Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 14.06.2005 - VI ZR 185/04 - Die Missachtung der zulässigen Durchfahrthöhe bei einem geänderten Baugerüst zur Nachtzeit ist keine grobe Fahrlässigkeit

BGH v. 14.06.2005: Die Missachtung der zulässigen Durchfahrthöhe bei einem geänderten Baugerüst zur Nachtzeit ist keine grobe Fahrlässigkeit


Der BGH (Urteil vom 14.06.2005 - VI ZR 185/04) hat entschieden:

  1.  § 41 Abs. 2 Nr. 6 Zeichen 265 StVO ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

  2.  Zu den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AKB.

Siehe auch
Missachtung der zulässigen Durchfahrthöhe
und
Stichwörter zum Thema Unfallschadenregulierung

Zum Sachverhalt:


Die Klägerin nimmt als Kaskoversicherer den Beklagten aus übergegangenem Recht nach einem Verkehrsunfall in Anspruch. Der Beklagte befuhr als angestellter LKW-Fahrer mit einem bei der Klägerin kaskoversicherten Sattelschlepper, der eine Gesamthöhe von 4 m hatte, die P.-Straße in L. Diese war wegen Arbeiten an einer Autobahnbrücke für Fahrzeuge mit einer Höhe über 3,80 m gesperrt. Hinweisschilder für die Höchstdurchfahrtshöhe waren für beide Fahrtrichtungen an den davor liegenden Kreuzungen aufgestellt. Der Beklagte blieb bei dem Versuch, die mit Baugerüsten verkleidete Brücke zu unterqueren, mit dem Sattelschlepper an einer Stahlunterkonstruktion hängen, wodurch die Brücke und die Zugmaschine erheblich beschädigt wurden. Die Klägerin bezahlte ihrem Versicherungsnehmer, von dem der Arbeitgeber des Klägers den Sattelschlepper gemietet hatte, die Reparaturkosten und verlangt im Wege der Teilklage 5.000 € vom Beklagten erstattet.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiter Klageabweisung.




Aus den Entscheidungsgründen:

"I.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB verneint, weil keine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich des in dieser Vorschrift geschützten Rechtsguts Eigentum vorliege. Eine solche wäre gemäß § 15 Abs. 2 AKB jedoch für einen Rückgriff gegen den Beklagten erforderlich gewesen. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich aber aus § 67 Abs. 1 VVG, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Nr. 6, Zeichen 265 StVO. Durch das Verkehrsverbot für Fahrzeuge mit bestimmter Höhe sollten nämlich sowohl die Brückeneigentümer als auch die Eigentümer der vom Verbot betroffenen Fahrzeuge und die anderen, durch ein Einstürzen der Brücke mittelbar gefährdeten Verkehrsteilnehmer geschützt werden.

II.

1. Auch wenn das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt hat, die Revisionszulassung beschränke sich auf die konkrete Rechtsfrage, ob die vom Beklagten verletzte Norm ein Schutzgesetz darstelle, liegt keine Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Rechtsfrage vor. Wird die Revision zugelassen, so erfasst die Zulassung den gesamten Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat und für den die zur Zulassung führende Rechtsfrage von Bedeutung ist, zumal eine Beschränkung nur möglich ist, wenn - anders als hier - über Teile des Streitstoffs selbständig entschieden werden kann (vgl. BGHZ 130, 50, 59; 141, 232, 233 f.; 153, 358, 360 ff. sowie Senatsurteile vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - VersR 1995, 841 und vom 25. März 2003 - VI ZR 131/02 - VersR 2003, 1441, 1442).


2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin kann einen ihr zustehenden Ersatzanspruch gegen den Beklagten nicht geltend machen (§ 15 Abs. 2 AKB).

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO, Zeichen 265 als ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen, welches auch das Eigentum an den Fahrzeugen schützen soll, die in seinem Geltungsbereich am Verkehr teilnehmen.

