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Verwaltungsgerichtshof München Beschluss vom 23.08.2021 - 10 CS 21.2196 - Auflagen für Fahrrad-Demo

VGH München v. 23.08.2021: Auflagen für Fahrrad-Demo




Der Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 23.08.2021 - 10 CS 21.2196) hat entschieden:

  1.  Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen. Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung.

  2.  Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig

  3.  Gemäß Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

  4.  Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, ist eine Abwägung erforderlich. Wichtige Abwägungselemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit der blockierten Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträchtigten Dritten und dem Protestgegenstand.


Siehe auch
Radfahrer-Demos
und
Stichwörter zum Thema Fahrrad und Radfahrer

Gründe:


I.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. August 2021 weiter, mit dem diese die Route des von der Antragstellerin für den 24. August 2021 angemeldeten Aufzugs in Form eines Fahrradkorsos von Nürnberg über die A73 nach Erlangen abgeändert hat.

Die Antragstellerin zeigte für die Bewegung "Fridays For Future Nürnberg" am 30. Juli 2021 ? ergänzt per E-Mails vom 5. August 2021 und 12. August 2021 ? gegenüber der Antragsgegnerin einen für den 24. August 2021 von 10:00 bis 13:30 Uhr geplanten Aufzug zum Thema "Raddemo Südtour Ohne Kerosin Nach Berlin" mit einer erwarteten Teilnehmerzahl mit 800 Personen an. Die angezeigte Aufzugsstrecke lautet:

   K.markt - J. straße - F1. straße - F.tor - Fr.graben - Am Pl. - R1. Straße - F2.weg (A73) bis Autobahnausfahrt 33 E.-B. - B4 - P. Straße - G.straße - Rö.park.

Mit Bescheid vom 19. August 2021 erließ die Antragsgegnerin ? nach Kooperationsgesprächen am 10. und 13. August 2021 ? den streitbefangenen Bescheid, in dem sie den Aufzug wie folgt beschränkte:

   "2.3.2.1 Die am 12.08.2021 aktualisierte Versammlungsstrecke K.markt - J. straße - F1. straße - F.tor - Fr.graben - Am Pl. - R1. Straße - F2.weg (A73) bis Autobahnausfahrt 33 E.-B. - B4 - P. Straße - G. straße - Rö.park wird im unterstrichenen Teilstück wie folgt geändert:

- Fr.weg (A73) bis J.brücke - M.straße - Th.-H.-Brücke - N.ring - E. Straße (B4) - Kreuzung R2. Straße - R2. Straße - B. Straße - We.kreuz - S.straße - W1.straße - K. Straße - Allee am Rö.park - Rö.park

2.3.2.2 Die Demonstration auf der A73 ab nach der Kreuzung F2.weg/Ja.brücke bis zur Autobahnausfahrt 33 E./B. ist untersagt."

Die von der Antragstellerin angezeigte Teilstrecke auf der Bundesautobahn A73 zwischen R1. Straße und der Autobahnausfahrt Erlangen-Bruck sei 17,2 km lang und beinhalte sieben Anschlussstellen, einen Autobahnparkplatz sowie ein Autobahnkreuz mit der A3 (Kreuz Fürth/Erlangen), das im Zuge des Ausbaus der A3 eine Großbaustelle sei. Sie gefährde Rechte Dritter und beeinträchtige die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf unverhältnismäßige Art und Weise.

Mit Schriftsatz vom 23. August 2021 hat die Antragstellerin - neben Erhebung der Klage ? beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Beschränkungen in Nrn. 2.3.2.1 und 2.3.2.2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19. August 2021 anzuordnen.

