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OLG in Saarbrücken Urteil vom 17.07.2006 - 5 U 6/06-1 - Zu unvollständigen und falschen Angaben zum Alkoholkonsum vor dem Unfall

OLG Saarbrücken v. 17.07.2006: Zu unvollständigen und falschen Angaben zum Alkoholkonsum vor dem Unfall


Das OLG in Saarbrücken (Urteil vom 17.07.2006 - 5 U 6/06-1) hat entschieden:
Unvollständige und erst recht falsche Angaben des Versicherungsnehmers über einen Alkoholkonsum vor dem Unfall stellen deshalb eine ernsthafte Gefährdung der Interessen des Unfallversicherers dar und führen zur Leistungsfreiheit.


Siehe auch Alkohol und Unfallversicherung und Insassen-Unfallversicherung


Zum Sachverhalt:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung zurück.

Der Beklagte unterhielt seit September 2003 eine Unfallversicherung bei der Klägerin, der die American Express Vital Express Unfallversicherungs-Bedingungen (Bl. 11ff d.A.) zugrunde lagen. Diese sehen unter Ziffer 5.1.1. einen Leistungsausschluss für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, vor. Ziffer 6.2. verlangt ein wahrheitsgemäßes Ausfüllen und unverzügliches Zurücksenden der von der Klägerin übersandten Unfallanzeigen. Ziffer 7 beschreibt die Folgen von Obliegenheitsverletzungen, die nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen sind.

Am 04.12.2004 gegen 1:35 Uhr wurde der Beklagte beim Überqueren der Richard-Wagner-Straße in S. von einem Pkw erfasst. Der Beklagte, der vor dem Unfall Alkohol getrunken hatte, wurde erheblich verletzt.

In der vom Beklagten unterschriebenen Unfallanzeige vom 30.12.2004 (Bl. 20ff d.A.) war die Frage nach Alkoholkonsum in den letzten 12 Stunden vor dem Unfall mit „Nein“ angekreuzt. In der Unfallanzeige war über der Unterschrift in hervorgehobenem Druck darauf hingewiesen, dass vorsätzlich oder grob fahrlässige unwahre bzw. lückenhafte Angaben auch dann zum Verlust des Versicherungsanspruchs führen können, wenn dem Versicherer kein Nachteil entsteht, und dass der Versicherungsnehmer auch dann für den Inhalt dieser Unfallanzeige verantwortlich ist, wenn er sie nicht selbst ausgefüllt hat.

Die Klägerin erbrachte daraufhin unter ausdrücklichem Rückforderungsvorbehalt mit dem Hinweis, sie habe die Ermittlungsakte noch nicht eingesehen (Bl. 28ff d.A.), Versicherungsleistungen (Krankenhaustagegeld) in Höhe von 11.800,00 EUR an den Beklagten. Nachdem die Klägerin durch Einsicht in die amtliche Ermittlungsakte festgestellt hatte, dass dort eine BAK des Beklagten von 2,79‰ festgehalten war (Bl. 34 d.A.), lehnte sie weitere Versicherungsleistungen ab und forderte die erbrachten Leistungen zurück.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.



Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Klägerin hat einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Versicherungsleistung. Die Klägerin ist gemäß Ziffer 6.2 und 7 der Versicherungsbedingungen in Verbindung mit §§ 6 Abs. 3, 34 VVG leistungsfrei, so dass der Beklagte Zahlungen ohne Rechtsgrund erhalten hat. Der Beklagte hat die Klägerin vorsätzlich nicht über seinen erheblichen Alkoholkonsum aufgeklärt.

