War früher die Benutzung rechter Radwege Pflicht, so ist diese generelle Radwegebenutzungspflicht durch die sog. Fahrrad-Novelle seit dem 01.10.1998 aufgehoben worden.
Benutzungspflichtig sind nun nur noch Sonderwege, die durch die Verkehrszeichen 237 (Radfahrer), 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) und 241 (getrennter Fuß- und Radweg) gekennzeichnet sind. Diese Zeichen stehen dort, wo der Sonderweg beginnt und waren bis zum 31.08.2009, seit dem 01.09.2009 leider nicht mehr - an jeder Kreuzung und Einmündung zu wiederholen.
Ist ein links verlaufender Radweg durch die genannten Verkehrszeichen in der Gegenrichtung freigegeben, so kann er wahlweise benutzt werden, wenn auf der rechten Seite benutzungspflichtige oder sonstige Radwege vorhanden sind, ansonsten ist die Benutzung auf der linken Seite Pflicht.
OLG Köln v. 07.10.1998:
Radwege sind nicht Bestandteile der Fahrbahn im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 StVO, sondern durch Verkehrszeichen oder durch bauliche Gestaltung als solche erkennbare Sonderwege, die der Benutzung durch Radfahrer vorbehalten bleiben sollen. Sie dienen der Fernhaltung der im Verkehr besonders gefährdeten Radfahrer von der Fahrbahn und damit der Verkehrsentmischung und Unfallverhütung.
LG Köln v. 02.02.1999:
Benutzt ein Rennradfahrer einen Radweg nicht, obwohl er nach § 2 Abs. 4 StVO dazu verpflichtet war, dann müsste er sich selbst bei einem verkehrswidrigen Zustand der Fahrbahn und einer schuldhaften Pflichtverletzung ein so erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, dass das unterstellte Verschulden des Verkehrssicherungspflichtigen dahinter zurückzutreten hätte. Auch eine Rennsportlizenz ermächtigt nicht, im normalen Straßenverkehr den vorhandenen Radweg zu ignorieren und mit erheblich höherer Geschwindigkeit die Fahrbahn zu benutzen.
BGH v. 09.10.2003:
Unabhängig davon, dass das Radfahreraufkommen bei schlechtem Winterwetter ohnehin deutlich geringer ist, ist zu bedenken, dass Radfahrer, sofern zwar nicht der Radweg, wohl aber die daneben oder in der Nähe verlaufende Fahrbahn geräumt oder gestreut ist, die Fahrbahn benutzen dürfen.
BGH v. 04.11.2008:
Zur Rücksichtnahme von Radfahrern gegenüber Fußgängern auf - lediglich farblich getrennten - Rad- und Fußwegen im Sinne des Zeichens 241 zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO.
OLG Frankfurt am Main v. 28.10.2011:
Stürzt ein Rennradfahrer, der die Fahrbahn trotz Radwegbenutzungspflicht eines rechts verlaufenden gut benutzbaren Radwegs befährt, durch eine auf der Fahrbahn befindliche Ölspur, trifft ihn eine hälftige Mithaftung.
OLG Naumburg v. 08.12.2011:
Unbenutzbare Radwege (z.B. tiefer Schnee, Eis, Löcher) müssen nicht benutzt werden. Ist dies der Fall oder in Fahrtrichtung kein Radweg oder Seitenstreifen vorhanden, so hat der Radfahrer auf der Fahrbahn möglichst weit rechts zu fahren und nicht auf dem Radweg oder Seitenstreifen der anderen Fahrbahnseite.
OLG Karlsruhe v. 30.05.2012:
Treffen ein gemeinsamer Geh- und Radweg und eine ohne Beschränkung dem Fahrzeugverkehr gewidmete Straße aufeinander handelt es sich um eine Kreuzung im Sinn des § 8 Abs. 1 StVO, an der "rechts vor links" gilt.
