einen Unfall beschädigt oder verloren werden, sofern der Beamte bzw. die Beamtin den Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.

a) Bei dem privaten Kraftfahrzeug des Klägers handelt es sich um einen „mitgeführten“ Gegenstand (vgl. BVerwG, U.v. 25.8.1977 – II C 27.74 – juris Rn. 23; VG Regensburg, U.v. 15.2.2013 – RO 1 K 11.2172 – juris Rn. 28). Das Schadensereignis am 5. Februar 2020 erfüllt zudem den Begriff des „Unfalls“ im Sinn des Art. 98 Abs. 2 BayBG. Darunter ist ein auf äußere Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis zu verstehen. Dieses Geschehen kann dabei – wie hier – auch durch eigenes – allerdings nicht bewusst selbstschädigendes – Handeln ausgelöst werden, auch wenn dieses als Ungeschicklichkeit zu werten ist (vgl. hierzu Baßlsberger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand August 2020, Art. 98 BayBG Rn. 11).




b) Zudem erfolgte der Unfall auch in Ausübung oder infolge des Dienstes.

Erforderlich ist insoweit eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst. Art. 98 Abs. 2 BayBG bezweckt nämlich den besonderen Schutz von Beamten beim Eintritt von Sachschäden, die außerhalb ihrer privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend aufgrund der Anforderungen des Dienstes tätig wird (BVerwG, U.v. 29.8.2013 – 2 C 1.12 – BeckRS 2013, 57975 Rn. 11 f.). Dies ist vorliegend der Fall, weil die Dienstreise insgesamt Dienst und daher auch das damit verbundene Betanken des benutzten Fahrzeugs hier vom Unfallversicherungsschutz erfasst ist. Insbesondere ist die restriktive Handhabung zum Bereich des Wegeunfalls (vgl. aa) ) nicht auf eine Dienstreise übertragbar (vgl. bb)).

aa) Für den Bereich des Wegeunfalls, d.h. das Zurücklegen des Weges von der Familienwohnung zur Dienststelle, ist die Rechtslage geklärt. Der Weg ist grundsätzlich der privaten Sphäre zuzuordnen und daher nur geschützt, sofern er seine wesentliche Ursache im Dienst hat und andere mit dem Dienst zusammenhängende Ursachen zurücktreten. Allenfalls geringfügige Umwege und Unterbrechungen, die auf einer Verrichtung beruhen, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit angesehen werden können und „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenher“ erledigt werden können, lassen den beamtenrechtlichen Unfallschutz nicht entfallen (vgl. ausführlich VG Bayreuth, U.v. 11.7.2017 – B 5 K 15.935 – BeckRS 2017, 122688 Rn. 20). Speziell zum Auftanken des Fahrzeugs ist dabei höchstrichterlich geklärt, dass das Auftanken grundsätzlich dem unversicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen ist, und der erforderliche Dienstzusammenhang nur ausnahmsweise gegeben ist, wenn das Nachtanken unvorhergesehen notwendig ist, weil sich während der Fahrt oder schon bei Antritt der Fahrt die Notwendigkeit ergibt den Inhalt des Reservetanks in Anspruch zu nehmen oder der Weg mit einer einzelnen Tankfüllung nicht verlässlich zurückgelegt werden kann und das Nachtanken daher auch bei vollem Tank voraussichtlich erforderlich wäre (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2010 – 2 A 4.10 – BeckRS 2011, 45777 Rn. 15; i.E. ebenso VG München, U.v. 28.6.2005 – M 5 K 04.2897 – BeckRS 2005, 38353). Diese Voraussetzungen dürften vorliegend nicht erfüllt sein. Bei einem Tankinhalt von 45-​60 Liter und einem unstreitigen Verbrauch von 7,0-​7,5 l / 100 km dürfte ein Nachtanken bei einer Strecke von 254 km zuzüglich eines „nicht nennenswerten Umwegs“ nach ... (vgl. E-​Mail vom 5. März 2020) nicht erforderlich gewesen sein. Ebenso dürfte wohl die hypothetische Möglichkeit der kurzfristigen Anordnung zu weiter entfernten Einsatzorten wohl nicht ausreichen.


