Das Verkehrslexikon

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BGH Beschluss vom 16.09.2003 - 4 StR 85/03 - Anfrage des 4. Strafsenats an die anderen Strafsenate zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Delikten, die keinen direkten Straßenverkehrsbezug haben

BGH v. 16.09.2003: Anfrage des 4. Strafsenats an die anderen Strafsenate zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Delikten, die keinen direkten Straßenverkehrsbezug haben




Der BGH (Beschluss vom 16.09.2003 - 4 StR 85/03) hat folgende Anfrage an die anderen Strafsenate des BGH gerichtet:

"Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:

   Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich nur dann aus der Tat (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB), wenn aus dieser konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (erforderlicher spezifischer Zusammenhang zwischen Tat und Verkehrssicherheit).

Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs an, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.


Siehe auch
Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht
und
Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein

Gründe:


I.

Beim 4. Strafsenat sind drei Verfahren anhängig, in denen den revisionsführenden Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen worden ist. In allen Fällen hat der Generalbundesanwalt beantragt, die jeweilige Revision durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO mit der Maßgabe als unbegründet zu verwerfen, dass der Maßregelausspruch entfällt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei rechtsfehlerhaft erfolgt, weil es an dem erforderlichen "verkehrsspezifischen Zusammenhang" zwischen den abgeurteilten Straftaten und dem Führen des bei den Taten eingesetzten Kraftfahrzeugs fehle.

Die Rechtsmittel der Angeklagten und die Antragsschriften des Generalbundesanwalts geben dem Senat Anlass, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis neu zu strukturieren und einzugrenzen (§ 132 Abs. 3 GVG); er hält dies auch für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 4 GVG. Der Senat hat die drei Verfahren zur Durchführung des Anfrageverfahrens nach § 132 GVG verbunden, um durch die Zugrundelegung verschiedener Fallgestaltungen eine breitere Beurteilungsgrundlage zu schaffen.

1. Das Landgericht Essen hat den Angeklagten A. am 10. Oktober 2002 u.a. wegen Betruges in 75 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren angeordnet. Nach den Feststellungen setzte der Angeklagte ungültige Kreditkarten zu betrügerischen Einkäufen ein, wobei er in den meisten Fällen mit einem Kraftfahrzeug zu Tankstellen fuhr und ein Mittäter eine gesperrte Kreditkarte zur Betankung des Fahrzeugs und zum Kauf von Waren vorlegte.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis begründet das Landgericht wie folgt:
   "Daneben [neben der Gesamtstrafe] war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte seinen Pkw bzw. Mietwagen zur Ausführung der Taten verwendet hat, indem er mit dem Pkw zu den Tatorten fuhr. Damit hat sich der Angeklagte als zum Führen von Kraftfahrzeugen charakterlich ungeeignet erwiesen. Die Kammer hält es insofern für angemessen, dem Angeklagten den Führerschein zu entziehen und eine Sperrfrist von zwei Jahren zu verhängen." Zu der - einschlägigen - Vorverurteilung teilt das Landgericht mit, dass sich der Angeklagte in einem Fall von dem damaligen Mittäter zu einer Tankstelle fahren ließ und mit der (gesperrten) Kreditkarte Telefonkarten kaufen wollte. Als die Karte auf ihre Gültigkeit überprüft werden sollte, flüchtete der Angeklagte in den Pkw des Mittäters, der sodann "mit Vollgas" davonfuhr. Das "Fluchtfahrzeug" wurde nach Einleitung einer Nahbereichsfahndung von einem Polizeifahrzeug gestellt.

2. Im Verfahren 4 StR 155/03 hat das Landgericht Essen den Angeklagten C. am 16. Dezember 2002 wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte gegen 4.00 Uhr morgens mit seinem Pkw zum Haus einer Tierärztin, um diese mit einem Mittäter zu überfallen und aus dem Haus wertvolle afrikanische Skulpturen zu erbeuten. Er bedrohte die Ärztin mit einem geladenen Revolver, ließ sich Bargeld aushändigen, entnahm aus einer Schatulle Schmuck und stellte mehrere afrikanische Figuren zum Abtransport bereit. Nachdem er die Geschädigte gefesselt hatte, packte er die Figuren in eine Sporttasche und begab sich zu seinem Pkw, wobei ihm der Mittäter beim Abtransport der Beute half. Sodann fuhr er mit dieser zu seiner Wohnung.”

