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BGH Urteil vom 14.07.1993 - IV ZR 181/92 - Zur Bei der Vollkaskoentschädigung für ein unfallbeschädigtes Leasingfahrzeug

BGH v. 14.07.1993: Bei der Vollkaskoentschädigung für ein unfallbeschädigtes Leasingfahrzeug ist auf die Beschaffungsverhältnisse des Leasinggebers - und nicht auf die des Leasingnehmers - abzustellen


Wird ein geleastes Fahrzeug totalbeschädigt, so kann sich bei der Bemessung der Neupreisentschädigung in der Fahrzeugvollversicherung jeweils ein anderer Betrag ergeben, je nachdem, ob man die Verhältnisse des Leasingnehmers (mit seinen geringeren Verhandlungs- und Rabattmöglichkeiten) oder die des Leasinggebers (mit seiner wirtschaftlich stärkeren Stellung; Einräumung eines sog. Flottenrabatts usw.) zugrunde zu legen hat.

Nach herrschender Auffassung ist hierbei immer an die Verhältnisse des Leasinggebers anzuknüpfen, so daß der Vollkaskoversicherer sämtliche Abschläge vom Neupreis vornehmen darf, die der Leasinggeber bei gewöhnlichem Verlauf eines Ankaufgeschäfts für ein Neufahrzeug auch hätte ohne weiteres herausschlagen können.

Hierzu hat der BGH (Urteil vom 14.07.1993 - IV ZR 181/92) festgestellt:
Für die Berechnung der Neupreisentschädigung im Fall des Totalschadens eines Leasingfahrzeugs ist in der Regel auf die Verhältnisse des Leasinggebers abzustellen.


Siehe auch Leasingfahrzeug - Leasingvertrag


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts hätte die Leasinggeberin als Fahrzeugeigentümerin am Schadenstag 34.985,58 DM aufwenden müssen, um das total beschädigte Leasingfahrzeug durch einen entsprechenden Neuwagen zu ersetzen. Die Parteien gehen davon aus, daß die Neuwertentschädigung gezahlt werden muß. Die Leasinggeberin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, so daß es auf den Nettoneupreis ohne Mehrwertsteuer ankommt. Ihr wären vom Fahrzeughersteller 5,46% Rabatt auf diesen Nettoneupreis gewährt worden. Die Leasinggeberin hat 30.142,07 DM von der Beklagten erhalten. Mit dem Berufungsurteil ist der an der Gesamtaufwendung noch fehlende Restbetrag von 4.843,51 DM ausgeurteilt worden. Damit ist die Verpflichtung der Beklagten aus §§ 13 (2) und 12 AKB zur Zahlung der Neupreisentschädigung erledigt.

Für die Berechnung dieser Entschädigung ist auf die Leasinggeberin abzustellen und nicht auf den Kläger. Zutreffend bezeichnet das Berufungsurteil die vom Kläger genommene Versicherung als Fremdversicherung gemäß §§ 74ff. VVG zugunsten der Leasinggeberin. Deren Risiko als Eigentümerin des Fahrzeugs soll abgedeckt werden, wenn auch das eigene Sacherhaltungsinteresse des Leasingnehmers, hier des Klägers, mitversichert ist. Der auszugleichende Sachschaden ist der Leasinggeberin als Eigentümerin des total beschädigten Fahrzeugs und nicht dem Kläger entstanden. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß das Sacherhaltungsinteresse des Klägers mitversichert ist. Dieses Interesse des Klägers besteht darin, daß er nach dem Leasingvertrag für Untergang, Verlust und Beschädigung des Fahrzeuges haftet, also der Leasinggeberin gegebenenfalls Schadensersatz schuldet. Die Kaskoversicherung steht allein für den Sachschaden ein (BGHZ 116, 278, 283f.). Der geschuldete Schadensersatz im Fall des Totalschadens kann aber den Betrag nicht übersteigen, den die Leasinggeberin für den Erwerb eines Neuwagens aufbringen muß. Bei einem Totalschaden ist der Schädiger gemäß § 251 Abs. 2 BGB berechtigt, den Geschädigten in Geld zu entschädigen. Die Höhe der Geldentschädigung bemißt sich nach den Verhältnissen des Geschädigten. Also kommt es auf die Verhältnisse der Leasinggeberin an.

2. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil bisher die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob für den Umfang der Berechnung einer Neupreisentschädigung gemäß § 13 AKB im Falle des Totalschadens eines Leasingfahrzeuges stets auf die Verhältnisse des Leasinggebers abzustellen ist (vgl. zuletzt OLG Karlsruhe VersR 1990, 1222 und OLG Hamm VersR 1991, 918 und VersR 1992, 440).

a) Bislang hatte der erkennende Senat in drei Leasingfällen zu entscheiden; jedoch ging es im Beschluß vom 30. April 1991 - IV ZR 243/90 - r+s 1991, 223 nicht um einen Totalschaden, also nicht um die Neupreisentschädigung. In den Fällen der Urteile vom 6. Juli 1988 und 5. Juli 1989 (IV a ZR 24/87 - VVGE AKB § 13 Nr. 7 = VersR 1988, 949 = r+s 1988, 255 und IV a ZR 189/88 - VVGE AKB § 13 Nr. 8 = VersR 1989, 950 = r+s 1989, 317) hatte jeweils der Leasinggeber das zerstörte Leasingfahrzeug wieder beschafft.

In dem Urteil vom 6. Juli 1988 hat der Senat auf das mitversicherte Sacherhaltungsinteresse des Leasingnehmers hingewiesen und mit den Worten "jedenfalls in diesem Fall" die Zulassungsfrage bewußt offengelassen. Die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Leasingverträgen - z.B. eines Erwerbsrechtes oder gar einer Erwerbspflicht des Leasingnehmers - und demgemäß die Bewertung des Sachinteresses eines Leasingnehmers waren anhand der bis dahin veröffentlichten Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt.

In dem Fall des Urteils vom 5. Juli 1989 hatte der Leasingnehmer zwar nach dem Wortlaut des Leasingvertrages gerade kein Erwerbsrecht, behauptete aber, daß der Lieferant des Leasingfahrzeuges ihm ein uneingeschränktes Erwerbsrecht am Ende der Leasingzeit zugesagt habe, so daß er im wirtschaftlichen Sinne Eigentümer sei. Gleichwohl hat der Senat wegen der Eigentümerstellung des Leasinggebers ohne Rücksicht auf das möglicherweise wegen des Erwerbsrechts sogar verstärkte Sacherhaltungsinteresse nur die Verhältnisse des Leasinggebers in Rechnung gestellt.

In Fortführung dieses Urteils ist die Zulassungsfrage dahin zu beantworten, daß im Regelfall die Verhältnisse des Leasinggebers als des Eigentümers maßgeblich sind. Das mitversicherte Sacherhaltungsinteresse des Leasingnehmers erschöpft sich - wie bereits ausgeführt - bei den üblichen Leasingbedingungen darin, daß er die Gefahr für Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Leasingfahrzeugs trägt, so daß der von ihm allenfalls geschuldete Schadensersatz bei Totalschaden die Neuwertentschädigung nicht übersteigt.

b) Für die Berechnung der Neupreisentschädigung gemäß § 13 (2) AKB kommt es bei den üblichen Leasingbedingungen nicht darauf an, ob der Leasingnehmer ein "Ersatzfahrzeug" beschafft. Für § 13 (2) AKB ist grundsätzlich die Anschaffung eines "Ersatzfahrzeuges" unerheblich: Die Entschädigungshöhe wird durch den vom Versicherungsnehmer aufzuwendenden Neupreis bestimmt; als Versicherungsnehmer in diesem Sinne muß wegen des notwendigen sinngemäßen Verständnisses in Leasingfällen der Leasinggeber angesehen werden (Senatsurteil vom 6.7.1988 aaO). Nach den üblichen Leasingbedingungen wird im Fall des Totalschadens oder Verlustes der Leasingvertrag entweder wie hier einverständlich aufgehoben oder aber gekündigt. Dann aber kann ohnehin mangels eines Leasingvertrages nur noch der Leasinggeber selbst als der geschädigte Eigentümer ein Fahrzeug anschaffen, das rechtlich gesehen als Ersatzfahrzeug im Sinne der Wiederherstellungsklausel des § 13 (10) AKB in Betracht kommt. Also kann die "Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs durch den Leasingnehmer", auf die im Schrifttum für die Maßgeblichkeit der Verhältnisse des Leasingnehmers abgestellt wird (Knappmann in Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. AKB § 13 Anm. 3 S. 1498, weiter Wussow, WI 1988, 171 und 1989, 38) nur bei der in Leasingfällen bislang offenbar (vgl. OLG Hamm VersR 1988, 926 unter I 1 a.E.) unüblichen Vertragsgestaltung erwogen werden, daß der Leasingnehmer bei Totalschaden oder Verlust die Pflicht hat, auf eigene Kosten dem Leasinggeber ein "Ersatzfahrzeug" zu stellen (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 14. Aufl. AKB § 13 Rdn. 44). ..."



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