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VGH München Beschluss vom 05.01.2005 - 11 ZB 04.782 - Zum Zusammenhang von aktiven THC-WErt und der Annahme von gelegentlichem Cannabiskonsum

VGH München v. 05.01.2005: Zum Zusammenhang von aktiven THC-WErt und der Annahme von gelegentlichem Cannabiskonsum




Der VGH München (Beschluss vom 05.01.2005 - 11 ZB 04.782) hat eine Entscheidung des VG Augsburg v. 17.02.2004 - Au 3 K 04.20 - bestätigt, wonach die Behauptung, eine THC-Konzentration von 1,2 Mikrogramm/L (entspricht 1,2 ng/ml) Blut und eine THC-Carbonsäure-Konzentration von 6,5 Mikrogramm/L (entspricht 6,5 ng/ml) Blut sei durch Passivrauchen erreicht worden, als Schutzbehauptung zu werten ist. Allerdings ging der VGH auf diesen Gesichtspunkt nicht weiter ein.

   Ein nach einer Verkehrskontrolle festgestellter THC-COOH-Wert von 6,5 ng/ml Blut belegt, dass gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt. Ein festgestellter THC-Wert von 1,2 ng/ml Blut ist für sich allein noch kein ausreichender Beleg dafür, dass der Kläger Cannabiskonsum und Fahren nicht trennt, berechtigt jedoch zur Anordnung einer MPU.

Siehe auch
Aktiver THC-Wert und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Zum Sachverhalt:


Der 1974 geborene Kläger war im Besitz der Fahrerlaubnis der (ehemaligen) Klassen 1 und 3. Am 10. Februar 2002 wurde er als Führer eines Kraftfahrzeugs durch die Polizei kontrolliert. Der Drogenschnelltest einer Urinprobe verlief auf THC und Opiate positiv. Die Untersuchung einer 1 Stunde und 15 Minuten nach der Verkehrskontrolle entnommenen Blutprobe ergab nach Angaben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 21. März 2002 eine THC-Konzentration von 1,2 Mikrogramm/L (entspricht 1,2 ng/ml) Blut und eine THC-Carbonsäure-Konzentration von 6,5 Mikrogramm/L (entspricht 6,5 ng/ml) Blut.

Nachdem die Beklagte einen Entziehungsbescheid vom 17. September 2002 aus formellen Gründen aufgehoben hatte, forderte sie den Kläger unter dem 5. Juni 2003 auf, bis 30. September 2003 ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung beizubringen. Da ein solches Gutachten nicht vorgelegt wurde, entzog sie dem Kläger mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 die Fahrerlaubnis aller Klassen, gab ihm auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens bis 10. November 2003 abzugeben, und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung ein Zwangsgeld von 500,- Euro an. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 17. Februar 2004 zurück.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.




Aus den Entscheidungsgründen:


"... 1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen unter den in der Antragsbegründung dargelegten Gesichtspunkten keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der THC-COOH-Wert von 6,5 ng/ml Blut, der laut Gutachten des Rechtsmedizinischen Instituts der Universität München vom 21. März 2002 in der dem Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle am 10. Februar 2002 entnommenen Blutprobe festgestellt wurde, belegt, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil (S. 4 f.) zutreffend dargelegt hat, dass beim Kläger - wie dieser im Übrigen auch einräumt - gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt. Der bei dieser Blutuntersuchung weiter festgestellte THC-Wert von 1,2 ng/ml Blut ist zwar für sich allein noch kein ausreichender Beleg dafür, dass der Kläger Cannabiskonsum und Fahren nicht trennt (vgl. BayVGH vom 11.11.2004 Az. 11 CS 04.2348).

Die Beklagte durfte deshalb nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich der Kläger, weil er als gelegentlicher Cannabiskonsument mit dem genannten THC-Wert ein Kraftfahrzeug geführt hatte, im Sinn des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und des § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als fahrungeeignet erwiesen habe oder dass aufgrund dessen im Sinn des § 11 Abs. 7 FeV seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bereits feststehe. Die Beklagte durfte an diesen Sachverhalt aber sehr wohl Zweifel an der Fahreignung des Klägers knüpfen und deshalb gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen (vgl. BayVGH vom 24.8.2004 Az. 11 CS 04.1422).

Dass entgegen der Antragsbegründung ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Fahren bestand, wird schon durch das Gutachten vom 21. März 2002 belegt, wonach der Cannabiskonsum "offensichtlich vor einigen Stunden" stattgefunden hat. Im Übrigen sind weitere Zweifel an der Fahreignung begründende Tatsachen im Sinn des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV nicht erst dann gegeben, wenn sich der Betroffene objektiv in einem drogenbedingt fahruntüchtigen Zustand befunden hat. Ebenso wenig ist insoweit von Bedeutung, ob sich der Betroffene beim Führen eines Kraftfahrzeugs subjektiv durch den Einfluss des konsumierten Cannabis beeinträchtigt gefühlt hat (vgl. BayVGH vom 11.11.2004 Az. 11 CS 04.2348; vom 14.7.2004 Az. 11 CS 04.1513 m.w.N.).

...




Die Antragsbegründung lässt bereits eine hinreichend deutliche Formulierung der Tatsachen- oder Rechtsfrage, die in einem Berufungsverfahren geklärt werden sollte, vermissen. Der Antragsbegründung kann allenfalls entnommen werden, dass es dem Kläger um die Klärung der Frage geht, ob allein eine bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte geringe THC-Konzentration wie die bei ihm nachgewiesene zur Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung berechtigt oder ob eine solche Anordnung erst ab dem im Gutachten des Prof. Dr. Krüger für das Bundesverfassungsgericht als Grenzwert für eine Risikoerhöhung im Straßenverkehr genannten Wert von 2,0 ng/ml Blut zulässig ist. Diese Frage stellt sich im streitgegenständlichen Fall indessen nicht, weil das Verwaltungsgericht die hier ergangene Gutachtensanordnung nicht allein aufgrund des beim Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle vom 10. Februar 2002 nachgewiesenen THC-Werts von 1,2 ng/ml Blut als gerechtfertigt angesehen hat, sondern insoweit auch auf die bei ihm gegebenen Anzeichen der subakuten Phase eines Cannabisrausches und auf die festgestellten Fahrauffälligkeiten abgehoben hat. ..."

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