(1.) Nach Ziffer 6.2 und 7 der Versicherungsbedingungen in Verbindung mit §§ 6 Abs. 3, 34 VVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit verletzt wird, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Die vom Beklagten zu erfüllenden Obliegenheiten bestimmen sich nach Ziffer 6.2 der Versicherungsbedingungen. Danach hat der Versicherungsnehmer u.a. die Unfallanzeigen wahrheitsgemäß auszufüllen und unverzüglich zurückzusenden. Diese Obliegenheit hat der Beklagte verletzt, weil in seiner Schadensanzeige vom 30.12.2004 die Frage nach einem Alkoholkonsum in den letzten 12 Stunden vor dem Unfall wahrheitswidrig mit „Nein“ beantwortet war. Der Beklagte hatte - nach seinem eigenen Vortrag - vier bis fünf Flaschen Bier in den letzten 12 Stunden vor dem Unfall getrunken.

Die Schadensanzeige vom 30.12.2004 stammt vom Beklagten selbst. Mit seiner Unterschrift macht sich der Versicherungsnehmer Angaben im Schadenformular zu Eigen. Damit gibt er eine eigene Erklärung ab. Ein Dritter bereitet mit dem Ausfüllen des Formulars lediglich eine Erklärung des Versicherungsnehmers vor, wenn der Versicherungsnehmer dieses unterschreibt. Der Dritte gibt die Erklärung nicht selber anstelle des Versicherungsnehmers ab. Aus der Sicht des Erklärungsempfängers erscheint das vom Versicherungsnehmer unterschriebene Formular als dessen Erklärung und nicht als die eines mit der Erfüllung von Obliegenheiten betrauten Dritten. Für eine entsprechende Anwendung des § 166 BGB ist deshalb kein Raum (BGH, Urt. v. 14.12.1994 - IV ZR 304/93 - VersR 1995, 281). Es kommt daher auf das Verschulden des Beklagten selbst an, nicht das Verschulden seiner Ehefrau, die nach seinem Vortrag die Frage nach dem Alkoholkonsum angekreuzt haben soll.

(2.) Der Beklagte hat die Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Vorsatz im Sinne von § 6 Abs. 3 VVG erfordert das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein der Verhaltensnorm, wobei bedingter Vorsatz genügt (Senat, Urt. v. 22.08.1990 - 5 U 21/90 - VersR 1991, 872; Prölss in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27.Aufl., § 6 Rn. 116; Römer in Römer/Langheid, VVG, 2.Aufl., § 6 Rn. 80). Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung zwar nicht direkt gewollt, sie sich aber immerhin als möglich vorgestellt und für den Fall ihres Vorliegens gebilligt hat. Entscheidend - in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit - ist demnach das Inkaufnehmen der als möglich erkannten Obliegenheitsverletzung. Ein solches Inkaufnehmen/Billigen ist anzunehmen, wenn sich der Handelnde die reale Möglichkeit des Erfolgseintritts vor Augen hält und trotzdem handelt. Der Vorsatz wird nur verneint, wenn der Handelnde ernsthaft darauf vertraute, der Erfolg werde nicht eintreten oder er werde ihn abwenden können. Hat der Handelnde freilich die als nahe liegend erkannte Möglichkeit vorausgesehen, dass der Erfolg eintreten werde, kann er nicht darauf vertraut haben, dass es nicht dazu kommen werde, mag er das auch gehofft und gewünscht haben. Entscheidend für die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit ist also, wie begründet die Hoffnung war (MünchKommBGB/Grundmann, 4.Aufl., § 276 Rn. 161). Schließlich ist Vorsatz gegeben, wenn der Handelnde die Augen vor der Schädigungsmöglichkeit verschließt oder „ins Blaue handelt“, ohne das Risiko des Erfolgseintritts nachzuprüfen (OLG Hamm, OLGR Hamm 1996, 259; MünchKommBGB/Grundmann, a.a.O.).