LG Hamburg v. 30.08.2018:
Die Radwegbenutzungspflicht des § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO dient allgemein der Entmischung des Rad- und des Kraftfahrzeugverkehrs, um Unfälle zu vermeiden. Von seinem Schutzbereich her erfasst diese Vorschrift nicht nur den Kraftfahrzeugverkehr auf der Straße, sondern auch den ruhenden Verkehr entlang der Fahrbahn in Gestalt der in erlaubter Weise dort geparkten Fahrzeuge.
BayObLG v. 21.06.1978:
Ein seiner baulichen Gestaltung nach eindeutig für die Benutzung durch Radfahrer bestimmter Straßenteil ist auch ohne Kennzeichnung durch Zeichen 237 ein Radweg.
OLG Karlsruhe v. 24.02.2000:
Gehwege sind öffentliche Verkehrsflächen, die zur Benutzung durch Fußgänger bestimmt und eingerichtet sowie durch Trennung von der Fahrbahn aufgrund ihrer Gestaltung (Pflasterung, Plattenbelag, Bordstein oder andere Trennlinie) äußerlich als solche erkennbar sind.
OLG Frankfurt am Main v. 23.01.2004:
Der Charakter eines Weges als Radweg oder anderer Weg bestimmt sich nach dem äußeren Bilde dieses Weges. Von der Aufstellung der Zeichen 237, 240, 241 ist der rechtliche Charakter des Weges nicht abhängig. Auch ein äußerlich von der Fahrbahn getrennter Weg kann Radweg sein und an der Vorfahrt der parallel zu ihm verlaufenden Fahrbahn teilhaben
OLG Frankfurt am Main v. 23.01.2004:
Der Charakter eines Weges als Radweg oder anderer Weg bestimmt sich nach dem äußeren Bilde dieses Weges. Von der Aufstellung der Zeichen 237, 240, 241 ist der rechtliche Charakter des Weges nicht abhängig. Auch ein äußerlich von der Fahrbahn getrennter Weg kann Radweg sein und an der Vorfahrt der parallel zu ihm verlaufenden Fahrbahn teilhaben.
VG Neustadt v. 28.03.2017:
Ein nach seiner Gestaltung eindeutig für die Benutzung durch Radfahrer bestimmter Straßenteil ist auch ohne Kennzeichnung durch die Verkehrszeichen 237, 240 und 241 der Anlage 2 zur StVO ein Radweg (hier: Benutzung eines Radwegs vor einem Ladenlokal als Verkaufsfläche).
BGH v. 29.10.1996::
Ein Radfahrer, der einen für die Gegenrichtung freigegebenen links der Fahrbahn verlaufenden Radweg benutzt, darf diesen Radweg auch über den Punkt hinaus weiter benutzen, an dem - in seiner Fahrtrichtung - rechts neben der Fahrbahn ein weiterer Radweg beginnt; etwas anderes gilt nur dann, wenn die den linken Radweg benutzenden Radfahrer durch eine Fahrbahnmarkierung oder eindeutige Verkehrsschilder auf den rechten Radweg umgeleitet werden.
OVG Lüneburg v. 05.12.2003:
Ein Verkehrsteilnehmer, der einen bestimmten Straßenzug regelmäßig befährt, hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung eines Verkehrszeichens (hier: Antrag auf Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht für einen linksseitigen Radweg).
VGH Münster v. 29.09.2021:
Eine juristische Person kann jedenfalls als Halterin von Firmenfahrzeugen von einem Parkverbot betroffen und deshalb gemäß § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt zur Anfechtung entsprechender verkehrsrechtlicher Anordnungen sein (hier bejaht für einen durch eine durchgehende Linie markierten Radfahrstreifen).
OVG Münster v. 15.04.2011:
Das Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge ist im Fall der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern regelmäßig geboten. Entsprechendes gilt im Fall eines nicht nur unerheblichen Hineinragens eines Fahrzeugs in einen Radweg. Radfahrer müssen grundsätzlich nicht damit rechnen, dass der Radweg auch nur teilweise blockiert ist. Eine Behinderung liegt insbesondere vor, wenn der benutzungspflichtiger Radweg zu einem Drittel blockiert ist.
