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Oberverwaltungsgericht Hamburg Beschluss vom 01.12.2020 - 4 Bs 84/20 - Fahrtenbuchauflage für gewerbliche Fahrzeugvermietung

OVG Hamburg v. 01.12.2020: Fahrtenbuchauflage für gewerbliche Fahrzeugvermietung




Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 01.12.2020 - 4 Bs 84/20) hat entschieden:

  1.  Eine gewerbliche Fahrzeugvermietung ist im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO jedenfalls (Mit-)Halterin der auf ihren Namen zugelassenen Mietfahrzeuge, wenn sie selbst – und nicht die von selbständigen Handelsvertretern betriebenen Mietstationen – die Nutzungen aus der Verwendung der Fahrzeuge zieht, die Kosten für deren Unterhaltung und den laufenden Betrieb trägt und eine zumindest mittelbare tatsächliche Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge innehat.

  2.  Der mit einer Fahrtenbuchauflage verfolgte Zweck – vorbeugende Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs durch eine rasche Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften – kann auch bei Mietfahrzeugen erreicht werden.

  3.  Die mit der Fahrtenbuchauflage verfolgten Zwecke der Gefahrenprävention sind öffentliche Interessen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. e) DSGVO.


Siehe auch
Mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers und Fahrtenbuchauflage
und
Stichwörter zum Thema Fahrtenbuch


Gründe:


I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage.

Die Antragstellerin betreibt eine gewerbliche Autovermietung. Ihre bundesweit verteilten Mietstationen werden von selbstständigen Handelsvertretern geführt. Die Mietfahrzeuge sind auf die Antragstellerin zugelassen.

Am 22. Januar 2019 um 13:12 Uhr wurde mit einem Mietfahrzeug der Antragstellerin, einem Kleintransporter mit dem amtlichen Kennzeichen HH-..., in ... die an dieser Stelle zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 25 km/h überschritten. Auf dem im Rahmen der automatischen Geschwindigkeitsmessung aufgenommenen Frontfoto ist eine Frau mittleren Alters zu erkennen.

Mit Zeugenfragebogen vom 1. Februar 2019 bat das Ordnungsamt der Stadt ... die Antragstellerin um Angaben zur Fahrzeugführerin. Hierauf teilte die Antragstellerin mit, das Fahrzeug sei zum Tatzeitpunkt nicht vermietet gewesen. Es könne sich an die Mietstation Rastatt gewendet werden, die von der X.-GmbH & Co. KG betrieben werde und der das Fahrzeug zugewiesen sei. Der dieser Mietstation am 20. Februar 2019 übersandte weitere Zeugenfragebogen enthielt die Antwort, dass die abgebildete Fahrerin unbekannt und zur Tatzeit weder eine Vermietung noch eine Transferfahrt im Computersystem erfasst sei. Hierauf richtete das Ordnungsamt der Stadt ... ein Ermittlungsersuchen an die Ordnungsbehörde der Stadt Rastatt mit der Bitte, Ermittlungen zur Person der Fahrerin einzuleiten. Diese ergaben, dass einzelne Mitarbeiter der Antragstellerin nicht mehr befugt seien, Auskünfte bezüglich der Vermietung von Fahrzeugen zu erteilen. Entsprechende Anfragen seien an eine zentrale E-Mailadresse der Antragstellerin zu richten. Auf die hierauf an diese Adresse gerichtete Bitte des Ordnungsamtes der Stadt ... um nochmalige und intensivere Prüfung des Sachverhalts übersandte die Antragstellerin erneut die Mitteilung, dass die abgebildete Person nicht habe zugeordnet werden können, es für den Tatzeitpunkt keinen Fahrauftrag gegeben habe und auch keine Vermietung im Computersystem vermerkt sei.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2019 ordnete die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin an, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... oder ein an dessen Stelle verwendetes Fahrzeug ab dem 29. Juli 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen und gab ihr auf, dieses in der 40. und 49. Kalenderwoche des Jahres 2019 sowie der sechsten Kalenderwoche des Jahres 2020 vorzulegen. Ferner setzte sie für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro fest, wies auf die zwangsweise Durchsetzung hin und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an.