Zum Entzug der Fahrerlaubnis findet sich im Urteil folgende Begründung:

   "Dem Angeklagten C. war gem. §§ 69, 69 a StGB - wie geschehen - die Fahrerlaubnis zu entziehen. Er ist mit seinem Fahrzeug zum Tatort gefahren und hat es damit zur Tatbegehung benutzt. Damit hat er sich zum Führen von Fahrzeugen als ungeeignet erwiesen, so dass ihm entsprechend die Fahrerlaubnis zu entziehen war."


3. In dem dritten Verfahren (4 StR 175/03) hat das Landgericht Detmold den Angeklagten O. am 20. November 2002 u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und angeordnet, dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte zum Handeltreiben und Eigenverbrauch in 16 Fällen insgesamt ca. 13 kg Haschisch, wobei er für die einzelnen Beschaffungsfahrten seinen Pkw benutzte. Nach der Übergabe der letzten Lieferung an ihn wurde der Angeklagte festgenommen. Bei der anschließenden Durchsuchung seines Fahrzeugs wurden 975 g Haschisch, das der Angeklagte in einem auf dem Beifahrersitz liegenden Rucksack transportierte, sichergestellt.

Das Landgericht hat die Entziehung der Fahrerlaubnis wie folgt begründet:

   "Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die Anordnung einer Sperrfrist für deren Wiedererteilung basiert auf den §§ 69, 69 a StGB. Für seine Taten benutzte der Angeklagte seinen Pkw. Dadurch hat er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr erwiesen. Die charakterliche Ungeeignetheit wiegt so schwer, dass eine Sperrfrist von einem Jahr erforderlich ist."

II.

Die bisherige Judikatur zur strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis bei Straftaten außerhalb des Regelkatalogs des § 69 Abs. 2 StGB ist uneinheitlich:

1. Nach der Rechtsprechung ist § 69 Abs. 1 StGB nicht nur bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen anwendbar, sofern sie bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurden (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 8; BGH NZV 2003, 199, 200). Dabei wird der Begriff des "Zusammenhangs" weit gefasst; er wird regelmäßig nur dann verneint, wenn der Täter die Tat lediglich "bei Gelegenheit der Fahrt" begangen hat (vgl. BGHSt 22, 328, 329; Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 33). Die zur Entziehung der Fahrerlaubnis in § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB geforderte, sich aus der Tat ergebende Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen kann auch auf fehlender charakterlicher Zuverlässigkeit beruhen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 3, 6, 10, 11, 13). Bei schwerwiegenden Straftaten, die unter Benutzung eines Kraftfahrzeugs begangen werden, soll die charakterliche Zuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen regelmäßig zu verneinen sein; einen "verkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang" zwischen Tat und Verkehrssicherheit müsse der Tatrichter nicht feststellen (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 [S. 3, 7]). Auch wird eine eingehende Würdigung der Täterpersönlichkeit zur Frage der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bei schwerwiegenden Straftaten oder bei wiederholten Taten unter Benutzung eines Kraftfahrzeuges "nicht zwingend" verlangt, es sei denn, es lägen "besondere Umstände" vor (Beschluss vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 [S. 7 f.]).

a) Für Fälle des Betruges ist die Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtsfehlerfrei angesehen worden, wenn der Angeklagte die Straftaten "als reisender Betrüger begangen und sich dabei sowohl aus Gründen der Beweglichkeit wie auch der größeren Kreditwürdigkeit wegen, die der Eigentümer eines Kraftwagens im Wirtschaftsleben nun einmal besitze, eines Kraftwagens (bediente)" (Urteil vom 5. November 1953 - 3 StR 542/53 = BGHSt 5, 179 f.) bzw. wenn der Betrug "dem Täter durch die Fahrerlaubnis erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht (wurde)" (Urteil vom 27. Oktober 1955 - 4 StR 370/55; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 1966 - 1 StR 487/65 = DAR 1966, 91 f. [Betrug zum Nachteil von Tankstelleninhabern]; Urteil vom 10. März 1976 - 2 StR 782/75 = DAR 1977, 151 [Benutzung eines Pkw, um an weit entfernte Tatorte zu gelangen oder die durch Betrug oder Diebstahl erbeuteten Gegenstände abzutransportieren]; Beschluss vom 23. Januar 2002 - 2 StR 520/01 = NStZ-RR 2002, 137 [Betrug]).

