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Amtsgericht Brandenburg Beschluss vom 22.02.2005 - 22 OWi 325/04 - Entstehen dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale zusätzliche Kosten sind diese vom Aktenversender zu erstatten

AG Brandenburg v. 22.02.2005: Entstehen dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale zusätzliche Kosten sind diese vom Aktenversender zu erstatten




Das Amtsgericht Brandenburg a.d.Havel (Beschluss vom 22.02.2005 - 22 OWi 325/04) hat entschieden, dass die Kosten der Rücksendung verschickter Akten vom Aktenversender zu tragen sind:

   Entstehen dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale gem. § 107 Abs. 5 OWiG von 12 € zusätzliche Kosten (hier: Rücksendung der Akten auf eigene Kosten), sind diese vom Aktenversender zu erstatten.

Siehe auch
Akteneinsicht
und
Verteidigung in Straf- und OWi-Sachen


Zum Sachverhalt:


Der Antragsteller begehrte im Rahmen eines laufenden Bußgeldverfahrens bei der Antragsgegnerin mit Schreiben v. 29.11.2004 als Verteidiger eines Betroffenen Akteneinsicht. Die Antragsgegnerin versandte daraufhin mit Schreiben v. 8.12.2004 die Bußgeldakte an den Verteidiger unter Beifügung eines Kostenansatzes. Hierin heißt es: „... Die angeforderte Akte liegt bei und beinhaltet 26 Blatt. Um Rücksendung innerhalb von drei Tagen wird gebeten. Für die Aktenübersendung wird auf der Grundlage des § 107 Abs. 5 OWiG eine Gebühr von 12 € erhoben...”. Die Akte ging beim Verteidiger des Antragstellers am 13.12.2004 ein. Nach Einsichtnahme sandte der Verteidiger die Bußgeldakte auf eigene Kosten zurück an die Antragsgegnerin und beantragte mit Schreiben vom gleichen Datum eine gerichtliche Entscheidung. Er wendet sich insb. gegen die Erhebung der Aktenversendungspauschale i.H.v. 12 € weil er insoweit die Rücksendungskosten selbst getragen habe. Dem Antragsteller sind tatsächliche Kosten fair die Rücksendung der Akte inkl. Material i.H.v. 1,51 € entstanden.




Aus den Entscheidungsgründen:


"... 1. Der Antragsteller ist als Verteidiger allein antragsberechtigt, weil er durch die Auslagenentscheidung der Antragsgegnerin beschwert ist. Gemäß § 107 Abs. 5 OWiG werden von demjenigen Auslagen erhoben, der die Aktenversendung beantragt. Der Antragsteller hatte die Aktenversendung beantragt. Damit ist er grundsätzlich Kostenschuldner für diese Auslagen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch gem. § 62 OWiG statthaft. Insoweit können Einwendungen auf kostenrechtliche Vorschriften gestützt sein. Das betrifft namentlich die Notwendigkeit und die Höhe von Auslagen so-wie deren Zahlungspflicht, gegen die sich der Antragsteller wendet.

2. Grundsätzlich hat die Antragsgegnerin gem. § 107 Abs. 5 OWiG den Kostenansatz i.H.v. 12 € für die Versendung der Akten zurecht beansprucht. Denn gem. § 107 Abs. 5 OWiG werden von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich Rücksendung pauschal 12 € als Auslagen erhoben.



Nach Auffassung des Gerichts erfasst diese Regelung allerdings die Fälle nicht, in denen der Rechtsanwalt, dem auf Antrag Akteneinsicht gewährt wird, die Akten auf eigene Kosten zurücksendet, wenn die Aktenversendungsstelle keine Vorkehrungen für die kostenfreie Rücksendung der Akte getroffen hat. Bei dem hier gewählten Ablauf der Akteneinsicht entstehen nämlich dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale von 12 € zusätzliche Kosten. Der Antragsteller ist als Rechtspflegeorgan bei der hier gegebenen Verwaltungspraxis zunächst gehalten gewesen, die Akte zurückzusenden und unnötiges Verwaltungshandeln zu vermeiden. Er trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass das Bußgeldverfahren noch nicht abgeschlossen war und hier besonders kurze Verjährungsfristen laufen. Diese Handlungsweise ist kein Verzicht auf die zusätzlichen Auslagen, die dadurch anfallen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Antragsteller - wie hier - mit Rücksendung der Akte und Zahlung der Pauschale gleichzeitig gegen die Höhe des Kostenansatzes wendet.