VG Düsseldorf v. 29.11.2016:
Ein seiner baulichen Gestaltung nach eindeutig für die Benutzung durch Radfahrer bestimmter Straßenteil ist auch ohne Kennzeichnung durch Zeichen 237 ein Radweg. - Ein parkendes Kfz darf gebührenpflichtig abgeschleppt werden. Dies gilt im Regelfall auch dann, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des in einem verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes gelegen hat, ohne dass eine konkrete Verkehrsbehinderung vorgelegen haben muss.
OLG Hamm v. 09.11.2001:
Die Verkehrssicherungspflicht ist schuldhaft verletzt, wenn nachts ein unbeleuchteter, schwer wahrnehmbarer Sperrpfosten auf einen Fuß- und Radweg neben der Fahrbahn aufgestellt wird. Auch für Radfahrer gilt das Sichtfahrgebot. Die Ausrüstung von Fahrrädern mit nur schwacher Beleuchtung ändert an der gebotenen Eigensorgfalt nichts (hier: 1/3 Mitverschulden).
OLG Saarbrücken v. 17.07.2007:
Der Träger der Straßenbaulast begeht keine Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn er an einem Fahrradweg ein unbefestigtes Bankett mit einer Abbruchkante von 15 bis 20 cm belässt. Die Höhe der Abbruchkante birgt keine größeren Gefahren, als diejenigen, die mit dem Überfahren einer Bordsteinkante verbunden sind. Zudem geht ein Fahrradfahrer bewusst das Risiko ein, wegen einer unvorhersehbaren Ursache den Rand übertreten zu müssen und kann sein Fahren so einrichten, dass er an möglichen Unfallstellen den Belag nicht verlässt.
OLG Naumburg v. 28.06.2013:
Ist nicht auszuschließen, dass ein Hindernis - hier: Aufwölbung auf einem Radweg - zwar in der Annäherung erkennbar ist, aber so aussieht, als sei es für einen geübten Radfahrer problemlos zu überfahren, ohne dass dies so ist, so ist dem hierzu angebotenen Sachverständigenbeweis nachzugehen.
OLG Köln v. 07.10.1998:
Führt der Übergang eines Radweges zur Fahrbahn über einen abgesenkten Bordstein, erfüllt dies ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal des § 10 S. 1 StVO, seit durch die Neufassung des § 10 klargestellt worden ist, dass Verkehrsflächen, die über einen abgesenkten Bordstein auf eine Straße führen, Grundstückseinfahrten gleichgestellt sind. Dies gilt für alle Fälle, in denen die Zufahrt über einen abgesenkten Bordstein führt; auf die Breite der Zufahrt oder die Beschilderung kommt es nicht an.
KG Berlin v. 12.09.2002:
Grundsätzlich ist das Verlassen eines Radweges unter Beachtung des § 10 StVO zu werten. Nach dieser Vorschrift darf ein Verkehrsteilnehmer "von anderen Straßenteilen" auf die Straße, also auf die Fahrbahn nur einfahren, wenn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das Verlassen eines Radweges entspricht dem Verlassen eines derartigen Straßenteiles mit der Folge, dass § 10 StVO zu beachten ist.
LG Frankenthal v. 24.11.2010:
Grundsätzlich ist das Verhalten eines Radfahrers bei Verlassen eines Radweges an den in § 10 S. 1 StVO niedergelegten Sorgfaltsanforderungen zu messen. Danach hat sich ein Verkehrsteilnehmer, der "von anderen Straßenteilen" auf die Fahrbahn einfahren will, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das Verlassen eines Radweges entspricht dem Verlassen eines derartigen Straßenteiles mit der Folge, dass sich ein Radfahrer an diesen erhöhten Sorgfaltsmaßstäben des § 10 StVO messen lassen muss.