b) Auch in Fällen des (schweren) Raubes bzw. der (schweren) räuberischen Erpressung ist die Entziehung der Fahrerlaubnis schon dann als zulässig erachtet worden, wenn das Kraftfahrzeug zur Ausführung der Tat benutzt wurde (vgl. nur Urteil vom 27. Oktober 1987 - 1 StR 454/87 = DAR 1988, 227 [Raubüberfall]; Urteil vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01 = NStZ 2002, 364, 366 [Banküberfälle]; Beschluss vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 [Überfall auf die Rezeption eines Hotels]; s. auch BGHSt 10, 333, 336 [2. Strafsenat: Flucht nach Raubüberfall]; Urteil vom 5. Juli 1978 - 2 StR 122/78 = DAR 1979, 185 f., Beschluss vom 1. Februar 1994 - 1 StR 845/93 [Aufsuchen der Tatorte; Abtransport der Beute]).

c) Bei der Durchführung von Transporten großer Mengen von Betäubungsmitteln mit einem Kraftfahrzeug ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bisher regelmäßig als rechtsfehlerfrei angesehen worden; nur "unter ganz besonderen Umständen" solle "ausnahmsweise" etwas anderes gelten (vgl. Urteil vom 30. Juli 1991 - 1 StR 404/91 = BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 3; Urteil vom 23. Juni 1992 - 1 StR 211/92 = NStZ 1992, 586; Urteil vom 29. September 1999 - 2 StR 167/99 = NStZ 2000, 26 f.; Beschluss vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 [S. 7]; s. auch Kotz/Rahlf NStZ-RR 2003, 161, 163).

2. Es gibt aber auch dem entgegenstehende Judikate: So hat der 1. Strafsenat in seinem eine Verurteilung wegen (fortgesetzten) sexuellen Missbrauchs eines Kindes betreffenden Beschluss vom 14. September 1993 - 1 StR 553/93 (= StV 1994, 314, 315) die Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Begründung aufgehoben, dass "vom Täter weitere Verletzungen der Kraftfahrerpflichten zu befürchten (sein müssen)", was das Landgericht nicht festgestellt habe. Der Angeklagte sei, von der abgeurteilten Tat abgesehen (er hatte u.a. abgelegene Parkplätze angesteuert, um in dem Pkw sexuelle Handlungen vorzunehmen), bisher weder als Kraftfahrer noch sonst nachteilig in Erscheinung getreten. Die Gefahr künftiger Taten liege auch nicht auf der Hand. Das Landgericht habe daher "anhand konkreter Gesichtspunkte verdeutlichen müssen, worauf sich (seine) Besorgnis stütze, dass vom Angeklagten künftig weitere Verletzungen seiner Kraftfahrerpflichten zu erwarten (seien)"; das habe es aber nicht getan. Im Beschluss vom 8. August 1994 - 1 StR 278/94 (= BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5), der die Verurteilung wegen eines Waffentransports in einem Pkw betraf, hat der 1. Strafsenat diese Rechtsprechung bestätigt: "Eine Entziehung der Fahrerlaubnis verlangt ..., dass ... vom Täter weitere Verletzungen der Kraftfahrerpflichten zu erwarten sind ..." (in diesem Sinne neuestens auch der 5. Strafsenat in seinem Beschluss vom 12. August 2003 - 5 StR 289/03). Da es nicht "Kraftfahrer-Pflicht" (zu den "Kraftfahrerpflichten" vgl. Geppert in LK aaO § 69 Rdn. 46 f.) sein kann, allgemein keine Straftaten zu begehen, muss damit gemeint sein, dass die Belassung der Fahrerlaubnis Verkehrssicherheitsinteressen berühren würde.

In seinem Urteil vom 28. August 1996 - 3 StR 241/96 (= BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6) hat der 3. Strafsenat Bedenken gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geäußert, dass bei der Durchführung von Betäubungsmittelgeschäften unter Benutzung eines Kraftfahrzeuges die charakterliche Zuverlässigkeit "in aller Regel" verneint werden müsse. Damit werde nämlich möglicherweise einer weiteren Deliktsgruppe dieselbe Wirkung wie den Katalogstraftaten des § 69 Abs. 2 StGB beigemessen.

