Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OVG Hamburg Beschluss vom 20.06.2005 - 3 Bs 72/05 - Zur Nichteignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen bei gelegentlichem Cannabiskonsum und fehlendem Trennvermögen

OVG Hamburg v. 20.06.2005: Zur Nichteignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen bei gelegentlichem Cannabiskonsum und fehlendem Trennvermögen




Das OVG Hamburg (Beschluss vom 20.06.2005 - 3 Bs 72/05) hat entschieden:

  1.  Gelegentlicher Cannabiskonsum kann grundsätzlich, wenn einer der in Nr 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten weiteren Umstände wie die fehlende Trennung von Konsum und Fahren hinzutritt, die Nichteignung begründen, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug, insbesondere ein Mofa, zu führen.

  2.  Gelegentlicher Cannabiskonsum kann grundsätzlich, wenn einer der in Nr 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten weiteren Umstände wie die fehlende Trennung von Konsum und Fahren hinzutritt, die Nichteignung begründen, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug, insbesondere ein Mofa, zu führen.


Siehe auch
Nachweis von fehlendem Trennvermögen zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme - auch durch den aktiven THC-Wert
und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Das Verwaltungsgericht hat den Antragsteller für ungeeignet zum Führen erlaubnisfreier Kraftfahrzeuge gehalten, weil dieser gelegentlich Cannabis einnehme und nicht zwischen dem Konsum und dem Führen eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs trennen könne. Das fehlende Trennungsvermögen hat das Verwaltungsgericht mit der Mofa-Fahrt unter Cannabis-Einfluss am Abend des 5. Mai 2004 begründet. Demgegenüber hatte die Antragsgegnerin die Frage, ob der Antragsteller zwischen Cannabis-Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr trennen könne, erst noch durch die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einschließlich Drogenscreenings klären wollen. Da der Antragsteller jedoch der Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei diesem Sachverhalt sei auch ohne die Anforderung und Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens von der mangelnden Fahreignung des Antragstellers auszugehen, nicht substantiiert entgegengetreten ist, ist der Beschwerdesenat zu einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung insoweit nicht befugt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).




b) Soweit sich der Antragsteller mit seinem Vorbringen dagegen wenden will, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich die in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung getroffenen Regelungen, die ausdrücklich nur die Eignung von Fahrern erlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge betreffen, zum Maßstab für die Frage der Eignung genommen hat, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug zu führen, folgt ihm das Beschwerdegericht nicht.

Schon angesichts der bereits oben beschriebenen Auswirkungen von Cannabis-Konsum auf die Fahrtüchtigkeit auch des Führers eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs und im Hinblick auf die deshalb zu befürchtenden Verkehrsunfälle mit schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit und das Leben der anderen Verkehrsteilnehmer spricht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nichts dafür, dass bei der Beurteilung der Eignung des Führers eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs wesentlich größere drogenkonsumbedingte Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit in Kauf zu nehmen wären als in Bezug auf die Fahreignung hinsichtlich der in der Anlage 4 angeführten Fahrerlaubnisklassen. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass das Stadium der Abhängigkeit von dieser Droge erreicht sein müsste, um von einer die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigenden Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen zu können. Je stärker der Konsum ausfällt, desto größer ist zwar die Gefährdung anderer anzunehmen. Ein Mofa-Fahrer stellt aber nicht erst im Falle regelmäßiger Einnahme von Cannabis eine Gefährdung der anderen Teilnehmer am Straßenverkehr dar. Schon der gelegentliche Konsum kann die fehlende Eignung begründen, wenn zusätzlich einer der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung angeführten Umstände hinzutritt, insbesondere also die Trennungsbereitschaft fehlt. Eine abweichende gesetzliche Wertung ist nicht zu erkennen. § 3 Abs. 2 FeV erklärt die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV - und damit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV auch die Anlage 4 - für entsprechend anwendbar. Dass der Verordnungsgeber die von einem Mofa-Fahrer ausgehenden Gefahren nicht als gering einschätzt, zeigen zudem die Bestimmungen in § 5 FeV. Andernfalls hätte er kein Bedürfnis für die dort getroffenen Regelungen gesehen, die von Mofa-Fahrern bestimmte Kenntnisse fordern sowie die Pflicht begründen, eine Prüfbescheinigung bei sich zu führen, und es damit ermöglichen, Zuwiderhandlungen gegen ausgesprochene Untersagungen leichter festzustellen.




c) Soweit die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht argumentiere widersprüchlich, wenn es ein fehlendes Trennungsvermögen des Antragstellers auf Seite 3 letzter Absatz des Beschlusses als gegeben angesehen, aber auf Seite 5 zweiter Absatz eingeräumt habe, dass diesbezüglich noch keine zweifelsfreie Klärung vorliege, ist diese Rüge unbegründet: Ein Widerspruch kann nicht festgestellt werden. Denn während das Verwaltungsgericht auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses zur Eignung des Antragstellers, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug zu führen, und dabei bezogen auf das fehlende Trennungsvermögen des Antragstellers ausführt, dass dieser Mangel durch dessen Fahrt am 5. Mai 2004 belegt sei, stellen die Ausführungen auf Seite 5 zweiter Absatz lediglich die Äußerungen der Antragsgegnerin in ihrer Anordnung vom 3. August 2004 und nicht etwa die Ansichten des Verwaltungsgerichts dar.



Doch selbst wenn der Antragsteller mit diesem Einwand rügen will, dass das Verwaltungsgericht die Gefahren, die durch das Führen eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs entstehen, nicht anders hätte beurteilen dürfen als diejenigen, die von Radfahrern ausgehen, könnte der Antragsteller daraus im Rahmen der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nichts für sich herleiten. Die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Fahreignung des Antragstellers in Bezug auf erlaubnisfreie Kraftfahrzeuge hängt nicht davon ab, welche Anforderungen es an die Eignung des Antragstellers zum Radfahren gestellt hat. Ob das Verwaltungsgericht die Eignung des Antragstellers zum Radfahrern richtig beurteilt hat, ist im Übrigen nicht Gegenstand dieser Entscheidung, da dieser Teil des Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht angegriffen worden ist. ..."

- nach oben -



Datenschutz    Impressum