Es kommt folglich nicht darauf an, ob dem Beklagten die weitreichende Bedeutung seiner verschwiegenen erheblichen Alkoholisierung - nach den (allerdings der Überprüfung bedürftigen) Feststellungen in der Ermittlungsakte 2,79‰ BAK - für seinen Leistungsanspruch erkennbar war und er diese bewusst verheimlichte, um seine Ansprüche nicht zu gefährden. Es genügt, dass den Beklagten jedenfalls der Vorwurf des bedingt vorsätzlichen Handelns trifft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Beklagte hat nach eigenen Angaben das von Dritten, seiner Ehefrau und einem Arzt, teilweise ausgefüllte Formular nicht zur Kenntnis genommen und sich dadurch mit seiner Unterschrift Angaben „ins Blaue hinein“ zueigen gemacht, ohne das Risiko nachzuprüfen, ob die Eintragungen der Dritten falsch sind. Dadurch lag eine Obliegenheitsverletzung durch falsche Angaben so nahe, dass der Beklagte deren Eintritt gebilligt hat, zumal seine Frau nach seiner Erklärung im Termin vom 09.11.2005 nicht gewusst habe, dass er etwas getrunken habe, und ihn danach auch nicht gefragt habe.

(3.) Diese vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Beklagten führt zur Leistungsfreiheit der Klägerin, weil sie jedenfalls generell geeignet war, die Interessen der Klägerin ernsthaft zu gefährden, den Beklagten ein schweres Verschulden traf - sie also subjektiv von einigem Gewicht war - und der Beklagte über die Folgen seines Handelns ausreichend belehrt worden war.

Grundsätzlich kann sich ein Versicherer nach der "Relevanzrechtsprechung" dann nicht auf die vereinbarte Leistungsfreiheit berufen, wenn der Obliegenheitsverstoß generell ungeeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, oder den Versicherungsnehmer subjektiv kein schweres Verschulden trifft. Die Relevanzrechtsprechung schränkt die Leistungsfreiheit des Versicherers aber nur ein, wenn die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers folgenlos geblieben ist, dem Versicherer also bei der Feststellung des Versicherungsfalles oder des Schadensumfanges keine Nachteile entstanden sind (BGH, Urt. v. 07.07.2004 - IV ZR 265/03 - VersR 2004, 1117).

Konkreter Anhaltspunkt für einen Nachteil des Versicherers - und damit fehlende Folgenlosigkeit - ist die erhebliche Vorschussleistung in Höhe von 11.800,00 EUR. Eine solche wird in der Rechtsprechung (OLG Köln, RuS 2003, 462 und RuS 1997, 140) und zum Teil in der Literatur (Marlow in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 13 Rn. 102) ohne Begründung als Fall angesehen, in dem die Obliegenheitsverletzung nicht folgenlos ist. Andere stellen zur Bestimmung der Folgenlosigkeit ausdrücklich auf § 6 Abs. 3 S.2 VVG ab und halten einen bloßen Nachteil für das Feststellungsverfahren als solchen, etwa Mehraufwendungen, für nicht ausreichend (OLG Karlsruhe, RuS 1999, 447). Der Bundesgerichtshof hat einen vorübergehenden Aufklärungsnachteil, verbunden mit einer Zahlung, ausreichen lassen (BGH, Urt. v. 19.03.1981 - IVa ZR 75/80 - VersR 1981, 625).

Vorliegend kommt es aber nicht auf die Definition der Folgenlosigkeit im Sinne der Relevanzrechtsprechung an. Die Klägerin hat in Ziffer 7 Abs. 3 ihrer AVB mit den Worten „in diesen Fällen“ auf die Formulierung in Abs.2, die entsprechend der Kausalitätsregelung in § 6 Abs. 3 S. 2 VVG entspricht, verwiesen, so dass dessen Kausalitätsmaßstab gilt. Es genügt deshalb hier jedenfalls nicht irgendein Nachteil, der darin liegt, dass das Feststellungsverfahren ohne die Obliegenheitsverletzung anders verlaufen wäre, sondern es müssen durch sie die Feststellungen selbst im Ergebnis zum Nachteil des Versicherers beeinflusst worden sein (BGH, Urt. v. 04.05.1964 - II ZR 153/61 - BGHZ 41, 327 zu § 6 Abs. 3 S. 2 VVG). Die unter Vorbehalt erfolgte Zahlung der Versicherungssumme ist deshalb kein ausreichender Nachteil im Sinne von Ziffer 7 der Versicherungsbedingungen, denn sie betrifft nicht das Ergebnis der Feststellung selbst (allgemein: Prölss in Prölss/Martin, a.a.O., § 6 Rn. 104 - der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Köln ist nicht zutreffend, weil es dort um die Folgenlosigkeit im Rahmen der Relevanzrechtsprechung geht).