Schließlich wird in einer Fülle von Entscheidungen darauf hingewiesen, dass bei anderen als den Katalogstraftaten des § 69 Abs. 2 StGB eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit erfolgen müsse (vgl. nur BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 2, 4, 5, 6, 7, 10, 13).




3. Der Senat beabsichtigt, den Anträgen des Generalbundesanwalts jedenfalls insoweit zu entsprechen, als sie die Aufhebung der Maßregelaussprüche in den angefochtenen Urteilen betreffen, weil es hierzu jeweils an den notwendigen Feststellungen für einen vom Senat für erforderlich gehaltenen "verkehrsspezifischen Zusammenhang" fehlt. So zu entscheiden, sieht er sich jedoch durch die unter II. 1 wiedergegebene Rechtsprechung gehindert. dass die beabsichtigten Entscheidungen möglicherweise mit der unter II. 2 dargestellten Rechtsprechung in Einklang stünden, weil die angefochtenen Urteile insbesondere eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter vermissen lassen, stünde der Divergenz nicht entgegen.

III.

Der Senat möchte - berechtigte Kritik in der Literatur berücksichtigend (vgl. etwa Geppert in LK aaO § 69 Rdn. 104 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht 37. Aufl. § 69 StGB Rdn. 5; Kulemeier, Fahrverbot [§ 44 StGB] und Entzug der Fahrerlaubnis [§§ 69 ff. StGB], 1991, S. 295 f.; ders. NZV 1993, 212, 214 f.) - unter Aufgabe eigener entgegenstehender Rechtsprechung der ausufernden (Winkler NStZ 2003, 247, 251), uneinheitlichen und weithin konturenlosen Rechtsprechung zur strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis schärfere, dem Sinn und Zweck der Maßregel entsprechende Strukturen geben. Er erachtet die Entziehung der Fahrerlaubnis nur dann für zulässig, wenn aus der Anlasstat konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen. Nach Auffassung des Senats sprechen sowohl Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte des § 69 Abs. 1 StGB (1.) als auch der Wortlaut der Vorschrift (2.) für eine solche restriktive, verfassungskonforme (3.) Auslegung.

1. Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte der strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung.

a) Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 Nr. 5 StGB). Sie hat ihre Rechtfertigung im Sicherungsbedürfnis der Verkehrsgemeinschaft. Sie ist weder Strafe noch dient sie der allgemeinen Verbrechensbekämpfung; denn Maßregelbestimmungen, in denen eine spezielle Materie geregelt ist, haben nicht den Sinn, "allgemein" dem Schutz vor rechtswidrigen Taten zu dienen, sondern sie haben einen konkreten, speziellen Schutzzweck (aA - ohne nähere Begründung - der 1. Strafsenat in seinem Beschluss vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 [S. 4 ff.]). So soll etwa das Berufsverbot (§ 70 StGB) nur gegen die spezifischen Gefahren schützen, die mit der Ausübung eines bestimmten Berufs oder Gewerbes durch den Täter verbunden sind (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2003 - 3 StR 188/03; Hanack in LK 11. Aufl. § 70 Rdn. 1). § 69 StGB soll Kraftfahrer, die durch eine rechtswidrige Tat Anzeichen mangelnder Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gezeigt haben, vom Straßenverkehr fernhalten (vgl. Geppert in LK aaO § 69 Rdn. 2; ders. NStZ 2003, 288 f.; Stange StV 2002, 262, 263). Ergibt die Anlasstat keinen konkreten Hinweis darauf, dass der Täter (auch) in Zukunft seine eigenen kriminellen Interessen über die Sicherheit des Straßenverkehrs stellen wird, so entfernt sich die Entziehung der Fahrerlaubnis von ihrer Rechtsnatur als Maßregel der Besserung und Sicherung und gewinnt den Charakter einer (Neben-) Strafe.