Mit Beschluss ebenfalls vom 23. August 2021 hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt, weil das Vollzugsinteresse das Supensivinteresse überwiege. Dabei hat es anerkannt, dass das mit dem Aufzug verfolgte Anliegen, den Ausbau des F.wegs zu kritisieren und auf das Fehlen eines kreuzungsfreien Radschnellwegs zwischen Nürnberg, Fürth und Erlangen aufmerksam zu machen, einen besonderen Bezug zu der angezeigten Teilstrecke auf der A73 aufweise. Auch hat es berücksichtigt, dass die Antragstellerin sich durch die Befahrung der A73 mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer und medienwirksame Bilder erwartete. Das zu prognostizierende Verkehrsaufkommen anhand der vorliegenden Verkehrsdaten - auch unter Berücksichtigung der angekündigten Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer bis zum 25. August 2021 ?, die Dauer der erforderlichen Sperrung der A73 auf der streitigen Teilstrecke, die zu prognostizierenden Staus an den fünf zu sperrenden Autobahnauffahrten sowie der querenden A3 in beide Fahrtrichtungen und in den Innenstädten von Nürnberg und Fürth, die Zahl der von den Staus betroffenen KfZ und damit der betroffenen Personen sowie die Gefahr von Auffahrunfällen führten zu dem Risiko massiver und großflächiger Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und der Rechte Dritter. Außerdem sei das Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fahrradkorsos an größtmöglicher Wahrnehmung auch durch die von der Antragsgegnerin festgelegte alternative Strecke ausreichend gewährleistet.




Mit ihrer Beschwerde ebenfalls vom 23. August 2021 (um 18:52 Uhr und 20:51 Uhr) beantragt die Antragstellerin,

   unter Abänderung der Nr. I. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Nrn. 2.3.2.1 und 2.3.2.2 des Bescheides der Antragsgegnerin anzuordnen.

Zur Begründung trägt sie unter anderem Folgendes vor: Zwar sei dem Verwaltungsgericht zuzugestehen, dass der Aufzug zu dem gewählten Autobahnabschnitt keinen besonderen Bezug habe, aber es habe übergangen, dass der Aufzug in eine bundesweite Aktion eingebunden sei. Es bestehe ein besonderes Interesse, eine Autobahn zu befahren und nicht nur eine Kreisstraße. Zudem sei nicht hinreichend gewürdigt worden, dass eine komplette Sperrung der A73 nicht notwendig sei, weil einzelne Streckenabschnitte sukzessive wieder geöffnet werden könnten, so dass sich Staus am Stauende und in den Innenstädten schnell wieder auflösen könnten. Von einer 90-minütigen Sperrung wäre nur Autofahrer betroffen, die die komplette Strecke zurücklegen wollten und keine Alternativroute ansteuern könnten. Die örtliche Presse und die Polizei warnten bereits und veröffentlichten Hinweise. Eine Vielzahl von Autofahrern würde die A73 meiden, es sei daher mit einem geringeren Verkehrsaufkommen zu rechnen. Es sei entgegen dem Erstgericht von einer langfristigen Information der Öffentlichkeit zu rechnen (unter Verweis auf BA S. 19). Der Streik werde zu keinem nennenswerten höheren Verkehrsaufkommen führen, denn zwischen Nürnberg und Erlangen verkehrten weiterhin stündlich zwei Züge des Nahverkehrs und ein Fernverkehrszug. Bezüglich der Gefahren werde auf das Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht verwiesen. Das Verwaltungsgericht habe insbesondere verkannt, dass Gefahren durch Staus alltäglich seien. Außerdem seien Autofahrer verpflichtet, umsichtig zu fahren. Die Polizei und die Antragsgegnerin träfen bereits verkehrslenkende Maßnahmen. Es hätten bereits vier Fahrradkorsos aus dem F2.weg stattgefunden. Aufgrund der Pressemeldungen würde auch eine Ablenkung des Gegenverkehrs vermieden. Schließlich habe das Verwaltungsgericht nicht als Minusmaßnahme geprüft, den Bescheid insoweit aufzuheben, als untersagt worden sei, die A73 bis zur der Ausfahrt Eltersdorf zu befahren, wie es die Antragstellerin in den Kooperationsgesprächen vorgeschlagen habe. Dies würde Staus auf der A3 vermeiden, die Strecke auf circa die Hälfte reduzieren und hätte auch zeitliche Auswirkungen. Gleichzeitig würde dies dem Anliegen Rechnung tragen, zumindest zeitweise auf einer Bundesautobahn zu fahren.