Am 3. Juli 2019 erhob die Antragstellerin Widerspruch, über den noch nicht entschieden wurde. Dem zeitgleich erhobenen und auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gerichteten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 28. April 2020 lediglich im Hinblick auf die angeordnete Verpflichtung zur Vorlage des Fahrtenbuchs in den drei bestimmten Kalenderwochen stattgegeben. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt: Die Fahrtenbuchauflage sei aller Voraussicht nach überwiegend rechtmäßig. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO lägen vor. Die Antragstellerin sei zumindest Mithalterin des auf sie zugelassenen Fahrzeugs. Auch ohne den unmittelbaren Fahrzeugzugriff verblieben ihr wesentliche Elemente der Verfügungsgewalt, sie trage die Kraftfahrzeugsteuer sowie die Versicherungsbeiträge und vereinnahme die Mietzahlungen. Weiterhin habe das Ordnungsamt der Stadt ... innerhalb der Verfolgungsverjährung die Fahrzeugführerin nicht identifizieren können, obwohl es alle ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Maßnahmen zu deren Ermittlung ergriffen habe. Die weiteren verfügten Einzelregelungen erwiesen sich mit Ausnahme der Anordnung zur Vorlage des Fahrtenbuchs als rechtmäßig. Die Pflicht zur Vorlage des Fahrtenbuchs bei der Antragsgegnerin erweise sich jedoch als unverhältnismäßig. Aufgrund der anzunehmenden Postlaufzeit von etwa einer Woche und der aus § 31a Abs. 2 StVZO folgenden Verpflichtung, jede einzelne Fahrt zu erfassen, sei das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin im Hinblick auf Spontanvermietungen des Fahrzeugs beeinträchtigt. Dies sei zwar grundsätzlich hinzunehmen, es bestehe jedoch mit der Möglichkeit, das Fahrtenbuch bei den Ordnungsämtern der Städte ... oder .... – in Amtshilfe für die Antragsgegnerin – vorzulegen, eine mildere Maßnahme, die ebenso geeignet sei, den mit der Fahrtenbuchauflage verfolgten Zweck zu erreichen. Schließlich bestehe auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.





II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die mit ihr dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht vorliegend gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO einzig zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben. Der Antragstellerin ist es mit ihrer Beschwerdebegründung nicht gelungen, die angegriffene Entscheidung in ihren tragenden Erwägungen zu erschüttern und ihr Ergebnis in Frage zu stellen.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin zunächst gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, sie sei jedenfalls Mithalterin des Fahrzeugs gewesen. Sie ist der Auffassung, dass sie im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes keine tatsächliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug gehabt habe. Solange das Fahrzeug einer bestimmten Mietstation zugewiesen sei, habe sie keine eigene Kenntnis, wo sich das Fahrzeug tatsächlich befinde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfolge über den Internetauftritt und die Telefonhotline der Antragstellerin lediglich die Fahrzeugreservierung. Der Mietvertrag werde nicht durch die Antragstellerin selbst, sondern durch Vermittlung der Mietstation geschlossen. Weiterhin sei die Argumentation des Verwaltungsgerichts falsch, Zeitpunkt und Dauer der Fahrten würden überwiegend durch die Antragstellerin geregelt.

Mit dieser Argumentation erschüttert die Antragstellerin die tragenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses zu ihrer (Mit-)Haltereigenschaft nicht. Halter ist grundsätzlich unabhängig von der Eigentümerstellung derjenige, der das Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat, d.h. die Nutzungen aus der Verwendung zieht und die Kosten für Unterhaltung und laufenden Betrieb trägt, und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, d. h. Anlass, Zeit, Dauer und Ziel der Fahrten selbst bestimmen kann. Für die Haltereigenschaft kommt der Zulassungsinhaberschaft Indizwirkung zu. (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.1968, VII C 155.66, juris Rn. 15; OVG Hamburg, Beschl. v. 13.6.2014, 4 Bs 51/14, n.v.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.1.2014, 12 ME 243/13, juris Rn. 7 f.).

Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes auf die Antragstellerin zugelassen und die hieraus resultierende Indizwirkung für ihre (Mit-)Haltereigenschaft nicht widerlegt sei. Zwar sei das Fahrzeug aufgrund der Entfernung von ca. 700 km zwischen dem Sitz der Antragstellerin in Hamburg und der Mietstation in Rastatt ihrem kurzfristigen faktischen Zugriff entzogen gewesen. Ihr seien jedoch wesentliche Elemente der Verfügungsgewalt – insbesondere der Fahrzeugerwerb, die Dauer und der Ort der Stationszuweisung – verblieben. Weiterhin ziehe die Antragstellerin durch die Erstellung der Rechnungen und die Entgegennahme der Mietzahlungen auch die Nutzungen aus der Fahrzeugvermietung. Schließlich sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin auch die Kraftfahrzeugsteuern sowie die Versicherungsbeiträge trage.

Mit dieser ausführlichen Subsumtion des Verwaltungsgerichts unter den Halterbegriff setzt sich die Antragstellerin schon nicht in einer dem Darlegungserfordernis entsprechenden Art und Weise auseinander. Auch im Beschwerdeverfahren legt sie nicht dar, dass eine andere Person als sie selbst oder eine andere Organisation – etwa die jeweilige Mietstation – die Nutzungen aus der Verwendung ihrer Mietfahrzeuge ziehen und die öffentlichen Abgaben sowie die Versicherungsbeiträge tragen würde. Soweit sie im Hinblick auf das dritte den Halterbegriff prägende Merkmal auf eine fehlende tatsächliche Verfügungsgewalt verweist, überzeugt ihre Argumentation nicht. Sie räumt selbst ein (Bl. 89 d. A.), dass das Wegfallen des direkten Fahrzeugzugriffs allein nicht die Haltereigenschaft entfallen lasse. Die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, der Antragstellerin verblieben auch ohne direkten Fahrzeugzugriff wesentliche Elemente der Verfügungsgewalt, zieht die Antragstellerin nicht erfolgreich in Zweifel. Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens kommt ihr zumindest eine mittelbare tatsächliche Verfügungsgewalt zu, da sie Kenntnis von der Mietstation hat, der das Fahrzeug zugewiesen ist, die wiederum Kenntnis von dem Mieter hat, der das Fahrzeug nutzt. Dem Beschwerdevorbringen (Bl. 89 d. A.) ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sie bei einer Vermietung des Fahrzeugs auch Kenntnis über dessen aktuellen Aufenthaltsort hat.




Zu keinem anderen Ergebnis führt ihr weiterer Einwand, es treffe – anders als durch das Verwaltungsgericht angenommen – nicht zu, dass nicht mehr für die Vermietung genutzte Fahrzeuge von ihr über eine zentrale, von der X.-SA in Paris betriebene Internetplattform zum Verkauf angeboten würden. Derartige Fahrzeuge würden vielmehr regelhaft an die Hersteller zurückgeliefert, lediglich im Ausnahmefall erfolge eine Verwertung über die rechtlich selbstständige S.-GmbH. Die hiermit aufgeworfene Frage, was konkret mit nicht mehr zu Vermietungszwecken genutzten Fahrzeugen geschieht, ist nicht erheblich. Entscheidend für die Eigenschaft der Antragstellerin als (Mit-)Halterin der auf sie zugelassenen Mietfahrzeuge ist vielmehr die sich mittelbar aus ihrem Beschwerdevorbringen ergebende Tatsache, dass sie es ist, die über den Erwerb neuer Fahrzeuge, deren Eingliederung in die Fahrzeugflotte und den Zeitpunkt ihrer Herausnahme entscheidet, da diese Aspekte maßgeblich ihre Verfügungsgewalt über die Mietfahrzeuge prägen.