Dies wird deutlich beim Vergleich mit der Regelung des Fahrverbots in § 44 StGB, das Nebenstrafe ist und dessen Anordnung - genau wie § 69 Abs. 1 StGB - daran anknüpft, dass der Täter eine Straftat "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat". Die Verwendung eines Kraftfahrzeugs bei Begehung einer (auch schwerwiegenden) allgemeinen Straftat - und damit ein in der Straftat zum Ausdruck kommender "allgemeiner Charaktermangel" - begründet somit für sich allein noch nicht die für die Maßregel nach § 69 Abs. 1 StGB - über § 44 StGB hinausgehend - weiter vorausgesetzte fehlende Eignung. Diese ist vielmehr erst in einem "zweiten Prüfungsschritt" (s.u. III. 2 a) vom Tatrichter gesondert festzustellen.




b) Die Entstehungsgeschichte des § 69 StGB stützt den vom Senat geforderten spezifischen Zusammenhang zwischen rechtswidriger Tat und der Sicherheit des Straßenverkehrs:

aa) Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl I 832) konnte die Fahrerlaubnis nur durch die Verwaltungsbehörde entzogen werden. Da sich diese Beschränkung der Zuständigkeit "als Hemmnis für eine sachgemäße strafgerichtliche Bekämpfung von Verkehrszuwiderhandlungen" erwiesen hatte und "die Feststellungen des Strafverfahrens über die Persönlichkeit des Beschuldigten und die Umstände der Tat auch für die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nutzbar (gemacht werden sollten)", wurde in § 42 m Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. - der inhaltlich mit § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB übereinstimmt - auch dem Strafrichter eine Zuständigkeit zur Entziehung der Fahrerlaubnis (als Maßregelanordnung) zugewiesen (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr, BTDrucks. [1. Wahlp.] Nr. 2674 S. 8, 12, 24 f.). Dieser sollte aufgrund des ebenfalls neu eingefügten § 111 a StPO - was die Verwaltungsbehörde nicht durfte - "in dringenden Fällen" die Fahrerlaubnis auch vorläufig entziehen können (Entwurfsbegründung S. 8, 16, 24). Grund für die Neuregelung war die "sprunghaft zugenommene" Zahl der Verkehrsunfälle und die deshalb erforderlich gewordene "Hebung der Verkehrssicherheit auf den Straßen" (Entwurfsbegründung S. 7, 8; BTDrucks. Nr. 3774 [Bericht des Verkehrsausschusses] S. 1). Ungeeignete Führer von Kraftfahrzeugen sollten mit Hilfe der Neuregelungen wirksam vom Straßenverkehr "ausgeschaltet" werden.

Aus der amtlichen Begründung zu dem Gesetz, in der darauf hingewiesen wird, dass zum Beispiel auch einem Täter die Fahrerlaubnis entzogen werden könne, der sich mit dem Kraftfahrzeug zum Tatort begeben oder der das Kraftfahrzeug zum Wegschaffen der Diebesbeute benutzt hat (auch dann stehe die Tat "im Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeugs", BTDrucks. Nr. 2674 S. 12; s. auch BTDrucks. Nr. 3774 S. 4), hat der 3. Strafsenat in BGHSt 5, 179, 180 hergeleitet, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis "nicht auf Verkehrsverstöße im engeren Sinne" beschränkt bleiben sollte. Auch charakterliche Mängel, die sich in der Tat offenbarten, könnten zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Das Gesetz wolle über den eigentlichen Verkehrssicherungszweck hinaus "den Missbrauch von Kraftfahrzeugen durch verantwortungslose Kraftfahrer auch dann verhindern, wenn dieser Missbrauch nur gegen andere Rechtsgüter nachteilig (wirke)" (BGHSt aaO S. 181).

Diese Rechtsprechung ist die Grundlage dafür, dass die Maßregel in der Praxis häufig als Mittel zur allgemeinen Verbrechensbekämpfung angesehen wird. dass sie sich auf die amtliche Begründung zum Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs von 1952 stützen könne, wird in der Literatur zu Recht bestritten (vgl. etwa Hartung JZ 1954, 137, 138 f.; s. auch Geppert in LK aaO § 69 Rdn. 33 m.w.N.)