Bereits nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift sollen mit dem Pauschalbetrag von 12 € Kosten im Zusammenhang mit der Versendung von Akten abgegolten werden. Hierbei ist nicht nur der Versand der Akte an den Akteneinsichtnehmer erfasst, sondern einschließlich die Rücksendung der Akte. Die Vorschrift in § 107 Abs. 5 OWiG ist mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 1. 7. 2004 in Kraft getreten. Die Aktenversendungspauschale in § 107 Abs. 5 OWiG sollte an die Nr. 9003 KV GKG-E (Art. 1) des entsprechenden Gesetzentwurfs angepasst werden. Ursprünglich hatte das Gesetz für Aktenversendung 8 € vorgesehen. Mit der hier eingetretenen Gesetzesänderung sollte dem Um-stand der tatsächlich mit der Versendung der Akten verbundenen erheblich gestiegenen Kosten Rechnung getragen wer-den. Gleichzeitig sollte klargestellt werden, dass mit der einmaligen Zahlung der Pauschale sowohl die Übersendung der Akten als auch deren Rücksendung abgegolten ist (BT-Drucks. 15/1971, 177). Der Gesetzgeber hat den Ablauf der Akteneinsicht bei der Fassung des Wortlautes offensichtlich der Praxis überlassen. So könnte die Versendungsstelle etwa dafür Sorge tragen, die Akten selbst beim Akteneinsichtnehmer etwa durch Kurier wieder abzuholen oder einen frankierten Rückumschlag für die Rücksendung beizufügen.



Zwar sind auch im Falle der Beifügung eines frankierten Rückumschlages gewisse zusätzliche Verrichtungen durch die Geschäftsstelle erforderlich, wie etwa die Beschriftung oder Frankieren eines Rückumschlages. Zusätzliche Auslagen über die vorgesehene Pauschale in § 107 Abs. 5 OWiG entstehen dadurch jedoch nicht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Akteneinsicht selbst kostenfrei ist und die dabei erforderlich werdenden üblichen zusätzlichen Arbeitsgänge bereits durch die allgemeine von den Beteiligten zu zahlenden Gerichtsgebühren abgedeckt sind.

Bei der hier gegebenen Sachlage entsteht ein Kostenerstattungsanspruch zu Gunsten des Antragstellers gem. § 107 Abs. 4 OWiG i.V.m. § 21 Abs. 1 Gebührengesetz des Landes Brandenburg (GebGBbg) v. 18. 10. 1991 (GVBI. 91, 452) zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr v 17. 12.2003 (GVBI. 1/03, 298, 304).

Überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten sind dem-nach unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist; nach diesem Zeitpunkt können zu Unrecht erhobene Kosten nur aus Billigkeitsgründen erstattet werden. Letztere Billigkeitsentscheidung ist nach Auffassung des Gerichts hier im Bußgeldverfahren nicht anzuwenden, weil der Rechtsbehelf gegen den Kostenansatz gem. § 108 Abs. 1 OWiG unbefristet ist.

Da der Antragsteller hier über die Pauschale des § 107 Abs. 5 OWiG hinaus weitere Auslagen für Material und Porto i.H.v. 1,51 € hatte, sind diese von der Antragsgegnerin unverzüglich zu erstatten. Für die weitere Verwaltungspraxis wird die Antragsgegnerin entsprechende Vorkehrungen für die Aktenversendung (Kurier, frankierter Rückumschlag o.A.) zu treffen haben. Die bisherige Praxis jedenfalls entspricht nicht der gesetzlichen Regelung. ..."

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