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Radwege und Radwegbenutzungspflicht

Radwege und Radwegbenutzungspflicht


Siehe auch
Anordnung der Radwegebenutzungspflicht
und
Radweg und Radwegbenutzungspflicht



Radwege (bzw. gemeinsame oder getrennte Fußgänger- und Radwege) sind sowohl die durch Z. 237 (bzw. durch Z. 240 oder 241) gekennzeichneten sowie die durch bauliche Gestaltung als solche erkennbaren Sonderwege. Mit der Anlage von Radwegen wird das Ziel größerer Sicherheit durch Verkehrsentflechtung zwischen dem Kfz- und dem Fahrradverkehr verfolgt.

War früher die Benutzung rechter (gekennzeichneter und ungekennzeichneter) Radwege Pflicht, so ist diese generelle Radwegebenutzungspflicht durch die sog. Fahrrad-Novelle seit dem 01.10.1998 aufgehoben worden.


Benutzungspflichtig sind nun nur noch Sonderwege, die durch die Verkehrszeichen 237 (Radfahrer), 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) und 241 (getrennter Fuß- und Radweg) gekennzeichnet sind. Diese Zeichen stehen dort, wo der Sonderwegbeginnt, und waren bis zum 31.08.2009 - seit dem 01.09.2009 leider nicht mehr - an jeder Kreuzung und Einmündung zu wiederholen.

Ist ein links verlaufender Radweg durch die genannten Verkehrszeichen in der Gegenrichtung freigegeben, so kann er wahlweise benutzt werden, wenn auf der rechten Seite benutzungspflichtige oder sonstige Radwege vorhanden sind, ansonsten ist die Benutzung auf der linken Seite Pflicht.

Die Verwaltungsvorschrift zu § 2 StVO gibt die für die Einrichtung und die bauliche Gestaltung der Radwege ins Einzelne gehenden Vorschriften vor.

Die Benutzung der nicht in der erläuterten Weise gekennzeichneten Radwege ist dem Fahrradfahrer freigestellt, sodass wahlweise dann auch die Fahrbahn benutzen darf; dieses Wahlrecht besteht auch bei links verlaufenden in Fahrtrichtung durch die Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichneten Radwegen.

Keine Radwege im hier behandelten Sinn sind die sog. Radfahrerschutzstreifen (Angebotsstreifen)..




Radwegbenutzungspflicht unter allen Umständen?


Im Zusammenhang mit der Radwegbenutzungspflicht taucht allerdings immer wieder ein Problem auf: Wie ist es, wenn der Radweg wegen äußerer Bedingungen nicht oder nur erschwert möglich ist? Darf der Radfahrer dann die Fahrbahn benutzen?

Die Antwort auf diese Fragen wird von der herrschenden Meinung seit ewigen Zeiten dahingehend gegeben, dass dann, wenn eine Radweg "zuständlich" unbenutzbar ist, die Benutzungspflicht nicht besteht. Unbenutzbar oder unzumutbar erschwert ist ein Radweg beispielsweise dann, wenn tiefer Schnee, Eis, Löcher usw. die Befahrbarkeit spürbar beeinträchtigen (vgl. BGH NZV 1995, 144; OLG Düsseldorf NZV 1992, 290, OLG Köln NZV 1994, 278; Bouska NZV 1991, 130; Kettler NZV 1997, 498). Radfahrer sollen dann entweder auf den Seitenstreifen - soweit zumutbar befahrbar - oder auf die Fahrbahn ausweichen dürfen.