bb) Mit dem Zweiten Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 26. November 1964 (BGBl I 921) wurden - als neue Nebenstrafe - das Fahrverbot (§ 44 StGB = § 37 StGB a.F.) und der Regelkatalog des § 69 Abs. 2 StGB (= § 42 m Abs. 2 StGB a.F.) in das Strafgesetzbuch eingefügt. Zur Begründung des Fahrverbots heißt es in dem Gesetzesentwurf, dass es "für die Hebung der Verkehrssicherheit ... wichtig (sei), nicht nur die ungeeigneten Kraftfahrer auszuschalten, sondern schon diejenigen, die lediglich in vorwerfbarer Weise versagt haben, nachdrücklich auf dem Gebiete warnen zu können, das mit ihrem Versagen in unmittelbarem Zusammenhang (stehe)" (BTDrucks. IV/651 S. 12). Im Hinblick auf den erforderlichen Eignungsmangel ("unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit", BTDrucks. aaO) bei der Entziehung der Fahrerlaubnis wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Maßnahme keine Strafe sei und für sie nicht die Schwere des Unrechts und der Schuld, sondern die Größe der vom Täter für den Verkehr ausgehenden Gefahren maßgebend sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass Unrecht und Schuld häufig als Indiz für den Eignungsmangel herangezogen werden müssten und dass die Maßregel vom Täter als Strafübel empfunden werde. Es gehe bei ungeeigneten Fahrzeugführern nicht darum, eine zusätzliche Strafe zu verhängen, d.h. deren komplexe Wirkungen durch Vergeltung des schuldhaft begangenen Unrechts und durch Verfolgung weiterer general- oder spezialpräventiver Zwecke zu erzeugen. Es komme vielmehr darauf an, ohne Rücksicht auf Unrecht und Schuld den ungeeigneten Fahrzeugführer so lange aus dem Kraftverkehr auszuschalten, wie er voraussichtlich dessen Anforderungen nicht gewachsen sein werde. Dies sei eine unabdingbare Forderung der Verkehrssicherheit. Als Erkenntnisgrundlage für die Frage, ob die strafgerichtliche Entziehung im Einzelfall geboten sei, kämen nur die begangene Tat und darüber hinaus grundsätzlich nur diejenigen Züge der Persönlichkeit des Täters in Betracht, "die mit der Tat irgendwie zusammenhängen" (BTDrucks. IV/651 S. 16, 17).

Die Einfügung des Regelkatalogs (§ 42 m Abs. 2 StGB a.F., der inhaltlich § 69 Abs. 2 StGB entspricht) wurde als "bedeutsame Fortentwicklung des geltenden Rechts" damit begründet, dass es unbestreitbare Erfahrungstatsachen gebe, "dass bestimmte gefährliche Verhaltensweisen schon für sich allein die Feststellung rechtfertigen, der Täter sei für die Teilnahme am Kraftverkehr ungeeignet". Die abstrakte Umschreibung solchen Verhaltens gebe dem Richter "einen Auslegungshinweis für den Begriff der Eignung und damit zugleich eine festere Führung durch das Gesetz". Die Vorschrift sei auch deshalb wichtig, weil sie einen Gesichtspunkt für den allgemeinen Bewertungsmaßstab erkennen lasse, der für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zugrunde liege (BTDrucks. IV/651 S. 17 f.).

cc) Spätestens mit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs am 2. Januar 1965 dürfte die Entscheidung BGHSt 5, 179 ff. überholt sein, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis (auch) andere Rechtsgüter als die Verkehrssicherheit schütze. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich nämlich eindeutig entnehmen, dass alleiniger Zweck der Entziehung der Fahrerlaubnis der Schutz der Verkehrssicherheit sein soll und der "begrenzte Wirkungsbereich der Maßregel durch die neue kriminal- und verkehrspolitisch bedeutsame Nebenstrafe des Fahrverbots eine wichtige Ergänzung (erfahren sollte)" (BTDrucks. IV/651 S. 15; s. auch S. 12, 16, 19). Im Hinblick auf die Auslegung des Merkmals der "Ungeeignetheit" zum Führen von Kraftfahrzeugen belegen die Gesetzesmaterialien, dass diese am Regelkatalog des § 69 Abs. 2 StGB zu messen ist. Gleichwohl wurde BGHSt 5, 179 nicht aufgegeben; auch der neueste Beschluss des 1. Strafsenats zu § 69 StGB (vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03) bezieht sich mehrfach auf diese Entscheidung.

