Derjenige, der ein von ihm zu beachtendes Wechsellichtzeichen überhaupt nicht wahrnimmt, zeigt gerade die grobe Nachlässigkeit und Verantwortungslosigkeit, derentwegen es regelmäßig geboten ist, die Besinnungsfunktion des Fahrverbotes anzuwenden, sodass er sich nicht auf ein Augenblicksversagen berufen kann. |
"Der Betroffene ist von Beruf Taxifahrer, hat Ehefrau und ein Kind zu unterhalten und ist deshalb auf die Fahrerlaubnis existenziell angewiesen. Der Betroffene befuhr mit dem Pkw, Taxi, amtliches Kennzeichen ...-... ... am 04.12.2004 gegen 5.40 Uhr die I- Straße, B ..., im Stadtgebiet H Fahrtrichtung I. Mit normaler Stadtgeschwindigkeit - die genaue Geschwindigkeit konnte nicht ermittelt werden - näherte er sich dem Bereich der Lichtzeichenanlage I-Straße / F-Straße. Die F-Straße mündet aus Sicht des Betroffenen von links in die I-Straße. Zu dieser frühen Uhrzeit zeigte die Lichtzeichenanlage für den Betroffenen Rotlicht. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Dauerrotlicht, das nur auf Anforderungskontakt auf Grün umschaltete. Die Lichtzeichenanlage stand schon einige Minuten auf Rotlicht, als der Betroffene sich ihr näherte. Ohne anzuhalten und mit unverminderter Geschwindigkeit setzte der Angeklagte (richtig: der Betroffene: Anmerkung des Senats) seine Fahrt der B ... folgend in Richtung I fort. Ob die Lichtzeichenanlage zu diesem Zeitpunkt für die F-Straße ebenfalls Rotlicht zeigte, konnte in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden. Jedenfalls näherte sich von dieser Straße aus kein Fahrzeug dem Einmündungsbereich, so dass durch den Rotlichtverstoß des Betroffenen niemand beeinträchtigt wurde." |
"Der Betroffene hat sich unwiderlegt dahin eingelassen, die Lichtzeichenanlage sei ihm aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und seiner Ortskenntnisse durchaus bekannt. Er habe sie an diesem Morgen aber nicht bewusst wahrgenommen und realisiert, wahrscheinlich sei er in Gedanken gewesen und einfach durchgefahren. Diese Einlassung des Betroffenen wurde vom Zeugen PK L in der Verhandlung gestützt. Dieser hat nämlich bekundet, er habe anlässlich der gezielten Rotlichtkontrolle aus einer Entfernung von etwa 40 Metern beobachtet, wie der Betroffene mit unverminderter Geschwindigkeit die Lichtzeichenanlage passiert hätte. Er habe also nicht etwa die Geschwindigkeit vermindert, nach anderen Fahrzeugen Ausschau gehalten und dann unter Missachtung des Rotlichts seine Fahrt fortgesetzt. Bei dieser Situation ist das Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Fehlverhalten des Betroffenen um ein Augenblicksversagen gehandelt hat, zumal er bisher noch nicht durch einen Rotlichtverstoß oder eine sonstige Vorfahrtsverletzung in Erscheinung getreten ist. Angesichts dieses Augenblicksversagens und der bereits dargelegten beruflichen und familiären Situation erschien es vertretbar, gemäß § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung unter Wegfall des Fahrverbots die Regelgeldbuße zu erhöhen." |
"Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lag nämlich ein Augenblicksversagen gerade nicht vor. Unter einem Augenblicksversagen kann nur ein kurzfristiges Fehlverhalten bzw. Außerachtlassen der unter den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verstanden werden (OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.2004 - 3 Ss OWi 518/04 -). Von einem nur kurzfristigen Versagen des Betroffenen i.S. einer lediglich momentanen Unaufmerksamkeit kann im vorliegenden Verfahren indes nicht die Rede sein. Nach den Urteilsfeststellungen war dem Betroffenen die Lichtzeichenanlage aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und seiner Ortskenntnis durchaus bekannt. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der Betroffene der bereits seit geraumer Zeit Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage auf gerader Strecke angesichts der Tatzeit am 04.12.2004 um 05.40 Uhr im Dunkeln näherte, kann dies nicht mehr als bloße Unaufmerksamkeit und leichte Fahrlässigkeit angesehen werden, die auch von einem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer nicht immer vermieden werden kann. Derjenige, der ein von ihm zu beachtendes Wechsellichtzeichen überhaupt nicht wahrnimmt, zeigt gerade die grobe Nachlässigkeit und Verantwortungslosigkeit, derentwegen es regelmäßig geboten ist, die Besinnungsfunktion des Fahrverbotes anzuwenden (zu vgl. OLG Hamm, VRS 93, 377)." |