Die Antragsgegnerin beantragt (20:14 Uhr),

   die Beschwerde zurückzuweisen.

Die nunmehr angeführte Alternativroute sei lediglich im Kooperationsgespräch vorgeschlagen, im späteren Verfahren aber nicht mehr weiterverfolgt worden. Die Fahrstrecke bis zur nunmehr genannten Ausfahrt Erlangen-Eltersdorf sei immer noch 12,7 km lang und umfasse vier Autobahnausfahrten. Zudem liege diese Ausfahrt unmittelbar vor dem aktuellen Baustellenbeginn vor dem Kreuz Fürth/Erlangen und sei auch deshalb nicht geeignet. Die Presse habe nur im Rahmen einer generellen Berichterstattung über die geplante Versammlung informiert. Bisherige Demonstrationen auf dem F2.weg hätten im Bereich der Kreisstraße N4, aber nicht im Bereich der A 73 stattgefunden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligte sich nicht am Verfahren.

Im Übrigen wird ergänzend auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.




II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss abzuändern.

a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage - wie hier nach Art. 25 BayVersG - keine aufschiebende Wirkung hat.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber zu treffen, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen, soweit sie bereits überschaubar sind. Nach allgemeiner Meinung besteht an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich aussichtslosen Klage kein überwiegendes Interesse. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen.

Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. jüngst: BVerfG, B.v. 30.8.2020 - 1 BvQ 94/20 - juris Rn. 14 m.w.N.). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen. Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 16).




Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig (vgl. BVerfG, B.v. 30.8.2020 - 1 BvQ 94/20 - juris Rn. 14 m.w.N.). Rechtsgüterkollisionen ist im Rahmen versammlungsrechtlicher Verfügungen durch Auflagen oder Modifikationen der Durchführung der Versammlung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 ? 1 BvR 1190/90 ? BVerfGE 104, 92 - juris Rn. 54, 63). Insoweit gilt die Regel, dass kollektive Meinungsäußerungen in Form einer Versammlung umso schutzwürdiger sind, je mehr es sich bei ihnen um einen Beitrag zum Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 - BVerfGE 73, 206 - juris Rn. 102).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

Der Schutz der "öffentlichen Sicherheit" im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst die gesamte Rechtsordnung, darunter auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und die in diesem Zusammenhang betroffenen Rechte Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1989 - 7 C 50/88 - BVerwGE 82, 34 - juris Rn. 15). Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, ist - wie auch sonst - eine Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. Wichtige Abwägungselemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität de r Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit der blockierten Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträchtigten Dritten und dem Protestgegenstand. Stehen die äußere Gestaltung und die durch sie ausgelösten Behinderungen in einem Zusammenhang mit dem Versammlungsthema oder betrifft das Anliegen auch die von der Demonstration nachteilig Betroffenen, kann die Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglicherweise eher sozial erträglich und dann in größerem Maße hinzunehmen sein, als wenn dies nicht der Fall ist. Demgemäß ist im Rahmen der Abwäg ung zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2020 - 10 CS 20.20.2655 - juris Rn. 22; BVerfG, B.v. 24.10.2001 ? 1 BvR 1190/90 ? BVerfGE 104, 92 - juris Rn. 64).

b) Gemessen daran zeigt die Beschwerdeschrift nicht auf, dass die streitbefangene Änderung der Route des Fahrradkorsos sich voraussichtlich als unangemessener Eingriff in die Versammlungsfreiheit der Antragstellerin erweisen wird.

Die Änderung der Aufzugsroute im angegriffenen Bescheid ist vielmehr nach summarische Prüfung voraussichtlichrechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten.




