Das Verkehrslexikon

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Ein- oder Aussteigen im eingeschränkten Haltverbot - Parken - Entladen - Beladen - eingeschränktes Halteverbot - Nebenverrichtungen - Abholen

Das Ein- oder Aussteigen im eingeschränkten Haltverbot

Siehe auch Stichwörter zum Thema Halten und Parken




Zeichen 286 (Eingeschränktes Haltverbot) verbietet das Halten auf der Fahrbahn über 3 Minuten hinaus, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen oder zum Be- oder Entladen.

Die erlaubten Tätigkeiten sind ohne Verzögerung durchzuführen; was alles erlaubt oder verboten ist, ist im Einzelnen aber nicht immer unstrittig.

Zum Ein- oder Aussteigen gehört nicht nur die rein physische Tätigkeit des unmittelbaren Platznehmens oder Verlassen des Fahrzeugs durch den Fahrzeugführer oder einen Insassen. Vielfach sind für einen sinnvollen Gebrauch der Erlaubnis noch Nebenverrichtungen erforderlich. Diese Nebenverrichtungen machen es häufig notwendig, die erlaubte Haltdauer von 3 Minuten zu überschreiten.


Maßgebliches Kriterium ist, ob die Nebenverrichtung mit dem Ein- oder Aussteigen nach der Verkehrsauffassung als deren Bestandteil erscheint oder ob sie im Hinblick auf den Zweck des Ein- oder Aussteigens und den dafür erforderlichen Mehraufwand an Zeit selbständige Bedeutung gewinnt (vgl. Berr/Hauser/Schäpe, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 2. Aufl., 2005, Rdnr. 79 unter Hinweis auf KG Berlin VRS 59, 230; auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2004, Rdnr. 31 zu § 12 StVO). Der Hauptzweck des Haltens muss das Ein- oder Aussteigen sein (KG Berlin VRS 59, 230); ein verbotenes Halten wird nicht erlaubt, weil es auch zum Ein- oder Aussteigen genutzt wird.

Eine feste Zeitangabe für den Gesamtvorgang lässt sich nicht festlegen (OLG Karlsruhe VkBl. 1960, 628).

Eine Hauptrolle bei den Nebenverrichtungen spielt das Warten auf einen Fahrgast. Dieses Warten ist dann zulässig, wenn ihm eine Vereinbarung vorausging, nach der das alsbaldige Erscheinen erwartet werden durfte; es darf dann auch länger als 3 Minuten gewartet werden (BayObLG DAR 1979, 198).

Allerdings ist eine unangemessene Verzögerung nicht zulässig. Man wird hier die absolute Obergrenze einer erlaubten Wartezeit bei 10 Minuten ziehen müssen, in der Regel ist dies aber zu lange (vgl. Berr/Hauser/Schäpe, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 2. Aufl., 2005, Rdnr. 81, 82; siehe auch die Nachweise und Beispiele bei Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2004, Rdnr. 31 zu § 12 StVO;).

Je stärker im übrigen der sonstige Verkehr durch ein haltendes Fahrzeug gestört wird, desto eher muss der Fahrzeugführer sich entschließen, von einem weiteren Warten Abstand zu nehmen.

Das gilt insbesondere, wenn das wartende Fahrzeug als einziges am Fahrbahnrand steht, und der fließende Verkehr auf dieser Fahrspur es umfahren muss; auch wenn wegen eines wartenden Fahrzeugs der Lieferverkehr gezwungen wird, seine Entladetätigkeit in zweiter Spur vorzunehmen, wird man bereits nach sehr kurzer vergeblicher Wartezeit ein Wegfahren verlangen müssen.

Das Kassieren des Fahrpreises und das Ausstellen einer Quittung ist dem Taxifahrer im eingeschränkten Haltverbot erlaubt (OLG Hamm DAR 1958, 339).

Insbesondere bei einem alkoholisierten Fahrgast ist eine Haltzeit von nur 3 bis 4 Minuten manchmal zu kurz (OLG Hamm VerkMitt 1968, 31).

Es dient gleichermaßen dem Aussteigen und dem sich später daran anschließenden Entladen, wenn der Fahrgast aussteigt, um im Hotel nach einem freien Zimmer zu fragen (OLG Hamm NJW 1959, 255).




Ebenfalls ist es zulässig, das Fahrzeug zu verlassen und sich in ein Geschäftslokal oder in eine Wohnung zu begeben, um dort die Ankunft zum Zweck des Abholens mitzuteilen (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2004, Rdnr. 31 zu § 12 StVO). Der Abholende darf so z. B. auch in einer Gaststätte warten, bis der Fahrgast seine Zeche bezahlt und sich angezogen hat (Berr/Hauser/Schäpe, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 2. Aufl., 2005, Rdnr. 83)

Freilich darf der Ausgestiegene dort selbst keine Handlungen vornehmen, die mit dem Abholen gar nichts zu tun haben; auch ein Warten darauf, dass der Abzuholende erst noch eigene Verrichtungen erledigt (z. B. Beenden einer Mahlzeit) ist nicht mehr von der Erlaubnis gedeckt (OLG Bremen VRS 7, 469).

Beim Halten zum Zweck des Abholens vor einem Bahnhof ist von vornherein mit Wartezeiten zu rechnen, weil Züge nicht immer ganz pünktlich ankommen.

Richtet die Bahn vor ihrem Hauptbahnhof eine sog. "Kiss & Ride"-Zone ein, so ist damit auch ein etwas längeres zum Abschiednehmen geeignetes Halten gestattet (OLG Hamm VRS 15, 386 für eine "Kiss & Ride"-Zone vor dem Hauptbahnhof in Lüneburg).

Wenn sich allerdings größer Verspätungen abzeichnen, muss der Fahrzeugführer das Parkverbot vorübergehend verlassen (Janizewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 18. Aufl., 2004, Rdnr. 21).

So hat die Rechtsprechung teilweise eine Wartezeit von 8 Minuten als unzulässig bewertet (OLG Hamm VRS 29, 235), andererseits aber auch schon mal 10 Minuten noch gebilligt (OLG Hamm VRS 15, 386).

Dass hier teilweise recht strenge Maßstäbe angelegt werden, ergibt sich aus einer Entscheidung des OLG Karlsruhe (VerkBl. 1960, 628), wenn ein Zeitraum von 5 Minuten zum dem Zweck, den Abreisenden und seinen Koffer in den Bahnhofsraum zu bringen und sich dort zu verabschieden, als zu lang angesehen wurde.

Zum Halten in zweiter Reihe zum Zweck eines kurzfristigen Ein- bzw. Aussteigens hat das BayObLG (Beschluss vom 13.04.1972 - RReg 1 St 537/72 OWi) entschieden:
"Für die Auslegung des nunmehrigen § 12 Abs 4 S 2 StVO 1970 kann der Rechtsgrundsatz herangezogen werden, dass auf einem rechten Seitenstreifen oder am rechten Fahrbahnrand zu halten ist, darf dann abgewichen werden, wenn der Haltende ein berechtigtes Interesse daran hat, (ausnahmsweise) in zweiter Reihe zu halten, und dieses Interesse gegenüber demjenigen des fließenden Verkehrs an einer zügigen Durchfahrt überwiegt. Bei einem nur ganz kurzfristigem Halten, etwa zum raschen Ein- oder Aus*-steigen einer einzelnen Person, kann daher, soweit nicht besondere Umstände entgegenstehen, auch auf die für ein Halten in zweiter Reihe grundsätzlich zu fordernde Voraussetzung, dass in zumutbarer Entfernung kein geeigneter Platz am Fahrbahnrand frei ist verzichtet werden."

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