In dem Führen eines Kraftfahrzeuges trotz absoluter alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit liegt ein objektiv besonders grober Verstoß gegen die dem Versicherungsnehmer bzw. seinem Repräsentanten obliegenden Sorgfaltspflichten. Zur Annahme grober Fahrlässigkeit reicht es aus, wenn sich der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant durch den Konsum alkoholischer Getränke in den vorübergehenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt hat und hierbei damit rechnen musste, dass er noch fahren werde, ohne geeignete Maßnahmen zu treffen, dies unmöglich zu machen.Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen anlässlich des Verkehrsunfalls von 12.06.2006 aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vollkaskoversicherungsvertrag.
Die Beklagte ist gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit, weil der Ehemann der Klägerin als deren Repräsentant anzusehen ist und den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.
1. Der Ehemann der Klägerin ist deren Repräsentant, so dass eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles der Klägerin als Versicherungsnehmerin zuzurechnen ist. Der Senat hat keinen Anlass, an den diesbezüglichen, mit der Berufung auch nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung zu zweifeln. Der Ehemann der Klägerin war nicht nur Halter des R.E.. Er hat das Fahrzeug - wie insbesondere der Ablauf des Unfalltages zeigt - auch wie ein eigenes benutzt.
2. Der Ehemann der Klägerin hat den Unfall vom 12.06.2006 auch grob fahrlässig herbeigeführt. Grob fahrlässig im Sinne des § 61 VVG handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, d.h. in hohem Grade, außer Acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste. Sie setzt eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung und damit ein auch in subjektiver Hinsicht gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden voraus (vgl. BGH VersR 1989, Seite 469 m.w.N.).
a) Der Ehemann der Klägerin hat den versicherten Pkw im Straßenverkehr geführt, obwohl er infolge der von ihm genossenen alkoholischen Getränke absolut fahruntüchtig war. Bei ihm lag zum Zeitpunkt des Unfalls eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,94 Promille und damit eine den Grenzwert von 1,1 Promille, ab welchem absolute Fahruntüchtigkeit anzunehmen ist, weit übersteigende Alkoholisierung vor. In dem Führen eines Kraftfahrzeuges trotz absoluter alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit liegt ein objektiv besonders grober Verstoß gegen die dem Versicherungsnehmer bzw. seinem Repräsentanten obliegenden Sorgfaltspflichten (vgl. BGH VersR 1985, Seite 440; VersR 1989, Seite 469; Senat Urt.v. 28.11.2006, I-4 U 193/05).
b) Das darüber hinaus für die Annahme grober Fahrlässigkeit in subjektiver Hinsicht erforderliche unentschuldbare Verhalten des Versicherungsnehmers ist ebenfalls gegeben. Dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Fahrzeugs setzen darf, und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, ist heute derart Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit stark heraufgesetzt ist (vgl. BGH VersR 1989, Seite 469).
Eine mildere Beurteilung der subjektiven Seite grober Fahrlässigkeit kommt bei dem Ehemann der Klägerin allein unter dem Gesichtspunkt fehlender oder zumindest geminderter Zurechungsfähigkeit in Betracht. Dabei kann indes dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls vom 12.06.2006 bzw. des Antritts der in diesen mündenden Fahrt tatsächlich nicht zurechnungsfähig war. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt des Alkoholgenusses und der Herbeiführung seiner Fahruntüchtigkeit fehlte es nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht an der Zurechnungsfähigkeit ihres Ehemannes. Das er gleichwohl alkoholische Getränke in einem solchen Umfang zu sich genommen hat, dass er hierdurch seine (absolute) Fahruntüchtigkeit herbeiführte, hat er den Verkehrsunfall grob fahrlässig herbeigeführt.