bb) Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Die Grundsätze zum Wegeunfall sind auf die Dienstreise nämlich nicht ohne weiteres übertragbar. Zwischen beiden besteht ein wesensmäßiger Unterschied. Das Zurücklegen des Weges zwischen Familienwohnung und Dienststelle ist kein Dienst und daher grundsätzlich dem privaten, eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Dieser Weg gilt lediglich nach der Fiktion des Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG als Dienst. Gerade diese sozialpolitisch motivierte Gleichstellung, sowie Sinn und Zweck des Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG und die Konzeption dieser Vorschrift als Ausnahmeregelung sind der Grund für die beschriebene restriktive Auslegung im Bereich der Dienstunfallfürsorge (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 27.1.2005 – 2 C 7.04 – NVwZ-​RR 2005, 421). Im Gegensatz dazu ist die Dienstreise nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG selbst Dienst. Aus diesem Grund besteht anders als beim Wegeunfall kein Anlass für eine restriktive Auslegung (so ausdrücklich zur Dienstreise BVerwG, U.v. 10.12.2013 – 2 C 7.12 – NVwZ 2014, 601/603 Rn. 19). Nur ausnahmsweise bei erheblichen Umwegen und Unterbrechungen wäre der Dienstzusammenhang ausgeschlossen. Die unterschiedliche Behandlung zwischen Wegeunfall und einem Unfall auf einer Dienstreise überzeugt auch wertungsmäßig. Mit Art. 98 Abs. 2 BayBG soll das Schadensrisiko vom Dienstherrn übernommen werden, welches der Beamte durch die Ausübung des Dienstes notwendigerweise eingeht. Hierzu zählt auch die Durchführung der Dienstreise, die durch die Genehmigung zum Bestandteil der dienstlichen Obliegenheit des Beamten wird. Infolge des Einsatzes des privaten Kraftfahrzeuges spart der Dienstherr Aufwendungen. Daher ist folgerichtig, wenn er bei dienstlichem Einsatz eines privaten Fahrzeugs das damit verbundene Schadensrisiko im Grundsatz übernimmt (in diesem Sinne zur rheinland-​pfälzischen Regelung OVG RhPf, U.v. 15.12.2003 – 2 A 11521/03 – NVwZ-​RR 2004, 633/634). Zudem würde ein Wertungswiderspruch zu dem Fall entstehen, dass der Beamte die Dienstreise mit einem Dienstfahrzeug antritt und an diesem ein Schaden entsteht. Unter diesen Umständen würde der Beamte nämlich für den Schaden nur bei Vorsatz bzw. grober Fahrlässigkeit haften (vgl. § 48 BeamtStG). Der überobligatorische Einsatz des privaten Kraftfahrzeugs darf für den Beamten jedoch nicht zum Nachteil werden. Ob von einem Beamten verlangt werden kann, seinen PKW vorsorglich zu Beginn einer jeden Dienstreise aufzutanken, erscheint realitätsfern, kann hier aber dahinstehen.

2. Art. 98 Abs. 2 BayBG eröffnet dem Beklagten Ermessen. Der Beklagte hat jedoch vorliegend in der Sache noch nicht entschieden und daher gerade noch keine Ermessensentscheidung getroffen. Die Schreiben der Versicherungsgesellschaft ... waren keine hoheitlichen, verbindlichen Ablehnungen mit Außenwirkung, weil bei diesen die Versicherungsgesellschaft als Entscheidungsträger aufgetreten ist und die Schreiben daher den Charakter einer von einer Privatperson getroffenen Maßnahme haben (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 30.8.2006 – 10 B 38.06 – BeckRS 2006, 25554 Rn. 6 im Gegensatz zu BVerwG, U.v. 23.8.2011 – 9 C 2.11 – NVwZ 2012, 506/507 Rn. 9). Auch das Schreiben des Beklagten vom 29. Mai 2020 stellt mangels Regelung keine hoheitliche Entscheidung in der Sache dar. Vielmehr „teilte“ der Beklagte lediglich „mit“, dass „keine weitere Bearbeitung“ erfolge. Aus diesem Grund ist es für das vorliegende Verfahren mangels (Ermessens-​)Entscheidung (noch) rechtlich unerheblich, ob der Sachschadensersatz nach Ziff. 1.3. des 13. Abschnitts der VV-​BeamtR mangels körperlicher Gefährdung ausgeschlossen ist (vgl. zu dieser Konstellation einer noch nicht erfolgten Ermessensentscheidung VG Regensburg, U.v. 3.11.2020 – RO 12 K 19.2080 BeckRS 2020, 29413 Rn. 31).

