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Amtsgericht Landstuhl Urteil vom 23.11.2004 - 4 C 189/04 - Zur 1,3-Gebühr in Unfallsachen
AG Landstuhl v. 23.11.2004: Zur 1,3-Gebühr in Unfallsachen
Das Amtsgericht Landstuhl (Urteil vom 23.11.2004 - 4 C 189/04) hat entschieden:
Im Fall einer zügigen Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens durch den Rechtsanwalt liegt eine durchschnittliche Angelegenheit vor, für die eine Geschäftsgebühr in Höhe der Regelgebühr von 1,3 gerechtfertigt ist.
Siehe auch Geschäftsgebühr (Nr. 2400 RVG-VV) und gerichtliche Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV)
Gründe:
(gem. § 313a ZPO entfällt Tatbestand)
1. Die Klage ist ganz überwiegend begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf weiteren Schadensersatz, nämlich Zahlung von restlichen Anwaltsgebühren, aus dem Verkehrsunfallereignis vom 30.07.2004 in Höhe von 83,63 EUR zu (§ 3 PflVG i.V.m. § 249 BGB und §§ 2, 13,14 RVG i.V.m. Nr. 2400 VV RVG).
Das Gericht ist der Auffassung, dass auch im vorliegenden Fall einer zügigen Verkehrsunfallabwicklung eines Sachstandes ohne Besprechung(en) eine Geschäftsgebühr von 1,3gerechtfertigt ist.
Zwar beträgt die Mittelgebühr nach Nr 2400 VV RVG nach der eindeutigen Begründung des Gesetzgebers in durchschnittlichen Fällen 1,5. Wenn jedoch Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur sind, verbleibt es nach dem so formulierten Willen des Gesetzgebers bei der Regelgebühr von 1,3.
Das Gericht sieht – auch in der zügigen – Verkehrsunfallabwicklung eine durchschnittlicher Angelegenheit. Hierin liegt – entgegen der Auffassung der Beklagten – kein besonders einfach gelagerter Fall, der sich in der Addition verschiedener Schadenspositionen einschließlich deren Rechnungsübersendung erschöpft.
Dies ergibt sich aus folgendem:
Die Geschäftsgebühr wird mit der ersten Tätigkeit des Anwalts ausgelöst, in der Regel mit der Entgegennahme der Information (Vorbemerkung 4.2 Abs 2 VV RVG). Es entspricht sodann dem Wesen jeder Unfallabwicklung, dass der Rechtsanwalt im Vorfeld der Bezifferung des Schadens vielfältige Tätigkeiten erbringt. In der Regel ist die Haftpflichtversicherung des Schädigers zu ermitteln, es sind mit dem Geschädigten die Vielzahl der möglichen Schadenspositionen mit jeweiligen Besonderheiten zu besprechen und zu klären. Zudem ist der Rechtsanwalt gehalten, Hinweise auf Verpflichtungen der Geschädigten zur Schadensminderung in verschiedenen Bereichen zu erteilen. Danach erst erfolgt die Bezifferung des Schadens der jeweiligen Haftpflichtversicherung gegenüber mit entsprechenden Schriftwechsel bis zu endgültigen Schadensregulierung.
Diese Gesamttätigkeit rechtfertigt bei der Unfallabwicklung mindestens die Regelgebühr, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten.
Soweit die Beklagten vortragen, mit der Bezahlung einer Geschäftsgebühr von 0,8 –statt wie früher nach BRAGO 7,5/10 – ergäbe sich schon eine Gebührenerhöhung von knapp 7 %, bei Ansatz von 1,3, sogar eine Erhöhung von ca. 73% führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung.
Das für das Gericht maßgebende RVG beinhaltet eine völlig neue Gebührenstruktur:
Gebührenminderungen in einzelnen Teilbereichen (z.B. durch den Wegfall der Besprechungs- und Beweisgebühr) werden durch Gebührenerhöhungen in anderen Bereichen kompensiert. Das RVG ist als Gesamtregelwerk zu verstehen, das nach dem Willen des Gesetzgebers die Rechtsanwaltsgebühren anheben wollte, und zwar nicht durch eine lineare Anpassung (vgl. Hartung NJW 2004,1409 ff. unter Hinweis auf die amtliche Begründung). Aus diesem Grunde verbietet sich auch eine isolierte Betrachtungsweise einer einzelnen Regelung, die den Gesamtcharakter des Regelwerkes außer Acht lässt.
2. Die vom Kläger gleichfalls beanspruchten Kopiekosten inkl. Mehrwertsteuer in Höhe von 3,48 EUR waren jedoch in Abzug zu bringen, da hierzu ein schlüssiger Vortrag im Sinne der Nr. 7000 VV RVG nicht erfolgt ist.
Diesbezüglich war daher die Klage abzuweisen.
3. Der zuerkannte Zinsanspruch resultiert aus § 288 BGB.
4. Die Nebenentscheidungen folgen den §§ 91, 92 Abs 2, 269 Abs 3 Satz 3 sowie 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.