aa) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 13, 14 f.; 103, 197, 199; ferner BGHZ 116, 7, 13; BGHZ 122, 1, 3 f.; Senatsurteile vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - VersR 2004, 255; vom 16. März 2004 - VI ZR 105/03 - VersR 2004, 1012 und vom 9. November 2004 - VI ZR 311/03 - VersR 2005, 238, jeweils m.w.N.). Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausgeufert werden. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 13, 14 f.; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO; vom 16. März 2004 - VI ZR 105/03 - aaO und vom 9. November 2004 - VI ZR 311/03 - aaO). Dann allerdings kann eine im Gesetz angelegte drittschützende Wirkung der Norm auch zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn sie in Bezug auf die im Einzelfall zu erlassenden Ge- und Verbote noch der Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt bedarf (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - VersR 2004, 255 f.; ferner BGHZ 62, 265, 266 f.; BGHZ 122, 1, 3 ff. und BGH, Urteil vom 27. September 1996 - V ZR 335/95 - VersR 1997, 367, 368).

bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss zur Beurteilung, ob einer Vorschrift Schutzgesetzcharakter zukommt, in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhanges, in den die Norm gestellt ist, geprüft werden, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; vom 14. April 1978 - VI ZR 238/76 - VersR 1978, 609, 610 und vom 5. Februar 1980 - VI ZR 169/79 - VersR 1980, 457, 458). Bei dieser Prüfung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Straßenverkehrsordnung nicht im Ganzen ein Gesetz zum Schutz des Vermögens ist. Sie ist Teil des Straßenverkehrsrechts, durch welches die Teilnahme am Straßenverkehr geregelt und insbesondere dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden soll. Dieses dient als sachlich begrenztes Ordnungsrecht der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - VersR 2004, 255, 256 m.w.N.).




Einzelne Vorschriften der Straßenverkehrsordnung können allerdings zugleich dem Schutz von Individualinteressen dienen, namentlich der Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums (vgl. Senatsurteile vom 25. Januar 1983 - VI ZR 212/80 - VersR 1983, 438, 439; vom 28. April 1987 - VI ZR 66/86 - VersR 1987, 906, 908; vom 25. September 1990 - VI ZR 19/90 - VersR 1990, 1366, 1367 und vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO). Demgemäß wird auch im Schrifttum die grundsätzliche Eignung dieser Verkehrsregeln als Schutzgesetz anerkannt (vgl. Bamberger/Roth-Spindler, BGB, § 823 Rdn. 192; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, 4. Auflage, Rdn. 216, 219; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 16 StVG, Rdn. 6; Wussow/ Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Auflage, Kap. 4, Rdn. 14). Auch in der Gesetzesbegründung bei Erlass der Straßenverkehrsordnung vom 16. November 1970 kommt zum Ausdruck, dass dieses Gesetz auch dem Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer dient (vgl. BR-Drucksache 420/70, S. 47). Nicht jede Übertretung eines Verkehrsverbots führt indes zu einem Schadensersatzanspruch des Geschädigten. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich bei dem Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen soll. So hat der Senat entschieden, vom Schutzzweck eines Verkehrsverbots für Nichtanlieger seien Schäden nicht erfasst, die bei einem Zusammenstoß eines Nichtanliegers, welcher die Straße verbotswidrig nutzte, mit einem Anlieger aufgrund des verkehrswidrigen Verhaltens des Letzteren eintraten. Die behördliche Anordnung sei in erster Linie erlassen worden, um den Verkehr auf der nur 3 m breiten Straße einzuschränken. Daher hätten sich durch den Unfall keine Gefahren verwirklicht, die die Anordnung habe verhüten wollen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 101/68 - VersR 1970, 159, 160; vgl. auch OLG Köln, VersR 1982, 154). Dagegen hat der Senat einen Schadensersatzanspruch bejaht, als ein Marktteilnehmer von einem LKW erfasst und getötet wurde, der die durch ein amtliches Verkehrsschild verhängte Sperrung der Straße für den Durchfahrtsverkehr missachtet hatte; das Verkehrsverbot diente hier nämlich dazu, die Marktteilnehmer vor dem Durchgangsverkehr zu schützen und sie vor ihnen durch diesen Verkehr drohenden Schaden zu bewahren. Es war also gerade der Erfolg eingetreten, der durch die Sperrung vermieden werden sollte (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1955 - VI ZR 251/53 - VersR 1955, 183). Beim Zusammenstoß zweier PKW auf einer für den Kfz-Verkehr gesperrten Straße hat der Senat ebenfalls einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz angenommen (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1956 - VI ZR 280/55 - VersR 1957, 102). Ebenso bei einem Verstoß gegen §§ 1, 3 StVO wegen einer Überschreitung der an der Unfallstelle zugelassenen Höchstgeschwindigkeit, wobei auch eine Haftung für die Verletzungen angenommen worden ist, die ein Unfallbeteiligter dadurch erlitten hat, dass ein Dritter in die Unfallstelle hineingefahren ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 1972 - VI ZR 79/71, 80/71 - VersR 1972, 1072, 1073).