Denn hierfür reicht es aus, wenn sich der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant durch den Konsum alkoholischer Getränke in den vorübergehenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt hat und hierbei damit rechnen musste, dass er noch fahren werde, ohne geeignete Maßnahmen zu treffen, dies unmöglich zu machen (vgl. BGH VersR 1985, Seite 440; OLG Frankfurt VersR 2000, Seite 573; OLG Köln VersR 1995, Seite 205; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage, § 61 VVG Rn. 17; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 61 VVG Rn. 16; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 12 AKB Rn. 108). Während diese Rechtsfolge teilweise auf eine analoge Anwendung des § 827 Satz 2 BGB gestützt wird (so OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; Stiefel/Hofmann, a.a.O. Rn. 18; Prölss in Prölss/Martin, a.a.O.), werden teilweise die Grundsätze der actio libera in causa zur Begründung herangezogen (vgl. Knappmann in Prölss/Martin a.a.O.). Welcher der beiden Ansichten letztlich zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der von Knappmann (a.a.O.) für den Fall der analogen Anwendung des § 827 Satz 2 BGB bemängelte Bezug zu der Unfallfahrt liegt jedenfalls dann vor, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant vor oder während des Alkholkonsums damit rechnen musste, noch mit einem Kraftfahrzeug zu fahren, ohne entsprechende Vorkehrungen hiergegen zu treffen (so auch Knappmann a.a.O.). Ein solcher Zusammenhang wird indessen auch von der Gegenmeinung gefordert, welche § 827 Satz 2 BGB analog anwendet. Die sich aus einer analogen Anwendung des § 827 Satz 2 BGB, wonach der Versicherungsnehmer zu beweisen hätte, dass ihn an der Herbeiführung der Unzurechnungsfähigkeit kein Verschulden trifft, ergebende Verschiebung der Beweislast zu Ungunsten des Versicherungsnehmers zwingt vorliegend ebenfalls nicht zu einer Entscheidung zwischen den widerstreitenden Ansichten. Denn schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin steht nach den vorbeschriebenen Grundsätzen die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch ihren Ehemann fest.
Dieser musste damit rechnen, dass er mit dem versicherten Fahrzeug noch fahren würde und hat gleichwohl keine Vorkehrungen getroffen, die dies unmöglich machen würden. Er war nach dem Vortrag der Klägerin zu dem Kundenbesuch mit dem Pkw gefahren. Nach Beendigung des Kundenbesuches bestand für ihn erkennbar die Notwendigkeit, einerseits selbst wieder nach Hause zu gelangen, andererseits auch sicherzustellen, dass der Pkw wieder zu seiner Wohnanschrift gelangen würde. Gleichwohl nahm er in einem Ausmaß alkoholische Getränke zu sich, die nicht nur seine absolute Fahruntüchtigkeit, sondern - den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt - auch seine Unzurechnungsfähigkeit zur Folge hatten. Gerade wegen der sich steigernden alkoholbedingten Enthemmung musste der Ehemann der Klägerin damit rechnen, dass er sich wegen der genannten Notwendigkeiten selbst an das Steuer des Fahrzeugs setzen würde, um nach Hause zu fahren, wie er es dann ja auch getan hat. Es handelte sich insoweit nicht um eine unerwartet notwendig werdende, sondern um eine von vornherein mögliche und vorhersehbare Fahrt. Dass er in der Vergangenheit nach dem Genuss von Alkohol auch in kleineren Mengen sich hat regelmäßig durch Dritte fahren lassen, vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Es ist nämlich schon nicht ersichtlich, dass sich der Ehemann der Klägerin zumindest in einigen dieser Fälle in einem seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden hat, ohne bereits vor dem Alkoholkonsum Sorge dafür zu tragen, dass er nicht selbst fahren würde. Die an dem Unfalltag herrschenden klimatischen Verhältnisse wie auch der Umstand, dass er letztmals 5 Stunden vor dem Beginn des Alkoholgenusses feste Nahrung zu sich genommen hatte, lässt das Verschulden des Ehemannes der Klägerin ebenfalls nicht in einem milderen Licht erscheinen. Denn ihm musste klar sein, dass sich der Alkoholkonsum bei hohen Temperaturen auf (nahezu) nüchternen Magen besonders nachteilig auf seine Fahrtüchtigkeit auswirken würde. Vor diesem Hintergrund hätte um so eher Veranlassung bestanden, entweder keinen Alkohol zu sich zu nehmen oder Vorkehrungen dafür zu treffen, dass eine eigene Fahrt durch ihn nach dem Alkoholkonsum ausgeschlossen sein würde. Hierzu hätte spätestens zu dem Zeitpunkt Veranlassung bestanden, als er feststellte, dass sich der Alkholkonsum nicht auf einige wenige Getränke beschränken würde. Der Ehemann der Klägerin mag auch zunächst nicht beabsichtigt haben, Alkohol bei seinem Kunden zu trinken. Als er mit dem Alkholkonsum begann und sich dessen Ausmaß langsam herauskristallisierte, hätte er indes die von ihm geforderten Vorkehrungen treffen müssen.
Musste der Ehemann der Klägerin aber damit rechnen, dass er in betrunkenem Zustand das versicherte Fahrzeug führen würde, musste er auch entgegen der mit der Berufung vertretenen Auffassung mit einer Erhöhung der Gefahrenlage rechnen, welche ja gerade in dem Fahren unter Alkoholeinfluss bestand. ..."