Die zuvor genannten Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur ist allerdings eigen, dass sie aus der Zeit vor der Novellierung stammen. Hieraus wird oftmals - besonders von den Radfahrerverbände - der Schluss gezogen, dass diese Grundsätze bei gelockerter Radwegbenutzungspflicht "erst recht" gelten müssen. Dabei stützen sich die für eine Durchbrechung der Benutzungspflicht eintretenden Stimmen auch auf eine Entscheidung des BGH NZV 2003, 570. Hier hatte der BGH mit wenigen Wörten ausgeführt:

   "Unabhängig davon, dass das Radfahreraufkommen bei schlechtem Winterwetter ohnehin deutlich geringer ist, ist weiter zu bedenken, dass Radfahrer, sofern zwar nicht der Radweg, wohl aber die daneben oder in der Nähe verlaufende Fahrbahn geräumt oder gestreut ist, die Fahrbahn benutzen dürfen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1994 aaO). Bei Würdigung dieser gesamten Umstände würde der Sicherungspflichtige über Gebühr in Anspruch genommen, wenn ihm eine umfassende Räum- und Streupflicht bezüglich aller Radwege, selbst wenn diese sich nur auf die in geschlossener Ortslage befindlichen beschränken würde, auferlegt würde (im Ergebnis ebenso Wendrich, aaO, § 52 Rn. 5)"

Schubert NZV 2006, 288 ff. greift die herrschende Lehre an. Er ist der Auffassung, dass der BGH die Frage der Benutzungspflicht bei Eis und Schnee nach der Fahrrad-Novelle noch gar nicht entschieden habe und möchte mit seinen Gedanken eine dementsprechende Entscheidung vorbereiten. Er argumentiert, dass der BGH in der Entscheidung aus dem Jahre 2003 lediglich unter dem Gesichtspunkt der Streu- und Räumpflicht entschieden und dabei einfach ungeprüft die alten Grundsätze aus der Zeit vor der Fahrrad-Novelle übernommen habe. Bei genauerer Prüfung müsse man aber konstatieren, dass seitdem die Unterscheidung zwischen benutzungsfreien und benutzungspflichtigen Radwegen bedeute, dass das Gebot, den Radweg zu benutzen gleichzeitig ein Verbot der Fahrbahnbenutzung zum Inhalt habe. Schubert konstatiert daher:
   "Die Radwegebenutzungspflicht hat sich durch die sog. Fahrradnovelle in ihrem Wesensgehalt geändert. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu der Neuregelung ist sie jetzt als eine spezielles Fahrbahnbenutzungsverbot einzustufen, das dem "Verbot für Radfahrer" durch StVO-Zeichen 254 entspricht und aus Gründen der Verkehrssicherheit ebenso uneingeschränkt gilt.

Das bei angeordneter Radwegebenutzungspflicht bestehende Fahrbahnbenutzungsverbot gilt uneingeschränkt und wetterunabhängig auch dann, wenn entsprechend gekennzeichnete Radwege vorübergehend z. B. wegen Schnee und Eis oder wegen anderer zeitweiliger Hindernisse auf dem Radweg nicht benutzbar sind.

Radfahrer, die gleichwohl entgegen § 2 IV 2 StVO bei Unbenutzbarkeit des Readweges wegen Eis und Schnee auf der Fahrbahn fahren, begehen eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Verwarngeld bis zu 30 € geahndet werden kann. Vor allem laufen sie Gefahr, bei einem Unfall für Fremdschaden zu haften und hinsichtlich des Eigenschadens eine Anspruchskürzung hinnehmen zu müssen."



Es bleibt abzuwarten, ob diese Rechtsauffassung überhaupt eine Chance hat, sich durchzusetzen (immerhin kommt sie aus einer Hamburger Behörde, die sich ihre Rechtsauffassungen schon häufiger von der Rechtsprechung korrigieren lassen musste).

Es ist auch sehr fraglich, ob der BGH die Frage nicht doch entschieden hat; dass die Entscheidung aus dem Jahre 2003 zur Amtshaftung im Zusammenhang mit der Streu- und Räumpflicht erging, besagt für sich genommen ja nichts, denn der Verweis auf die optionale Fahrbahnbenutzung für Radfahrer ist ja kein bloßes obiter dictum, sondern ein tragender Grund, hieraus dem Verkehrssicherungspflichtigen keine Haftungserleichterung zu gewähren, sondern allenfalls eine Verringerung der Anforderungen an die Streu- und Räumpflicht.

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