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OLG Köln Urteil vom 24.04.1996 - 13 U 146/95 - Zur Geltung des Sichtfahrgebots auf der Autobahn auch nachts bei Dunkelheit

OLG Köln v. 24.04.1996:Zur Geltung des Sichtfahrgebots auf der Autobahn auch nachts bei Dunkelheit




Auch auf Autobahnen gilt bei Dunkelheit uneingeschränkt das Sichtfahrgebot, wie das OLG Köln (Urteil vom 24.04.1996 - 13 U 146/95) entschieden hat:

  1.  Es gilt auch bei Dunkelheit auf Autobahnen das Sichtfahrgebot gemäß § 3 Abs.1 StVO. Ein Autofahrer muss seine Geschwindigkeit aber nicht auf solche Hindernisse einrichten, die aufgrund ihrer Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind. Diese Einschränkung gilt jedoch gerade nicht für auf der Straße liegengebliebene Kfz, auch wenn sie unbeleuchtet sind.

  2.  Kommt ein Pkw nach einer Kollision zum Stillstand, ist dies ein "Liegenbleiben" nach § 15 StVO und kein "Halten" nach §§ 12, 18 StVO. Das Liegenbleiben wegen etwaiger Störungen verstößt nicht gegen § 18 VIII StVO.

Siehe auch
Liegenbleiben von Fahrzeugen
und
Stichwörter zum Thema Auffahrunfälle


Aus den Entscheidungsgründen:


"... Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Kraftfahrzeugführer bei Dunkelheit auch auf der Autobahn grundsätzlich nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann (BGH VersR 1965, 88 f.; NJW 1984, 2412; NJW 1987, 1075; OLG Hamm NZV 1988, 64 f. und NZV 1992, 407 f.; OLG Frankfurt NZV 1990, 154 f.; OLG Köln NZV 1993, 271; Jagusch/Hentschel, StVO, § 3 Rdnr. 35). Der Beklagte zu 3) hat im Rahmen des Berufungsverfahrens selbst eingeräumt, ihm sei es mit Rücksicht auf seine Ausgangsgeschwindigkeit von 126 km/h überhaupt nicht möglich gewesen, rechtzeitig vor den auf der Fahrbahn befindlichen Pkw Saab und Pkw Ford Fiesta die Geschwindigkeit so zu reduzieren, dass er noch hätte anhalten können, als er diese Fahrzeuge im Lichtkegel seines Abblendlichts erkannte (Bl. 279, 284 GA). Nach Maßgabe der urkundlich belegten Feststellungen, die der Kraftfahrzeugsachverständige R. in seinem im Rahmen des Strafverfahrens erstatteten verkehrstechnischen Gutachten vom 31.07.1991 getroffen hat, wäre der Unfall für den Beklagten zu 3) nämlich nur vermeidbar gewesen, wenn seine Geschwindigkeit bei Erkennen der Gefahr im Lichtkegel des Abblendlichts geringer als 85 km/h gewesen wäre (Bl. 94, 95 der Beiakten 74 Js 460/91 StA Aachen). Angesichts der im Hinblick auf das Gebot des Fahrens auf Sicht unstreitig überhöhten Geschwindigkeit des Beklagten zu 3) ist dessen Einwand eines vermeintlich unabwendbaren Ereignisses fernliegend.

Die Beklagten zu 3) und 4) können sich ferner nicht mit Erfolg darauf berufen, die auf der Fahrbahn liegenden bereits verunfallten Fahrzeuge seien so ungewöhnliche Hindernisse gewesen, dass der Beklagte zu 3) sie auch bei gehöriger Aufmerksamkeit und angepasster Geschwindigkeit nicht hätte erkennen können. Selbst wenn ein Kraftfahrer seine Geschwindigkeit nicht auch auf solche Hindernisse einzurichten hat, die wegen ihrer Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind, so gilt diese Einschränkung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch gerade nicht für auf der Straße liegengebliebene Kraftfahrzeuge, mögen sie auch unbeleuchtet sein (BGH NJW-RR 1987, 1235, 1236; NJW 1984, 2412).




Eine Ausnahme von dem Grundsatz, bei Dunkelheit die Geschwindigkeit der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, ergibt sich allerdings aus § 18 Abs. 6 StVO. Diese Vorschrift erlaubt es dem Kraftfahrer, schneller zu fahren, wenn entweder die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird, oder wenn der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind; die Beklagten zu 3) und 4) berufen sich auf die letztgenannte Ausnahme (Bl. 279, 291 GA). Die in dieser Vorschrift benannten besonderen Umstände liegen im Streitfall indessen nicht vor, weil nach den urkundlich belegten und nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen R. die Bundesautobahn A 4 an der Unfallstelle gerade nicht beleuchtet ist (Bl. 78 der Strafakten). Mangels anderer Lichtquellen waren Hindernisse, so auch die bereits verunfallten Fahrzeuge, nicht rechtzeitig erkennbar.

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