1. |
Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, ist auch dann anwendbar, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts besteht, sofern die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht, wenn sich der Verstoß aus einer letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung ergibt, unter Berücksichtigung der Besonderheit der richterlichen Funktion prüfen, ob dieser Verstoß offenkundig ist. Es ist Sache der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Schadensersatz zuständig ist.
| 2. |
Die Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG) und 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sind dahin auszulegen, dass sie untersagen, eine besondere Dienstalterszulage, die nach der vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 24. Juni 1998 vertretenen Auslegung eine Treueprämie darstellt, nach Maßgabe einer Bestimmung wie des § 50a des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung von 1997 zu gewähren.
|
3. |
Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, wie er sich unter den Umständen des Ausgangsverfahrens aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 1998 ergibt, ist nicht offenkundig, wie es nach Gemeinschaftsrecht Voraussetzung der Haftung eines Mitgliedstaats für eine Entscheidung eines seiner letztinstanzlichen Gerichte ist.
|
„Soweit es zur Gewinnung eines Wissenschaftlers oder Künstlers aus dem In- oder Ausland notwendig ist, kann der Bundespräsident bei der Ernennung zum Universitätsprofessor (§ 21 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäte n, BGBl. Nr. 805/1993 - UOG 1993) oder zum Ordentlichen Universitäts(Hochschul) professor ein höheres als das nach § 48 Abs. 2 gebührende Gehalt gewähren.“
|
„Einem Universitätsprofessor (§ 21 UOG 1993) und einem Ordentlichen Universitäts.(Hochschul)professor, der eine fünfzehnjährige Dienstzeit in dieser Verwendungsgruppe im Dienststand an österreichischen Universitäten (Hochschulen) aufweist und vier Jahre im Dienststand im Bezug der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4 gestanden ist, gebührt ab dem Zusammentreffen beider Voraussetzungen eine ruhegenussfähige besondere Dienstalterszulage in der Höhe der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4.
|
„... Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem Beschluss vom 22. Oktober 1997, mit dem das Vorabentscheidungsersuchen gestellt wurde, davon ausgegangen, dass der .besonderen Dienstalterszulage für ordentliche Universitätsprofessoren weder der Charakter einer Treueprämie noch einer Belohnung zukommt, sondern dass es sich um einen Bezugsbestandteil im Rahmen des Vorrückungssystems handelt. Diese im Verhältnis zu den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht verbindlich geäußerte Rechtsauffassung wird nicht aufrechterhalten. ... Daraus ist ersichtlich, dass die besondere Dienstalterszulage gemäß § 50a GG 1956 nicht von der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorzunehmenden .Marktwertbildung erfasst ist, sondern ihr Ziel darin zu sehen ist, Wissenschaftlern, die sich auf einem sehr mobilen Arbeitsmarkt bewegen, einen positiven Anreiz zu einem Karriereverlauf an österreichischen Universitäten zu bieten. Sie kann daher nicht Bestandteil der regelhaften Besoldung sein und sieht wegen ihrer Widmung als Treueprämie als Anspruchsvoraussetzung eine bestimmte Dauer der Dienstleistung als ordentlicher Universitätsprofessor an österreichischen Universitäten vor. Dieser Bedeutung steht die Konstruktion der besonderen Dienstalterszulage als Bestandteil des Monatsbezuges und der damit verbundene Dauercharakter dieser Treueprämie nicht entscheidend entgegen. Da in Österreich - soweit dem im Beschwerdefall Bedeutung zukommt - ausschließlich der Bund als Rechtsträger von Universitäten auftritt, gilt die Regelung des § 50a GG 1956 - im Gegensatz zur Situation, die dem Urteil des EuGH vom 15. Jänner 1998 [Schöning-Kougebetopoulou] in Deutschland zugrunde lag - nur für einen Arbeitgeber. Die vom Beschwerdeführer geforderte Berücksichtigung der Einrechnung von Vordienstzeiten erfolgt im Rahmen des .Marktwertes bei den Berufungsverhandlungen. Die - weitere - Berücksichtigung solcher Vordienstzeiten für die besondere Dienstalterszulage ist auch bei österreichischen Wissenschaftlern, die nach einer Tätigkeit im Ausland wieder in Österreich lehren, nicht vorgesehen und wäre dem vom EuGH als Rechtfertigung einer an sich gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden Regelung entsprechenden Gedanken der Honorierung der langjährigen Treue zu einem Dienstgeber widersprechend. Da es sich bei dem in Frage stehenden vermeintlichen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine besondere Dienstalterszulage nach § 50a GG 1956 um eine gesetzlich vorgesehene Treueprämie handelt und eine solche Regelung aus den dargelegten Gründen vom EuGH als Rechtfertigung einer in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Diskriminierungsverbot stehenden Regelung anerkannt wird, erweist sich die auf die Verletzung dieses Diskriminierungsverbotes aufgebaute Beschwerde als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen ...“ |
1. |
Ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach es für die Auslösung der Staatshaftung wegen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht gleichgültig ist, welches Organ eines Mitgliedstaats diese Verletzung zu vertreten hat (z. B. Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame), auch auf jenen Fall anzuwenden, wenn es sich bei dem angeblich gemeinschaftsrechtswidrigen Organverhalten um ein Erkenntnis eines Höchstgerichts eines Mitgliedstaats handelt, wie im vorliegenden Fall um den Verwaltungsgerichtshof?
| 2. |
Falls die Frage 1 bejaht wird:: Ist die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach es Sache der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats ist, zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, in denen es um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhende Rechte geht (z. B. Urteil Dorsch Consult), auch auf jenen Fall anzuwenden, wenn es sich bei dem angeblich gemeinschaftsrechtswidrigen Organverhalten um das Urteil eines Höchstgerichts eines Mitgliedstaats handelt, wie im vorliegenden Fall um den Verwaltungsgerichtshof? |
3. |
Falls die Frage 2 bejaht wird: Widerspricht die im oben dargestellten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs geäußerte Rechtsmeinung, wonach es sich bei der besonderen Dienstalterszulage um eine Art Treueprämie handele, einer Norm des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem mittelbaren Diskriminierungsverbot des Artikels 48 EG-Vertrag und der dazu ergangenen einschlägigen und gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofes? |
4. |
Falls die Frage 3 bejaht wird:: Handelt es sich bei dieser verletzten Norm des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts um eine solche, die für die im Ausgangsverfahren klagende Partei ein subjektives Recht begründet? |
5. |
Falls die Frage 4 bejaht wird:: Verfügt der Europäische Gerichtshof aufgrund des Inhalts des Vorabentscheidungsersuchens über alle Informationen, um selbst beurteilen zu können, ob der Verwaltungsgerichtshof im geschilderten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens den ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum offenkundig und erheblich überschritten hat, oder überlässt er die Beantwortung dieser Frage dem vorlegenden österreichischen Gericht? |