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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss vom 17.10.2005 - 6 G 2144/05 - Zur Berücksichtigung von Eignungshindernessen aus der Zeit vor Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis

VG Gießen v. 17.10.2005: Zur Berücksichtigung von Eignungshindernessen aus der Zeit vor Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis




Das Verwaltungsgericht Gießen (Beschluss vom 17.10.2005 - 6 G 2144/05) hat im Eilverfahren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt:

   § 46 FeV enthält - ebenso wie Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG - keine zeitliche Zäsur für die Berücksichtigung von Tatsachen zur Prüfung der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Grundsätzlich können daher bei der Aberkennung des Rechts, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wegen Bedenken gegen die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges Gebrauch zu machen, auch Tatsachen berücksichtigt werden, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis lagen, soweit dem nicht im Einzelfall das verfassungsrechtlich verankerte Gebot des Vertrauensschutzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen stehen.

Siehe auch
Die Nutzungsuntersagung bzw. Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland
und
Stichwörter zum Thema EU-Führerschein




Aus den Entscheidungsgründen:


"Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Landrates des Vogelsbergkreises vom 01.09.2005 wiederherzustellen, mit dem der Antragstellerin die Fahrerlaubnis entzogen und ihr das Recht aberkannt wurde, im Gebiet der Bundesrepublik von ihrer tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 S. 1 2. Alternative VwGO statthaft.

Fraglich ist jedoch, ob der Antrag auch im Übrigen zulässig ist und insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung besteht.

Problematisch erscheint das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses deshalb, weil die Antragstellerin möglicherweise mit ihrem Antrag keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erreichen kann. Dafür könnte sprechen, dass nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ohne weitere behördliche Verfügung nicht berechtigt ist, ein Fahrzeug in der Bundesrepublik Deutschland zu führen, wenn ihm hier zuvor die Fahrerlaubnis vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, ihm die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder ihm die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Die Antragstellerin ist im Besitz einer am 10.02.2005 ausgestellten tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse B. Ihr wurde jedoch zuvor durch Urteil des Amtsgerichts Alsfeld vom 05.12.2003 (101 Js 16217/03 - Cs -) die deutsche Fahrerlaubnis der Klassen B, E vom 29.11.2001 wegen Trunkenheit im Verkehr mit einer Sperrfrist von 13 Monaten (bis zum 04.01.2005) entzogen. Zum Zeitpunkt der Tat betrug die Blutalkoholkonzentration der Antragstellerin 2,22 Promille. Aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 FeV folgt, dass in einem solchen Fall das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, dem Inhaber erst auf Antrag und nach einer Prüfung, ob die für die Entziehung maßgeblichen Gründe noch bestehen, erteilt wird. Damit wird § 2 Abs. 1 S. 1 FeV eingeschränkt, wonach der Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, der seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik hat, im Umfang seiner Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen darf.




Es ist fraglich, ob § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV europarechtskonform ist. Nach der maßgeblichen Richtlinie 91/439/EWG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (Art. 1 Abs. 2). Dies ist von § 28 Abs. 1 FeV in deutsches Recht umgesetzt worden. Fraglich ist, ob die Einschränkung durch § 28 Abs. 4 FeV von Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG gedeckt ist, der seinerseits Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine zulässt. Gemäß Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie genannten Maßnahmen (Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis) angewendet wurde. Dabei geht der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 29.04.2004, - C 476/01 -, DAR 2004, 333) davon aus, dass Artikel 1 Abs. 2 i. V. m. Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 EWG so auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht deshalb ablehnen darf, weil im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaates auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in diesem Mitgliedstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist (Leitsatz 2). Daraus wird zum Teil abgeleitet, dass § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV wegen Verstoßes gegen den Anwendungsvorrang des europäischen Rechts unanwendbar sei (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.08.2005, - 7 B 11021/05.OVG; VG Frankfurt, Beschluss vom 15.09.2005, - 6 G 2485/05 (V) -), denn diese Regelung habe zur Folge, dass auf unbestimmte Zeit die Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis verhindert werden könne. Diesem Aspekt sieht demgegenüber der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 12.10.2004, - 10 S 1346/04 -, VRS 108, 141) dadurch Rechnung getragen, dass § 28 Abs. 5 FeV sicherstelle, dass einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht auf unbestimmte Zeit die Anerkennung versagt bleibe. Es sei der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu entnehmen, dass die nach § 28 Abs. 5 FeV erforderliche behördliche Entscheidung nicht im Einklang mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes (hier Artikel 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie 91/439/EWG) stehe.