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass für Konstellationen der vorliegenden Art Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses bestehen. Der Verweis auf die Entstehungsgeschichte des Sachschadensersatzes und die Gesetzesbegründung des im Jahr 2010 erlassenen Art. 45 Abs. 4 Satz 2 BayBeamtVG überzeugt hier nicht. Für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den dieser eingestellt ist. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt daher für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen erhaltenen Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (vgl. BVerfG, U.v. 21.5.1952 – 2 BvH 2/52 – NJW 1952, 737). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht Würzburg darauf hin, dass Wortlaut und systematische Zusammenhang eindeutig gegen eine weiterhin einschränkende Auslegung sprechen (vgl. ausführlich VG Würzburg, U.v. 28.7.2015 – W 1 K 13.1247 – BeckRS 2016, 42488). Im Gegensatz zur Entscheidung des BVerwG vom 25. August 1977 – II C 27.74 – juris besteht nach der Neufassung gerade kein rechtssystematischer Zusammenhang mehr zwischen der Regelung des Sachschadensersatzes und der den Schadensersatz bei einem Dienstunfall regelnden Vorschriften. Es ist auch nicht ohne weiteres naheliegend, die Gesetzesmaterialien einer bloß klarstellenden Verweisungsvorschrift aus dem Jahr 2010 für die Auslegung der inhaltlichen Reichweite einer bereits seit dem Jahr 2008 existierenden Bestimmung heranzuziehen. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte gerade des Art. 98 Abs. 2 BayBG weist auch der Wille des Gesetzgebers eher auf eine umfassendere Schadensersatzmöglichkeit hin. Während der Gesetzgeber nämlich die Ausschlussmöglichkeit in Ziff. 1.3 Satz 1 VV-​BeamtR ausdrücklich übernommen hat, hat er darauf für Ziff. 1.3 Satz 2 VV-​BeamtR verzichtet. Die Einfügung des Art. 98 Abs. 2 BayBG diente dabei gerade der Rechtssicherheit (vgl. LT-​Drs. 15/10605, S. 49). Ein gesetzlich nicht vorgesehener Ausschlusstatbestand würde dem zuwiderlaufen. Überdies spricht auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 BeamtStG) gegen eine Beschränkung, weil auch ohne eine körperliche Gefährdung ein hoher materieller und finanzieller Schaden entstehen kann (VG Würzburg, U.v. 28.7.2015 – W 1 K 13.1247 – BeckRS 2016, 42488; i.E. ebenso Baßlsberger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand August 2020, Art. 98 BayBG Rn. 19b).



Unabhängig davon dürfte es sich im vorliegenden Fall bei dem PKW auch um ein Arbeitsmittel handeln, so dass Ziff. 1.3 Satz 2 des 13. Abschnitts der VV-​BeamtR wohl bereits tatbestandlich nicht einschlägig wäre. Zu den Arbeitsmitteln im Sinn von Ziff. 1.5 Satz 2 Halbs. 2 VV-​BeamtR gehört nämlich ein Kraftfahrzeug, das – wie hier – ausweislich der erteilten Dienstreisegenehmigung (Bl. 6 der Behördenakte) aus triftigen Gründen zur Durchführung einer Dienstreise oder eines Dienstganges benutzt wird (vgl. VG Regensburg, U.v. 3.11.2020 – RO 12 K 19.2080 – BeckRS 2020, 29413 Rn. 31).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hinblick auf das Unterliegen des Klägers mit seinem Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Vornahme der begehrten Amtshandlung erscheint eine Kostenteilung 1/4 zu 3/4 angemessen (vgl. z.B. W.-​R. Schenke/R.P. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 113 Rn. 187 und Hug in Kopp/Schenke, a.a.O., § 155 Rn. 2).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).

Beschluss:
Der Streitwert wird auf 250,41 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

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