Dabei ist zunächst festzustellen, dass die von dem Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Gefahrenprognose herangezogenen Tatsachen zur Überzeugung des Senats hinreichend konkret und nachvollziehbar sind und dass die ausführliche Würdigung dieser Tatsachen schlüssig, vollständig und auch in sich widerspruchsfrei ist.

Nicht durchdringen kann die Antragstellerin mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht den spezifischen Bezug des Aufzugs zu dem angezeigten Streckenabschnitt verneint und dazu noch die Einbettung in eine bundesweite Aktion übersehen habe. Zum einen hat das
Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall den besonderen Bezug ausdrücklich anerkannt (vgl. BA S. 13). Zum anderen hat das Verwaltungsgericht, das im Übrigen auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen hat (vgl. BA S. 10), diesen Umstand erkennbar berücksichtigt (vgl. BA S. 5: "bis nach Berlin"). Die Antragstellerin zeigt zudem nicht auf, dass und inwieweit dieser Umstand in der Abwägung im vorliegenden Fall ungeachtet der übrigen Gesichtspunkte, vor allem der prognostizierten Gefahren, den Ausschlag geben kann.

Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin die Notwendigkeit einer kompltten Sperrung der Wegstrecke bestreitet, weil durchfahrene Streckenabschnitte wieder geöffnet werden könnten. Das Verwaltungsgericht ist hierauf eingegangen (vgl. BA S. 15: "langsam nachfolgen"). Abgesehen davon änderte die sukzessive Freigabe von Streckenabschnitten hinter dem Fahrradkorso nichts daran, dass dieser für sämtliche nachfolgenden Autofahrer ein nicht überholbares Hindernis auf der A73 bilden würde. Dass die Sperrung der Route in voller Länge vor allem diejenigen Autofahrerinnen und Autofahrer treffe würde, die von Nürnberg nach Erlangen wollen, trifft zu. Eine weitergehende Konkretisierung dieses Einwands bleibt indes aus. Außerdem dürfte diese Verbindung von zwei großen Städten im vorliegenden Fall bei lebensnaher Betrachtung auch die maßgebliche sein, zumal die Antragstellerin das Fehlen von hinreichenden Umgehungsmöglichkeiten nicht substantiiert angreift.


Dass Hinweise und Warnungen der Polizei und der örtlichen Presse die von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht prognostizierten Gefahren nicht effektiv ausschließen, hat dieses bereits überzeugend dargetan (vgl. BA S. 19). Mit den differenzierten Erwägungen des Verwaltungsgerichts insoweit setzt sich die Beschwerdeschrift nicht substantiiert auseinander. Auch die angeführten Links zu Veröffentlichungsplattformen zeigen nicht auf, dass eine langfristige Vorabinformation der Öffentlichkeit gewährleistet ist. Die Veröffentlichungen beziehen sich auf die von der Antragsgegnerin modifizierte Strecke, nicht auf die von der Antragstellerin angezeigte Strecke. Überdies datieren sie vom Nachmittag des heutigen Tages. Von einer langfristigen Vorabinformation kann nicht die Rede sein. Dass eine Vielzahl der Autofahrerinnen und Autofahrer die A73 meiden wird, ist damit ungeachtet des Fehlens geeigneter Ausweichmöglichkeiten nicht aufgezeigt.

Entgegen der Rüge der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht bezüglich der angenommenen Verkehrsdichte auch nicht entscheidend auf den Streik der Lokführer abgestellt, sondern diesen Aspekt - neben einer Vielzahl von konkreten, im Einzelnen von der Antragstellerin nicht substantiiert angegriffenen Anhaltspunkten, insbesondere den Verkehrszahlen der A73 ? lediglich ergänzend herangezogen (vgl. BA S. 16: "zudem"). Im Übrigen greift der Verweis auf die noch fahrenden Züge nicht, da es insofern an der Angabe der ausgefallenen Züge fehlt. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird zumindest ein Teil der Pendlerinnen und Pendler bei Zugausfällen auf das Auto umsteigen, ohne auf die noch verbleibenden Zugverbindungen zu setzen.

