Das Verkehrslexikon
Der Übergang von der zunächst abstrakten zur konkreten Abrechnung ist jederzeit bis zur Grenze der Verjährung möglich
Der Übergang von der zunächst abstrakten zur konkreten Abrechnung ist jederzeit bis zur Grenze der Verjährung möglich
Da ein Anspruch des Geschädigten besteht, bei nachgewiesener tatsächlicher Ersatzbeschaffung für das beschädigte Fahrzeug bzw. bei tatsächlich nachgewiesener Reparatur die aufgewendete Umsatzsteuer erstattet zu bekommen, stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, nach anfänglicher sog. abstrakter bzw. fiktiver Schadensabrechnung noch zur konkreten Abrechnung überzugehen, wenn die Schadensbeseitigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
Dies wird man bis zur Grenze der Verjährung bejahen müssen, so dass die Haftpflichtversicherer gezwungen sind, ihre Schadensakte bis zu diesem Zeitpunkt offen zu halten, weil sie jederzeit noch mit weiteren berechtigten Forderungen des Geschädigten rechnen müssen. Diesem Nachteil der Abänderung des Schadensrechts in § 249 BGB steht der Vorteil für die Versicherungen gegenüber, dass sie in vielen Fällen nur noch Nettobeträge zu ersetzen brauchen.
Siehe auch Abstrakte bzw. sog. fiktive Schadensabrechnung - Abrechnung auf Gutachtenbasis
So hat der BGH DAR 2004, 379 ff. (Urt. v. 20.04.2004 - VI ZR 109/03) ausgeführt:
"Vergeblich sucht die Revision ihre Auffassung auf die Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes zu stützen. Sie meint, dieser widerspreche es, wenn der Geschädigte die Mehrwertsteuer nur deshalb nicht erhielte, weil er die Ersatzbeschaffung nicht zum Zeitpunkt der Schadensregulierung vornimmt. Dieser Gesichtspunkt greift jedoch nicht, denn der Geschädigte ist nicht zwingend mit einer Nachforderung ausgeschlossen, wenn er nach zunächst auf Gutachtenbasis erfolgter Abrechnung später eine Ersatzbeschaffung vornimmt und nunmehr Umsatzsteuer anfällt. Der vorliegende Fall nötigt nicht zu näheren Ausführungen über ein solches Nachforderungsrecht. Jedenfalls ist ein Verzicht des Geschädigten auf eine Nachforderung in seinem zunächst gestellten Schadensersatzverlangen regelmäßig nicht zu sehen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 1997 - VI ZR 142/95 - VersR 1998, 122; s. auch Staudinger/Schiemann, 13. Bearb. [1995], § 249 Rdn. 226 a.E.; Heß, ZfS 2002, 367 ff.; ders., NZV 2004, 1, 3; Lang/Stahl/Suchomel, NZV 2003, 441, 447; Schirmer, DAR 2004, 21, 23; a.A. wohl Lemcke, r+s 2002, 265, 272).
Einer Nachforderungsbefugnis des Geschädigten stünde nicht entgegen, dass sie dem Haftpflichtversicherer die Schadensregulierung insoweit erschweren könnte, als er nach einer Abrechnung auf Gutachtenbasis den Schadensfall möglicherweise bis zur Vollendung der Verjährung nicht abschließen kann. Das wäre nämlich nur eine wirtschaftliche Folge des Gesetzes, die in den Fällen der Reparaturwürdigkeit der beschädigten Sache in gleicher Weise besteht wie beim Eintritt eines wirtschaftlichen Totalschadens und die der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB in Kauf genommen hat. Sie würde den Versicherer nicht unangemessen belasten, zumal ihm die durch § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB geschaffene Beschränkung des Schadensersatzanspruchs auch einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Vorteil verschafft."
Ebenfalls in diesem Sinn äußern sich Steffen (in der Anmerkung zu dem genannten Urteil). Und Riedmeyer DAR 2005, 502 f. (Anm. zu BGH DAR 2005, 500 ff. (Urt. v. 01.03.2005 - VI ZR 91/04)) stellt fest:
"Insbesondere unter Berücksichtigung des vorstehenden Urteils muss es dem Geschädigten gestattet sein, von der abstrakten zur konkreten Abrechnung zu wechseln. Nur so kann er sich zunächst einen wesentlichen Teil des Geldes beschaffen, den er zum Erwerb des Ersatzfahrzeug benötigt. Andernfalls bliebe ihm in vielen Fällen nur eine Kreditfinanzierung oder eine Bevorschussung durch den Versicherer als Alternative. Beides würden den Aufwand der Schadensregulierung nur vergrößern, ohne einen entsprechenden Vorteil zu bringen."