Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 13.04.2005 - VIII ZR 377/03 - Bei Gegenständen mit äußerst niedrigem Zeitwert kommt unter Umständen kein Nutzungsausfall mehr in Höhe der monatlichen Leasingraten in Betracht

BGH v. 13.04.2005: Bei Gegenständen mit äußerst niedrigem Zeitwert kommt unter Umständen kein Nutzungsausfall mehr in Höhe der monatlichen Leasingraten in Betracht


Der BGH (Urteil vom 13.04.2005 - VIII ZR 377/03) hat entschieden, dass die Festsetzung des Nutzungsausfalls in Höhe der jeweiligen Leasingrate bei vertragswidriger Zurückhaltung des Leasingguts nur dann nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn das Fahrzeug alters- oder gebrauchsbedingt nur noch einen geringen Zeitwert hat:
Das Verlangen des Leasinggebers nach Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Leasingrate wegen Vorenthaltung der vom Leasingnehmer vertragswidrig nicht zurückgegebenen Leasingsache ist erst dann als unzulässige Rechtsausübung anzusehen, wenn der Zeitwert des Leasingobjekts alters- oder gebrauchsbedingt so weit abgesunken ist, daß eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten monatlichen Leasingrate zu dem verbliebenen Verkehrs- oder Gebrauchswert der Leasingsache völlig außer Verhältnis steht.


Siehe auch Leasingfahrzeug - Leasingvertrag


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legt, ist § 557 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt: § 546a BGB) auf Finanzierungsleasingverträge anwendbar (BGHZ 107, 123, 126 ff.; zuletzt Senatsurteil vom 7. Januar 2004 aaO unter II 2 a). Das gilt auch für Vollamortisationsverträge, bei denen wie hier der Leasingnehmer bereits alle vereinbarten Leasingraten gezahlt hat (BGHZ aaO S. 127 f.), und unabhängig davon, ob und inwieweit dem Leasinggeber aus der Vorenthaltung des Leasingguts ein Schaden erwachsen ist und ob der Leasingnehmer aus dem vorenthaltenen Leasinggegenstand einen entsprechenden Nutzen hat ziehen können (BGHZ aaO S. 128 f.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat ungeachtet der in Teilen des Schrifttums geübten Kritik (vgl. zuletzt Staudinger/Stoffels, BGB (2004), Leasing Rdnr. 286 m.w.Nachw.) fest.

3. Die Voraussetzungen, an deren Vorliegen § 557 BGB a.F. (§ 546a BGB) einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung knüpft, sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Der Vertrag für die sechs Bügelmaschinen endete mit Ablauf des Monats Juli 1999. Eine Rückgabe der Leasingobjekte ist jedenfalls bis August 2002 unstreitig nicht erfolgt. Da die Klägerin die Leasinggegenstände mehrfach zurückgefordert hat, erfüllt deren Nichtrückgabe durch die Beklagte den Tatbestand des "Vorenthaltens" im Sinne des § 557 BGB a.F., § 546a BGB (Senatsurteil vom 7. Januar 2004 aaO).

4. Ein Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung bestünde allerdings dann nicht, wenn der Beklagten die Rückgabe der Leasinggegenstände unmöglich wäre; denn der Begriff des Vorenthaltens setzt voraus, daß der Mieter die Sache nicht zurückgibt, obwohl er dazu imstande wäre (Staudinger/Rolfs, BGB (2003), § 546a Rdnr. 15 m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 90, 145, 148 f.). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festzustellen vermocht, daß der Beklagten die Rückgabe der sechs Bügelgeräte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum unmöglich gewesen wäre. Die von der Revision gegen die tatrichterliche Würdigung erhobenen Verfahrensrügen (§ 286 ZPO) sind nicht berechtigt.

Die Beklagte hat für die von ihr zu beweisende Behauptung, die Maschinen seien ... verschrottet worden, keinen tauglichen Beweis angeboten. ...

5. Ob die von der Beklagten nicht zurückgegebenen Bügelmaschinen nach vierjährigem Einsatz im Drei-Schicht-Betrieb "verschlissen" waren, ist für die Rückgabepflicht der Beklagten und demzufolge ebenso für den Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung der zurückzugebenden Geräte ohne Bedeutung. Das Verlangen der Klägerin nach Fortzahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Leasingrate wäre nur dann als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) anzusehen, wenn der Zeitwert der Maschinen während des hier in Rede stehenden Zeitraums bis einschließlich August 2002 alters- oder gebrauchsbedingt so weit abgesunken wäre, daß eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten monatlichen Leasingrate zu dem verbliebenen Verkehrs- oder Gebrauchswert der Geräte völlig außer Verhältnis stünde (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1993, 121). Einen so weitgehenden Wertverlust hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht substantiiert vorgetragen. Ihre pauschale Behauptung, die Maschinen seien "durch die hohe Nutzung völlig verbraucht" und "bei einem Einsatz in Drei-Schicht-Betrieb über den Zeitraum von vier Jahren verschlissen" gewesen, läßt konkrete Rückschlüsse auf den Zustand, den Zeitwert oder die Gebrauchstauglichkeit der Maschinen nicht zu. Angesichts dessen kann auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dem Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung die in Nr. 8 Abs. 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen der Klägerin enthaltene Regelung entgegenhalten kann, derzufolge der Leasingnehmer unter anderem im Falle des vorzeitigen Verschleißes des Leasingobjekts vor Vertragsablauf verlangen kann, daß der Leasingvertrag aufgehoben und ihm das Eigentum am Leasingobjekt Zug um Zug gegen Zahlung der noch ausstehenden Leasingraten, eines eventuell vereinbarten Restwertes und einer anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung übertragen wird. ..."



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