2. Wortlaut des § 69 Abs. 1 StGB.

a) Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB entzieht das Gericht einem Täter, der wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat der Tatrichter somit (worauf auch in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich hingewiesen wird: BTDrucks. Nr. 2674 S. 12; BTDrucks. IV/651 S. 17) zwei Prüfungsschritte vorzunehmen: Er hat zum einen zu prüfen, ob die rechtswidrige Tat bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, und er hat zum anderen zu entscheiden, ob sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Außer bei den in § 69 Abs. 2 StGB genannten Taten ist es grundsätzlich unzulässig, schon aus der Tat auf die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen.


b) Die bisherige Rechtsprechung trennt - wie auch die der Anfrage zugrunde gelegten Fälle zeigen (... Er ist ... zum Tatort gefahren ... Damit hat er sich ... als ungeeignet erwiesen ...) - zumeist nicht beide Voraussetzungen. Bei Straftaten, die der Täter "unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers" begangen hat, ist dies in der Regel unproblematisch, weil sich die Beeinträchtigung der Belange der Verkehrssicherheit durch den Täter aus dem Umstand der Tatbegehung ergeben wird, ohne dass dies eingehender Erörterung bedarf. Die Rechtsprechung schließt aber auch aus dem "Zusammenhangs-" Merkmal unmittelbar auf die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen, weil sie - mit BGHSt 5, 179, 181 - davon ausgeht, dass das Gesetz den Missbrauch von Kraftfahrzeugen auch dann verhindern will, wenn dieser nur gegen andere Rechtsgüter als die Verkehrssicherheit nachteilig wirkt. Dann hätte sich aber der Gesetzgeber darauf beschränken können, die Anordnung der Sicherungsmaßregel an die Begehung einer mit der Führung eines Kraftfahrzeuges zusammenhängenden Straftat von bestimmter Schwere zu knüpfen, womit die Anordnung allerdings die Natur einer Strafmaßregel erhalten hätte (so zutreffend BGHSt 7, 165, 173).

c) Die weite Auslegung des Begriffs des "Zusammenhangs" (oben II. 1) führt in Verbindung mit der nicht für erforderlich gehaltenen Trennung zweier Prüfungsschritte dazu, dass die Rechtsprechung die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis etwa auch dann für zulässig erachtet, wenn ein Kraftfahrzeug lediglich betrügerisch zur Vortäuschung von Kreditwürdigkeit eingesetzt wird (BGHSt 5, 179, 181 [Zechpreller!]) oder wenn sich der Täter den Besitz des Kraftfahrzeugs auf deliktische Weise verschafft hat (BGHSt 17, 218, 220). Diese Judikatur wird im Schrifttum mit beachtlichen Gründen als gegen den Wortlaut des Gesetzes verstoßend kritisiert (vgl. nur Geppert in LK aaO § 69 Rdn. 40; Kulemeier NZV 1993, 212, 214 jeweils m.w.N.). dass ein Betrüger, der ein Kraftfahrzeug deliktisch erwirbt, deshalb zum Führen von Kraftfahrzeugen sein soll, ist auch kaum nachvollziehbar.

3. Verfassungskonforme Auslegung.

Eine Beschränkung der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB auf die Fälle einer Negativprognose in bezug auf Verkehrssicherheitsbelange erscheint zudem mit Blick auf die Bedeutung der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr in einer auf Mobilität angelegten Gesellschaft unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der allgemeinen Handlungsfreiheit angezeigt (Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02 = NZV 2003, 199, 200). Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechtssphäre des einzelnen. Sie kann, insbesondere wenn sie dazu führt, dass die Ausübung des Berufs eingeschränkt oder ganz aufgegeben werden muss, existenzvernichtend wirken. Bei einem Straftäter kann sie dessen Resozialisierung nachhaltig stören. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht zur - verwaltungsrechtlichen - Entziehung der Fahrerlaubnis die diese Maßnahme rechtfertigenden charakterlich-sittlichen Mängel (nur) dann als gegeben erachtet, "wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen" (Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 = NJW 2002, 2378, 2380). Wenn dieser Gesichtspunkt für die umfassende Prüfung der Ungeeignetheit durch die Verwaltungsbehörde gilt, ist kein Grund ersichtlich, warum er nicht auch auf die strafrechtliche Maßregel nach § 69 StGB Anwendung finden soll (vgl. Hentschel, Trunkenheit - Fahrerlaubnisentzug - Fahrverbot 9. Aufl. [2003] Rdn. 601).