Soweit die Antragstellerin gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, Zeitpunkt und Dauer der mit den Mietwagen durchgeführten Fahrten würden aufgrund der zentralen Fahrzeugvermietung über ihre Internetseite oder eine bundesweit einheitliche Telefonnummer überwiegend durch die Antragstellerin geregelt, einwendet, über die genannten Kommunikationswege könnten lediglich Fahrzeugreservierungen vorgenommen werden, begründet dies keine durchgreifenden Zweifel an der angefochtenen Entscheidung. Es kann offenbleiben, auf welchem Weg und zu welchem Zeitpunkt der zivilrechtliche Abschluss des Mietvertrages über die Nutzung eines Mietfahrzeugs konkret erfolgt, da das Verwaltungsgericht der Sache nach lediglich darauf abstellt, dass der Antragstellerin durch die von ihr bereitgestellte Organisation des Buchungsprozesses von Mietfahrzeugen maßgeblich Einfluss auf den Zeitpunkt sowie die Dauer der durchgeführten Fahrten zukommt. Dies wird durch das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin bestätigt: Indem sie darauf verweist, dass über ihre Internetseite oder die einheitliche Telefonnummer eine Fahrzeugreservierung vorgenommen werde, die in der Folge dazu führe, dass ihre Fahrzeugdisposition dafür Sorge trage, dass Fahrzeuge einer bestimmten Typenklasse auf Grundlage der Reservierung in einer bestimmten Station am reservierten Tag zur Verfügung stehen (vgl. Bl. 89 d. A.), wird nochmals deutlich, dass der Antragstellerin – und nicht der jeweiligen Mietstation – im Sinne der Halterdefinition die maßgebende Verfügungsgewalt über die jeweiligen Fahrzeuge zukommt.

2. Soweit die Antragstellerin sich mit ihrer weiteren Argumentation der Sache nach gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts wendet, die Voraussetzung des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO – Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers – sei erfüllt, dringt auch dieser Einwand nicht durch. Die Antragstellerin meint, dass sie alles ihr Mögliche getan habe, um den Verkehrsverstoß aufzuklären. Da in ihrem computerinternen Informationssystem für den Tatzeitpunkt keine Vermietung eingetragen sei, habe sie nur Auskunft darüber geben können, welcher Mietstation das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt zugewiesen gewesen sei. Diese Information habe sie an das zuständige Ordnungsamt weitergegeben.

Die in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO geforderte Unmöglichkeit, den Fahrzeugführer festzustellen, ist dann als gegeben anzusehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen kommt es wesentlich darauf an, ob die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, können sich an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (BVerwG, Urt. v. 17.12.1982, 7 C 3/80, MDR 1983, 782, juris Rn. 7). Das gilt auch dann, wenn der Fahrzeughalter von einer Benennung des Täters oder zumindest des in Betracht kommenden Täterkreises absieht und somit der Behörde keine erfolgversprechenden Ermittlungsansätze bietet. Auch durch die Benennung dieses Personenkreises können die behördlichen Ermittlungen noch wesentlich gefördert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.9.2020, 4 Bs 106/20, n.v.; Beschl. v. 11.2.2020, 4 Bf 180/19.Z, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 15.11.2008, 8 A 2169/08, juris Rn. 6; Beschl. v. 21.4.2008, 8 B 482/08, juris Rn. 7).

Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht entscheidungstragend darauf abgestellt, dass das zuständige Ordnungsamt der Stadt ... insgesamt vier Versuche – zweimalige Übersendung eines Zeugenfragebogens; nachfolgende E-Mailanfrage, Ermittlungsersuchen an die Ordnungsbehörde der Stadt Rastatt – unternommen habe, die allesamt aus von der Ordnungsbehörde nicht zu vertretenden Gründen erfolglos geblieben seien, weil die Antragstellerin die ihr obliegende Mitwirkung unterlassen habe.


Mit ihrer Argumentation, sie habe insbesondere mit der Recherche in ihrem elektronischen System sowie mit der Übersendung der Zeugenfragebögen an das zuständige Ordnungsamt alles ihr Mögliche getan, um die Identität der Fahrerin zu ermitteln, erschüttert die Antragstellerin die durch das Verwaltungsgericht getroffene Feststellung gerade nicht, sondern bestätigt diese. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist es ausreichend, dass trotz angemessener behördlicher Ermittlungsmaßnahmen der Fahrer objektiv nicht ermittelt werden konnte. Eine derartige Situation liegt vor. Die Antragstellerin räumt selbst ein, über keine weiteren Ermittlungsansätze zu verfügen. Ein rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten des Halters ist im Übrigen auch nicht erforderlich (OVG Hamburg, Beschl. v. 28.11.2017, 4 Bf 24/17.Z, juris Rn. 29). Aus diesem Grund kommt es auf die weiterhin von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angesprochenen Aspekte zum Ausmaß ihrer Einflussmöglichkeiten auf die konkrete Fahrzeugnutzung in einer Mietstation, zum Umfang der Stichproben- und Vor-Ort-Kontrollen der Mietstationen durch ihre Revisionsabteilung sowie zur Art und Weise ihrer Dokumentationspflichten schon nicht an. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wäre lediglich dann erschüttert, wenn eine Situation bestünde, in der die zuständige Ordnungsbehörde substanziellen Ermittlungsansätzen nicht nachgekommen wäre, obwohl sie aufgrund der erfüllten Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters hierzu verpflichtet gewesen wäre. Eine derartige Situation legt die Antragstellerin – wie ausgeführt – jedoch schon nicht dar.

3. Weiterhin erschüttert die Antragstellerin die angefochtene Entscheidung nicht, soweit sie der Auffassung ist, die Auferlegung der Fahrtenbuchauflage erweise sich als unverhältnismäßig und rechtswidrig, weil die Datenschutzgrundverordnung (Verordnung [EU] 2016/679; DSGVO) es ihr untersage, die geforderten Daten über die Fahrzeugnutzung von jedem Mieter des Fahrzeugs zu erheben. Die Datenschutzgrundverordnung lässt eine entsprechende Datenerhebung zu. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. e) DSGVO ist eine Datenverarbeitung insbesondere dann rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, weil die Fahrtenbuchauflage eine Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs ist. Mit ihr soll dafür Sorge getragen werden, dass künftig die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist (BVerwG, Urt. v. 28.5.2015, 3 C 13/14, juris Rn. 19). Eine rechtliche Unmöglichkeit, der Fahrtenbuchauflage nachzukommen, besteht auch deswegen nicht, weil § 31a Abs. 2 StVZO die Verpflichtung zur Dokumentation der einzelnen Fahrten nicht allein dem Fahrzeughalter auferlegt, sondern es ermöglicht, dass ein von ihm Beauftragter – hier der jeweilige Mieter des Fahrzeugs – die Eintragungen im Fahrtenbuch vornimmt. Diese Verpflichtung des Mieters ist ggf. im Mietvertrag gesondert zu regeln (vgl. zu einer solchen Konstellation: VG Düsseldorf, Beschl. v. 8.10.2019, 6 K 3553/18, juris Rn. 28).

