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Die Grundsätze des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers

Groß DAR 1999, 337 - Die Grundsätze des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers



Siehe auch
Forderungsübergang im Schadensfall
und
Stichwörter zum Thema Unfallschadenregulierung

   "Es gibt immer wieder Fälle, in denen der Versicherer den Schaden - etwa wegen vereinbarter Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers oder vertraglich festgelegter Höchstsumme - nur zum Teil ersetzt und auch der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger - beispielsweise wegen Mitverschuldens des Versicherungsnehmers oder Anrechnung der Betriebsgefahr - hinter der Schadenshöhe zurückbleibt. Ginge der Schadensersatzanspruch in einem solchen Fall ohne Rücksicht auf den Umfang des Schadens bis zur Höhe der Versicherungsleistung auf den Versicherer über, so würde die Schadloshaltung des Versicherungsnehmers, der sich schließlich durch Prämienzahlungen die Versicherungsleistung erkauft hat, wegen des Forderungsüberganges - zumindest zum Teil - verhindert. Das stünde im Widerspruch zum Zweck des Versicherungsvertrages, dem Versicherungsnehmer einen etwaigen Schaden bis zur Höhe der Versicherungssumme ohne Rücksicht auf andere Ersatzmöglichkeiten zu ersetzen, sowie zum Sinn und Zweck des in § 67 Abs. 1 VVG angeordneten Anspruchsübergangs, die lediglich darin bestehen, eine Begünstigung des Ersatzpflichtigen und eine Bereicherung des Versicherungsnehmers zu verhindern. Im Verhältnis zum Versicherungsnehmer erhält der Übergang der Ersatzforderung auf den Versicherer demgemäß erst dann seine innere Rechtfertigung, wenn und soweit der Verbleib der Forderung beim Versicherungsnehmer zu einer Bereicherung desselben führte, er also mehr als eine Schadensdeckung erhielte.


Deshalb wird dem Versicherungsnehmer auf der Basis der - heute allgemein anerkannten und auch interessengerechten - Differenztheorie ein Quotenvorrecht gewährt. Offensichtlich bereitet dessen Handhabung in der Praxis - auch in der forensischen aber immer noch Schwierigkeiten ... Es besagt, daß auf den Versicherer der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers nur insoweit übergeht, als er zusammen mit der erbrachten Versicherungsleistung den Schaden übersteigt, also nur in Höhe der Differenz, die zwischen der Summe von Leistungen des Versicherers und Schadensersatzansprüchen des Versicherungsnehmers einerseits und dessen Schaden andererseits besteht.

Dabei muß man sich indessen immer vor Augen halten, daß sich das Quotenvorrecht im Rahmen der privaten Schadensversicherung lediglich auf Schäden bezieht, die ihrer Art nach in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen, also nur auf die kongruenten. Allein im Bereich kongruenter Schäden kann es zu Konkurrenzproblemen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer kommen, die dann durch das Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers gelöst werden. Daraus erhellt, daß es für die zutreffende Handhabung des Quotenvorrechts im Einzelfall entscheidend darauf ankommt, zunächst zu klären, ob der Schaden insgesamt kongruent ist oder ob er sich aus kongruenten und inkongruenten Posten zusammensetzt, und letzterenfalls die kongruenten und inkongruenten Teile des Schadens und des Haftpflichtanspruches festzustellen. Das mag folgender Beispielsfall aus dem Bereich der Kaskoversicherung verdeutlichen:

Der Versicherungsnehmer hat einen Schaden in Höhe von 15.000,- DM erlitten. Davon entfallen 10.000,-DM auf kongruente und 5.000,- DM auf inkongruente Positionen. Sein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Schädiger beträgt wegen eines hälftigen Mitverschuldens nur 7.500,-DM, bezieht sich folglich in Höhe von 5.000,-DM auf kongruente und in Höhe von 2.500,- DM auf inkongruente Schäden. Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung von 2.000,-DM lediglich 8.000,- DM ersetzt. Versicherungsleistung (8.000,- DM) plus kongruenter Teil des Schadensersatzanspruches (5.000,- DM) minus kongruenter Schadensanteil (10.000,- DM) ergeben 3.000,- DM. In dieser Höhe geht also der Schadensersatzanspruch auf den Versicherer über. Dem Versicherungsnehmer verbleibt folglich der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger in Höhe von 2.000, DM bezüglich des kongruenten Schadens und in Höhe des inkongruenten Schadens (2.500,- DM) voll.

Dieses Beispiel zeigt im übrigen, daß - was auch der Standpunkt der Rechtsprechung ist - das Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers selbst dann zum Zuge kommt, wenn der Kaskoversicherer bereits mehr an den Geschädigten geleistet hat, als dieser vom Schädiger zu beanspruchen hätte. Es spiegelt darüber hinaus auch das Prinzip ,,Kongruenz vor Differenz" wider, welches besagt, daß der - um den Mitverschuldensanteil des Versicherungsnehmers geminderte und diesem verbleibende - Anspruch auf Ersatz des inkongruenten Schadens nicht durch eine Verkürzung des Übergangs kongruenter Ansprüche auf den Versicherer aufgefüllt wird."

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