cc) In Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze und unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung führt die gebotene Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Verkehrsverbot des § 41 Abs. 2 Nr. 6, Zeichen 265 StVO um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt, das jedenfalls auch dem Schutz des Eigentums der wegen einer Mißachtung der Höchstdurchfahrtshöhe geschädigten Verkehrsteilnehmer dient. Das Verbot, die Straße zu befahren, wenn die höchstzulässige Durchfahrtshöhe überschritten wird, soll nicht allein das Bauwerk vor Beschädigungen und den Fluss des Verkehrs vor Behinderungen bewahren, die eintreten können, wenn ein zu hohes Fahrzeug ein die Fahrbahn querendes Bauwerk nicht passieren kann. Sie soll vielmehr auch Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren schützen, die von dem die Fahrbahn querenden Bauwerk für ihr Eigentum und ihre Gesundheit ausgehen, wenn sie - wie hier - mit dem Bauwerk kollidieren, weil sie dessen genaue Höhe nicht abschätzen können. Demgemäß ist nach den zu Zeichen 265 erlassenen Verwaltungsvorschriften (abgedruckt bei Hentschel, aaO, § 41 StVO, Rdn. 103) bei der Festlegung der Maße zum einen ein ausreichender Sicherheitsabstand zu berücksichtigen, zum anderen bei Brückenbauwerken über Straßenbahnen und Oberleitungsbussen Rücksprache bei den Verkehrsbetrieben wegen des Sicherheitsabstandes zu nehmen. Auch dies spricht dafür, dass Zeichen 265 nicht nur das querende Bauwerk schützen will, sondern auch den das Bauwerk unterquerenden Verkehrsteilnehmer, wie etwa die fahrdrahtgebundenen Fahrzeuge. Dies entspricht dem Grundsatz, dass der Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen darf, auf Gefahrenquellen - wie sie die beschränkte Höhe darstellt - durch Warnzeichen hingewiesen zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1960 - 4 StR 503/59 - VRS 18, 268; Janiszewski/ Jagow, StVO, 16. Aufl., § 39 Rdn. 4). Nach den Richtlinien für die Kennzeichnung von Brückenbauwerken mit beschränkter Durchfahrtshöhe über Straßen (Verkehrsblatt 1968, 89 ff.) darf er davon ausgehen, dass Brückenbauwerke eine lichte Höhe von 4,50 m über der Straße besitzen (aaO, Ziff. 1.1.), so dass ersichtlich die Kennzeichnung einer Höhenbeschränkung (aaO, Ziff. 2) auch dazu dient, den Verkehrsteilnehmer vor Schäden zu schützen, die ihm durch sein Vertrauen auf die "übliche" Durchfahrtshöhe sonst entstehen würden.




dd) In den geschützten Personenkreis ist der Halter/Eigentümer einbezogen, der sein Fahrzeug nicht selber fährt, sondern es einem anderen überlässt. Verkehrsregeln schützen nämlich grundsätzlich auch andere Personen, die den Belastungen durch die Verkehrsgefahr unmittelbar ausgesetzt sind (BGB-RGRK-Steffen, 12. Aufl., § 823 Rdn. 549, 550 m.w.N.). Deshalb fällt auch der nicht selbst fahrende Eigentümer in den Schutzbereich der Norm. Insbesondere bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung des Verkehrsverbotes ist es auch nicht unbillig, dem geschädigten Eigentümer, der auf die Einhaltung der den Schutz seines Eigentums bezweckenden Verkehrsregeln durch den Fahrer angewiesen ist, den Schutz des § 823 Abs. 2 BGB mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zuzugestehen.

ee) Entgegen der Auffassung der Revision steht einer Haftung des Beklagten nicht entgegen, dass sich an der fraglichen Brücke selbst kein Zeichen 265 befand. Die Schilder nach § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO stehen im allgemeinen dort, wo oder von wo an die Anordnungen zu befolgen sind. Wenn Verkehrsteilnehmer sich verkehrsgerecht verhalten und das Verkehrsverbot ab der Stelle seiner Anbringung an den vor der Brücke liegenden Kreuzungen befolgen, erreichen sie demgemäß die Brücke gar nicht mehr, so dass dort eine erneute Kennzeichnung nicht zwingend erforderlich ist, ihr Fehlen jedenfalls wegen der vorherigen Kennzeichnung an dem Verstoß gegen das Schutzgesetz und dessen Ursächlichkeit für den entstandenen Schaden nichts ändert.

b) Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten wird durch die Schutzgesetzverletzung indiziert (BGHZ 122, 1, 6 f.). Von einer schuldhaften Schädigung ist ebenfalls auszugehen, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Durchfahrtsverbot vorsätzlich mißachtet hat.

c) Dem Beklagten kommt aber zugute, dass ein Regress der Klägerin gegen ihn als berechtigten Fahrer ausgeschlossen ist. § 15 Abs. 2 AKB findet Anwendung. Nach dieser Bestimmung ist jeder Rückgriff des Versicherers - gleich aus welchem Rechtsgrund - auf die Fälle beschränkt, in denen der Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Die Voraussetzungen der Rückgriffsbeschränkung, die zum Ziel hat, den berechtigten Fahrer nicht schlechter zu stellen als den Versicherungsnehmer im Rahmen des § 61 VVG (Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 15 AKB, Rdn. 3; Beckmann /Matuschke-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, § 30, Rdn. 173; Stiefel/ Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage, § 15 Rdn. 12), liegen hier vor. Der Beklagte hat den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat. Allerdings scheint das Berufungsgericht davon auszugehen, dass § 15 Abs. 2 AKB lediglich auf Ansprüche aus § 67 Abs. 1 VVG i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, nicht dagegen auf Ansprüche aus § 67 Abs. 1 VVG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 41 Abs. 2 Nr. 6, Zeichen 265 StVO Anwendung findet. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr ist unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AKB für einen Regreß des Versicherers stets mindestens grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls erforderlich. Diese Voraussetzung ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu verneinen. Der erkennende Senat kann dies selbst entscheiden, weil sich alle zur Beurteilung notwendigen Anknüpfungstatsachen aus dem angefochtenen Urteil ergeben und die Sache deshalb zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).



Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich also um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364 m.w.N.). Zur Frage der objektiven Pflichtwidrigkeit hat das Berufungsgericht zwar festgestellt, dass der Beklagte vorsätzlich § 41 Abs. 2 Nr. 6, Zeichen 265 StVO missachtet hat. Ein solcher vorsätzlicher Verstoß gegen Verkehrsregeln verletzt grundsätzlich die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße (Beckmann/ Matuschke- Beckmann, aaO., § 16 Rdn. 21). Die für § 15 Abs. 2 AKB erforderliche grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls setzt indes voraus, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers oder des berechtigten Fahrers zumindest grob fahrlässig den Eintritt des Versicherungsfalls gefördert hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1979 - IV ZR 91/78 - VersR 1980, 180, 181; OLG München, VersR 1986, 585; Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl., § 61 Rdn. 43 m.w.N.). Daran fehlt es unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles. Der Beklagte hat nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor dem Unfall die Strecke längere Zeit mehrfach wöchentlich befahren, ohne einen Schaden zu verursachen, die Bauarbeiten an der Brücke waren für ihn nicht ersichtlich, eine Kennzeichnung der vor die alte gesetzten neuen Unterführung bestand nicht, die Baustelle war nicht beleuchtet und nicht mit einem zusätzlichen Baustellenschild kenntlich gemacht und der Unfall erfolgte zur Nachtzeit. Es kann daher nicht als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls gewertet werden, wenn der Beklagte ein weiteres Mal das Verkehrszeichen missachtet und die Strecke erneut befahren hat. Soweit das Berufungsgericht Vorsatz des Beklagten hinsichtlich des Verstoßes gegen das Verkehrszeichen bejaht hat, ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - keine Kenntnis von den Veränderungen in der lichten Höhe der Durchfahrt gegenüber seinen bisherigen Fahrten hatte, die über längere Zeit ebenfalls dem Verkehrszeichen 265 zuwider erfolgt sind. Unter diesen besonderen Umständen des hier zu entscheidenden Falles kann auch die vorsätzliche Missachtung des Verkehrszeichens nicht als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - aaO). Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers, die nach § 67 VVG auf die Klägerin als den Versicherer übergegangen sind, können daher gegen den Beklagten als berechtigten Fahrer im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht werden.


III.

Nach allem sind auf die Rechtsmittel des Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben, das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. ..."

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