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OLG Düsseldorf Beschluss vom 22.12.1994 - 5 Ss (OWi) 445/94 - Zum Rechtsüberholen durch Benutzung einer Richtungsfahrbahn

OLG Düsseldorf v. 22.12.1994: Zum Rechtsüberholen durch Benutzung einer Richtungsfahrbahn auf der Autobahn


Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 22.12.1994 - 5 Ss (OWi) 445/94 - (OWi) 201/94 1) hat zum erlaubten "Rechtsüberholen" bei einem Vorsortierraum auf der Autobahn entschieden:
Wer auf einer Autobahn im Bereich von durch die Aufstellung von fahrstreifengegliederten Vorwegweisern eingerichteten Vorsortierräumen auf der durch eine breite Leitlinie abgetrennten Rechtsabbiegerspur an den auf den für den Geradeausverkehr bestimmten Richtungsfahrbahnen befindlichen Fahrzeugkolonnen rechts vorbeifährt und anschließend nach links in eine Fahrzeuglücke einschert, überholt nur dann verbotswidrig rechts, wenn er bei dem Rechtsvorbeifahren nicht beabsichtigt, die Autobahn an der Anschlussstelle zu verlassen.


Siehe auch Rechtsüberholen und Stichwörter zum Thema Überholen


Zum Sachverhalt: Der Betr. befuhr die A 46 in Richtung W. Bereits vor dem Ausgang des We.-Tunnels besteht die Richtungsfahrbahn nach W. aus drei Fahrstreifen, markiert mit Leitlinien nach § 42 VI Nr. 1 (Zeichen 340) StVO. Bei Kilometer 59,853 zweigt der rechte Fahrstreifen von der durchgehenden Fahrbahn ab und bildet die Ausfahrt in Richtung H./R. Ab Kilometer 59,627 ist dieser Fahrstreifen von den in Richtung W. weiterführenden Fahrstreifen durch breitere Leitlinien i. S. von § 42 VI Nr. l f StVO getrennt. Außerdem befinden sich auf dem rechts abzweigenden Fahrstreifen nacheinander drei weiße nach rechts weisende Pfeile. Bei Kilometer 59,185 befindet sich überdies eine Schilderbrücke mit entsprechenden fahrstreifenbezogenen Vorwegweisern und der Entfernungsangabe 500 m. 250 m vor der Abbiegung des rechten Fahrstreifens befinden sich zusätzliche Hinweisschilder mit entsprechenden Entfernungsangaben, auf denen auf den weiteren Fahrspurverlauf hingewiesen wird. Nach Ausgang des We.-Tunnels befuhr der Betr. den rechten Fahrstreifen. Zwischen Kilometer 59,684 und Kilometer 59,818 fuhr er rechts an mindestens zwei Fahrzeugen vorbei, unmittelbar vor Kilometer 59,818 scherte sodann der Betr. aus der rechten Fahrspur in eine Lücke auf der mittleren Fahrspur ein. Eingelassen hat sich der Betr. dahin, dass er nach B. habe fahren wollen und angenommen habe, dass er die erste Ausfahrt nach dem We.-Tunnel benutzen müsse. Seinen Irrtum will der Betr. danach erst unmittelbar vor dem Einscheren auf die mittlere Fahrbahn bemerkt haben, weil er ein Hinweisschild nach B. hinter der Anschlussstelle H./R. bemerkt haben will.

Das AG hat gegen den Betr. wegen „einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen §§ 5 I, 42 VI Nr. l f StVO” eine Geldbuße von 145 DM festgesetzt. Auf die vom Senat antragsgemäß - nach § 80 I Nr. 1 OWiG - zugelassene Rechtsbeschwerde des Betr. wurde die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Wer - wie der Betr. - auf einer Autobahn im Bereich von Vorsortierräumen, die durch Aufstellung von fahrstreifengegliederten Vorwegweisern eingerichtet sind, auf der durch eine breite Leitlinie abgetrennten Rechtsabbiegerspur an den auf den für den Geradeausverkehr bestimmten Richtungsfahrbahnen befindlichen Fahrzeugkolonnen rechts vorbeifährt, ohne nach rechts abbiegen zu wollen, und anschließend nach links in eine Fahrzeuglücke einschert, überholt verbotswidrig rechts. Dies hat der Senat im Anschluss an eine Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW 1983, 128 [129] = StVE § 18 StVO Nr. 31) bereits wiederholt entschieden (vgl. NZV 1990, 281 = VRS 78, 472 ff.; 82, 139). An dieser auch vom Schrifttum geteilten und auf keinen Widerspruch gestoßenen Rechtsprechung (vgl. Jagusch/Hentschel, StraßenverkehrsR, 32. Aufl. § 7 StVO Rdnr. 15; Mühlhaus/Janiszewski, StVO, 13. Aufl. § 5 Rdnr. 58) hält der Senat fest.

Voraussetzung für eine Verurteilung wegen verbotenen Rechtsüberholens ist in einem solchen Falle stets, dass der Täter beim Rechtsvorbeifahren an anderen die geradeaus führenden Fahrspuren benutzenden Fahrzeugen nicht beabsichtigt, die Autobahn an der Anschlussstelle zu verlassen.

2. So indes liegt der Fall bei Zugrundelegung der Einlassung des Betr. hier nicht. Dieser glaubte danach, an der Anschlussstelle H./R. die A 46 verlassen zu müssen, um nach B. zu gelangen. Da er sich für einen Abbieger hielt, war er nach § 42 VI Nr. 1 f StVO berechtigt, ab Kilometer 59,684 an langsamer fahrenden Fahrzeugen auf den geradeaus weiterführenden Fahrstreifen der A 46 in Fahrtrichtung W. rechts vorbeizufahren. Der Umstand, dass der Betr. nachträglich, d. h. nach dem zulässigen Rechtsvorbeifahren, seinen Irrtum über die einzuhaltende Fahrstrecke erkannt und sein weiteres Verhalten auf eine Korrektur seines Irrtums eingerichtet hat, ändert an dieser Beurteilung nichts. Entgegen der Auffassung des AG wird das nach den Vorstellungen des Täters gem. § 42 VI Nr. l f StVO rechtmäßige Handeln nicht dadurch nachträglich zu einer verbotenen Tat, weil dieser Täter erkennt, sich zu Unrecht für einen Rechtsabbieger gehalten zu haben. Worauf der Irrtum des Täters zurückzuführen ist, ist dabei unmaßgeblich. Deshalb ist es auch ohne Belang, ob hierzu eine unzureichende Fahrtvorbereitung beigetragen hat. Ein Verkehrsteilnehmer ist entgegen der Annahme des AG nicht gehalten, sich vor Fahrtantritt eingehend über die Fahrtroute zu vergewissern; unzureichende Vorbereitung einer Fahrt erfüllt keinen bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeitstatbestand. ..."







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