Andere Beeinträchtigungen der Feststellung des Versicherungsfalles bzw. des Leistungsumfangs durch die Obliegenheitsverletzung des Beklagten sind nicht ersichtlich. Selbst wenn wegen ausreichenden Vorbehalts der Klägerin bei Vorschusszahlung der Beklagte als Versicherungsnehmer für den Kausalitätsgegenbeweis beweisbelastet wäre, geht es um einen negativen Beweis, der so zu führen ist, dass die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten widerlegt werden müssen und der Versicherungsnehmer abwarten kann, welche dann ebenfalls von ihm zu widerlegenden Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt (BGH, Urt. v. 04.05.1964 - II ZR 153/61 - BGHZ 41, 327). Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen selbst im Ergebnis zum Nachteil der Klägerin dadurch beeinflusst worden sind, dass der Beklagte seinen Alkoholkonsum nicht angab, sondern die Klägerin diesen erst durch Einsicht in die Ermittlungsakten erfahren hat, ergeben sich weder aus dem Sachverhalt noch aus dem Vortrag der Klägerin. Eine Veränderung der Beweislage, ein Verlust eines Beweismittels, ist nicht ersichtlich. Der Kausalitätsgegenbeweis, der hier wegen des Wortlautes von Ziffer 7 der Versicherungsbedingungen auch für die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung maßgeblich ist, ist deshalb vom Beklagten geführt.

Es kommt folglich auf die in Ziffer 7 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen bestimmten weiteren Voraussetzungen für den Erhalt eines Leistungsanspruchs bzw. - umgekehrt - für einen Leistungsausschluss an. Diese entsprechen inhaltlich der Relevanzrechtsprechung zu folgenlosen vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen, so dass gegen ihre Wirksamkeit keine Bedenken bestehen.

Die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit war relevant. Eine tatsächliche Beeinträchtigung der Interessen des Versicherers ist nicht erforderlich, sondern es genügt, dass sie generell zur Interessenbeeinträchtigung geeignet ist (BGH, Urt. v. 21.04.1993 - Az: IV ZR 33/92 - VersR 1993, 830). Die fehlende Mitteilung einer Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt birgt für den Versicherer die Gefahr, dass er einen vorhandenen Leistungsausschluss gemäß Ziffer 5.1.1. nicht erkennt. Er ist auf die wahrheitsgemäße Angabe seines Versicherungsnehmers angewiesen, weil es nicht sicher ist, dass die Alkoholisierung dem Versicherer anderweitig zur Kenntnis gebracht wird. Unvollständige Angaben über einen Alkoholkonsum stellen deshalb eine ernsthafte Gefährdung der Interessen des Versicherers dar (OLG Hamm, VersR 1984, 931). Dass die Klägerin von der Alkoholisierung des Beklagten durch den Vermerk in der Ermittlungsakte erfuhr, ändert nichts an der generellen Gefährdung ihrer Interessen. Dieser Vermerk in der Ermittlungsakte hätte fehlen können, so dass die Klägerin auf die Aufklärung durch den Versicherungsnehmer selbst dann angewiesen ist, wenn sie routinemäßig die Ermittlungsakten einsieht.

