Ein Mitverschulden des Fußgängers ist anzunehmen, wenn der verletzte Fußgänger ohne erkennbaren Grund so nah an die Bordsteinkante des Gehweges herangetreten war, dass er sich der Gefahr des Angefahrenwerdens ausgesetzt hat, ohne vorher nach herannahenden Fahrzeugen Ausschau zu halten; dies gilt erst recht, wenn er sogar einen Schritt auf die Fahrbahn gesetzt hat (Mithaftungsquote: 1/3).
Siehe auch Fußgänger - Verkehrsunfälle mit Fußgängerbeteiligung
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Dem Kläger steht aus §§ 7 Abs. 1, 11 S. 2 StVG, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB jeweils i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG ein Anspruch dem Grunde nach auf Ersatz von 2/3 des ihm infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 06.07.2003 entstandenen Schadens zu, wobei auf die seit dem 01.08.2002 geltende Rechtslage abzustellen ist (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). Der Kläger muss sich nach §§ 9 StVG, 254 Abs. 1 BGB ein anspruchminderndes Mitverschulden anrechnen lassen, welches der Senat abweichend vom Landgericht mit 1/3 bewertet.
a) Die grundsätzliche Haftung der Beklagten nach den §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Der Kläger wurde beim Betrieb des Kraftfahrzeuges des Beklagten zu 1. verletzt. Ein Haftungsausschluss nach § 7 Abs. 2 StVG ist nicht gegeben. Soweit die Parteien darüber streiten, ob und in welchem Umfang dem Kläger ein Mitverschulden vorzuwerfen ist, ist bereits ausgehend von dem von dem Kläger geschilderten Unfallhergang, der von den Beklagten in der Berufungsinstanz letztlich nicht mehr substanziiert in Abrede gestellt worden ist, von einem Mitverschulden des Klägers auszugehen. Zu Recht hat das Landgericht einen Verstoß des Klägers gegen § 25 Abs. 1 S. 1 StVO angenommen, indem er trotz des Vorhandenseins eines Gehweges mit einem Bein auf die Fahrbahn getreten ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kläger gegen eine Vorschrift der StVO verstoßen hat, vielmehr ist ein Mitverschulden bereits dann gegeben, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Umständen zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (vgl. BGH NJW 1965, 1708; OLG Frankfurt VersR 1976, 1135, 1137; Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 9 StVG Rn. 5). So ist ein Mitverschulden von der Rechtsprechung insbesondere bejaht worden, wenn der verletzte Fußgänger ohne erkennbaren Grund so nah an die Bordsteinkante des Gehweges tritt, dass er sich der Gefahr des Angefahrenwerdens aussetzt, ohne vorher nach herannahenden Fahrzeugen Ausschau zu halten (vgl. BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf VRS 67, 1, 3; vgl. auch die bei Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl., Rn. 465 zitierten Entscheidungen). Ist danach ein Mitverschulden bereits anzunehmen, wenn der Geschädigte ohne erkennbaren Grund an die äußerste Bordsteinkante tritt und dabei auf dem Gehweg bleibt, muss dies erst recht gelten, wenn – wie hier – der Verletzte mit einem Bein bereits auf die Straße tritt. Hinzu kommt, dass im Streitfall der Kläger sich nach seinem eigenen Bekunden durch die angeblich von ihm vernommenen Stimmengeräusche hat ablenken lassen und seine Aufmerksamkeit nicht hinreichend dem Geschehen auf der Fahrbahn und dem herannahenden Fahrzeug des Beklagten zu 1. gewidmet hat. Dieses Fehlverhalten des Klägers hat auch ursächlich zum Unfall beigetragen. Hätte der Kläger ordnungsgemäß auf dem Gehweg gewartet, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen, da der Beklagte zu 1. unstreitig mit seinem Fahrzeug nicht auf den Gehweg geraten ist und infolge des Unfalls gerade das rechte Bein des Klägers verletzt worden ist, mit dem er auf der Fahrbahn gestanden hat.
Bei der somit im Rahmen der §§ 9 StVG, 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der jeweiligen Unfallbeiträge ist in erster Linie das Maß der Verursachung maßgeblich, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; es kommt für die Haftungsverteilung entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße bewirkt hat (vgl. BGH NZV 1998, 148). Dabei ist auf Seiten der Beklagten neben der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges der in der Berufungsinstanz nunmehr zugestandene Verstoß des Beklagten zu 1. gegen § 3 Abs. 1 StVO zu berücksichtigen. Dagegen kann dem Beklagten zu 1. ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO, indem er keinen ausreichenden Seitenabstand zum Gehweg eingehalten hat, nicht vorgeworfen werden. Zwar ist ein Kraftfahrzeugfahrer grundsätzlich nicht berechtigt, die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, da durch eine solche Fahrweise Fußgänger, die sich auf dem Gehweg aufhalten, gefährdet werden können (vgl. OLG Düsseldorf NZV 1992, 232). Im Streitfall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1. unstreitig am rechten Fahrbahnrand anhalten wollte, um den Kläger wieder aufzunehmen, wofür erforderlich war, bis an den Gehweg heranzufahren, so dass ihm ein nicht ausreichender Sicherheitsabstand nicht vorgeworfen werden kann. Der Senat geht bei der Gesamtabwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge aufgrund der von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1. ausgehenden Betriebsgefahr von einem überwiegenden Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. aus. Zwar hat auch der Kläger durch Unaufmerksamkeit zu dem Unfallgeschehen beigetragen. Da der Kläger jedoch nicht in Bewegung war und zudem unstreitig helle Kleidung trug, ist sein Verursachungsbeitrag nicht als derart gravierend wie in der von den Beklagten in der Klageerwiderung zum Vergleich herangezogenen Situation anzusehen, in der jemand bei Dunkelheit unvermittelt auf die Fahrbahn tritt. Dagegen wäre es dem Beklagten zu 1. ohne weiteres bei Einhaltung der erforderlichen Aufmerksamkeit möglich gewesen, an dem Kläger vorbeizufahren, selbst wenn man unterstellt, der Beklagte zu 1. habe nicht damit rechnen müssen, dass der Kläger zwischenzeitlich die Fahrbahn überquert hatte und am aus Sicht des Beklagten zu 1. rechten Fahrbahnrand auf ihn warten würde. Nach alledem erscheint dem Senat eine Mithaftung des Klägers in Höhe von 1/3 angemessen. ..."