Vor diesem Hintergrund dringt die Antragstellerin auch nicht mit ihrer in diesem Zusammenhang weiterhin vorgebrachten Argumentation durch, bei einem im Rahmen einer gewerblichen Fahrzeugvermietung eingesetzten Fahrzeug könnten Sinn und Zweck der Maßnahme nicht erreicht werden. Der erzieherische Zweck der Fahrtenbuchauflage, der insbesondere in einem Hinwirken auf ein künftiges Unterbleiben von Verkehrsverstößen bestehe, könne nur bei einem bestimmten engen Nutzerkreis, nicht jedoch bei der gewerblichen Fahrzeugvermietung mit wechselnden Nutzern erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt der Fahrtenbuchauflage der von ihr beschriebene erzieherische Zweck lediglich mittelbar zu. Wie zuvor dargestellt, dient die Fahrtenbuchauflage in erster Linie der Gefahrenprävention, um die Feststellung des Fahrzeugführers bei möglichen künftigen Verkehrsverstößen rasch zu ermöglichen. Dieser Zweck kann auch bei Mietfahrzeugen mit der Fahrtenbuchauflage erreicht werden. Gerade der dieses Verfahren kennzeichnende Umstand, dass Mietfahrzeuge nicht stets dem direkten tatsächlichen Zugriff des Fahrzeughalters unterliegen und von einer Vielzahl unterschiedlicher Personen genutzt werden, verdeutlicht das Bedürfnis für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, wenn mit Mietfahrzeugen Verkehrsvorschriften zuwidergehandelt wird. Vor diesem Hintergrund wird die Auferlegung einer Fahrtenbuchauflage auch für gewerblich im Rahmen einer Autovermietung genutzte Fahrzeuge für recht- und insbesondere verhältnismäßig erachtet (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 8.10.2019, 6 K 3553/18, juris; VG Magdeburg, Beschl. v. 20.8.2012, 1 B 226/12, juris).



4. Schließlich wendet sich die Antragstellerin erfolglos gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, es bestehe ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage. Das Verwaltungsgericht hat insoweit insbesondere darauf verwiesen, dass aufgrund des gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks der Auflage von einem besonderen Vollziehungsinteresse auszugehen sei. Da die Auflage zum einen garantieren solle, dass künftige Verkehrsverstöße während der angeordneten Dauer geahndet werden könnten und sie sich zum anderen positiv auf die Verkehrsdisziplin des Fahrzeugführers auswirken solle, sei es wichtig, dass das Fahrtenbuch unmittelbar nach Erlass des entsprechenden Bescheides und nicht erst nach dessen möglicherweise erst erheblich später eintretenden Bestandskraft zu führen sei. Hiergegen wendet die Antragstellerin nichts Substanzielles ein. Soweit sie der Meinung ist, die Fahrtenbuchauflage stelle sich im Ergebnis als „Geldstrafe“ dar, ist dieser Einwand nicht ansatzweise nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin hat mit der Auflage eine Maßnahme des präventiven Gefahrenabwehrrechts getroffen und keine repressive, den Verkehrsverstoß betreffende Ordnungsmaßnahme ergriffen. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin auch nicht zur Zahlung des festgesetzten Zwangsgeldes aufgefordert. Der Bescheid setzt das Zwangsgeld lediglich fest und die Antragstellerin hat es durch die ordnungsgemäße Führung des Fahrtenbuchs selbst in der Hand, die Verwirklichung des Zwangsgeldtatbestandes zu verhindern. Mit ihrer darüber hinausgehenden Argumentation, die verhängte Maßnahme verlange rechtlich Unmögliches von ihr und sei nicht geeignet, den mit ihr verfolgten Erziehungszweck zu erreichen, wiederholt die Antragstellerin lediglich ihre bereits dargestellten Einwände. Wir zuvor unter 3. ausgeführt, folgt weder aus der Datenschutzgrundverordnung noch aus Zweckerwägungen eine Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchauflage.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Für das Hauptsacheverfahren ist in Anwendung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ziffer 46.11) ein Streitwert in Höhe von 2.400,-- Euro (sechs Monate x 400,-- Euro) anzunehmen, der für das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert wird (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).

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