Den Beklagten trifft auch ein erhebliches Verschulden. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn es sich um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (BGH, Urt. v. 07.12.1983 - IVa ZR 231/81 - VersR 1984, 228), beispielsweise wenn der Schaden gering ist und der Versicherungsnehmer zwar verspätet, aber doch noch aus eigenem Antrieb seiner Obliegenheit nachkommt (Römer in Römer/Langheid, a.a.O., § 6 Rn. 82). Im Falle falscher Angaben müssen ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Versicherungsnehmers in einem milderen Licht erscheinen lassen (Marlow in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, a.a.O., § 13 Rn. 104).

Solche Umstände sind hier nicht erkennbar. Der Beklagte hat einen für die Klägerin wesentlichen Umstand vorsätzlich verschwiegen, von dem er auch als Laie wusste, dass er zu einem Leistungsausschluss führen konnte. Außerdem konnte er damit rechnen, dass die Klägerin von seiner Alkoholisierung von Dritter Seite keine Kenntnis erhalten würde, so dass sie ohne Verpflichtung Zahlungen an ihn erbringen würde. Diese Obliegenheitsverletzung hat großes Gewicht und stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Loyalitätspflicht des Versicherungsnehmers dar. Der Beklagte hat auch nichts getan, um seiner Obliegenheitsverpflichtung wenigstens im nachhinein gerecht zu werden. Er hat auch keine Erinnerungslücken bezüglich seines Alkoholkonsums behauptet, sondern diesen sofort eingeräumt, nachdem er von der Klägerin mit ihren Erkenntnissen aus der Ermittlungsakte konfrontiert worden war. Es gibt auch sonst keine von ihm konkret behaupteten Umstände, die seine unterlassene Aufklärung in ein milderes Licht rücken könnten. Zwar ist es nachvollziehbar, dass der Beklagte angesichts seiner erheblichen Verletzungen durch den Unfall zunächst insgesamt beeinträchtigt war. Die Unfallanzeige hat er aber erst fast vier Wochen nach dem Unfall unterschrieben, so dass eine Verminderung seiner Zurechnungsfähigkeit nicht erkennbar ist. Diese hat er auch in erster Instanz nicht behauptet. Erst in der Berufungsschrift hat der Beklagte einen Sachverhalt behauptet, der eine Zurechnungsunfähigkeit begründen könnte. Eine Zurechnungsunfähigkeit im Sinne von § 827 BGB schließt eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung aus (BGH, Urt. v. 27.01.1966 - II ZR 5/64 - VersR 1966, 458), eine verminderte Zurechnungsfähigkeit muss bei der Frage des Gewichts der Obliegenheitsverletzung berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 09.11.2005 - IV ZR 146/04 - MDR 2006, 634). Hier kann aber offen bleiben, ob der Vortrag des Beklagten ausreichend substantiiert ist, obwohl er nur in einem Satz behauptet, aufgrund seines Gesundheitszustandes habe er nicht erfassen können, welche Rechtsfolgen seine Unterschrift habe. Jedenfalls ist sein Vortrag in der Berufungsbegründung und sein neues Beweisangebot nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Das späte Vorbringen der neuen Behauptungen und die späte Benennung der Beweismittel beruht auf einer Nachlässigkeit des Beklagten (§ 531 Abs.2 Nr. 3 ZPO). Einen Grund dafür, dass der Beklagte diese Behauptung nicht bereits in erster Instanz vorbringen konnte, hat er nicht dargelegt. Mit diesem neuen Vorbringen ist er deshalb nicht zuzulassen.

(4.) Der Beklagte ist über die Folgen der Verletzung der ihn gemäß Ziffer 6.2 der Versicherungsbedingungen zu erfüllenden Obliegenheiten, nämlich den Versicherer umfassend aufzuklären und zu informieren, ordnungsgemäß durch den drucktechnisch hervorgehobenen und als „Wichtigen Hinweis“ bezeichneten Text unmittelbar über der Unterschriftszeile belehrt worden, wie es bei vorsätzlicher folgenloser Obliegenheitsverletzung nötig ist (BGH, Urt. v. 08.05.1967 - II ZR 17/65 - BGHZ 48, 7).

Die Klägerin ist damit leistungsfrei. ..."