Das Verkehrslexikon
Parkverstöße - MPU und Entzug des Führerscheins -
Der Entzug der Fahrerlaubnis bzw. die Anordnung einer MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde bei zahlreichen Parkverstößen
Siehe auch Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Parkverstößen
Viele halten es nicht für möglich, andere stellen es sich ganz leicht vor: Einem Verkehrsteilnehmer die Fahrerlaubnis allein deshalb zu entziehen, weil er durch eine Unzahl von begangenen Parkverstößen seine charakterliche Ungeeignet zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr mit einem Kfz erwiesen habe und auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit Verkehrsvorschriften missachten werde.
Bereits 1976 hat das Bundesverwaltungsgericht VerkMitt 1977, Nr 103 (Urt. v. 17.12.1976 - VII C 57.75) beim Vorliegen von 61 Parkverstößen und 4 weiteren im Verwarnungsgeldbereich liegenden Verkehrsübertretungen grundsätzlich entschieden:
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben (vergleiche, BVerwG, 18. Mai 1973, VIII C 12.72, BVerwGE 42, 206). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt vor, wenn ein Kraftfahrer selbst nach Ahndung durch eintragungsfähige Bußgeldbescheide die Vorschriften des ruhenden Verkehrs hartnäckig missachtet.
1990 hat das Verwaltungsgericht Berlin NZV 1990, 328 (Beschl. v. 19.01.1990 - 4 A 438.89) bei 69 Parkverstößen des Betroffenen ausgesprochen:
Einem Kraftfahrer, der fortlaufend die Rechtsordnung über den ruhenden Straßenverkehr unter Inkaufnahme der Behinderung des fließenden Verkehrs missachtet und diese Verhalten auch nach zahlreichen Sanktionen durch eintragungsfähige Bußgeldbescheide nachhaltig fortsetzt, ist charakterlich ungeeignet zum Führen von Kfz im öffentlichen Straßenverkehr. Die Entziehung seiner Fahrerlaubnis im Wege des Sofortvollzuges setzt nicht voraus, dass sich die von ihm ausgehende Gefahr, dass er auch die Rechtsvorschriften für den fließenden Verkehr nicht beachten wird, bereits konkretisiert hat.
Neuere Urteil von dieser extremen Strenge sind dann nicht mehr ersichtlich.
Das Verwaltungsgericht des Saarlandes ZfSch 1994, 271 (Beschl. v. 08.04.1994 - 5 F 79/94) hat selbst bei 127 Parkverstößen nicht ohne weiteres auf die Ungeeignetheit des Betroffenen schließen wollen, sondern zunächst eine MPU gefordert.
Das Verwaltungsgericht Berlin (Beschl. v . 27.07.2005 - VG 11 A 544.05) hat auf die Rechtmäßigkeit eines Fahrerlaubnisentzugs wegen permanenten Falschparkens entschieden:
Ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften einzuhalten, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, und solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet. Denn wenn ein Kraftfahrer die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und sie bewusst immer wieder verletzt, ist von ihm ein Beachten der Rechtsvorschriften im fließenden Verkehr nicht zu erwarten. Der Kraftfahrer daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den Verkehrsverstößen überwiegend um Parkverstöße gehandelt habe.
Allerdings ist bei dieser Entscheidung zu beachten, dass der Betroffene außer wegen der vielen Parkverstöße noch mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden war, nachdem er im Zuge einer Auseinandersetzung im Straßenverkehr dem Zeugen J. mehrmals mit der Faust gegen den Kopf geschlagen hatte wodurch dieser mit seinem Mofa zu Fall kam. Hierbei wurden Mofa und Brille des Zeugen beschädigt, der Zeuge erlitt eine Schädelprellung. Diese Tat spielte bei der Abwägung natürlich eine erhebliche Rolle.
Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster (Beschl. v. 18.01.2006 - 16 B 2137/05) die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auf Grund einer Vielzahl von Parkverstößen abgelehnt:
Auch eine Vielzahl von punktebewehrten Parkverstößen kann im Einzelfall die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen.
Aber auch hier hatte der Antragsteller zwar 27 Verstöße im ruhenden Verkehr begangen, jedoch waren daneben zwei Geschwindigkeitsverstöße im Juli 2002 und im August 2003 zu berücksichtigen, wofür er vier bzw. drei Punkte im Verkehrszentralregister erhielt.
Insgesamt ist also zu konstatieren, dass ausgehend von einer recht strengen Anfangsphase in neuerer Zeit keine Entscheidungen bekannt geworden zu sein scheinen, bei denen allein auf der Basis von Parkverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen worden wäre.