Die Kammer neigt zu der Auffassung, dass der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 29.04.2004 nicht die weitreichende Bedeutung beizumessen ist, die ihr von der erstgenannten Auffassung beigemessen wird und die dazu führen würde, dass für die nationale Regelung in § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV praktisch kein Anwendungsbereich mehr bliebe. Würde man die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dahingehend verstehen, dass generell und uneingeschränkt eine nach Ablauf einer in Deutschland verhängten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis ohne Rücksicht auf nationale materielle Wiedererteilungsanforderungen im Inland als gültig anzuerkennen ist, liefe der Anerkennungsvorbehalt des Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nahezu leer. Der Europäische Gerichtshof hat sich jedoch ausdrücklich in der Entscheidung vom 29.04.2004 nur mit dem Fall befasst, dass eine Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat nach Ablauf der in der Bundesrepublik verhängten Sperrfrist ausgestellt wurde. Die Frage, ob dann, wenn an die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist noch weitere, nicht nur formale, sondern inhaltliche Anforderungen gestellt werden, § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV zur Anwendung kommt, hat der Europäische Gerichtshof nicht beantwortet. Sie war weder Gegenstand der vom vorlegenden Amtsgericht B-Stadt formulierten Frage noch der vom Europäischen Gerichtshof selbst formulierten weiteren Frage, ob "Artikel 1 Abs. 2 i. V. m. Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 so auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht deshalb ablehnen darf, weil im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in diesem Mitgliedstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist" (EuGH, a. a. O., Rdnr. 32). Der Entscheidung ist daher nach Auffassung der Kammer eine Unanwendbarkeit des § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FeV für die vorliegende Fallkonstellation nicht zu entnehmen. Es spricht vielmehr viel dafür, dass es angesichts mangelnder Harmonisierung der materiellen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber obliegt, zu bestimmen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um von der Wiedererlangung der Fahreignung oder Fahrfähigkeit nach einer Entziehung ausgehen zu können (so auch Geiger, Anm. zum Urteil des EuGH vom 29.04.2004, DAR 2004, 340).

Selbst wenn man aber von einer Anwendbarkeit des § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FeV ausgeht, spricht für eine Anerkennung eines Rechtsschutzbedürfnisses für den vorliegenden Antrag, dass die Fahrerlaubnisbehörde die angefochtene Verfügung ausdrücklich auf § 46 i. V. m. § 28 FeV gestützt hat und daher offensichtlich von der grundsätzlichen Anerkennung der Fahrerlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 FeV ausgegangen ist und diese erst nachträglich aberkannt hat. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit für die Antragstellerin müsste diese daher ein Rechtsschutzbedürfnis haben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes inzident die Richtigkeit der von der Fahrerlaubnisbehörde vertretenen Rechtsauffassung durch das Verwaltungsgericht überprüfen zu lassen (so auch VG Neustadt/Weinstraße, Beschluss vom 11.03.2005, - 4 L 389/05.NW - JURIS).

Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Klage gegen einen Verwaltungsakt kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO erfolgen, wenn der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist oder - bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens - aus anderen Gründen das private Aufschubinteresse das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Darüber hinaus erfolgt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, wenn das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes durch die Behörde nicht hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO).




Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Nach der im gerichtlichen Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden. Der Landrat des Vogelsbergkreises hat in dem angefochtenen Bescheid der Antragstellerin rechtmäßig die Fahrerlaubnis entzogen und das Recht aberkannt, von ihrer tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen.

Der Landrat des Vogelsbergkreises ist für die vorliegende Verfügung zuständig, da die Antragstellerin nach einer Melderegisterauskunft vom 14.09.2005 ihren Hauptwohnsitz in Alsfeld hat und insbesondere im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides hatte. Gegenteiliges hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis - bei ausländischen Fahrerlaubnissen mit der Folge des Erlöschens des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland - zu entziehen, wenn sich der Inhaber der Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Diese Vorschriften finden vorliegend gemäß § 4 der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr (IntKfzV) Anwendung, denn die Antragstellerin ist mit Hauptwohnsitz in Alsfeld gemeldet (§ 4 Abs. 1 Satz 2 IntKfzV i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3 FeV).

Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat der Antragsgegner hier zutreffend als gegeben angesehen, weil die Antragstellerin der Aufforderung vom 22.06.2005 zur Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln nicht nachgekommen ist. Denn gemäß § 46 Abs. 3 FeV finden die §§ 11 bis 14 FeV im Rahmen der Entziehung der Fahrerlaubnis entsprechende Anwendung, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet ist. Nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er ein von ihr gefordertes Gutachten nicht beibringt und er auf die Folgen hingewiesen wurde. Dieser Hinweis ist durch das Schreiben des Antragsgegners vom 22.06.2005 erfolgt.

Der Antragsgegner hat zu Recht von der Antragstellerin die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert. Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 2 lit. c FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt hat. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts Alsfeld vom 05.12.2003 hatte die Antragstellerin ein Fahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,22 Promille geführt.




Der Anwendung der Vorschriften des § 3 StVG i. V. m. §§ 46, 13 FeV auf EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnisse stehen auch die oben angesprochenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht grundsätzlich entgegen, denn die nachträgliche Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, setzt gerade voraus, dass diese zunächst anerkannt wurde (so auch VG München, Beschluss vom 13.01.2005, - M 6 b S 04.5543 - JURIS). Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG ermöglicht es den Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden (EuGH, a. a. O., Rdnr. 73).

§ 28 Abs. 1 S. 3 FeV setzt dies in nationales Recht um und wird insoweit auch nicht durch § 28 Abs. 2 bis 4 FeV berührt.

Der Anwendung von § 46 Abs. 3 FeV steht auch nicht entgegen, dass sich die Bedenken gegen die Eignung der Antragstellerin zum Führen eines Kraftfahrzeuges aus Tatsachen ergeben, die vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis liegen (so im Ergebnis auch Hess. VGH, Beschluss vom 16.08.2005, - 2 TG 1904/05 - und VG Wiesbaden, Beschluss vom 24.06.2005, - 7 G 617/05 -, dem VG München folgend, Beschluss vom 13.01.2005, - M 6 b S 04.5543 - JURIS). Anders als die §§ 48, 49 HVwVfG, zu denen sich § 46 FeV als abschließende Sonderregelung erweist (VG Gießen, Beschluss vom 05.08.1999, - 6 G 2263/99 -; Hess.VGH, Urteil vom 04.06.1985, - 2 OE 65/83 -, VRS 70, 268; Beschluss vom 17.08.1998, -2 TZ 2704/98 -, zu § 4 Abs. 1 StVG a.F:, § 15 b Abs. 1 StVZO a.F.), enthält dieser - ebenso wie Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG - keine zeitliche Zäsur für die Berücksichtigung von Tatsachen zur Prüfung der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Grundsätzlich können daher auch Tatsachen berücksichtigt werden, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis lagen, soweit dem nicht das verfassungsrechtlich verankerte Gebot des Vertrauensschutzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 25.01.1989, - 2 BvR 2058/83 -, juris) entgegen stehen. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Antragstellerin durfte insbesondere angesichts der Entziehung ihrer Fahrerlaubnis wegen Führens eines Kraftfahrzeuges mit mehr als 1,6 Promille im Hinblick auf das geltende deutsche Recht nicht davon ausgehen, von Maßnahmen deutscher Behörden im Zusammenhang mit der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und deren Gebrauch im Inland verschont zu bleiben. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin in der Vergangenheit diese Erfahrungen bereits mehrfach gemacht hat. Ihr wurde die Fahrerlaubnis zuvor bereits zwei Mal wegen Trunkenheit im Verkehr entzogen, wobei im Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 3,16 Promille (Urteil des AG Alsfeld vom 20.12.2000, - 106 Js 23872/00 -) bzw. 1,9 Promille (Urteil des AG Alsfeld vom 14.11.1994, - 12 Js 113709/94 -) festgestellt worden war. Eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erfolgte jeweils erst nach einer positiven medizinisch-psychologischen Begutachtung. Die deutschen Behörden haben bei der Antragstellerin auch nicht das Vertrauen erweckt, auf derartige Maßnahmen in diesem Fall verzichten zu wollen.


Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung unterliegt ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sie genügt in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO und ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Muss der derzeit als nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet anzusehenden Antragstellerin das Recht aberkannt werden, im Inland von ihrer tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, so gebietet das öffentliche Interesse die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Wegen des hohen Ranges des Rechtsgutes der Verkehrssicherheit besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, dass ungeeignete Kraftfahrer auf Grund der von ihnen ausgehenden latenten Gefährdung von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr ausgeschlossen werden (Hess. VGH, Beschluss vom 22.02.1983, Hess. VG - Rechtsprechung 1983, 70 und Beschluss vom 26.11.1993, Az.: 2 TH 2033/93). Das private Interesse der Antragstellerin daran, weiterhin in der Bundesrepublik ein Kraftfahrzeug führen zu können, muss bei der gegebenen Sach- und Rechtslage hinter dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der Sicherheit im motorisierten Straßenverkehr zurückstehen.

Selbst wenn man den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache als offen betrachten wollte, weil Bedenken gegen die Berücksichtigung der vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis liegenden Tatsachen bei der Eignungsprüfung bestehen (so ohne vertiefende Begründung OVG Koblenz, Beschluss vom 15.08.2005, - 7 B 11021/05.OVG -), so überwiegt bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung. Angesichts des hohen Gutes der Verkehrssicherheit und der erheblichen Gefährdung dritter Verkehrsteilnehmer durch ungeeignete Fahrzeugführer muss das Interesse der Antragstellerin, ihre tschechische Fahrerlaubnis auch in der Bundesrepublik Deutschland ausnutzen zu können, bei offenem Verfahrensausgang grundsätzlich zurückstehen. Auch der Umstand, dass mit dieser Entscheidung möglicherweise das Recht der Europäischen Gemeinschaften nicht zur vollen Anwendung gelangen könnte, kann vorliegend zu keiner abweichenden Interessenbewertung führen. Zwar haben die nationalen Gerichte bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darauf zu achten, dass die zu treffenden Entscheidungen dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nehmen. Diese Gefahr besteht vorliegend indes nur in geringem Umfang. Insbesondere ist die Dienstleistungsfreiheit der Antragstellerin nur rudimentär betroffen, denn die Möglichkeit, von ihrer Fahrerlaubnis in den anderen Mitgliedstaaten Gebrauch zu machen, wird der Antragstellerin nicht genommen. Insgesamt liegt im konkreten Fall allenfalls eine untergeordnete Beeinträchtigung des Freizügigkeitsrechts vor, da es sich gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers handelt, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, sein Freizügigkeitsrecht wahrzunehmen. Bei einer Abwägung aller Interessen bleibt daher für das Gericht die bedrohte Verkehrssicherheit ausschlaggebend für eine Entscheidung zu Gunsten der öffentlichen Interessen (so auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005, - 4 K 2198/04 - juris).

Offen lassen kann die Kammer, ob die Verfügung des Antragsgegners zu Ziffer 3, mit der der Antragstellerin das Recht aberkannt wird, von einer etwaigen weiteren ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, rechtmäßig ist. Der Antragstellerin fehlt insoweit jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Eilantrag, da nicht ersichtlich oder vorgetragen ist, dass sie im Besitz einer weiteren Fahrerlaubnis ist und die Entscheidung sie daher einschränkt.



Auch gegen die Aufforderung an die Antragstellerin, ihren tschechischen Führerschein umgehend abzugeben, bestehen keine Bedenken. Aus der Begründung des Bescheides (Seite 3 ) ergibt sich, dass der Führerschein nicht eingezogen, sondern nur zur Anbringung eines Aberkennungsvermerkes vorgelegt werden soll. Gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 StVG i. V. m. § 47 FeV ist nach Aberkennung des Rechts zum Gebrauchmachen von der ausländischen Fahrerlaubnis der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Eintragung der Einschränkung abzuliefern. Diese Verpflichtung besteht gemäß § 47 Abs. 1 S. 2 FeV auch, wenn die Entscheidung angefochten ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat. ..."

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