Der pauschale Verweis der Antragstellerin hinsichtlich der Gefahrenprognose auf ihr bisherigen Vorbringen geht ins Leere. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus dem bisherigen Vorbringen das für die gegen den konkreten Beschluss des Verwaltungsgerichts gerichtete Beschwerde Maßgebliche herauszufiltern.

Fehl geht der Einwand der Antragstellerin, dass es sich bei den Staus infolge des Fahrradkorsos auf der Autobahn nicht um demonstrationsspezifische Gefahren handele, sondern um eine alltägliche Verkehrssituation. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass sich die Gefahr von Auffahrunfällen quantitativ erhöht. Je länger ein Stau dauert, desto mehr Autos müssen innerhalb kürzester Zeit aus hoher Geschwindigkeit bis zum Fahrzeugstillstand abbremsen (vgl. BA S. 17 f.). Im Übrigen ist ein Fahrradkorso auf einer Bundesautobahn grundsätzlich kein üblicher und damit sozialadäquater Vorgang. Aus diesem Grund ruft ein derartiger Fahrradkorso auch Überraschung bei den übrigen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern hervor. Abgesehen davon ist weder erforderlich noch maßgeblich, dass die durch Staus infolge des Fahrradkorsos hervorgerufenen Gefahren wesentlich über die üblicher Staus hinausgehen, entscheidend sind die hieraus für Dritte folgenden Gefahren (vgl. NdsOVG, B.v. 4.6.2021 - 2 B 1193/21 ? juris Rn. 15). Dem Senat erhellt sich nicht, dass und inwieweit der Hinweis, Autofahrerinnen und Autofahrer seien gehalten, umsichtig und angemessen zu fahren, geeignet sein soll, den von dem Verwaltungsgericht prognostizierten Gefahren effektiv zu begegnen.

Nicht geeignet, den Beschluss des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen, sind überdies die Ausführungen der Antragstellerin zu den vorangegangenen Demonstrationen. Der insofern angesprochene F2.weg ist, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat, eine ? teils im innerstädtischen Bereich verlaufende, teils wie eine Autobahn ausgebaute ? Kreisstraße. Im Übrigen setzt die Beschwerdeschrift den von dem Verwaltungsgericht herangezogenen Tatsachen und der entsprechenden Würdigung nichts an Substanz entgegen.



Soweit die Antragstellerin schließlich auf eine vom Verwaltungsgericht nicht geprüfte "Minusmaßnahme" in Gestalt einer Wegstrecke (nur) bis zur Autobahnabfahrt der A73 Nr. 35 "Erlangen-Eltersdorf" verweist, ist Folgendes zu bemerken: Eine solche Alternativroute ist im erstinstanzlichen Eilrechtsschutzverfahren weder im Eilantrag (z.B. als Hilfsantrag) noch in dessen rechtlicher Begründung besonders thematisiert worden. Demgemäß ist es bei im Beschwerdeverfahren unveränderter Antragstellung nicht Aufgabe des Senats, mögliche Alternativrouten und die dabei zu berücksichtigenden Gefährdungen insbesondere der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs erstmals zu würdigen. Unabhängig davon ist die in der Beschwerdebegründung diesbezüglich aufgestellte Behauptung, damit würde sich die "Wegstrecke auf ca. die Hälfte reduzieren, was auch zeitliche Auswirkungen auf die nötigen Sperrungen hätte", mit Blick auf die beantragte bzw. angezeigte Gesamtwegstrecke offensichtlich unzutreffend und damit schon im Ansatz ungeeignet, diese "Alternative" als quasi milderes Mittel darzulegen. Schließlich hat die Antragstellerin dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht widersprochen, wonach es ihr auf eine Route über das Autobahnkreuz Fürth/Erlangen ankam. Dies schließt die von ihr nun als Alternative propagierte Route aus.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Der Streitwert war nach §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Nr. 2 GKG zu bestimmen.

4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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