Das Verkehrslexikon

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OVG Schleswig Beschluss vom 07.06.2005 - 4 MB 49/05 - THC von mehr als 1 ng/ml nach einer Verkehrskontrolle lässt die Annahme gelegentlichen Konsums und fehlendem Trennvermögen zu

OVG Schleswig v. 07.06.2005: THC von mehr als 1 ng/ml nach einer Verkehrskontrolle lässt die Annahme gelegentlichen Konsums und fehlendem Trennvermögen zu




Das OVG Schleswig (Beschluss vom 07.06.2005 - 4 MB 49/05) hat entschieden:

  1.  Eine Verfügung über die Entziehung der Fahrerlaubnis kann in der Regel auch schon nach einer ein- oder erstmaligen Kontrolle, die zur Feststellung der Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabis-Einfluss geführt hat, für sofort vollziehbar erklärt werden.

  2.  Das Ergebnis einer solchen Kontrolle begründet regelmäßig auch die Annahme fehlender Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn die in der Blutprobe festgestellte Menge des festgestellten psychoaktiv wirkenden Stoffes THC mehr als 1 ng/ml beträgt.

  3.  Die (künftige) Kraftfahreignung des Betroffenen wird allein daran zu messen sein, ob das im Wiedererteilungsverfahren einzuholende medizinisch-psychologische Gutachten keine eignungsausschließenden Mängel aufzeigt.


Siehe auch
Fahreignung als Voraussetzung für die Erteilung bzw. Wiedererteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis
und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Der Senat hat im Rahmen einer kürzlich zu einem im Wesentlichen gleichartigen Sachverhalt ergangenen Entscheidung in Übereinstimmung u.a. mit der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu dessen Beschl. v. 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -) ausgeführt, dass ein Fahrerlaubnisinhaber durch die Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss - in jenem Verfahren mit einem Wert von 1,3 ng/ml - einen Tatbestand setzt, der die Annahme fehlender Eignung und darüber hinaus auch die streitbefangene Anordnung des Sofortvollzuges der Entziehungsverfügung - die im Gegensatz zur Behauptung des Antragstellers einer ständigen Praxis der zuständigen Verkehrsbehörden entspricht - rechtlich trägt. Im Einzelnen hat der Senat in jener Entscheidung vom 09. Mai 2005 - 4 MB 43/05 - dazu Folgendes niedergelegt:

   „... Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. dazu etwa den grundlegenden Beschl. v. 07.12.2004 - 4 MB 101/04 -), widerspräche es jeglicher Lebenserfahrung, anzunehmen, dass ein Verkehrsteilnehmer, der unstreitig unter Cannabis-Einfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat, bereits nach dem erst- und einmaligen Konsum von Cannabis in eine polizeiliche Verkehrskontrolle gerät, obgleich fachspezifische Untersuchungen zum gleichgelagerten Problemkreis der Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss - angesichts fehlender polizeilicher „Kontrolldichte“ ohne Weiteres plausibel und nachvollziehbar - zum Ergebnis haben, dass auf eine polizeilich festgestellte Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss hunderte solcher entfallen, die unentdeckt bleiben bzw. geblieben sind.




Demgemäß kann die Verkehrsbehörde - soweit nicht der Antragsteller den Nachweis für das Vorliegen des ungewöhnlichen Ausnahmefalles einer polizeilichen Auffälligkeit schon bei der erst- und einmaligen Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss führt, was ihm grundsätzlich auch während des noch laufenden Verwaltungsverfahrens zu ermöglichen ist - auch hier den bereits durch eine nur einmalige Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss indizierten Regeltatbestand einer wenigstens gelegentlichen Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss unterstellen, der auch bei einer im Anschluss an die Autofahrt unter Cannabis-Einfluss gemessenen THC-Konzentration zwischen 1 und 2 ng/ml - wie hier - für sich genommen ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne einer unzureichenden Bereitschaft, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit abzusehen, belegt. Der Senat folgt insoweit der in jeder Hinsicht überzeugenden Einschätzung des VGH Baden-Württemberg, dass ein Fahrerlaubnisinhaber, in dessen Blutprobe im Anschluss an eine Autofahrt eine Menge des psychoaktiv wirkenden Stoffes THC von mehr als 1 ng/ml ermittelt wird, nach „einem bewussten Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, obwohl er, wie gerade das Ergebnis der Blutprobe beweist, nicht sicher sein konnte, dass in seinem Blut diese Substanz nicht mehr vorhanden ist“. Ein solcher Sachverhalt lässt ohne Weiteres den Rückschluss auf eine fehlende charakterliche Eignung des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu; und zwar insbesondere auch deshalb, weil ihm - so auch das Verwaltungsgericht - eine hinreichend genaue Einschätzung der augenblicklichen - jeweils wechselnden - THC-Konzentration und deren Auswirkung auf fahreignungsrelevante Eigenschaften verwehrt ist und er für den Fall der aus den voranstehenden Gründen anzunehmenden gelegentlichen Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss und eines dabei fehlenden Trennungsvermögens nicht zu gewährleisten vermag, dass hochrangige Rechtsgüter wie die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer künftig keiner Gefährdung unterliegen. Die im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes erforderliche Interessenabwägung muss unter solchen Gegebenheiten zu Lasten des Antragstellers ausgehen. ...“



Im vorliegenden Streitverfahren bleibt allenfalls zu ergänzen, dass die bei den Akten befindlichen Verwaltungsvorgänge besonders wenig Anlass bieten, in der Verkehrsteilnahme des Antragstellers unter Cannabis-Einfluss einen ungewöhnlichen Ausnahmefall sehen zu können, da sich der Antragsteller nach dem Bericht des Polizeireviers Norderstedt vom 10. November 2004 nach eigenen Angaben als „regelmäßiger Cannabis-Konsument“ bezeichnet hat. ..."

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