IV.

1. Nach Auffassung des Senats besteht daher - entgegen bisheriger Rechtsprechung und anders als bei Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten Taten - keine "regelmäßige" Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB bei allgemeinen Straftaten, die der Täter bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat. Aus der Tat muss vielmehr hervorgehen, dass sich der Täter gerade in seiner Eigenschaft als Kraftfahrer als unzuverlässig erweist (in diesem Sinne auch die neuere verwaltungsrechtliche Rechtsprechung, vgl. OVG Koblenz NJW 1994, 2436, 2437; NJW 2000, 2442, 2443; Hentschel, Straßenverkehrsrecht aaO § 2 StVG Rdn. 15 m.w.N.). Dazu bedarf es noch nicht eines Verkehrsverstoßes. Der Täter muss aber die Bereitschaft gezeigt haben, sich über die im Verkehr gebotene Sorgfalt und Rücksichtnahme hinwegzusetzen. Dies muss bei einer im Urteil vorzunehmenden Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit anhand konkreter Umstände festgestellt werden.

2. Für die Fälle, die der Anfrage zugrunde liegen, ergibt sich hieraus folgendes:

a) Die Begehung von Betrugshandlungen im Zusammenhang mit der Benutzung eines Kraftfahrzeugs belegt noch nicht die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Allerdings könnte das Verhalten des Angeklagten bei einer der der Vorverurteilung zugrunde liegenden Betrugstaten (riskante Fluchtfahrt aus Angst vor Entdeckung) einen konkreten Hinweis darauf geben, dass der Angeklagte (dort: als auf den Fahrer einwirkender Beifahrer, vgl. BGHSt 10, 333, 335 f.) bereit ist, sich über Belange der Verkehrssicherheit hinwegzusetzen. Insofern bedürfte es weiterer Aufklärung.

b) Der Raubüberfall auf die Tierärztin gegen 4.00 Uhr morgens unter Benutzung des Kraftfahrzeugs zum Abtransport der auffälligen Beute mit geladener Schusswaffe könnte auf die charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten zur Führung von Kraftfahrzeugen hinweisen, wenn - aufgrund weiterer aufzuklärender Umstände - die konkrete Gefahr bestand, dass er sich einer Kontrolle oder Verfolgung unter Missachtung der Verkehrsinteressen anderer entzogen hätte. Insoweit bedürfte es einer - bisher fehlenden - Gesamtwürdigung insbesondere der Täterpersönlichkeit.

c) Der Transport erheblicher Mengen leicht zu entdeckenden Rauschgifts im Kraftfahrzeug könnte ebenfalls auf die Gefahr hindeuten, dass sich der Angeklagte bei einer Kontrolle über die Sicherheit des Straßenverkehrs hinwegsetzen würde. Die Festnahmesituation könnte jedoch gegen eine derartige Bereitschaft des Angeklagten sprechen. Da hierzu nähere Feststellungen fehlen, müssten diese nachgeholt werden.



V.

Durch die vom Senat beabsichtigte einengende Auslegung des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB ergeben sich keine beachtlichen Verkehrssicherheitslücken; denn die Fahrerlaubnisbehörde ist zwar an die eine bestimmte Tat oder bestimmte Taten betreffende strafgerichtliche Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gebunden (§ 3 Abs. 4 Satz 1 StVG), sie hat aber - anders als das Strafgericht - die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen umfassend zu prüfen (vgl. BVerfGE 20, 365, 369, 371; BVerwGE 77, 40, 42; 80, 43, 46; BVerwG VRS 23, 156, 158 f.). Deshalb darf sie auch eine abgeurteilte Straftat, die für sich allein dem Strafrichter nicht ausgereicht hat, die Ungeeignetheit festzustellen, zur Unterstützung außerhalb des abgeurteilten Sachverhalts liegender Entziehungsgründe mit heranziehen (vgl. BVerwG NZV 1988, 37; 1989, 125 f.; 1996, 292; Hentschel, Straßenverkehrsrecht aaO § 3 StVG Rdn. 29 m.w.N.).

VI.

Nach alledem erscheint dem Senat eine restriktivere und vorhersehbarere Handhabung der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis angezeigt. Er fragt daher bei den anderen Strafsenaten an, ob an dem Anfragetenor entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.



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